Weiterbildung zum Internisten in Zeiten von COVID-19

Wie wirkt sich die aktuelle Corona-Pandemie auf den Arbeitsalltag von Assistenzärzten aus? Maximilian Schmutz, Assistenzarzt an der Universitätsklinik in Augsburg, kann aus der Pandemie auch positive Dinge mitnehmen, wie er im Interview erzählt. Er ist im 4. Jahr seiner Facharztausbildung zum Internisten und arbeitet zurzeit auf der Hämato-Onkologischen Station der 2. Medizinischen Klinik. Maximilian Schmutz, Assistenzarzt an der Universitätsklinik in Augsburg Konrad Gös, Heidelberg (heidelfoto.de) × Springer Medizin: Welche Maßnahmen hat Ihre Klinik während der Corona-Pandemie ergriffen? Maximilian Schmutz: Als absehbar war, dass sich das Virus weltweit ausbreitet und die Politik erste Maßnahmen eingeleitet hat, wurde in unserem Klinikum eine eigene Corona-Station etabliert. Dazu wurde eine Intermediate Care-Station zu einer Corona-Intensivstation umfirmiert und ein neues Team aus Pflegekräften und Ärzten aller Abteilungen zusammengestellt. Zu Beginn war das etwas schwierig, weil die weniger erfahrenen Kräfte von den erfahrenen Kräften insbesondere im Umgang mit den Beatmungsgeräten geschult werden mussten und sich das Team nicht kannte. Mittlerweile hat sich das aber gut eingespielt. Auch wir Assistenzärzte helfen mit und werden abwechselnd auf der Station eingesetzt. Ich war noch nicht an der Reihe, das wird aber sicherlich bald der Fall sein. Außerdem wurden weitere Corona-Stationen eingerichtet, die sowohl der Versorgung intensivpflichtiger Patienten als auch der Versorgung auf Normalstation dienen. Auf letztere werden Patienten mit hochgradigem Verdacht aufgenommen und zunächst isoliert. Die Klinikdirektion hat alle Maßnahmen gut kommuniziert. Wir erhalten jeden Tag einen Newsletter mit aktuellen Zahlen und Änderungen. Eine Corona-Task Force koordiniert alle Prozesse zwischen den beteiligen Abteilungen. Was hat sich für Sie im täglichen Arbeitsablauf geändert? Maximilian Schmutz: Ich muss generell flexibler sein. Es kommt häufig vor, dass Dienstpläne spontan geändert werden und dass ich für einen Dienst einspringen muss. Insgesamt hält sich die zusätzliche Belastung im Rahmen. Allerdings bedeutet das mehr Aufwand für die Kollegen, die die Dienstpläne erstellen. Leidet Ihre Ausbildung unter der aktuellen Situation? Maximilian Schmutz: Nein, da ich nicht unmittelbar vor der Prüfung zum Facharzt stehe. Es gibt aber Kollegen, die nächsten Monat ihre Prüfung ablegen wollten. Diese wurde jetzt erstmal verschoben. Das ist natürlich ungünstig, aber im Moment leider nicht zu ändern. Ich werde voraussichtlich erst im nächsten Jahr meine Facharztprüfung zum Allgemeininternisten ablegen. Ich hoffe, dass sich die Situation bis dahin wieder beruhigt hat. Falls nicht, kann es natürlich sein, dass sich meine Prüfungen ebenfalls verschieben. Schon vor der Pandemie kam die Ärztekammer mit dem Pensum der Anträge auf Prüfungen und der Anrechnung von Weiterbildungszeiten kaum hinterher. Ich schätze, dass sich die Situation nach Corona eher noch verschärft. Müssen Sie zurzeit mehr Aufgaben übernehmen bzw. lernen Sie mehr als unter normalen Umständen? Maximilian Schmutz: Ich muss zugeben, dass wir als Gesamtklinikum insgesamt eher weniger Arbeit haben als normalerweise, da wir elektive Operationen und Eingriffe verschoben haben. Leider kommen auch weniger Menschen in die Klinik, die eigentlich in die Klinik kommen müssten, zum Beispiel aufgrund von Herzproblemen – ganz einfach aus dem Grund, weil sie Angst haben, sich anzustecken. Das Pensum in der Hämato-/Onkologie ist allerdings weitgehend normal, da sich Chemotherapien oder Stammzelltransplantationen eigentlich kaum verschieben lassen. Mehr Stress habe ich also durch Corona nicht, es ist zurzeit sogar möglich, ein paar Überstunden abzubauen. Die Situation hat einen positiven Effekt: Ich lerne mehr und andere Dinge als sonst, weil wir mit neuen Krankheitsmechanismen konfrontiert werden. Zum Beispiel kommen virale Pneumonien, die eine invasive Beatmung erfordern, etwa bei Influenza oder HSV, nicht so häufig vor. Dass diese nicht einfach zu behandeln und zu beatmen sind, ist kein Geheimnis. In unserer Klinik traten davon vor der Pandemie zwar einige Fälle auf, aber derzeit werden wir durch die an COVID-19 erkrankten Patienten viel stärker mit dieser Problematik konfrontiert und lernen, wie diese zu behandeln sind. Das hätte ich im normalen Klinikbetrieb sicherlich nicht gelernt. Mit SARS-CoV-2 kommen weiterhin ganz neue Pathomechanismen hinzu, die wir so nicht kannten. Gerade auf der Stammzelltransplantationseinheit mussten wir die Abläufe ändern. Normalerweise erhalten wir die Stammzellen für Patienten, die allogen transplantiert werden, frisch nachdem sie gesammelt worden sind. Das ist zurzeit nicht möglich, da wir nicht wissen können, ob sich der Spender potentiell infiziert hat. Die Übertragung eines Stammzellpräparates mit SARS-CoV-2 hätte in der Situation der lange dauernden Immunsuppression fatale Folgen, sollte es zur Infektion kommen. Die Präparate des Spenders müssen daher kryokonserviert werden, bis die Inkubationszeit überdauert ist. Das Verfahren findet routinemäßig im Rahmen der autologen Transplantation, also wenn Patienten eigene Stammzellen für einen späteren Zeitpunkt einfrieren, Anwendung. Da aber die Zielsetzung bei der allogenen Stammzelltransplantation eine andere ist, muss aufgrund der Kryokonservierung sowohl mit messbaren Einbußen der Vitalität als auch der immunologischen Funktionen des Transplantats gerechnet werden. Welches Fazit ziehen Sie aus der aktuellen Situation? Maximilian Schmutz: Wir müssen die Situation so akzeptieren und das Beste daraus machen. Ich bin allerdings sehr dankbar, in einem so guten Team arbeiten zu dürfen. Wir unterstützen uns alle gegenseitig, das erleichtert die Arbeit enorm. Vielen Dank für das interessante Gespräch!

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