CED: Eine Diagnose verändert das Leben

Die Diagnose „chronisch entzündliche Darmerkrankung“ bedeutet gerade für Kinder und Jugendliche einen tiefen Einschnitt; denn diese Krankheiten betreffen nicht nur den Darm sondern den ganzen Menschen. Um im Alltag mit dieser Erkrankung leben zu können, muss eine psychosoziale Anpassung gelingen. Dossier "Crohn & Colitis" „Die Inzidenz der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen steigt stetig an“, sagte Dipl. Päd. Dieter Kunert von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Kassel auf der 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE). Man müsse heute mit vier bis zehn Neuerkrankungen pro 100.000 Menschen unter 18 Jahren rechnen, wobei das Hauptmanifestationsalter pädiatrischer Patienten bei 12 bis 14 Jahren liege. Schutzfaktoren seien ein Kontakt zu Stalltieren im ersten Lebensjahr, mindestens zwei ältere Geschwister und ein Aufwachsen in ländlicher Umgebung. Krankheitsschübe, Schmerzen, Kontrollverlust Unbestritten beeinflusst eine solche chronische Erkrankung die psychische und soziale Entwicklung des Kindes nachhaltig. „Sie betrifft immer die ganze Familie und verlangt deshalb Anpassungsleistungen sowohl vom Kind als auch von Eltern und Geschwistern“, so Kunert. Die Darmkrankheit bringe eine Reihe von psychosozialen Belastungen mit sich, so dass neben der medizinischen auch eine bio-psychosoziale Perspektive erforderlich sei. Die krankheitsbedingten Anforderungen für CED-Patienten sind vielfältig. So müssen Betroffene immer mit unverhofften Krankheitsschüben und Schmerzen rechnen. Dazu kommt der Umgang mit dem Kontrollverlust bei körperlichen Symptomen z.B. beim imperativen Stuhldrang. Weitere Belastungen sind die Notwendigkeit einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme, eine eventuell notwendige Ernährungstherapie und operative Eingriffe. Für den Jugendlichen bedeutet dies, er muss „seine CED“ in sein Selbstbild integrieren. „Die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und das Gefühl anders zu sein verursachen oft einen starken Leidensdruck“, so Kunert. Der Patient müsse lernen, mit Schamgefühlen, die aus den körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen resultieren, umgehen zu können. Gerade bei Jugendlichen führt die vermehrte Abhängigkeit bei gleichzeitig einsetzender Autonomieentwicklung nicht selten auch zu einem sozialen Rückzug bzw. zur sozialen Isolation. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Erkrankung wird in dieser Lebensphase häufig bagatellisiert und die Behandlung verweigert. Wie gelingt die psychosoziale Anpassung? Entscheidende Determinanten bei der psychosozialen Adaption sind neben den Krankheitsbedingungen und den lebensgeschichtlichen Ereignissen bzw. Belastungen die Persönlichkeitsstruktur, die Familie und die soziale Umwelt. „Angeborene und erworbene Persönlichkeitsmerkmale der Kinder sind entscheidend für die Stressresistenz , was man als Resilienz bezeichnet“, erläuterte Kunert. Zu den unverzichtbaren sozialen Ressourcen gehöre die Unterstützung von Erwachsenen und Gleichaltrigen vor allem in der Schule. Aber auch das elterliche Erziehungsverhalten und der familiäre Zusammenhalt erleichtern die Anpassungsfähigkeit. Wichtig ist es, dysfunktionalen Reaktionen wie Trauer, Schuld, Verleugnung, Überprotektion und Vernachlässigung entgegen zu wirken. „Das familiäre Netz muss unterstützen, begleiten und Halt geben, aber auch eine Auseinandersetzung und Konfrontation, wenn nötig, ermöglichen, denn Reibung setzt Energien frei“, so Kunert. Der Ablösungsprozess könne nur gelingen, wenn die Balance zwischen Verbundenheit und Abgrenzung stimme. Weitere Beiträge von der 29. Jahrestagung der GPGE Fremdkörperingestion: Wann muss das Endoskop ran? Was hinter Mundgeruch so alles stecken kann Achalasie: Hier macht die Speiseröhre schlapp

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