Phenylephrin-Dosierungen über 1000 Mikrogramm pro Stunde scheinen bei Männern mit Priapismus die Chance auf eine Detumeszenz nicht wesentlich zu verbessern. Der Erfolg der Therapie ist eher zeit- als dosisabhängig.
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Phenylephrin ist oft Mittel der Wahl bei ischämischem (low-flow) Priapismus. Europäische Leitlinien empfehlen intrakavernöse Injektionen von 200 Mikrogramm alle drei bis fünf Minuten bei einer Maximaldosis von 1000 Mikrogramm, US-Leitlinien legen sich auf 100–500 Mikrogramm alle drei bis fünf Minuten über rund eine Stunde fest. Dabei können auch kumulative Dosen jenseits von 1000 Mikrogramm pro Stunde zusammenkommen. Bei Männern mit kardiovaskulären Risiken sollte Phenylephrin jedoch eher niedriger dosiert werden, abzuwägen seien bei der Behandlung mögliche Komplikationen wie Hypertonie, Herzinfarkte oder Hirnblutungen, berichten Urologen um Dr. Kyle Scarberry vom Cleveland Medical Center in den USA.
Die Frage ist nun, ob höhere Gesamtdosen besser wirken oder mehr Probleme verursachen. Anhand einer retrospektiven Analyse kommen die Urologen zu dem Schluss, dass die Erfolgsquote bei Dosierungen über 1000 Mikrogramm auch nicht besser ist als bei geringeren Mengen des Alpha-1-Adrenorezeptoragonisten.
Für ihre Analyse haben die Ärzte um Scarberry Angaben aus ihrem Kliniknetzwerk zu 123 Männern mit ischämischem Priapismus ausgewertet. Im Median waren die Männer 42 Jahre alt, die Erektion bestand bei der Klinikaufnahme im Schnitt seit elf Stunden, bei etwa der Hälfte ließ sich eine medikamentöse oder drogenbedingte Ursache der Dauererektion nachweisen. Genaue Dosisangaben existierten für 84 Patienten vor, davon hatten 37 (44%) mehr als 1000 Mikrogramm des Medikaments pro Stunde bekommen, die Mediandosis lag hier bei 2000 Mikrogramm, in der Gruppe mit der niedrigeren Dosis bei 500 Mikrogramm. Sowohl in der Hochdosis- als auch in der Niedrigdosisgruppe wies etwa jeder siebte Patient Risikofaktoren für eine Phenylephrintherapie auf, etwa Hypertonie, KHK, Kokainkonsum oder zerebrovaskuläre Veränderungen.
Nach 24 Stunden nur geringe Erfolgsaussichten
97 Männer erhielten schließlich die Phenylephrinbehandlung, in der Regel kombiniert mit korporaler Aspiration. 62 von ihnen (64%) erreichten eine Detumeszenz ohne chirurgischen Eingriff, die übrigen bekamen in der Regel einen distalen Shunt. Mit der niedrigen Dosis schafften 72%, mit der hohen 62% eine Detumeszenz ohne Operation, was die Bemühungen reflektieren dürfte, Männern ohne Erfolg bei 1000 Mikrogramm mit weiteren Injektionen zur Detumeszenz zu verhelfen. Die Zahlen deuten jedoch darauf, dass dies wohl nicht so oft geklappt hatte.
Entscheidender als die Gesamtdosis war offensichtlich die Dauer der Erektion vor der Behandlung: Je länger die Erektion bestand, umso geringer war die Erfolgsquote unter Phenylephrin.
Insgesamt vier Männer – zwei in der Hoch- und zwei in der Niedrigdosisgruppe – mussten die Phenylephrintherapie aufgrund eines Blutdruckanstiegs abbrechen. Zu vaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt oder Hirnblutungen kam es jedoch bei keinem der Behandelten.
Was lässt sich aus den Daten nun schließen? Die Phenylephrintherapie scheint vor allem dann erfolgversprechend, wenn die Dauererektion noch keine 24 Stunden anhält. Möglicherweise könnten in solch einem Setting auch höhere Dosierungen noch zu einer Detumeszenz führen, dagegen seien die Chancen auf einen Erfolg mit höheren Dosen gering, wenn der Priapismus schon länger anhält, so die Urologen um Scarberry. Nach 24 Stunden gebe es wohl schon Veränderungen in der Penismuskulatur, die ein Ansprechen auf das Medikament erschwerten.
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Ist der Erfolg einer Phenylephrintherapie bei ischämischem Priapismus dosisabhängig? Antwort: Der Erfolg ist eher zeit- als dosisabhängig. Bedeutung: Jenseits von 24 Stunden Dauererektion ist mit über 1000 Mikrogramm Phenylephrin kaum noch ein Erfolg zu erwarten – dieser stellt sich in der Regel schon bei niedrigeren Dosen oder gar nicht ein. Einschränkung: Retrospektive Analyse mit Indikationsbias. |