Eine 12-jährige Patientin stellte sich mit fulminantem Nasenbluten vor; nebenbefundlich hatte sie eine COVID-19-Infektion. Bei bestehender Hämorrhagie zeigte sie eine zunehmende Schocksymptomatik. In der aktuellen Literatur ist eine Assoziation des SARS-CoV-2-Virus zu neu auftretender schwerer Epistaxis beschrieben, am ehesten durch Induktion einer Mukosainflammation. Andere Ursachen müssen jedoch ausgeschlossen werden.
Hinweise
Redaktion
Berthold Koletzko, München
Thomas Lücke, Bochum
Ertan Mayatepek, Düsseldorf
Norbert Wagner, Aachen
Stefan Wirth, Wuppertal
Fred Zepp, Mainz
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Epistaxis ist ein häufiges Krankheitsbild im Kindesalter. Die Ursachen sind vielfältig. Neue Studien zu Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen zeigen eine erhöhte Rate des Auftretens von Epistaxis. Die Datenlage in der Pädiatrie ist kaum beschrieben.
Falldarstellung
Anamnese und Befunde
Ein 12-jähriges Mädchen stellte sich mit spontan rezidivierendem Nasenbluten in der Notfallambulanz vor. Sie war blass, Hämatome, Petechien, Schleimhautblutungen oder eine Hepatosplenomegalie bestanden nicht. Die Blutung wurde durch eine Tamponade versorgt. Nachdem die Patientin ca. 250 ml Hämatin erbrochen hatte und synkopiert war, erfolgte die Aufnahme auf die Intensivstation. Aufgrund einer positiven SARS-CoV-2-PCR („polymerase chain reaction“) musste die Patientin isoliert werden. Bei persistierender Blutung mit konsekutiver Anämie (Hämoglobin 3,8 mmol/l) verfiel die Patientin zunehmend in einen Schockzustand. Die Blutung musste operativ per Kauterisation gestillt werden. Am nächsten Tag fand bei refraktärer Sickerblutung die operative Revision statt. Insgesamt mussten im Verlauf 2 Erythrozytenkonzentrate transfundiert werden. Die Blutgasanalysen waren stets ausgeglichen. Das Blutbild zeigte eine Anämie sowie eine milde, das Nasenbluten nichterklärende Thrombozytopenie (min. 124 Gpt/l). Die Gerinnungsdiagnostik war unauffällig. Die Entzündungs- und Hämolyseparameter lagen im Normbereich.
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Diagnose
Rhinoskopie.
In der linken Nasenhöhle, am Ansatz der mittleren Nasenmuschel, ist ein hyperämischer Schleimhautbezirk (möglicherweise im Sinne einer Vaskulitis) aufgefallen.
Nur ein Kriterium ist erfüllt; die Diagnose eines M. Osler ist unwahrscheinlich [6].
CT mit Kontrastmittel.
Hämatosinus in den Nasennebenhöhlen. Kein Hinweis auf eine Fraktur, Gefäßmalformationen, Fremdkörper oder malignes Geschehen (Abb. 1).
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Therapie und Verlauf
Die Tamponaden konnten am 4. Tag nach der Reoperation entfernt werden. Die Patientin wurde nach 8 Tagen mit abschwellenden Nasentropfen bei Z. n. spontan rezidivierender Epistaxis aufgrund einer Vaskulitis, am ehesten durch die COVID19-Infektion, entlassen.
Diskussion
Epistaxis
Nasenbluten tritt im Kindesalter häufig auf und verläuft, sofern die Quelle im Locus Kiesselbachi liegt, meist harmlos. Es gilt, lokale von systemischen Ursachen und deren klinische Wahrscheinlichkeiten zu unterscheiden (Tab. 1). Entzündliche Prozesse spielen eine große Rolle, v. a. bei allergischer Rhinitis und Infektionen der oberen Atemwege. Bei unauffälliger Anamnese und körperlicher Untersuchung mit Ausschluss von Red Flags wird eine basale Labordiagnostik empfohlen. Im Rahmen schwer stillbarer Blutungen sollten eine hämorrhagische Diathese, eine Hypertonie und auch Mittelgesichtsfrakturen als Ursachen ausgeschlossen werden. Diesbezüglich ist im Verlauf eine erweiterte Gerinnungsdiagnostik indiziert. In unserem Fall bestand weder anamnestisch, klinisch noch paraklinisch ein Anhalt für eine Gerinnungsstörung. Eine zerebrale Bildgebung (cMRT [craniale Magnet-Resonanz-Tomographie] bzw. cCT) ist je nach Anamnese zum Ausschluss von Frakturen, Gefäßmalformationen, Tumoren etc. durchzuführen (Abb. 2). Fehlbildungen und Raumforderungen waren aufgrund des schweren Verlaufes trotz operativer Versorgung nicht auszuschließen. Bei persistierender Blutung mit erneut notwendiger Erythrozytenkonzentrattransfusion wurde deshalb nach kritischer interdisziplinärer Diskussion (Pädiater, Radiologen, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde) die Indikation für eine cCT mit Kontrastmittel gestellt. Die ersten therapeutischen Maßnahmen bei persistierender Epistaxis umfassen eine Nasenflügelkompression und topische Vasokonstriktion z. B. mit Oxymetazolinhydrochlorid. Bei rezidivierendem oder persistierendem Verlauf einer Epistaxis sollte frühzeitig die Konsultation der HNO erfolgen, insbesondere bei unauffälliger Basisdiagnostik. In der Regel wird eine Rhinoskopie durchgeführt, mit Anlage einer Nasentamponade.
Tab. 1
Ätiologie der Epistaxis. (Nach Messner et al. [5])
Nichtsteroidale Antirheumatika, Antikoagulanzien u. v. m.
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Epistaxis und SARS-CoV-2
Spontane Epistaxis wird als ein klinischer Marker einer COVID-19-Infektion diskutiert [2, 4]. Daten über eine rezidivierende Epistaxis im Kindesalter i.R. einer SARS-CoV-2-Infektion fehlen.
Das SARS-CoV-2-Virus infiziert den Wirt über ACE2(„angiotensin-converting-enzyme 2“)-Rezeptoren, die u. a. durch Endothelzellen exprimiert werden [3]. Innerhalb des Respirationstraktes besitzt das nasale Endothel die höchste ACE2-Rezeptor-Dichte [7]. Die Rekrutierung von Immunzellen i.R. der Infektion kann mit einer Endotheldysfunktion und Apoptose einhergehen; konsekutiv kommt es zu einer mikrovaskulären Dysfunktion, Ischämie und Inflammation. Elektronenmikroskopisch kann die Vaskulitis der Nasenschleimhaut i.R. einer COVID-19-Infektion durch Viruspartikelnachweis von anderen entzündlichen Ätiologien unterschieden werden, was jedoch im klinischen Alltag nicht praktikabel erscheint [8]. Es wird postuliert, dass die Infektion mit der Delta-Variante mit Makroangiopathien und akuten Hämorrhagien einhergeht, wohingegen die anderen SARS-CoV-2-Varianten inflammatorische Mikroangiopathien mit thrombotischer Komponente verursachen. In einer pädiatrischen Kohorte konnten bei 72 von 76 Fällen die SARS-CoV-2-positiv getestet wurden, andere Ursachen einer gleichzeitig bestehenden Epistaxis ausgeschlossen werden [1]. Da dies auch in unserem Fall gilt, ist die COVID-19-Infektion als Ursache der vaskulitischen Veränderungen mit fulminantem Nasenbluten und beginnender Schocksymptomatik zu diskutieren.
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Fazit
Bei spontaner, fulminanter oder rezidivierender Epistaxis ist eine SARS-CoV-2-PCR indiziert.
Refraktäre Ätiologien gilt es auszuschließen. Auch ohne Gerinnungsstörung kann eine Epistaxis zum Schock führen (Red Flags beachten).
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
R. Isberner, U. Vorwerk und D. Schewe geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.
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