Erschienen in:
05.11.2018 | Kardiopulmonale Reanimation | Originalien
Zusammenhang zwischen Körpertemperatur, neurononspezifischer Enolase und klinischem Verlauf bei Patienten nach prähospitaler Reanimation
verfasst von:
S. Meißner, S. Nuding, J. Schröder, K. Werdan, Prof. Dr. H. Ebelt
Erschienen in:
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin
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Ausgabe 1/2020
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Zusammenfassung
Hintergrund
Entsprechend den Empfehlungen des ILCOR (International Liaison Committee on Resuscitation) von 2003 wird die Anwendung der therapeutischen Hypothermie bei bewusstlosen erwachsenen Patienten empfohlen, die einen Kreislaufstillstand unabhängig vom initial registrierten Herzrhythmus überlebt haben. Hierbei wird ein Herunterkühlen des Patienten auf 32–34 °C Körpertemperatur für insgesamt 12–24 h angestrebt. Nach den aktuellen Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft zur Reanimation (ERC) vom Oktober 2015 ist das zielgerichtete Temperaturmanagement (TTM) weiterhin Teil der Behandlung, es besteht jedoch die Option, eine Körpertemperatur von 36 °C statt wie bisher 32–34 °C anzustreben.
Patientengut und Methoden
In eine nichtrandomisierte, retrospektive Beobachtungsstudie wurden insgesamt 149 Patienten nach erfolgter außerklinischer kardiopulmonaler Reanimation (CPR) eingeschlossen, die im Zeitraum von Mai 1999 bis September 2009 behandelt worden waren. Für die ersten 4 Tage nach CPR wurden Daten zur Demografie, Reanimation, Therapie (Temperaturverlauf, neuronenspezifische Enolase [NSE]) und zum klinisch-neurologischen Verlauf (Glasgow Outcome Scale [GOS]) erhoben. Verglichen wurden gekühlte mit ungekühlten Patienten.
Ergebnisse
Von den 149 eingeschlossenen Patienten wurden, entsprechend der Entscheidung des behandelnden Arztes, 90 mit milder Hypothermie behandelt. Bei 59 fand keine Hypothermieinduktion statt. Für die Anwendung der milden therapeutischen Hypothermie ließ sich nur tendenziell ein positiver Einfluss auf den klinisch-neurologischen Verlauf nachweisen, das Gesamtüberleben wurde nicht beeinflusst. Patienten mit einem ungünstigen neurologischen Verlauf wiesen am dritten bis vierten Tag signifikant höhere mittlere Serumwerte der NSE auf (Tag 4: 108,7 ± 137,3 ng/ml versus 25,5 ± 15,4 ng/ml). Gekühlte Patienten hatten niedrigere mittlere NSE-Werte als ungekühlte Patienten. Zudem erfuhren sie einen geringeren Anstieg innerhalb der ersten 4 Tage (NSE-Wert Tag 4: 55,9 ± 64,9 ng/ml versus 129,9 ± 174,9 ng/ml). Der beste Cut-off-Wert für ein ungünstiges neurologisches Ergebnis lag im Gesamtkollektiv bei 74,2 ng/ml am vierten Tag (Spezifität 100 %, Sensitivität 48,6 %), in der Hypothermiegruppe bei 74,2 ng/ml ebenfalls am vierten Tag (Spezifität 100 %, Sensitivität 40,9 %) und in der Vergleichsgruppe bei 25,5 ng/ml am dritten Tag (Spezifität 100 %, Sensitivität 88,2 %).
Schlussfolgerung
Die Anwendung der milden therapeutischen Hypothermie verbessert tendenziell den klinisch-neurologischen Verlauf nach erfolgter außerklinischer Reanimation, sie beeinflusst allerdings die prognostische Aussagekraft der NSE im Serum. Die Anwendung einheitlicher Cut-off-Werte für Patienten, die eine milde therapeutische Hypothermie erfahren, einerseits und für ungekühlte Patienten andererseits kann nicht empfohlen werden.