Erschienen in:
01.07.2015 | Übersicht
Ambrosia artemisiifolia (Traubenkraut) in Deutschland – aktuelles Vorkommen, allergologische Bedeutung und Maßnahmen zur Eingrenzung
verfasst von:
Prof. Dr. Jeroen Buters, Beate Alberternst, Stefan Nawrath, Maria Wimmer, Claudia Traidl-Hoffmann, Uwe Starfinger, Heidrun Behrendt, Carsten Schmidt-Weber, Karl-Christian Bergmann
Erschienen in:
Allergo Journal
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Ausgabe 4/2015
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Zusammenfassung
Ambrosia artemisiifolia (Ambrosia: Traubenkraut, Beifuß-Ambrosie, englisch: „ragweed“) ist in Europa und Deutschland ein Neophyt, dessen Ursprung in den USA liegt. In den USA ist die allergische Sensibilisierung auf Ambrosia etwa gleich hoch wie für Gräserpollen, und ohne Gegenmaßnahmen könnte auch in Deutschland die Zahl der Erkrankungen durch Ambrosia deutlich steigen. Zurzeit sind Sensibilisierungen durch Gräserpollen in Deutschland am häufigsten, gefolgt von Sensibilisierungen durch Hausstaubmilben und Birkenpollen. Ambrosiapollen rufen Symptome ab etwa 10 Pollen/m3 hervor, Gräserpollen bei etwa 15 Pollen/m3. Diese Konzentration an Ambrosiapollen wird momentan in den meisten Bundesländern nur punktuell erreicht.
Ambrosia (echte Ambrosie) zeigt Kreuzreaktivitäten mit Beifuß (Artemisia vulgaris) und eine korrekte Diagnose ist nur mit dem ambrosiaspezifischen Allergen Amb a 1 möglich. Wegen der Kreuzreaktivität mit Beifuß sind neue Sensibilisierungen gegen Ambrosia nicht notwendig, um allergische Symptome auf Ambrosia hervorzurufen. Der Neophyt Ambrosia trifft auf eine bereits beifußsensibilisierte Bevölkerung, verlängert die Pollensaison und kann neue Sensibilisierungen gegen Ambrosia hervorrufen. Die Ambrosiaallergie ist zusätzlich charakterisiert durch ein erhöhtes Risiko zum „Etagenwechsel“, welcher bei einer Beifußallergie seltener vorkommt.
Deswegen ist die Bekämpfung von Ambrosia artemisiifolia notwendig. Ambrosiasamen werden über verunreinigtes Vogelfutter und den Transport von Erde (auch im Profil von Autoreifen) und Agrarprodukten aus befallenen Gebieten verbreitet oder daraus eingeschleppt. Weil die Samen von Ambrosia bis zu 40 Jahre im Boden überleben können, ist eine langfristige Bekämpfung und Nachkontrolle notwendig.
Im Vergleich zu Ländern wie Frankreich (Rhone-Tal), Italien (Po-Ebene), Ukraine und Ungarn ist Deutschland in geringem Umfang von Ambrosia besiedelt. Daher besteht derzeit noch die Möglichkeit, eine weitere Ausbreitung mit relativ geringem Aufwand zu verhindern. Die Schweiz, in der bereits zu Beginn der Ambrosiaausbreitung gesetzliche Grundlagen zur Verhinderung einer weiteren Einschleppung sowie eine Melde- und Bekämpfungspflicht eingeführt wurde, zeigt, dass es möglich ist, Ambrosia einzudämmen. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen ist in Deutschland mit einer weiteren Ausbreitung von Ambrosia und damit zunehmenden Allergien zu rechnen. Aus Sicht der immer noch steigenden Anzahl an Allergikern in Deutschland sollte eine gezielte Bekämpfung der Pflanze erfolgen. Viel Zeit bleibt aber nicht.