Adipöse MS-Patienten: Herde schwinden unter oralen Antidiabetika

Bei der Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose und metabolischem Syndrom mit Metformin oder Pioglitazon zeigten sich in einer argentinischen Studie antiinflammatorische Effekte. T2-Läsionen sowie gadolinumanreichernde Herde gingen zurück und die Zahl regulatorischer T-Zellen stieg an. Neben den bekannten Effekten auf Herz und Gefäßsystem scheint das metabolische Syndrom auch Einfluss auf verschiedene Autoimmunkrankeiten zu nehmen. Bei den Patienten mit Multipler Sklerose (MS), die mit Metformin oder Pioglitazon behandelt wurden, zeigten sich unter der Medikation jedenfalls antiinflammatorische Effekte. Laura Negrotto vom Institute for Neurological Research in Buenos Aires und Kollegen haben entsprechende Veränderungen an 50 MS-Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2 und metabolischem Syndrom in einer prospektiven Studie untersucht. 20 der Probanden erhielten 850–1500 mg/d Metformin, zehn Patienten nahmen täglich 15–30 mg Pioglitazon ein und 20 Personen blieben unbehandelt (Kontrollen). Um die Vergleichbarkeit der Probanden in allen drei Gruppen zu sichern, wurde bis zu zwei Jahre vor dem Therapiebeginn mit oralen Antidiabetika u.a. die Krankheitsaktivität in sechsmonatigen Abständen kontrolliert. Dies wurde nach dem Therapiebeginn über maximal weitere 24 Monate fortgeführt. Mit den Pfunden reduzieren sich die Läsionen Bereits nach den ersten sechs Monaten zeigte sich gegenüber den Kontrollprobanden sowohl in der Metformin- als auch in der Pioglitazongruppe ein signifikanter Rückgang der Zahl neuer oder sich vergrößernder Läsionen in der T2-Wichtung. Nach 24 Monaten waren sie unter Metformin von 2,5 zu Studienbeginn auf 0,5 reduziert, unter Pioglitazon von 2,3 auf 0,6. Auch die gadoliniumangereicherten Herde hatten in diesem Zeitraum deutlich abgenommen (Metformin: 1,8 vs. 0,1; Pioglitazon: 2,2 vs. 0,3). Im Vergleich zur Kontrollgruppe sanken zudem die mittleren Leptinwerte (Metformin: 5,5 vs. 10,5 ng/ml; Pioglitazon: 4,1 vs. 11,0), während die Adiponektinspiegel im Serum anstiegen (Metformin: 15,4 vs. 4,5; Pioglitazon: 12,6 vs. 4,8). Die Zahl der Interferon-gamma- und Interleukin-17-produzierenden Zellen war bei den Patienten der Metformingruppe gegenüber den Kontrollpatienten signifikant gefallen (Interferon (IL) gamma: 30,3 vs. 82,8; Interleukin-17: 212,4 vs. 553,8). Bei Patienten, die mit Pioglitazon behandelt worden waren, sank gegenüber den Kontrollen die Zahl der IL-6- und Tumornekrosefaktor(TNF)-sezernierenden Zellen (IL-6: 361,6 vs.1130,7; TNF: 189,9 vs. 341,0). Sowohl unter Metformin als auch unter Pioglitazon verbesserten sich Anzahl und regulatorische Funktionen der CD4+CD25+FoxP3+-regulatorischen T-Zellen (Metformin: 6,7 vs. 2,1; Pioglitazon: 6,9 vs. 3,0). Ernährungstherapien in das Behandlungskonzept integrieren Dem Leptin, das proportional zur Masse des adipösen Gewebes sezerniert wird, werde eine Schlüsselrolle im Zusammenspiel zwischen Metabolismus und Immunität zugeschrieben, so Negrotto. Die erhöhten Serumspiegel adipöser Patienten und solcher mit metabolischem Syndrom stießen proinflammatorische Reaktionen an. Adiponektin dagegen zeige antientzündliche Eigenschaften und werde im umgekehrten Verhältnis gebildet. Möglicherweise, so die Autoren, seien der gesunkene Leptin- und der gestiegene Adiponektinlevel unter Metformin bzw. Pioglitazon einem Mechanismus zuzurechnen, der zu der im MRT beobachteten Reduktion der Krankheitsaktivität beigetragen hatte. Auch Aiden Haghikia und Ralf Gold, Bochum, meinen in ihrem Editorial, angesichts der zunehmenden Zahl an MS-Patienten sei es an der Zeit, neben den genetischen Aspekten nicht nur die klassischen Umweltfaktoren als Verursacher unter Verdacht zu haben, sondern sich auch möglichen anderen Risikofaktoren zuzuwenden, etwa denen, die ein westlicher Lebensstil mit sich bringe. Sowohl für das Rauchen als auch für die Adipositas hätten sich bereits Einflüsse gezeigt. Solche Ansätze erhöhten die Chance für individuellere Therapien, so die Editorialisten. Trotz einiger methodischer Unsicherheiten der Studie meinen Haghilkia und Gold, dass die Ergebnisse der Studie gut zu einer Reihe anderer vielverprechender Ansätze passen, beispielsweise zu den Vorschlägen, diätetische Maßnahmen adjuvant in etablierte MS-Therapien zu integrieren, um deren Effektivität kostengünstig und mit geringem Risiko zu verbessern.

Springer Medizin

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