Erschienen in:
01.09.2012 | Übersichten
Zwangsbehandlungen unter Rechtsunsicherheit
Teil 2: Folgen der Rechtsunsicherheit in der klinischen Praxis – Vorschläge zur Verbesserung
verfasst von:
Dr. S. Müller, H. Walter, H. Kunze, N. Konrad, A. Heinz
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 9/2012
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Zusammenfassung
Die aktuelle Rechtsunsicherheit zu Zwangsbehandlungen nicht einwilligungsfähiger psychisch kranker Patienten begünstigt eine defensive Behandlungspraxis, also den verstärkten Einsatz von Isolierung und Fixierung statt Medikation. Eine solche Haltung birgt Risiken akuter oder chronischer Gesundheitsschädigungen für Patienten. Der Dissens zwischen Juristen und Psychiatern bezüglich Zwangsbehandlungen basiert offenbar auf einem unterschiedlichen Verständnis von Autonomie und deren Voraussetzungen. Wir plädieren zum einen für eine personenzentrierte, möglichst offene Behandlungsweise durch medikamentöse und milieutherapeutische Ansätze in Verbindung mit intensivierter Beziehungsarbeit mit dem Ziel, die Fähigkeit zur Selbstbestimmung wieder herzustellen oder zu verbessern. Zum anderen fordern wir den Gesetzgeber auf, Rechtssicherheit zu schaffen. Entscheidend ist dabei, dass die Besonderheiten psychischer Erkrankungen und die Möglichkeiten moderner Behandlung berücksichtigt werden, um die Patientenautonomie angemessen zu respektieren, ohne den Hilfebedarf zu vernachlässigen.