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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 30.12.2019

Albträume

Verfasst von: Christina Dirks
Albträume werden als mit intensiver Angst verbundene Träume charakterisiert, die häufig eine ausgeprägte Gefährdung für das eigene Leben oder das Leben nahestehender Personen, eine Bedrohung der eigenen Sicherheit oder des Selbstwerts zum Inhalt haben. Hierbei erwacht der Träumer gewöhnlich aufgrund des Albtraums und ist rasch orientiert und bewusstseinsklar. Es besteht ein detailliertes Erinnerungsvermögen an die Inhalte des Albtraums. Nach der International Classification of Sleep Disorders ICSD-3 von 2014 teilt man Albträume zum einen nach ihrer Dauer ein, zum anderen nach der Häufigkeit des Auftretens bzw. dem Schweregrad. Albträume treten während der REM-Schlafphase auf und werden daher unter den Parasomnien zu den REM-Parasomnien gezählt.

Synonyme

Alpträume

Englischer Begriff

nightmare disorde; nightmares

Definition

Albträume werden als mit intensiver Angst verbundene Träume charakterisiert, die häufig eine ausgeprägte Gefährdung für das eigene Leben oder das Leben nahestehender Personen, eine Bedrohung der eigenen Sicherheit oder des Selbstwerts zum Inhalt haben. Hierbei erwacht der Träumer gewöhnlich aufgrund des Albtraums und ist rasch orientiert und bewusstseinsklar. Es besteht ein detailliertes Erinnerungsvermögen an die Inhalte des Albtraums. Nach der International Classification of Sleep Disorders „ICSD-3“ von 2014 teilt man Albträume zum einen nach ihrer Dauer ein (akut = für maximal 4 Wochen, subakut = für länger als 4 Wochen, aber kürzer als 6 Monate, chronisch = für mindestens 6 Monate), zum anderen nach der Häufigkeit des Auftretens bzw. dem Schweregrad (mild = durchschnittlich weniger als einmal in der Woche, moderat = häufiger als einmal in der Woche, schwer = jede Nacht) (American Academy of Sleep Medicine 2014). Albträume treten während der REM-Schlafphase auf und werden daher unter den „Parasomnien“ zu den REM-Parasomnien gezählt.

Genetik, Geschlechterwendigkeit

Zwillingsstudien liefern Hinweise auf eine mögliche genetische Disposition für idiopathische Albträume. Während im jungen Kindesalter kein Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht, sind bei Erwachsenen die Frauen im Vergleich zu Männern circa viermal so häufig betroffen.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Bezüglich der Prävalenz von Albträumen finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben. Sie treten besonders in der ersten Lebensdekade vermehrt auf und nehmen mit zunehmendem Alter ab. 10–50 % der Kinder zwischen 3–6 Jahren berichten von häufigen Albträumen. Im Vergleich hierzu berichtet circa 1–5 % der Erwachsenen von häufigen Albträumen (einmal oder häufiger pro Woche). Als Risikofaktoren für das Auftreten von vermehrten Albträumen im Erwachsenenalter gelten insbesondere psychosoziale Faktoren, wie beispielsweise chronischer Stress am Arbeitsplatz durch regelmäßige Überstunden oder Mobbing sowie familiäre Konflikte, finanzielle Zukunftssorgen oder Doppelbelastungen durch Beruf und Familie.

Pathophysiologie, Psychophysiologie

Bei Albträumen wird zwischen idiopathischen und posttraumatischen Albträumen unterschieden (Holzinger 2015). Idiopathische Albträume sind als eigenständige Schlafstörung anzusehen und treten nicht als Symptom von anderen Erkrankungen auf. Es existieren verschiedene psychoanalytische, evolutionäre und neurobiologische Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Albträumen sowie die Fokussierung auf Persönlichkeitsfaktoren wie Resilienz und Neurotizismus. Zudem unterstreichen Forschungsergebnisse die Rolle des Chronotypen für das Auftreten von Albträumen: Menschen mit einer Abendtypusdisposition scheinen häufiger betroffen zu sein als Morgentypen („Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen“) (Nielsen 2010).
Im Gegensatz zu den idiopathischen Albträumen sind posttraumatische Albträume die Folge eines erlebten Traumas und treten häufig in Zusammenhang mit posttraumatischen Belastungsstörungen auf. Zudem können Albträume als Symptom einer anderen psychiatrischen oder schlafmedizinischen Erkrankung auftreten (Abschn. „Diagnostik“) sowie als Folge von Medikamenteneinnahme und Missbrauch bestimmter Substanzen (z. B. Alkohol, Rauschdrogen wie Kokain und Haschisch oder durch Einnahme von Amphetaminen zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit). Zu den Medikamentengruppen, die Albträume verstärken oder auslösen können, gehören Hypnotika, Benzodiazepine, Antidepressiva, Melatonin-Präparate, Neuroleptika, Betablocker, Kalziumantagonisten, Antibiotika, Cholinergika, Cholinesterasehemmer und nichtsteroidale Antirheumatika.

Symptomatik

Es existieren geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Inhalte von Albträumen: Frauen träumen eher von sexueller Belästigung und vom Tod oder Verschwinden geliebter Menschen oder Familienangehöriger. Männer berichten häufig Inhalte wie körperliche Gewalt, Krieg und Terror. Als körperliche Begleitsymptome können nächtliches Schwitzen, Tachykardie und eine beschleunigte Atmung als Folge der erhöhten Aktivierung des autonomen Nervensystems auftreten. Sprechen, Schreien und Bewegungen sind typischerweise nicht oder nur zum Ende des Albtraums vorhanden, wenn sich der Träumer kurz vor dem Erwachen befindet. Weiterhin geht das häufige Auftreten von Albträumen mit einem erhöhten Kortisolspiegel nach dem Erwachen und einem generell erhöhten Suizidrisiko einher (Norra und Richter 2013).

Komorbide Erkrankungen

Besonders psychiatrische Erkrankungen weisen eine hohe Komorbidität mit Albträumen auf. Hierbei können diese sowohl Folge wie auch Ursache für vermehrtes Auftreten von Albträumen sein. Affektive Störungen wie Depressionen oder manisch-depressive Erkrankungen, Angststörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder schizophrene Psychosen werden in der Literatur mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Albträumen assoziiert. Zudem können Suchterkrankungen wie Alkohol- und Drogenmissbrauch das Auftreten von Albträumen auslösen oder verstärken. Viele Betroffene entwickeln aus Angst vor dem Auftreten eines erneuten Albtraums auch eine psycho-physiologische Ein- und Durchschlafstörung, die sich verselbstständigen kann und schließlich als eigene Krankheitsentität chronifiziert („Insomnien“).

Diagnostik

Die Diagnostik von Albträumen erfolgt überwiegend klinisch durch eine ausführliche schlafmedizinische Anamnese. Während einer polysomnographischen Ableitung kann abruptes Aufwachen aus dem REM-Schlaf in Verbindung mit erhöhten Atmungs- und Herzfrequenzparametern beobachtet werden. Zudem kommt es häufiger zu periodischen Beinbewegungen im Schlaf. Differentialdiagnostisch muss vor allem eine Abgrenzung zum „Pavor nocturnus“ erfolgen, bei dem die Patienten nachts abrupt unter intensiven Panikgefühlen aufschrecken und eine ausgeprägte, minutenlange Desorientierung aufweisen. Im Gegensatz zu Albträumen können sich Patienten mit Pavor nocturnus nicht oder nur bruchstückhaft an die nächtlichen Episoden erinnern. Albträume können ebenfalls als Symptom anderer schlafmedizinischer Erkrankungen wie der „Narkolepsie“, der „REM-Schlaf-Verhaltensstörung“ und der isolierten „Schlaflähmung“ auftreten.

Prävention

Schlafhygienische Maßnahmen wie regelmäßige Bettliegezeiten, das Etablieren von Einschlafritualen zur Stressminderung oder das Durchführen von Entspannungsverfahren wie Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation vor dem Zubettgehen können eine präventive Wirkung haben.

Therapie

Die Behandlung von Albträumen sollte immer einen psychotherapeutischen Ansatz beinhalten und kann zur kurzfristigen Symptomreduktion auch von einer medikamentösen Therapie begleitet werden, wobei diese ausschließlich eine temporäre Lösung darstellt. Unter den psychotherapeutischen Ansätzen hat sich besonders die „Imagery Rehearsal Therapy“ (IRT) als wirksam erwiesen, bei der der Patient im entspannten Zustand unter Anleitung eines geschulten Therapeuten den Albtraum wiederholt bewusst durchlebt und hierbei die Handlung oder emotionale Bewertung so verändert, dass dieser nicht mehr angstbesetzt ist (Holzinger 2015; Krakow und Zadra 2006; Aurora et al. 2010). Weitere wirksame Verfahren sind klassische verhaltenstherapeutische Ansätze wie Konfrontations- und Expositionstherapien, Eye Movement Desensitization und Progressing (EMDR), die Technik des luiziden Träumens und Hypnoseverfahren. Medikamente, die zur Therapie von Albträumen eingesetzt werden können, sind z. B. der Alpharezeptorblocker Prazosin, Antidepressiva wie Trazodon, Fluvoxamin und Nefazodon, einige atypische Neuroleptika wie Risperidon und Aripripazol, Benzodiazepin-basierte Medikamente wie Triazolam und Nitrazepam, der nichtselektive und irreversible Monoaminooxidasehemmer Phenelzin und das Antikonvulsivum Gabapentin. Da viele dieser Substanzen mit schweren Nebenwirkungen einschließlich des Risikos einer Medikamentenabhängigkeit verbunden sind, ist ihr Einsatz in besonderer Weise abzuwägen (Holzinger 2015; Aurora 2010).

Psychosoziale Bedeutung

Regelmäßiges Albtraumerleben führt auch am Tag zu einer emotionalen Belastung. Die Betroffenen berichten häufig von einem erhöhten generellen Angstniveau, von Selbstzweifeln und depressiven Verstimmungen. Zudem haben viele subjektiv das Gefühl einer mangelnden Belastbarkeit im Berufs- und Privatleben.

Prognose

Bei der Albtraumstörung besteht eine gute Prognose. Gerade bei jungen Betroffenen im Kindes- und Jugendalter zeigt sich häufig eine ausgeprägte Besserung der Symptomatik mit dem Älterwerden. Meist kommt es nach Durchlaufen der Pubertät zur Spontanremission. Bei Erwachsenen werden in der Literatur die psychotherapeutischen Ansätze – im Besonderen die „Imagery Rehearsal Therapy“ (IRT) – als wirksam beschrieben (Aurora 2010; Krakow und Zadra 2006).

Zusammenfassung, Bewertung

Albträume sind charakterisiert durch das Empfinden intensiver Angst während eines Traumerlebens, was zum Aufwachen des Träumers führt. In der Regel sind die Betroffenen schnell orientiert und können sich detailliert an den Albtraum erinnern. Albträume treten besonders häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Nach Durchlaufen der Pubertät kommt es meist zur Spontanremission. Bei Erwachsenen ist eine Albtraumstörung meist die Folge von psychosozialen Faktoren wie erhöhter Stressbelastung im Berufs- und/oder Privatleben. Zudem weisen besonders psychiatrische Erkrankungen wie posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Depression und Angststörungen eine Komorbidität mit Albträumen auf. Eine Behandlung mit Medikamenten sollte aufgrund der Nebenwirkungen nur zur kurzfristigen Symptomentlastung eingesetzt werden und stellt keine adäquate Langzeitbehandlung dar. Dagegen zeigen psychotherapeutische Ansätze wie beispielsweise die „Imagery Rehearsal Therapy“ (IRT) eine gute Wirksamkeit (Aurora et al. 2010; Holzinger 2015).
Literatur
American Academy of Sleep Medicine (2014) International classification of sleep disorders, 3. Aufl. American Academy of Sleep Medicine, Darien
Aurora RN et al (2010) Best Practice Guide for the treatment of nightmare disorder in adults. J Clin Sleep Med 6(4):389–401
Holzinger B (2015) Albträume: Ätiologie, Prävalenzen, gesundheitliche Folgen und Behandlungsansätze. Somnologie 19:233–240CrossRef
Krakow B, Zandra A (2006) Clinical management of chronic nightmares: Imagery rehearsal therapy. Behav Sleep Med 4(1):45–70
Nielsen T (2010) Nightmares associated with eveningness chronotype. J Biol Rhythm 25(1):53–62CrossRef
Norra C, Richter N (2013) Sleep disturbances and suicidality: relationships and clinical implications. Fortschr Neurol Psychiatr 81(10):561–569CrossRef