Es sollte stets eine individuelle Betrachtung und Beratung des Patienten erfolgen.
Wenn eine entsprechende Expertise vorliegt, sollten Operationen vorzugsweise minimalinvasiv durchgeführt werden. Laparoskopische Eingriffe zeigen auch bei Crohn-Colitis einen reduzierten intraoperativen Blutverlust, eine kürzere Zeit bis zum ersten Stuhlgang und einen kürzeren Krankenhausaufenthalt. Zudem gehen minimalinvasive Resektionen mit weniger Narbenhernien, weniger Adhäsionen und vermutlich dadurch bedingt mit einer geringeren Einschränkung der Fertilität einher.
Crohn-Colitis
Bei Patienten mit Crohn-Colitis und Befall des gesamten Kolons kann eine komplette Kolektomie mit Ileorektostomie durchgeführt werden, wenn das Rektum nicht von der Entzündung betroffen ist. Zudem sollte eine gute Sphinkterfunktion mit intakter Stuhlkontinenz und kein perianaler Crohn-Befall vorliegen.
Patienten, bei denen in der Vergangenheit eine Fistelspaltung bei perianaler Fistel durchgeführt wurde und die eine Sphinkterinsuffizienz haben, sollen keine Ileorektostomie erhalten.
Der Befall des Rektums und die Sphinkterfunktion sollen präoperativ bei Patienten mit Crohn-Colitis rektoskopisch und per transrektaler Endosonografie untersucht werden. Es kann eine anale Manometrie angewendet werden.
Im Rahmen der Kolektomie bei benigner Indikation bei Crohn-Colitis sollten die A. und V. ileocolica erhalten bleiben, indem die Ligatur des Mesenteriums darmwandnah am Zökum erfolgt.
Die Ileorektostomie sollte als Seit-zu-End-Anastomose mit einem Zirkularstapler in Double-stapling-Technik erfolgen
. Das Ileum wird mit einem Abstand von 2 cm im makroskopisch entzündungsfreien Bereich und das Rektum auf Höhe des Promontoriums mit einem Linearstapler abgesetzt. Anschließend wird die Gegendruckplatte des Zirkularstaplers 3 cm oral des Ileumstumpfes mittels Tabaksbeutelnaht fixiert. Der Schaft des Zirkularstaplers wird transrektal eingeführt, der Dorn wird unter Sichtkontrolle mittig im Rektumstumpf ausgefahren und mit der Gegendruckplatte konnektiert, sodass die Seit-zu-End-Anastomose erzeugt werden kann. Die Anastomose wird mittels Rektoskopie auf Intaktheit überprüft. Eine Dichtigkeitsprobe der Anastomose mittels „Lufttest“ sollte durchgeführt werden, indem das Rektum mit Luft und das kleine Becken mit Kochsalzlösung gefüllt werden. Die Rate der Anastomoseninsuffizienz nach Ileorektostomie bei Crohn-Colitis lag in einer
Metaanalyse bei 6,4 % (Baelum et al.
2021).
Wenn ein Rezidiv der Crohn-Colitis nach erfolgter Kolektomie und primärer Anastomosierung auftritt, sollte eine
Proktektomie mit endständigem Ileostoma durchgeführt
werden. Wenn kein perianaler Befall vorliegt, kann eine intersphinktäre Proktektomie
erwogen werden, um perianale
Wundheilungsstörungen zu reduzieren. Der intersphinktäre Sulcus kann von transanal aus am besten lateral identifiziert werden, sodass die Dissektion lateral begonnen, dann nach posterior und anterior vervollständigt wird. Zum Verschluss des Perineums wird der M. sphincter ani externus schichtweise adaptiert und die Haut darüber in Donati-Rückstichtechnik vernäht. Die Rezidivrate des
Morbus Crohn nach Kolektomie mit Ileorektostomie ist mit ungefähr 45 % nach 5 Jahren hoch. Knapp 20 % der Patienten benötigen im Verlauf eine Proktektomie mit permanentem Ileostoma (Baelum et al.
2021). In einer retrospektiven Studie mit 81 Patienten hatten 87 % der Patienten 5 Jahre postoperativ keine Probleme mit der ileorektalen Anastomose und nach 10 Jahren 72 %. Eine Proktektomie war im weiteren Verlauf bei 22 % der Patienten notwendig und 13,5 % der Patienten erhielten eine Dünndarmsegmentresektion und erneute Anlage der ileorektalen Anastomose. Nikotinabusus war ein Risikofaktor für eine Proktektomie und Revisionsoperation (O’Riordan et al.
2011). In einer weiteren retrospektiven Studie wird berichtet, dass 63 % der Patienten 10 Jahren nach Kolektomie mit Ileorektostomie eine intakte ileorektale Anastomose hatten. Risikofaktoren für ein Rezidiv oder Verlust der ileorektalen Anastomose waren Patienten mit Dünndarmbefall und extraintestinalen Manifestationen (Cattan et al.
2002). In einer anderen Arbeit war ein mikroskopisch entzündeter, distaler Rand ein Risikofaktor für ein permanentes Ileostoma nach Ileorektostomie bei Crohn-Colitis (McKenna et al.
2020).
In Notfallsituationen, in denen eine Kolektomie bei Crohn-Colitis indiziert ist, oder bei mangelernährten, multimorbiden Patienten sollte im ersten Schritt eine komplette Kolektomie mit endständigem Ileostoma und erst im zweiten Schritt die Anlage der Ileorektostomie
erfolgen. In einer retrospektiven Studie zeigte sich ein höheres Risiko für eine Anastomoseninsuffizienz bei einzeitigem Vorgehen im Vergleich zum zweizeitigen Vorgehen, wobei die Operationsindikation in 50 % eine chronisch entzündliche Darmerkrankung war (Segelman et al.
2018). Im Falle einer Diskontinuitätsresektion ist der Anlage eines Rektumstumpfes gegenüber einer Sigmaschleimfistel der Vorzug zu geben. Die Gründe dafür sind, dass durch die Anlage der Sigmaschleimfistel die Integrität der Bauchdecke kompromittiert wird, Stomakomplikationen auftreten können und CED-befallener Dickdarm im Patienten verbleibt. Vor Anlage der Ileorektostomie im zweiten Schritt ist entscheidend, dass das Rektum nicht von der Entzündung befallen ist und eine gute Sphinkterfunktion mit Stuhlkontinenz besteht. Bei Patienten, die nicht für eine ileorektale Anastomose in Frage kommen, sollte die Proktektomie erfolgen, um eine Karzinomentstehung im Rektumstumpf zu verhindern.
Es kann eine
totale Proktokolektomie mit endständigem Ileostoma bei Befall
des gesamten Kolons erfolgen. Hier war die Rezidivrate niedriger als bei Kolektomie mit Ileorektostomie (10 % vs. 46 % nach 5 Jahren und 21 % vs. 60 % nach 10 Jahren) (Fischer
2018). Es besteht allerdings das Risiko für perineale
Wundheilungsstörungen und Nervenschäden mit sexueller Dysfunktion. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Patienten das endständige Ileostoma lebenslang haben.
Bei entzündlichem Befall des Rektums soll eine
totale Proktokolomukosektomie mit endständigem Ileostoma durchgeführt werden. Das Rektum kann bei Crohn-Colitis und benigner Indikation mesorektumerhaltend operiert werden. Wenn kein perianaler Befall vorliegt, kann eine intersphinktäre Proktektomie erwogen werden, um perianale
Wundheilungsstörungen zu reduzieren.
Bei aktiver perianaler Entzündung sollte im ersten Schritt ein ultrakurzer Rektumstumpf belassen werden. Nach perianaler Abheilung sollte die Restproktomukosektomie erfolgen. Bei ausgeprägter rektaler und perianaler Entzündung kann es vorkommen, dass nach der Proktektomie ein großer Haut- und Subkutandefekt entsteht, der eine plastische Deckung notwendig macht.
Die Anlage des endständigen, permanenten Ileostomas sollte gut geplant und präoperativ am stehenden, liegenden und sitzenden Patienten angezeichnet werden. Die Position sollte transrektal in Bezug auf den M. rectus abdominis und etwas kaudal des Bauchnabels bei normalgewichtigen und etwas kranial des Bauchnabels bei adipösen Patienten liegen. Die Hautinzision sollte kleiner als der Stomadurchmesser sein und maximal 3 cm im Durchmesser betragen. Die Faszie wird kreuzförmig inzidiert und sollte ausreichend weit für den entsprechenden, durchtretenden Dünndarm sein.
Das Ileostoma soll prominent („nippelförmig“) angelegt werden, um eine gute postoperative Versorgung zu gewährleisten. Die Darmschleimhaut des Ileostomas soll 1,5–2 cm über Hautniveau liegen. Das kann z. B. durch Vorlegen von vier Haltenähten und anschließendes Einstülpen der Darmschleimhaut mit einem erbsengroßen Mulltupfer, der in einen feinen Overholt eingespannt ist, erreicht werden.
Bei Vorliegen einer malignen Neoplasie bei Crohn-Colitis sollte analog zur Empfehlung bei
Colitis ulcerosa gehandelt werden und keine limitierte Kolonresektion, sondern eine Proktokolektomie erfolgen. In einer retrospektiven Studie wird beschrieben, dass 40 % der Patienten nach segmentaler Kolonresektion und 35 % der Patienten nach subtotaler Kolektomie bei Karzinom und Crohn-Colitis ein metachrones Karzinom entwickelten (Maser et al.
2013).
Wenn eine endoskopisch nichtresezierbare Läsion mit intraepithelialer Neoplasie oder ein Karzinom bei Patienten mit Crohn-Colitis diagnostiziert wird, soll wegen der hohen Assoziation mit einem meta- oder synchronen Karzinom eine totale, onkologische Proktokolektomie mit endständigem Ileostoma erfolgen. In diesem Fall ist eine komplette mesokolische Exzision (CME) im Bereich des Kolons und eine totale mesorektale Exzision (TME) des Rektums gefordert.
Die restaurative Proktokolektomie mit ileoanaler J-Pouchanlage bei Crohn-Colitis wird kontrovers diskutiert. Die Indikation ist nach ausführlicher Aufklärung über die Risiken in Einzelfällen vertretbar.
In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden 31 Patienten für die Operation ausgewählt, die keinen aktuellen oder in der Vergangenheit vorliegenden perianalen Befall und keinen Dünndarmbefall des
Morbus Crohn hatten. Insgesamt traten bei 19 % der Patienten
postoperative Komplikationen auf, davon 2,6 % pouchoperineale Fisteln, 1,3 % pouchovaginale Fisteln, 1,3 %
Abszesse, 6 % Pouchversagen und 2,6 % entwickelten einen Morbus Crohn im Pouch (Panis et al.
1996). Nach einem Follow-up von 10 Jahren hatten 35 % der Patienten Morbus-Crohn-assoziierte Komplikationen wie anale Ulzerationen,
Pouchitis, Fistel und Abszess und 10 % erhielten eine Pouchexzision (Regimbeau et al.
2001). In einer weiteren retrospektiven Studie wurden 60 Patienten nach Proktokolektomie mit ileoanaler J-Pouchanlage untersucht, bei denen postoperativ die Diagnose in Morbus Crohn geändert wurde. In dieser Kohorte lag die Rate der Pouchexzision bei 12 %. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 80–90 % der Patienten ihren Pouch nach 10 Jahren noch haben. Die Patienten hatten insgesamt ein gutes funktionelles Ergebnis und eine sehr gute
Lebensqualität (Hartley et al.
2004).
In Fällen von limitiertem, entzündlichen Kolonbefall bei Crohn-Colitis kann eine individuelle Therapiestrategie mit
Resektion des befallenen Kolonsegmentes erfolgen. Es kann eine primäre Anastomose mit oder ohne protektives Stoma erfolgen. Dies sollte je nach Risikoprofil des Patienten (Therapie mit Steroiden,
Immunsuppressiva, Biologika, Ernährungszustand, septischer Verlauf) entschieden werden. Je nach Operationssitus kann eine Hartmann-Situation notwendig werden.
Eine Kolonstenose bei
Morbus Crohn soll aufgrund des Malignitätsverdachts onkologisch (inkl. CME) reseziert werden.
In einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 179 Patienten lag nach segmentaler Kolonresektion bei Crohn-Colitis eine höhere Rezidivrate, die eine erneute chirurgische Therapie erforderte, im Vergleich zur Proktokolektomie vor (Fichera et al.
2005). Es ist zu berücksichtigen, dass die Studie aus dem Jahr 2005 stammt und sich die medikamentöse Therapie des
Morbus Crohn mit Biologika auch postoperativ seitdem verbessert hat. Es besteht der Bedarf an aktuellen Studien mit langfristigem Follow-up, um segmentale Kolonresektionen bei Crohn-Colitis zu bewerten.
Bei älteren Patienten und Patienten mit vergangener Dünndarmresektion sollte eine limitierte Kolonresektion als mögliche Therapieoption bedacht werden. Durch den Verlust des kompletten Kolons geht die Kapazität zur Wasserabsorption verloren. Zudem kann es zu einer High-Output-Symptomatik des Ileostomas und
Kurzdarmsyndrom kommen, wenn in der Vergangenheit bereits Dünndarmresektionen erfolgt sind.
Bei limitiertem Befall des rechtsseitigen Kolons wird eine Hemikolektomie rechts mit Seit-zu-Seit-Anastomose als Ileotransversostomie empfohlen. Diese kann mit einem Stapler durchgeführt oder per Hand genäht werden. Die Kono-S-Anastomose stellt ebenfalls eine gute Option dar. In diesen Fällen ist das terminale Ileum oft mitbefallen, sodass eine darmsparende Resektion der makroskopisch befallenen Ileumanteile mit einem Abstand von 2 cm erfolgen soll.
Es sollen keine Strikturoplastiken am Kolon bei Kolonstenosen bei Crohn-Colitis durchgeführt werden.
Colitis indeterminata
Die Diagnose Colitis indeterminata
wurde ursprünglich als pathologische Diagnose verwendet, nachdem eine Kolektomie durchgeführt wurde und am Präparat nicht eindeutig zwischen
Morbus Crohn des Kolons und
Colitis ulcerosa unterschieden werden konnte. Dementsprechend erhalten einige Patienten die Diagnose erst nach erfolgter Proktokolektomie
mit ileoanaler Pouchanlage
. In einer prospektiven Studie erhielten 29 % der Patienten die Diagnose postoperativ im pathologischen Ergebnis (Murrell et al.
2009).
Die restaurative Proktokolektomie mit ileoanaler J-Pouchanlage kann bei Colitis indeterminata erfolgen.
Die operative Technik der Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage wird in Lyros et al. (
2022, S. 671–687) zur
Colitis ulcerosa ausführlich beschrieben. Die Länge des Cuffs sollte analog zur Colitis ulcerosa maximal 2 cm betragen.
Eine aktuelle
Metaanalyse aus 17 Studien zeigt höhere Komplikationsraten nach Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage bei Patienten mit Colitis indeterminata im Vergleich zur
Colitis ulcerosa. Dazu zählen vom Pouch ausgehende Fisteln,
Abszesse im kleinen Becken oder am Cuff und perineale Komplikationen. Die Rate des Pouchversagens war mit 7,5 % vergleichbar zur Colitis ulcerosa (Emile et al.
2020; Venkateswaran et al.
2021). In einer retrospektiven Studie hatten Patienten mit Colitis indeterminata öfter eine vom Pouch ausgehende Fistel (31 % vs. 9 %) oder ein Pouchversagen (27 % vs. 11 %) als Patienten mit Colitis ulcerosa. In dieser Studie erhielten 15 % der Patienten mit postoperativer Colitis indeterminata im Verlauf die Diagnose
Morbus Crohn (Yu et al.
2000). In einer prospektiven Beobachtungsstudie zeigte sich kein Unterschied in der Inzidenz der akuten und chronischen
Pouchitis nach ileoanaler Pouchanlage bei Patienten mit Colitis ulcerosa und Colitis indeterminata (Murrell et al.
2009).
Es gibt bisher keine klinischen oder bildgebenden Kriterien, mit denen präoperativ vorhergesagt werden kann, bei welchen Patienten mit
Colitis ulcerosa oder Colitis indeterminata sich im Verlauf ein
Morbus Crohn entwickelt. Es gibt Hinweise, dass Patienten mit präoperativ positiven Antikörperreaktionen auf Anti-Saccharomyces-cerevisiae, Porin C der äußeren Membran von
Escherichia coli und ein
Antigen von Pseudomonas fluorescens häufiger eine
Pouchitis nach ileoanaler Pouchanlage entwickeln (Hui et al.
2005). Bei dreizeitiger restaurativer Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage soll nach dem ersten Schritt der Kolektomie das histopathologische Ergebnis in Betracht gezogen werden.