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Dermatologie im Auslandseinsatz der Deutschen Bundeswehr

Verfasst von: Marcellus Fischer
Die deutsche Bundeswehr war während des Kalten Krieges weitgehend auf die unmittelbare Landesverteidigung ausgerichtet. Nach der deutschen Wiedervereinigung, dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts und den gleichzeitigen internationalen Herausforderungen durch Katastrophenereignisse, regionale Konflikte und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurden die Streitkräfte zunehmend in Auslandseinsätze entsandt. Im Rahmen dieser Einsätze kommt dem Sanitätsdienst der Bundeswehr bei einem Engagement in den Tropen oder Subtropen eine besondere Bedeutung zu. Dabei gilt der Grundsatz, jedem Soldaten im Auslandseinsatz im Falle einer Erkrankung, eines Unfalls oder einer Verwundung im Einsatzland eine medizinische Versorgung zu ermöglichen, die im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entspricht. Dies gilt auch für die dermatologische Versorgung.

Einführung

Die deutsche Bundeswehr war während des Kalten Krieges weitgehend auf die unmittelbare Landesverteidigung ausgerichtet. Nach der deutschen Wiedervereinigung, dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts und den gleichzeitigen internationalen Herausforderungen durch Katastrophenereignisse, regionale Konflikte und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurden die Streitkräfte zunehmend in Auslandseinsätze entsandt. Im Rahmen dieser Einsätze kommt dem Sanitätsdienst der Bundeswehr bei einem Engagement in den Tropen oder Subtropen eine besondere Bedeutung zu. Dabei gilt der Grundsatz, jedem Soldaten im Auslandseinsatz im Falle einer Erkrankung, eines Unfalls oder einer Verwundung im Einsatzland eine medizinische Versorgung zu ermöglichen, die im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entspricht. Dies gilt auch für die dermatologische Versorgung.

Allgemeine sanitätsdienstliche Einsatzversorgung

Die Fähigkeit zur sanitätsdienstlichen Versorgung wird gemäß den Vorgaben der NATO auf vier Behandlungsebenen (Role 1 bis Role 4) abgebildet.
Die Behandlungsebene 1 (Role 1) beinhaltet die allgemein- und notfallmedizinische Erstversorgung in einer Rettungsstation (RS), auf einem Schiffslazarettverbandplatz oder in einer Luftlanderettungsstation (LLRS). Eine erste notfallchirurgische Versorgung ist auf Behandlungsebene 2 in einem Rettungszentrum oder Luftlanderettungszentrum oder in einem Marineeinsatzrettungszentrum (MERZ) vorgesehen. Je nach Einsatz und Einsatzgebiet können auf dieser Ebene die chirurgisch-anästhesiologischen Grundfähigkeiten bedarfsgerecht durch weitere Facharztdisziplinen erweitert werden (Role 2 plus). Im humanitären Hilfseinsatz oder bei Einsätzen in Afrika werden auf dieser Versorgungsebene bereits bei Bedarf unter anderem Tropenmediziner, Dermatologen und Kinderärzte eingesetzt (Abb. 1).
Die Behandlungsebene 3 (Role 3) wird in einem Einsatzlazarett (EinsLaz) abgebildet, in dem neben mehreren chirurgischen Teams und einer interdisziplinären Intensivstation alle wehrmedizinisch relevanten Facharztdisziplinen vertreten sind, die auch die Fächer HNO, Dermatologie, Augenheilkunde, Urologie und Neurologie beinhaltet. Die Behandlungsebene 4 (Role 4), in der eine abschließende klinische Versorgung und Rehabilitation erfolgt, wird durch die Bundeswehrkrankenhäuser im Inland sichergestellt.
Der Versorgungsauftrag für die jeweiligen Einrichtungen und die in ihnen integrierten Facharztgruppen ist einsatzabhängig und kann auf die Versorgung der eigenen Soldaten, der Angehörigen verbündeter Streitkräfte und der Mitarbeiter von NGOs (non-governmental organisations) beschränkt sein. Eine solche Begrenzung stellte in den Einsätzen bisher eher die Ausnahme dar. Erfahrungsgemäß erstreckt sich die medizinische Versorgung bewusst auch auf die Bevölkerung des Einsatzlandes/Gastlandes. Im deklarierten humanitären Hilfseinsatz ist die uneingeschränkte sanitätsdienstliche Versorgung der Bevölkerung Ziel des Einsatzes.
Das zu erwartende dermatologische Patientenspektrum in einer militärischen Mission wird somit unmittelbar durch den Einsatzauftrag bestimmt und kann bei der Übernahme der dermatologischen Versorgung der Bevölkerung je nach Region eine besondere Herausforderung darstellen (Tab. 1).
Tab. 1
Auslandseinsätze unter Beteiligung der Dermatologie der Bundeswehr seit 1990
Land
Einsatz
Zeitraum
Kambodscha
UNAMIC
1991–1992
Somalia
UNOSOM
1994
Früheres Jugoslawien
SFOR
1993–2000
Kosovo
KFOR
1999–2005
Afghanistan
ISAF
2002–2014
Sumatra (Tsunami)
HuHi Aceh
2005
Kongo/Gabun
EUFOR RD Congo
2006
Mali (temporär)
EUTM Mali
2012 bis heute
Mittel-/Südamerika
USNS Comfort
März–Oktober 2015

Dermatologische Grundversorgung von Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte

Das dermatologische Spektrum in der Versorgung von Soldaten der Bundeswehr und von Soldaten verbündeter Streitkräfte (NATO, EU Battlegroups) in Einsatzländern wie Kosovo, Afghanistan, Kongo, Mali und anderen Einsatzgebieten unterscheidet sich in der täglichen Sprechstunde nicht wesentlich von der dermatologischen Grundversorgung im Inland. Je nach Klimabedingungen und militärischen Auftrag können jedoch bestimmte dermatologische Krankheitsbilder vermehrt auftreten, die im Inland in dieser Form so nicht beobachtet werden.
Als militärmedizinisch besonders bedeutsam erwiesen sind hier vor allen dermatologische Infektionskrankheiten an den Füßen, die in der Militärmedizin in allen Konflikten des 20. Jahrhunderts und insbesondere im 1. Weltkrieg zu hohen Ausfallraten in den Einheiten führten und statistisch als einer der Hauptgründe für personenbezogene Ausfälle im Dienst (lost-man-days) wurden.
Ein Krankheitsbild stach besonders hervor. Es wurde bereits in den napoleonischen Kriegen erstmals beschrieben und befiel ein Jahrhundert später im 1. Weltkrieg hunderttausende Soldaten auf beiden Seiten in den verschlammten Schützengräben Nordfrankreichs und in Flandern, die unter kärglichsten Hygienebedingungen unter freiem Himmel ständiger Feuchtigkeit ausgesetzt waren. Diese Infektion, die heute einem fortgeschrittenen bakteriellen Gram-negativen Fußinfekt zugeordnet wird, wurde im 1. Weltkrieg von den Briten als trench-foot disease (Schützengraben-Fuß-Erkrankung) bezeichnet und führte unter den damals eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten häufig zu Amputationen. Nur durch Präventionsmaßnahmen wie die Anleitung zur Fußhygiene, eine Verbesserung des Schuhwerks und das Aufstocken der persönlichen Ausstattung mit einem zweiten Paar Stiefeln zum Wechseln konnte das Ausmaß dieser Erkrankung begrenzt werden.
Das Aufkommen dieses historisch bekannten Krankheitsbildes wurde in den Einsätzen der Bundeswehr in heißen Klimazonen in den dermatologischen Sprechstunden, besonders im Einsatz ISAF in Afghanistan, in Ansätzen wieder beobachtet.
Betroffen waren überwiegend Soldaten, die sich in kleinen Konvois auf Patrouillenfahrten befanden, die in entlegene Gebiete Nordafghanistans führten und sich als „long-range patrol“ über Wochen erstrecken konnten. Die ständige militärische Bedrohung ließ hier nur kurze Ruhephasen zu, sodass die Soldaten ihre Kampfstiefel bei Außentemperaturen von über 45 °C in den Sommermonaten fast ständig trugen und dabei nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur persönlichen (Fuß)hygiene hatten.
Dermatologisch wurden als Folge dieses Auftrags vermehrt Gram-negative bakterielle Fußinfekte, Keratoma sulcatum, dyshidrosiforme Fußekzeme und Zehenzwischenraummykosen registriert (Abb. 2).
Gerade Zehenzwischenraummykosen dürfen in der Militärmedizin keineswegs als banal eingestuft werden, da sie als Eintrittspforte für Streptokokken häufig zu Erysipelen führen, die eine stationäre Aufnahme des Soldaten mit Ruhigstellung und parenteraler antibiotischer Behandlung im Einsatzland erfordern. Auch in anderen derzeitigen Einsatzgebieten mit tropischer Klimabelastung wie beispielsweise auf dem afrikanischen Kontingent in Mali, im Senegal und in Dschibuti oder selbst in den Sommermonaten im Kosovo nimmt die persönliche Fußhygiene mit der Möglichkeit zum häufigen Socken- und Schuhwechsel einschließlich der Desinfektion von Füßen und Schuhen einen hohen Stellenwert in der Prävention von Hauterkrankungen ein.
Auch das Tragen der militärischen Schutzbekleidung und Ausrüstung stellt physisch eine besondere Herausforderung dar. Allein die Splitterschutzweste wiegt bis zu 18 kg. Die Schutzweste wird über der Uniform getragen und erzeugt durch ihr Gewicht neben der mechanischen Belastung einen Okklusionseffekt. Unter tropischen Klimabedingungen wird durch Schwitzen und Reibung bei körperlicher Anstrengung das Aufkommen von stammbetonten Dermatosen wie Miliaria rubra, Pityriasis versicolor, Follikulitiden und Akne (Acne mechanica, Acne tropicalis) begünstigt.
Das alltägliche dermatologische Krankheitsspektrum umfasst unter feucht-warmen Klimabedingungen auch nummuläre Ekzeme und bei bekannter atopischer Diathese Exazerbationen von atopischem Ekzem sowie das dyshidrosiforme Handekzem (Kap. „Weitere Formen von Dermatitis“). Unter schlechten Hygienebedingungen im Einsatz werden sekundäre Impetiginisierungen von Ekzemleiden immer wieder beobachtet. Ebenso finden sich Pyodermien, deren Spektrum sich von superinfizierten Insektenstichen bis hin zum klinischen Vollbild einer Impetigo contagiosa erstrecken kann (Abb. 3).
Die in der Bundeswehr vorgehaltene fachärztliche Expertise auf der Versorgungsebene 3 wird in den multinational ausgerichteten Einsätzen durch die Truppen verbündeter Nationen regelmäßig in Anspruch genommen. Dies gilt für alle fachärztlichen Disziplinen. Bei den dermatologischen Konsultationen wird oft von den Patienten erwähnt, dass sie sich bisher noch nie bei einem Hautarzt vorstellen konnten. Dermatologische Vorsorgeuntersuchungen zur Begutachtung von auffälligen Pigmentveränderungen sind in einigen NATO-Ländern nicht Bestandteil der truppenärztlichen Versorgung. Sie werden daher gerne angenommen und führten wiederholt zur Diagnose von Melanomen bei Angehörigen verbündeter Streitkräfte. Die Begutachtung von Hautveränderungen auf schwarzer Haut wie bei Angehörigen der US-Streitkräfte schult darüber hinaus den diagnostischen Blick des in einem deutschen Einsatzlazarett tätigen Hautarztes.

Allergologie

Allergologische Fragestellungen wie Typ-I- oder Typ-IV-Sensibilisierungen können dermatologisch im Einsatz nicht bearbeitet werden, da Pricklösungen zur Diagnostik von Typ-I-Allergien und Testreihen für die Durchführung von Epikutantestungen nicht bevorratet werden können. Auch praktisch wäre die Durchführung einer Epikutantestung unter tropischen Klimabedingungen im Einsatzland nur begrenzt möglich und sinnvoll. Im Inland begonnene Hyposensibilisierungsbehandlungen mit hoher wehrmedizinischer Relevanz, Fortsetzungsbehandlungen in der Erhaltungsphase bei Bienen- und Wespengiftallergikern werden nach Möglichkeit auch im Einsatzlazarett in Notfallbereitschaft fortgeführt. Auch andere Hyposensibilisierungslösungen können durch die Apotheker in den Einsatzort unter Erhalt der Kühlkette herangeführt werden, was jedoch bei der logistischen Versorgung enge Absprachen im Vorfeld erfordert.

Prävention und Management von sexuell übertragbaren Krankheiten im Einsatz

Eine erhöhte Inzidenz von Geschlechtskrankheiten in den Einsätzen der Bundeswehr wurde bisher nicht beobachtet. Jedoch muss jeder Einsatz aufgrund länderspezifischer Gegebenheiten aus infektiologischer und präventivmedizinischer Sicht gesondert bewertet werden.
In diese präventivmedizinischen Überlegungen wird die Dermatologie in der Einsatzplanung einbezogen. Auch bei der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen ist der Dermatologe im Einsatz als Ratgeber stets gefragt.
Ein besonderes Gefährdungspotenzial beinhalten Einsätze auf dem afrikanischen Kontinent nicht nur wegen einer Vielzahl von vektorübertragenen Krankheiten, sondern gerade auch aufgrund der hohen Prävalenz sexuell übertragbarer Krankheiten.
Infektiologisch relevante und belastbare Daten verbündeter Streitkräfte wie aus dem französischen Sanitätsdienst, die in afrikanischen Großstädten gewonnen wurden, zeigten auf, dass während des Einsatzes EUFOR RD Congo in Libreville, der Hauptstadt des dem Kongo benachbarten Gabun, bei Frauen aus der Altersgruppe 18–30 Jahre mit einer HIV-Prävalenz von etwa 20 % gerechnet werden muss. Im Einsatz EUFOR RD Congo waren etwa 40 % der deutschen Soldaten an diesem Einsatzort stationiert.
Aufgrund dieser alarmierenden Daten gehört es zu den Aufgaben des einsatzbegleitenden Facharztes für Dermatologie und Venerologie, das Kontingent in der Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten ausreichend zu schulen. Diese Schulungen beinhalten, Kenntnisse über häufig vorkommende Geschlechtskrankheiten für den medizinischen Laien in verständlicher Form zu vermitteln und Präventionsmaßnahmen darzustellen. Weiterhin müssen in Anbetracht sehr hoher HIV-Prävalenzen auch die Kriterien des Robert-Koch-Instituts für den Einsatz einer HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) im Sanitätseinsatzverband erläutert und während des Einsatzes bei Bedarf umgesetzt werden.
Die Möglichkeit, durch den gezielten Einsatz einer PEP nach einem ungeschützten Kontakt mit einem möglicherweise HIV-positiven Partner noch über 24 h zuverlässig eine HIV-Infektion verhindern zu können, muss allen Soldaten im Einsatz bekannt sein. Hierbei handelt es sich um kein Tabu-Thema. Nur der bewusst gewählte offene Umgang mit dieser Thematik kann vor bleibenden gesundheitlichen Schäden bewahren, schafft Vertrauen und ermutigt den Soldaten, im Bedarfsfall rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Dermatologische Prävention von STDs beinhaltet ferner erregerspezifische Resistenzentwicklungen im Rahmen einer infektiologischen Surveillance länderspezifisch zu erfassen. Besondere Aufmerksamkeit gilt hier beispielsweise der Resistenzentwicklung von Neisseria gonorrhoeae gegenüber Cephalosporinen der 3. Generation in Südostasien, was zur Modifikation und Anpassung von WHO empfohlenen Standardtherapien führt und unmittelbar in der Behandlung von eigenen Soldaten oder Soldaten verbündeter Streitkräfte vor Ort umgesetzt wird.
Neben den im Einsatz erworbenen STDs werden auch Geschlechtskrankheiten mit längerer Inkubationszeit beobachtet, was in der dermatologischen Sprechstunde in den Einsatzlazaretten fokal gehäuft wie beispielsweise mehrfach in Afghanistan zur Diagnose einer Syphilis im Stadium II führte. Gleiches gilt für die Diagnose Condylomata acuminata, deren Behandlung sich im Einsatz durchaus als schwierig erweist. Einzelne Kondylome sind auch unter tropischen Klimabedingungen mit der Gefahr von Wundheilungsstörungen durch Podophyllotoxin oder elektrokaustisch vor Ort noch behandelbar, eine beetartige Aussaat im Genitalbereich oder perianal erfordert jedoch eine Rückführung des Erkrankten in das Heimatland (Repatriierung), um so eine adäquate Versorgung zu gewährleisten.

Sonnenschutz

Der Einsatz in subtropischen und tropischen Regionen erfordert, dass allen sonnenexponierten Soldaten während der Einsatzdauer hochwertiger Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt wird. Die dienstlich ausgelieferten und zum Teil durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr selbst hergestellten Lichtschutzpräparate weisen einen LSF 30 auf. Ein weiteres Gütekriterium im militärischen Alltag stellt für den Soldaten das schnelle Einziehen des Lichtschutzpräparats in die Haut dar, da je nach Region, Tageszeit und Einsatzprofil nach dem Auftragen des Sonnenschutzes zusätzlich Insektenschutzmittel (Repellentien) aufgetragen werden müssen.
Unter tropischen Klimabedingungen eingesetzte Soldaten sind in besonders hohem Maß UV-Licht exponiert. Im Rahmen des Arbeitsschutzes kommt der Prävention von Hautkrankheiten im Rahmen der Berufskrankheitenverordnung BK 5103 Hautkrebs durch UV-Licht bereits jetzt in der Bundeswehr eine besondere Bedeutung zu (Kap. „Berufsdermatosen“).

Patienten mit dermatologischen Grundkrankheiten

Auch Soldaten, die an einer im Inland gut behandelbaren chronischen dermatologischen Grundkrankheit wie an einem atopischen Ekzem oder Psoriasis vulgaris leiden, sind mit Einschränkungen auslandsdienstverwendungsfähig. Die Dauertherapie eines Soldaten im Inland mit einem Biologika wie einem TNF-α-Blocker schließt einen Einsatz in Ländern mit erhöhter Infektionsgefahr aus, zum Beispiel in Regionen mit erhöhter Tuberkulose-Prävalenz. Patienten mit dermatologischen Grunderkrankungen sollten vor Beginn ihres Einsatzes ausreichend mit denen von ihnen benötigten Dermatika (auch Pflegeprodukten) für die Einsatzdauer unter Berücksichtigung des Verfalldatums versorgt werden. Die Klimabedingungen im Einsatzland sind bei der Zusammenstellung der Basistherapie zu berücksichtigen.

Tropendermatologische Infektionsrisiken im Einsatzland

Leishmaniasis: Ausbruch und Prävention

Die militärischen Konflikte der letzten 20 Jahre im gesamten Nahen und Mittleren Osten zeigten auf, dass die kutane Leishmaniasis eine besondere Bedrohung für alle dort eingesetzten Einheiten darstellt. Diese Beobachtung ist nicht neu, von je her war die kutane Leishmaniasis ein Krankheitsbild, dessen Auftreten unter Soldaten als Orient-Beule oder Aleppo-Beule bekannt war und immer wieder beschrieben wurde. Mehr als tausend Erkrankungsfälle mussten allein die US-Streitkräfte in beiden Irakkriegen verzeichnen. Im Einsatz ISAF erkrankten innerhalb von wenigen Monaten in Nordafghanistan 200 niederländische Soldaten an der kutanen Leishmaniasis, auch in der Bundeswehr traten 25 Fälle auf.
Die Ursache für dieses gehäufte Vorkommen in militärischen Einsätzen liegt darin, dass der Soldat unter feldmäßigen Lebensbedingungen sich in den Übertragungszyklus dieser durch Sandmücken übertragenen Parasitose eingliedert und somit akzidentell zum Wirt wird.
Bereits mit dem Beginn des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan im Jahr 2002 war bekannt, dass allein in Kabul mehr als 200.000 Menschen an der kutanen Leishmaniasis erkrankt waren. Mutilierende Hautulzerationen in fortgeschrittenen Stadien prägten zu dieser Zeit unmittelbar nach Ende der Taliban-Herrschaft das gängige klinische Bild. Auslösender Erreger war in Kabul und Umgebung überwiegend Leishmania tropica, wobei der erkrankte Mensch hier das Hauptreservoir im Übertragungszyklus ist (Abb. 4).
In den wüstenähnlichen Regionen Nordafghanistans stellt sich ein anderer Übertragungszyklus dar. Die Läsionen werden dort überwiegend durch Leishmania major verursacht. Reservoire für diese Leishmanien-Spezies sind Wüstenrennmäuse (Rhombomys opimus oder Großer Gerbil). In den Bauten (Habitat) dieser Nagetiere finden sich auch die Sandmücken (Phlebotomus papatasi), die als Vektoren dienen, und somit schließt sich in diesem rein zoonotischen Habitat der Überträgerzyklus.
Immer dann, wenn sich der Mensch in unmittelbarer Nähe zu Gerbil-Bauten und Vektoren aufhält, wird er durch den Stich der Sandmücke akzidentell zum Wirt und zugleich zum Reservoir für Leishmanien. Diese auf den Menschen erweiterte Übertragung wird als anthropozoonotisch bezeichnet.
Erst das Aufdecken des Infektionswegs vor Ort durch eine interdisziplinär besetzte militärische Hygienekommission führte zu einem erfolgreichen Eindämmen der Erkrankungszahlen. In Zusammenarbeit von Dermatologie, Hygiene und Entomologie wurden zur Bekämpfung dieser tropischen/subtropischen Hautkrankheit systematisch großangelegte Präventionsmaßnahmen umgesetzt, die bis heute nachhaltig das soldatische Leben in allen Leishmanien-Endemiegebieten während des Einsatzes prägen.
Diese Maßnahmen beinhalten bauliche Vorkehrungen wie das Abtragen der obersten Erdschichten und Einschottern des gesamten Feldlagerbereichs, um hier eine Wiederansiedlung des tierischen Reservoirs Großer Gerbil zu verhindern, zusätzlich zu einer intensiven chemischen Bekämpfung der Vektoren (Vektorkontrolle). Darüber hinaus führten die entomologischen Kenntnisse über die begrenzten Flugeigenschaften des Vektors mit einem täglichen Aktionsradius von nur etwa 50 m und einer maximalen Flughöhe von 150 cm dazu, dass um die Feldlager Mauern errichtet wurden, um so den Einflug von Sandmücken zu verhindern.
Eine Surveillance, die sowohl die Erkrankungszahlen vor Ort in der einheimischen Bevölkerung und als auch kontinuierlich entomologische Daten im Rahmen des Vektormonitorings erfasst, lässt konkret Rückschlüsse auf die Infektionsgefahr für die im Einsatzraum stationierten Soldaten zu (Abb. 5).
Diese präventiven Maßnahmen werden durch mit Pestiziden imprägnierte Uniformen, den Einsatz von Repellentien und die Umsetzung von Verhaltensmaßnahmen zur Vermeidung von Mückenstichen ergänzt.
Alle nach Kabul und später nach Masar-e Sharif entsandten Dermatologen der Bundeswehr unterstützen in afghanischen Gesundheitseinrichtungen sowohl personell als auch materiell die Vermittlung und die Koordination internationaler Hilfe.
Die in den Einsätzen gewonnen Erfahrungen in der Diagnostik und Therapie der kutanen Leishmaniasis fanden Eingang in einer S1-Leitlinie, die gemeinsam von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und internationale Gesundheit herausgegeben wurde.

Lymphatische Filariosen und Mykobakteriosen

Die Leishmaniasis stellt bezüglich ihrer Bedrohung für militärische Kontingente eine Besonderheit dar. Andere klassische Tropendermatosen, die regional durchaus endemisch vorkommen, wie die lymphatische Filariasis in Zentralafrika und die Flussblinderkrankung (Onchozerkose) in West- und Zentralafrika, weisen ein niedriges Gefährdungspotenzial für Soldaten auf, die nicht aus den Endemiegebieten stammen. So ist es beispielsweise höchst unwahrscheinlich, sich bei einer Stehzeit im Einsatzland von wenigen Monaten mit Filarien zu infizieren. Neben einer wirtspezifischen individuellen Empfänglichkeit ist eine besondere individuelle Suszeptibilität für die klinische Manifestation der Infektion notwendig, der oft eine jahre- oder jahrzehntelange Exposition in einem Endemiegebiet vorausgehen muss. Gleiches gilt für die endemisch durchaus immer noch gehäuft vorkommenden Mykobakteriosen wie das Buruli-Ulkus in West- und Zentralafrika sowie weltweit für die Lepra.
Gelegentlich beobachtet werden bei Soldaten Tropendermatosen, die sich klinisch innerhalb von Tagen entwickeln können. Hierzu zählt das Krankheitsbild der Larva migrans cutanea, die durch unterschiedliche Hakenwurmlarven (Ancylostoma braziliense, Ancylostoma caninum, Uncinaria stenocephala) verursacht wird und beim Barfußlaufen besonders an Stränden in der dienstfreien Zeit erworben werden kann. Das Krankheitsbild zeigt sich in der Haut an der Eintrittspforte klinisch innerhalb von Tagen mit einem geschlängelten, erythematösen Gangsystem.
Infektionen mit Fliegenlarven (Myiasis) sind als Ektoparasitose in vielen tropischen Regionen hoch endemisch und ihr Auftreten wird auch bei Soldaten an nicht von der Uniform bedeckten Körperstellen beobachtet. Eine bakterielle Superinfektion muss hier vermieden werden, während die Entfernung des Parasiten in der Regel unproblematisch gelingt. Das Auftreten von tiefen Mykosen wie einer Chromoblastomykose oder einer Maduramykose ist bei Soldaten eher nicht zu erwarten, da gewöhnlich festes Schuhwerk getragen wird. Ein tiefes Eindringen der Erreger in die Haut durch penetrierende Verletzungen, wie sie bei der Verrichtung von Feldarbeiten ohne geeignetes Schuhwerk vorkommen, ist für die Entwicklung einer tiefen Mykose Voraussetzung.
Eine hohe Infektionsgefahr stellt in jedem militärischen Einsatz in den Tropen die Schistosomiasis (Bilharziose) dar, die sich initial an den Eintrittsstellen der Schistosomen-Larven mit einer Zerkariendermatitis zeigt. Ein nur kurzzeitiger Kontakt im Einsatz mit Wasser, das mit Schistosomen kontaminiert ist, kann hier bereits für eine Infektion ausreichend sein. Daher kommt der Durchführung einer Schistosomiasis-Serologie als diagnostischem Marker bei einer einsatzbezogenen Rückkehreruntersuchung eine besondere Bedeutung zu. Mit dieser Screeninguntersuchung gelingt es, mögliche Infektionen noch vor dem Auftreten von Krankheitssymptomen frühzeitig zu erfassen.

Humanitärer Hilfseinsatz

In dem Moment, in dem der Dermatologe sich im humanitären Hilfseinsatz befindet oder bei anderen Einsätzen humanitär im Rahmen freier Kapazitäten tätig werden kann, wird er mit dem kompletten Spektrum aller im Einsatzland vorkommenden dermatologischen Erkrankungen konfrontiert. Besonders häufig werden Kinder in den dermatologischen Sprechstunden in Flüchtlingseinrichtungen und Notquartieren vorgestellt.
Diese leiden gehäuft an Pyodermien wie Impetigo contagiosa, Ekzemen mit sekundärer Impetiginisierung und Skabies, aber auch an Mykosen mit langer Therapiebedürftigkeit wie der Tinea capitis. Nur in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden gelang es beispielsweise in einigen Notunterkünften auf Nordsumatra während der Tsunami-Hilfseinsatzes 2005 die Ausbreitung von Skabies einzudämmen. In der Feldsprechstunde hat sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Dermatologen und Pädiatern bewährt. Sie ist bedeutsam, da bei Kindern unbehandelte Streptokokkeninfektion der Haut die Ursache für rheumatisches Fieber mit erworbenen Herzklappenfehlern oder das nephrotische Syndrom darstellen.
Mit dem weiten Spektrum der Kinderdermatologie konnten sich einige der im Sanitätsdienst tätigen Dermatologen während ihrer Ausbildung in einem Kinderkrankenhaus in Joal-Fadiouth im Sénégal vertraut machen, das durch den Verein Bundeswehr hilft Kindern in der dritten Welt von 1994–2004 betrieben und durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr personell unterstützt wurde. Neben Malaria und intestinalen Parasitosen traten viele der dort behandelten dermatologischen Krankheitsbilder bei Mangelernährungszuständen auf, die sich anfänglich als Marasmus zeigen und im fortgeschrittenen Stadium bis zum Vollbild des Kwashiorkor erstrecken. Besondere Bedeutung haben Vitamin-A-Mangelzustände, die sich im Anschluss an eine Maserninfektion klinisch an der Haut als Phrynoderm zeigen. Auch das Auftreten eines tropischen Cancrum oris bis zur maximalen Ausprägung einer Noma ist oft Folge einer Maserninfektion bei gleichzeitig bestehender Malnutrition.
Die Mehrzahl der dermatologischen Patienten im Erwachsenenalter hat in Afrika oder im mittleren Osten Asiens nie zuvor einen Dermatologen konsultiert. Neben Patienten mit Infektionen der Haut oder für die Tropen typischen dermatologischen Krankheitsbildern wird der Dermatologe im Einsatz auch mit weit fortgeschrittenen benignen und malignen Hauttumorleiden konfrontiert (Abb. 6 und 7).
In diesen Stadien eine Blickdiagnose zu stellen, bereitet erfahrungsgemäß Schwierigkeiten. Eine weiterführende dermatohistopathologische Diagnostik ist im Einsatzland selbst nur eingeschränkt möglich. Exzidate können jedoch an die pathologischen Abteilungen der Bundeswehrkrankenhäuser zur histopathologischen Diagnostik gesandt werden.
Auf dem afrikanischen Kontinent weisen einige Genodermatosen wie Albinismus oder Xeroderma pigmentosum deutlich höhere Prävalenzen als in Mitteleuropa oder Nordamerika auf. Gerade Kinder mit Albinismus, der unter Afrikanern 10-mal häufiger als bei Kaukasiern vorkommt, erkranken ohne Sonnenschutz bereits in ihrem zweiten Lebensjahrzehnt an spinozellulären Karzinomen und Melanomen, deren dermatochirurgische Versorgung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium eine besondere Herausforderung darstellt (Abb. 8 und 9).
Es empfiehlt sich, frühzeitig Kontakt zu den Behandlungseinrichtungen aufzunehmen, in denen Patienten mit dermatologischen Erkrankungen betreut werden. Diese Kooperationen ermöglichen jeweils einen Einblick in die nationalen Gesundheitsprogramme, die für die eigene Tätigkeit im Einsatz hilfreich sind. Unter fachkundiger Anleitung konnten sich Sanitätsoffiziere beispielsweise im Albert Schweitzer Hospital in Lambarené, Gabun mit den durch Mykobakterien verursachten Krankheitsbildern wie Buruli-Ulkus und Lepra, sich mit den endemisch vorkommenden Filariosen, wie lymphatischen Filariosen und der Loiasis, vertraut machen.
Diese Kenntnisse ermöglichen dem Dermatologen im Einsatz, wie in Indonesien nach der durch den Tsunami bedingten Zerstörung der für die Leprapatienten zuständigen Einrichtungen vor Ort, Folgebehandlungen für Patienten sicherzustellen oder auch in Afghanistan Patienten mit unterschiedliche Lepraformen zu diagnostizieren und stadiengerecht nach den Leitlinien der WHO zu behandeln.
Die für einen Einsatz in den Tropen notwendigen dermatologischen und tropendermatologischen Kenntnisse können während der fachärztlichen Ausbildung in Deutschland nur bedingt erworben werden. Eine besondere Bedeutung kommt hier den dermatologischen Ausbildungsstätten in den Tropen zu, der Weiterbildungsassistent oder junge Facharzt eine strukturierte dermatologische und tropendermatologische Ausbildung erwerben kann. Hierfür kommen in Betracht:
  • Das Regional Dermatology Training Center (RDTC) der Kilimanjaro Medical School in Moshi/ Tansania
  • Fundação de Medicina tropical (FMT-AM), Gerencia de Dermatologia, Manaus, Amazonas, Brasilien
  • Department of Dermatology, Faculty of Medicine, Sirirah Hospital, Mahidol University, Bangkok, Thailand
Zusätzlich zu Hospitationen an diesen Ausbildungsstätten nehmen dermatologische Weiterbildungsassistenten als Sanitätsoffiziere an humanitären Hilfseinsätzen der US-Navy teil, zuletzt 2015 auf dem Lazarettschiff USNS Comfort, und führen dermatologische Sprechstunden in unterversorgten Regionen durch, meist in Hafenstädten in verschiedenen mittel- und südamerikanischen Ländern.
Im Inland werden Dermatologen oder dermatologische Weiterbildungsassistenten der Bundeswehr für die Einsätze durch die Teilnahme am jährlich im Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg stattfindenden 3-monatigen Diplomkurs Tropenmedizin und Teilnahme an den tropendermatologischen Seminaren der Deutschen Dermatologischen Akademie vorbereitet.
Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft steht den dermatologischen Abteilungen der Bundeswehrkrankenhäuser und den dermatologischen Einrichtungen in den regionalen Sanitätseinrichtungen über den Wehrmedizinischen Beirat beratend zur Seite.
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