Der andere Blick: Durchscheinende Röntgenkunst

Spektakuläre An- und Einblicke gewährt die Kunst des niederländischen Medizinphysikers Arie van 't Riet. Er arrangiert Still-Leben mit Pflanzen und Tieren, röntgt die Ensemble und gibt digital Farbe hinzu. Bioramen nennt er seine Bilder. Einige werden beim diesjährigen Kongress RSNA in Chicago zu sehen sein. Einen besonderen Blick auf eigentlich Alltägliches bietet Medizinphysiker a.D. Arie van 't Riet aus den Niederlanden. Dreidimensionale Still-Leben mit Pflanzen und Tieren als Bilder oder Installationen, so genannte Dioramen, sind per se nichts Neues. Doch die Art und Weise, wie van 't Riet sie uns präsentiert - er nennt seine Bilder "Bioramen" - ist spektakulär. Denn van 't Riet röngt seine sorgfältig zusammen gestellten Ensemble und bearbeitet sie anschließend digital, indem er die Aufnahmen zunächst invertiert und dann teilweise koloriert. Eine weitere Bearbeitung findet nicht statt; so werden keine Objekte digital hin- oder herausgeschnitten, darauf legt der ehemalige Medizinphysiker Wert. Für die Röntgenaufnahmen hat er ein eigenes entsprechend umgebautes Studio und natürlich eine Genehmigung. Wie er seine Bioramen erstellt, verriet van 't Riet Springer Medizin am Beispiel des Bioramas "Amsel auf dem Magnolienzweig" (Turdus magnolia). Das Bild wurde mit einer Machlett Röntgenröhre mit Be-Fenster gemacht, die mit einem Enraf Generator verbunden ist. Die Aufnahmezeit betrug 3,5 Minuten mit einer Röhrenspannung von 18 kVp (ohne Filter), um die Blütenblätter und die Vogelfedern abzubilden. Anschließend röntgte van 't Riet nochmal 2 Minuten mit 50 kVp und einem 0,5 mm Aluminiumfilter, um die Vogelknochen aufzunehmen. Der Strahlstrom betrug 15 mA; insgesamt resultierten also 4950 mAs. Der Fokus-Film-Abstand lag bei 1,20 m. Die Dosis auf der Filmoberfläche betrug 330 mGy (210 mGY bei 18 kVp und 110 mGy bei 50 kVp. Außerdem benutzte van 't Riet einen VXR-16-Digitalwandler, um das Röntgenbild zu digitalisieren. Als Film nahm er einen Kodak X-Omat V (wird nicht mehr produziert). Hohe Dosen, zarte Bilder Und diese von van 't Riet bevorzugte Filmsorte ist der Grund für die - aus medizinischer Sicht - ungewöhnlich hohen Dosen. Denn die Filmsorte hat eine geringe Sensitivität. Sie wurde entwickelt, um die Position des Röntgenstrahl bei therapeutischen Bestrahlungen zu überprüfen, wie der pensionierte Medizinphysiker erzählte. Die hohen Dosen sind auch der Grund, warum van 't Riet niemals lebendige Tiere für seine Bioramen benutzt. Die Amsel in dem vorgestellten Biorama war zum Beispiel sozusagen Opfer eines Verkehrsunfalls. Auf die Idee, solche Bioramen zu erstellen, kam van 't Riet, als ein Kollege ihn bat, ein Ölgemälde zu scannen. Van 't Riet arbeitete damals im Strahlentherapeutischen Institut (RISO) in Deventer, Niederlande. Er hatte niemals zuvor so dünne Objekte gescannt. Als ihm das bei dem Ölgemälde gelang, experimentierte er mit noch dünneren Objekten wie Blütenblättern. Die Herausforderung ist, die Dosen zu finden, um so verschieden dicke Objekte wie Pflanzenblätter und ganze Tiere aufzunehmen. Deshalb benutzt er auch hin und wieder Filter, um einzelne Teile des Bioramas abzudecken, was die Röntgendosis bei dünnen Objekten reduziert und gleichzeitig höhere Dosen bei den Tieren ermöglicht. Ecce bestia, ecce planta Die Bioramen geben einen ganz anderen Blick auf Still-Leben, die als Originalobjekt fast kitschig wirken könnten, wie die Amsel auf dem Magnolienzweig. Doch durch die Röntgentechnik bekommen die Bilder einen berührenden Kick; fast im Sinne eines "ecce bestia" und "ecce planta". Van 't Riet hofft, dass seine Bilder dazu beitragen, die Schönheit der Natur sichtbar zu machen und sie besser zu verstehen. Dekorativ sind die Bioramen allemal - und vielleicht auch ein passendes Weihnachtsgeschenk für liebe Menschen und Kollegen, die eigentlich schon alles haben. Die Bioramen von Arie van 't Riet RSNA 2014, Chicago: Anlässlich der 100. Tagung der Radiological Society of North America (RSNA) werden Bioramen von Arie van 't Riet im McCormick Place, South Hall, Stand 3965 gezeigt. Webseite von Arie van 't Riet: Auf www.x-rays.nl gibt es alle Informationen zu den Bioramen. Direktlinks: Zur Webgallery mit vielen Bildern; zur Seite mit neuen Bildern Preisliste: Eine Preisliste gibt es bei van 't Riet auf Anfrage

Springer Medizin

Der andere Blick: Durchscheinende Röntgenkunst

Bioramen von Arie van 't Riet

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