Erschienen in:
01.03.2015 | Schwerpunkt
Darmmikrobiom und funktionelle gastrointestinale Erkrankungen
verfasst von:
Priv.-Doz. Dr. J. Keller, V. Andresen
Erschienen in:
Die Gastroenterologie
|
Ausgabe 2/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die funktionelle Dyspepsie (FD) und das Reizdarmsyndrom (RDS) sind die beiden wichtigsten funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen. Sie betreffen jeweils etwa 5–15 % der Bevölkerung und stellen darüber hinaus bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der gastroenterologischen Patienten die Ursache für einen Arztbesuch dar. Die Behandlung ist oft nicht zufriedenstellend, was wesentlich dadurch bedingt wird, dass Pathogenese und Pathophysiologie unzureichend geklärt sind.
Pathogenese
Seit einigen Jahren wird die Bedeutung des Darmmikrobioms für Entstehung und Unterhaltung von Symptomen zunehmend deutlich. Die Verteilung der mikrobiellen Besiedlung des Gastrointestinaltrakts mit Zunahme der Keimdichte um viele Zehnerpotenzen von oral nach anal erklärt, weshalb dem Mikrobiom im Zusammenhang mit der FD weniger Bedeutung beigemessen wird. Es gibt hierzu bislang entsprechend wenige und kleine Studien, die keine klare Aussage zulassen. Es wird allerdings zunehmend evident, dass eine FD nach Gastroenteritiden entstehen kann. Für die wesentliche Beteiligung des Darmmikrobioms an der Entstehung von RDS-Symptomen sprechen 3 prinzipielle Beobachtungen: Am besten untersucht ist hierbei vermutlich die Bedeutung bakterieller gastrointestinaler Infekte, die das Risiko für ein RDS etwa 5-fach steigern. Zweitens wurden quantitative und qualitative Veränderungen des Mikrobioms im Dünn- und Dickdarm bei RDS-Patienten beschrieben. Drittens können Therapien, wie die Gabe von Pro- und Antibiotika, die auf eine Beeinflussung des Darmmikrobioms gerichtet sind, günstige Effekte haben.
Ausblick
Auch wenn das weitgehende Verständnis der relevanten Mechanismen noch lange nicht erreicht ist, erweitern Experten aufgrund der vorliegenden Daten jetzt bereits das etablierte Konzept der bei RDS gestörten „gut–brain axis“ um die Dimension des Mikrobioms zur „microbiome–gut–brain axis“.