Hypertoniker mit kurzfristigen Blutdruckschwankungen haben ein erhöhtes Risiko für eine Niereninsuffizienz. Besonders aussagekräftig dafür ist die Durchschnittsvariabilität des Blutdrucks in der 24-Stunden-Messung.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Ein hoher Blutdruck schadet bekanntlich auch der Niere, wobei für Hypertonie-bedingte Organschäden nicht nur die Höhe des Blutdrucks, sondern auch dessen Schwankungen entscheidend sind. Kurzfristige Blutdruckschwankungen scheinen dabei besonders ungünstig für die Struktur kleinerer Gefäße zu sein und Organschäden zu begünstigen, berichten Nephrologinnen und Nephrologen um Dr. Jong Hyun Jhee von der Gangnam-Severance-Klinik in Seoul in Korea. Ob solche Schwankungen die Aussagekraft von ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessungen verbessern, sei jedoch noch unklar. Anhand einer eigenen Studie kommt das Team um Jhee nun zu dem Schluss, dass kurzfristige Blutdruckschwankungen in solchen Messungen tatsächlich mit einem erhöhten Risiko für eine Niereninsuffizienz einhergehen.
Die Forschenden um Jhee haben Anhaben von 1173 koreanischen Hypertonikern aus einer prospektiven Kohortenstudie ausgewertet. Alle hatte sich zu Beginn einer 24-Stunden-Blutdruckmessung unterzogen und zeigten noch eine normale Nierenfunktion (eGFR-Wert* über 60). Im Schnitt waren die Teilnehmenden 61 Jahre alt, der Männeranteil betrug 53%, 40% hatten einen Diabetes, ebenso viele rauchten, etwa ein Viertel hatte kardiovaskulär Erkrankte in der Familie, der eGFR-Wert lag anfangs bei knapp 90.
Niereninsuffizienzrisiko um zwei Drittel erhöht
Als Maß für kurzfristige Blutdruckschwankungen wählten Jhee und Mitarbeiter die Durchschnittsvariabilität des Blutdrucks (average real variability, ARV), definiert als Mittelwert der absoluten Differenzen zwischen den aufeinander folgenden Einzelwerten. Darüber hinaus interessierten sie sich auch für die die Standardabweichung des Mittelwertes (SD) und den Variationskoeffzienten (VC = SD/Mittelwert*100%).
Entsprechend des systolischen und diastolischen ARV-Werts wurden die Hypertoniker in Terzilen eingeteilt. Teilnehmende im Terzil mit den höchsten systolischen ARV-Werten (im Schnitt 21 mmHg) waren etwas älter, häufiger Frauen, häufiger Raucher und auch öfter familiär belastet als solche im Terzil mit der niedrigsten ARV (im Schnitt 11 mmHg), auch hatten sie insgesamt höhere Blutdruckdurchschnittswerte. Ähnliches galt für Personen im Terzil mit der höchsten diastolischen ARV.
Im Laufe von 5,4 Jahren entwickelten 271 Personen (23%) eine Niereninsuffizienz, definiert als mindestens 30%ige Reduktion der eGFR-Werte, ein eGFR-Wert unter 60 oder eine deutliche Albuminurie. Bezogen auf 1000 Personenjahre lag die Inzidenz für eine Niereninsuffizienz im Terzil mit der niedrigsten systolischen ARV bei 26, mit der mittleren bei 41 und der höchsten bei 50.
Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Blutdruckverlaufsmustern sowie kardiovaskulären Risikofaktoren und Begleiterkrankungen kam es bei Personen im Terzil mit der höchsten systolischen ARV um 64% häufiger zu einer Niereninsuffizienz als im Terzil mit der niedrigsten ARV. Die Rate im mittleren Terzil war ebenfalls erhöht, und zwar um 48%. Als nicht ganz so aussagekräftig erwies sich die diastolische ARV – hier lag die Inzidenz für eine Niereninsuffizienz im Terzil mit den höchsten Werten um 60% und im mittleren Terzil um 24% höher als im Terzil mit den geringsten kurzfristigen Schwankungen. Für die Standardabweichung und den Variationskoeffzienten gab es hingegen keinen belastbaren Zusammenhang mit der Häufigkeit einer Niereninsuffizienz, auch nicht mit den Blutdruckverlaufsmustern.
Die Ärztinnen und Ärzte um Jhee schließen daraus, dass die Bestimmung der 24-Stunden-ARV sehr hilfreich ist, um das Risiko eine Niereninsuffizienz bei Hypertonikern abzuschätzen.
*eGFR: estimated Glomerular Filtration Rate, Angaben in ml/min/1,73 m2
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Welche Aussagekraft haben kurzfristige Blutdruckschwankungen bei Hypertonikern mit Blick auf das Niereninsuffizienzrisiko? Antwort: Eine hohe Durchschnittsvariabilität des Blutdrucks (average real variability, ARV) bei einer 24-Stunden-Messung geht mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Niereninsuffizienz einher. Bedeutung: Die Bestimmung der 24-Stunden-ARV kann sich lohnen, um das Risiko einer Niereninsuffizienz bei Hypertonikern abzuschätzen. Einschränkung: Geringe Teilnehmerzahl. |