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Akute myeloische Leukämie

Verfasst von: Ursula Creutzig und Dirk Reinhardt
Die diagnostischen und therapeutischen Empfehlungen für Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) mit akuter myeloischer Leukämie (AML) unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen bei Erwachsenen. Es werden 3 prognostische Gruppen nach Genetik definiert, wobei die seltenen genetischen Aberrationen der Hochrisikogruppe durch internationale Zusammenarbeit erkannt wurden. Das Ansprechen auf die Induktionstherapie wird zusätzlich zur Therapiestratifizierung eingesetzt. Die Standardinduktionstherapie besteht aus (1) Cytarabin, liposomalem Daunorubicin (ggf. Idarubicin) und Etoposid sowie (2) hoch dosiertem Cytarabin und Mitoxantron. Anschließend folgen 3 weitere intensive Therapieblöcke. Bei Patienten der Hochrisikogruppen besteht die Indikation zur allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation vom HLA-identischen Familien- oder Fremdspender. Die ZNS-Behandlung erfolgt mit intrathekaler Chemotherapie. Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens nach 5 Jahren liegt bei 60–75 %, das ereignisfreie Intervall bei 55 %.

Epidemiologie, Ätiologie

Häufigkeit

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist bei Kindern, im Gegensatz zu Erwachsenen, selten. Nur 15–20 % der akuten Leukämien sind myeloischer Herkunft. Das Verhältnis AML zur akuten lymphatischen Leukämie (ALL) beträgt 1:5. Es gibt keinen deutlichen Altersgipfel bei der AML im Kindesalter wie bei der ALL. Lediglich bei Kindern unter 2 Jahren ist die Inzidenz der AML geringfügig erhöht.

Inzidenz

Die Inzidenz liegt bei 0,7/100.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren pro Jahr (altersstandardisiert auf die Wohnbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland 1987, ermittelt aus den Jahren 1980–2015; Kaatsch et al. 2016).

Altersverteilung

Die Altersverteilung zeigt bei der AML einen geringen Häufigkeitsgipfel in den ersten 2 Lebensjahren und anschließend einen leichten Anstieg in der Inzidenz vom 13. Lebensjahr an. Medianes Alter (bei Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren): 6,3 Jahre.

Geschlechtsverteilung

Die Geschlechtsverteilung von männlich zu weiblich beträgt 1:1,1 (Kaatsch et al. 2016).

Ätiologie

Wie bei Erwachsenen ist die Ätiologie der AML bei Kindern in den meisten Fällen unbekannt. Zu den bekannten ätiologischen Faktoren gehören Exposition mit Benzolderivaten, Pestiziden, Alkylanzien und Bestrahlung. Nach Exposition der Eltern mit Pestiziden und Lösungsmitteln oder bei Müttern mit Marihuanagenuss in der Schwangerschaft wurde ein erhöhtes AML-Risiko bei jungen Kindern gefunden (Robison et al. 1989).

Genetische Prädisposition

Häufig ist die AML bei Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Keimbahnveränderungen assoziiert. Beispiele dafür sind Down-Syndrom, Fanconi-Anämie, Bloom-Syndrom, Kostman-Granulozytopenie, Shwachman-Syndrom, Klinefelter-Syndrom und Neurofibromatose.
Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung haben Kinder mit Down-Syndrom (Trisomie 21) ein 14- bis 20-fach erhöhtes Risiko, an einer akuten Leukämie zu erkranken. Für diese Kinder ist das Risiko, an einer AML zu erkranken, im Alter von unter 4 Jahren um etwa das 100-Fache im Vergleich zu Kindern ohne Down-Syndrom erhöht (Creutzig et al. 1996). Der vorherrschende Subtyp bei diesen Patienten ist die akute Megakaryoblastenleukämie (FAB M7) (Creutzig et al. 1996). Bei Neugeborenen mit Down-Syndrom sind transitorische myeloproliferative Erkrankungen mit dem morphologischen Bild einer AML häufig (Creutzig und Baumann 1998).

Besonderheiten der AML im Kindesalter

  • Akute monozytäre Leukämien (FAB-Typ 5) überwiegend mit Chromosomenveränderungen an der 11q23-Bande mit Rearrangements des KMT2A-(Histone-lysine N-methyltransferase 2A)Gens (früher MLL-Gen) sind häufig bei Kindern unter 2 Jahren.
  • Extramedullärer Befall von Zentralnervensystem (ZNS) und Haut ist bei Kindern unter 2 Jahren häufig.
  • Myelodysplastische Syndrome als Vorstadium der AML sind bei Kindern selten.
  • Veränderungen an den Chromosomen 5 und 7 sind selten.
  • Die AML ist auch im Kindesalter eines der häufigsten Sekundärmalignome.

Pathogenese, Molekularbiologie

Pathogenese

Die AML ist eine klonale Erkrankung mit maligner Transformation einer multipotenten hämatopoetischen Stamm- oder Progenitorzelle. Eine Ausnahme stellt die akute Promyelozytenleukämie dar, bei der der leukämische Klon auf der Ebene bereits reiferer myeloisch determinierter Progenitorzellen entsteht. In Mausmodellen und in humanen In-vivo-Systemen konnte gezeigt werden, dass die bei der AML häufigen Fusionsgene wie RUNX1-RUNX1T1 (AML1/ETO) oder PML/RARA als alleinige genetische Veränderungen für die Entstehung der Erkrankung nicht ausreichen. Es wird angenommen, dass hierfür mindestens 2 kritische genetische Veränderungen notwendig sind, die gemeinsam das normale Proliferations- und Differenzierungsprogramm der frühen hämatopoetischen Stamm- bzw. Progenitorzellen verändern.

Molekularbiologie

In über 80 % der AML-Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können in den Leukämiezellen rekurrente genetische Veränderungen nachgewiesen werden. Da die genetisch definierten AML-Untergruppen mit unterschiedlicher Klinik und Prognose einhergehen, erfolgt die Klassifikation der AML heute in erster Linie entsprechend den in Zyto- und Molekulargenetik beschriebenen genetischen Veränderungen (s. Tab. 1) (Arber et al. 2016).
Tab. 1
WHO-Klassifikation 2016 akuter myeloischer Leukämien und akuter Leukämie mit unklarer Linienzugehörigkeit. (Adaptiert nach Arber et al. 2016)
Akute myeloische Leukämie mit wiederkehrenden genetischen Aberrationen
AML mit t(8;21)(q22;q22); RUNX1-RUNX1T1
AML mit inv(16)(p13.1q22) or t(16;16)(p13.1;q22); CBFB-MYH11
APL mit PML-RARA1
AML mit t(9;11)(p22.3;q23.3); KMT2A-T3-KMT2A2
AML mit t(6;9)(p23;q34.1); DEK-NUP214
AML mit inv(3)(q21.3q26.2) or t(3;3)(q21;q26.2); GATA2, MECOM3
AML (megakaryoblastär) mit t(1;22)(p13.3;q13.3); RBM15-MKL1
Vorläufige Entität: AML mit BCR-ABL4
AML mit NPM1-Mutation
AML mit biallelischen Mutationen in CEBPA5
Vorläufige Entität: AML mit RUNX1-Mutation6
Akute myeloische Leukämie mit Myelodysplasie-assoziierten Veränderungen7
Therapie-assoziierte myeloische Neoplasien8
Akute myeloische Leukämie ohne weitere Kategorie (not otherwise specified, NOS)
AML mit minimaler Differenzierung
AML ohne Ausreifung
AML mit Ausreifung
Akute myelomonozytäre Leukämie
Akute monoblastäre/monozytäre Leukämie
Akute Erythroleukämie9
Akute Megakaryoblastenleukämie
Akute Basophilenleukämie
Akute Panmyelosis mit Myelofibrose (Syn.: akute Myelofibrose, akute Myelosklerose)
Myeloisches Sarkom (Syn.: extramedullärer myeloischer Tumor, granulozytäres Sarkom)10
Myeloische Proliferationen bei Down-Syndrom
Transient abnormale Myelopoese (Syn.: transientes myeloproliferatives Syndrom)
Down-Syndrom-assoziierte myeloische Leukämie
Akute Leukämien mit unklarer Linienzugehörigkeit
Akute undifferenzierte Leukämie
Akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp und t(9;22)(q34.1;q11.2); BCR-ABL11
Akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp und (v;11q23); MLL-Rearrangement
Akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp, B/myeloisch (nicht anderweitig spezifiziert)
Akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp, T/myeloisch (nicht anderweitig spezifiziert)
*Für die Diagnose einer AML sind ≥20 % Blasten im Knochenmark erforderlich; Ausnahmen: AML mit t(15;17), t(8;21), inv(16) oder t(16;16).
1Das PML-RARA-Fusionsskript kann auch bei t(15;17)(q24.1;121.2), kryptischen Aberrationen oder komplexen zytogenetischen Rearrangements entstehen.
2Andere KMT2A-Translokationen sollen entsprechend genannt werden: z. B. AML mit t(6;11)(q27;q23); KMT2A-T4-KMT2A; AML mit t(11;19)(q23;p13.3); KMT2A-KMT2AT1; AML mit t(11;19)(q23;p13.1); KMT2A-ELL; AML mit t(10;11)(p12;q23); KMT2AT10-KMT2A.
3Die Inversion bzw. Translokation repräsentiert kein Fusionsgen, sondern verlagert den distalen GATA2-Enhancer mit der Folge einer verstärkten MECOM-Expression sowie einer GATA2-Haploinsuffizienz.
4Diese seltenen Formen können von einer Behandlung mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor profitieren.
5Eine günstige Prognose wird nur bei AML mit biallelischen, aber nicht mit singulären Mutationen in CEBPA beobachtet.
6De-novo-AML (nicht MDS oder MDS-typische zytogenetische Aberrationen) mit RUNX1-Mutation scheinen einen biologisch definierten AML-Subtyp mit schlechterer Prognose als andere AML-Subtypen zu definieren.
7Bei Kindern selten.
8Therapie-assoziierte myeloische Neoplasien (t-MN) sind in Therapie-assoziierte myelodysplastische Syndrome und AML einzuteilen, wobei der Karyotyp in der finalen Diagnose mitgeführt werden soll, da der Karyotyp für die Therapie und Prognose entscheidend ist. Einigen t-MN liegen Keimbahnmutationen in Suszeptibilitätsgenen zugrunde; eine sorgfältige Familienanamnese ist notwendig, um diese Fälle zu erkennen.
9In der WHO-Klassifikation 2016 werden Myeloblasten immer als Prozent aller Knochenmarkzellen berechnet. Die meisten der bisher als Erythroleukämie eingeordneten Fälle haben <20 % Myeloblasten. Da sie biologisch dem MDS ähnlich sind, werden sie in der WHO-Klassifikation 2016 in der Regel als MDS mit Blastenvermehrung (MDS-EB) eingeordnet. Als akute Erythroleukämie werden Fälle mit ≥50 % erythopoetischer Vorläuferzellen und ≥20 % Myeloblasten definiert.
10Auch wenn die WHO-Klassifikation eine eigene Kategorie für myeloische Sarkome vorsieht, sollten auch Fälle ohne Knochenmarkbefall diagnostisch so aufgearbeitet werden, dass sie in eine spezifischere Kategorie eingeordnet werden können.
11BCR-ABL1-positive Leukämien können als akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp auftreten, sollten aber wie BCR-ABL1-positive akute lymphoblastische Leukämie behandelt werden.
Es wird allgemein angenommen, dass bei der Entstehung der AML 2 Klassen von genetischen Veränderungen, Typ 1 und Typ 2, kooperieren. Typ-1-Veränderungen haben eine exzessive unkontrollierte Proliferation der Leukämiezellen zur Folge und werden häufig durch Mutationen in Signaltransduktionswegen wie FLT3, KIT, NRAS, KRAS und PTPN11 repräsentiert. Typ-2-Veränderungen hemmen die Differenzierung und sind Folge genetischer Veränderungen in Transkriptionsfaktoren, z. B. durch AML-charakteristische Translokationen wie t(8;21)(q22;q22)/RUNX1-RUNX1T1, inv(16)(p13.1q22)/t(16;16)(p13.1;q22)/CBFB-MYH11- und 11q23/KMT2A-Rearrangements oder Mutationen in einzelnen Genen wie NPM1 und CEBPA.
Genetischen Subtypen, die als prognostisch ungünstig gelten, sind insgesamt selten. Hierzu gehören FLT3-Mutationen wie Internal-Tandem-Duplikationen (FLT3/ITD) und Punktmutationen in der Kinasedomaine (FLT3/ITD). Monosomie 7, Monosomie 5/5q-Deletionen und Aberrationen von 12p können bei fast allen Subtypen der AML bei Kindern vorkommen (Harrison et al. 2010; von Neuhoff et al. 2010). Trisomien von Chromosom 8 oder 21 sind oft mit weiteren zusätzlichen Aberrationen assoziiert, und eine prognostische Aussage ist nicht immer möglich.
Molekularer MRD-(„Minimal residual disease“-)Nachweis (s. auch Kap. „Molekulare Diagnostik und WHO-Klassifikation“): Die hohe Spezifität und Sensitivität (10−5–10−6, d. h. Nachweis von 1 Leukämiezelle in 105 oder 106 Zellen) der „Real-time quantitative reverse transcriptase“-Polymerasekettenreaktion (RQ-RT-PCR) für AML-Fusionsgene wie z. B. RUNX1(AML1)-RUNX1T1(ETO), CBFB-MYH11, PML-RARA oder KMT2A-T3 erlauben ein molekulares MRD-Monitoring. Solche AML-spezifischen molekularen Marker sind allerdings nur bei etwa 35 % der Patienten verfügbar. Für eine frühe Responsebeurteilung sind genaue Definitionen der Zeitpunkte notwendig, weil sich die MRD-Spiegel innerhalb von kurzen Zeitabschnitten um einige Logarithmusstufen verändern können. Da niedrige PCR-positive Spiegel (<10−4) von RUNX1(AML1)-RUNX1T1(ETO) oder CBFB-MYH11 auch bei Patienten in Langzeitremission gefunden wurden, ist für die Diagnose eines molekularen Rezidivs die Dynamik des Anstiegs der MRD wesentlich.
MRD-Nachweis durch Immunphänotypisierung: Eine MRD-Beurteilung durch Immunphänotypisierung ist bei bis zu 90 % der Kinder mit AML möglich, allerdings ist die Sensitivität dieser Methode im Vergleich zur molekularen Diagnostik deutlich geringer (10−3–10−4). Die Sensitivität und Spezifität des MRD-Nachweises mittels Immunphänotypisierung wird durch die Heterogenität von Leukämie-assoziierten Antigenen und häufigen Antigen-Shifts im Verlauf der Erkrankung begrenzt. Außerdem kommen bestimmte Immunphänotypen, die bei hohen Blastenkonzentrationen eine AML eindeutig charakterisieren, in niedriger Konzentration auch im normalen und insbesondere im regenerierenden Knochenmark vor. Aktuelle technologische Fortschritte, wie ≥8-Farb-Durchflusszytometrie, werden zu Verbesserungen führen, wobei Verfahren zur Standardisierung und Qualitätskontrolle unerlässlich sind.

Klassifikation

Die Unterteilung der AML erfolgt nach der WHO-Klassifikation 2008/2016 anhand zytogenetischer, molekulargenetischer und morphologischer Merkmale (Tab. 1) (Arber et al. 2016).

Prognose, prognostische und prädiktive Faktoren

Prognose

Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens über mindestens 5 Jahre liegt heute bei Einsatz einer intensiven Chemotherapie zwischen 60–75 % (Creutzig et al. 2012a). Etwa 85–90 % der Kinder erreichen eine Vollremission. Die Wahrscheinlichkeit für eine ereignisfreies Intervall (EFS) von 5 Jahren liegt heute bei 55 % (Rasche et al. 2018).

Prognostische und prädiktive Faktoren

Mithilfe von prognostischen Faktoren wird versucht, das individuelle Risiko für Therapieversagen möglichst zum Diagnosezeitpunkt oder in einer frühen Phase der Therapie zu ermitteln. Die wichtigsten prognostischen Faktoren sind genetische Veränderungen in den AML-Blasten und das Ansprechen auf die Behandlung. In den AML-BFM-Studien konnte das Alter nicht als unabhängiger prognostischer Faktor bei Kindern und Jugendlichen bestätigt werden (Abb. 1) (Creutzig et al. 2012b). In der Altersgruppe der unter 2-Jährigen kommen fast nur Kinder mit Hochrisikokriterien (ungünstige Morphologie und/oder ungünstiger Karyotyp) vor, die Prognose entspricht der von älteren Patienten mit Hochrisikokriterien. Sehr hohe Blastenzahlen bei Diagnose sind mit einem erhöhten Risiko für Frühtod und Nonresponse assoziiert, aber nicht unbedingt mit dem krankheitsfreien Überleben (Creutzig et al. 1999).
Tab. 2 listet die genetischen Veränderungen, die prognostische AML Subgruppen definieren und zur Stratifizierung in Standardrisiko, intermediäres Risiko und Hochrisiko für Therapieversagen eingesetzt werden (s. auch Abschn. 7.2) (Creutzig et al. 2012a; Reinhardt et al. 2012). Genetik und Therapieansprechen sind unabhängige prognostische Faktoren und wesentliche Elemente der Stratifizierung in Risikogruppen (Abrahamsson et al. 2011). Die Blastenreduktion am Tag 15 oder 28 nach dem ersten Induktionsblock und das Ansprechen auf den zweiten Induktionsblock sind eindeutig mit dem Therapieergebnis assoziiert (Creutzig et al. 1999). Zunehmend wird die Bestimmung der MRD zur Stratifizierung eingesetzt (Pigazzi et al. 2015).
Das Risiko für Frühtod bei Diagnosestellung oder in den Tagen danach durch intrakranielle Blutung und/oder Leukostase (intravaskuläre Stase der Blasten in den kleinen Gefäßen) war in den 1980er-Jahren bei Kindern mit Hyperleukozytose (Leukozytenzahl >100.000/mm3) mit über 30 % besonders hoch (heute liegt es bei 10 %). Insbesondere sind Patienten mit monozytärer Leukämie und gleichzeitiger Hyperleukozytose (damals 70 % Letalität) gefährdet (Creutzig et al. 1987). Bei Patienten mit akuter Promyelozytenleukämie besteht bereits bei niedrigeren Leukozytenwerten das Risiko einer disseminierten intravasalen Gerinnung, verursacht durch prokoagulatorische Substanzen, die aus den abnormen Granula der Blasten freigesetzt werden.

Diagnostik

Die Diagnose der AML wird durch eine Knochenmarkaspiration mit Zytologie, Immunphänotypisierung, Zytogenetik und Molekulargenetik gesichert (s. auch Abschn. 2.2). Bei Patienten mit dem Verdacht auf eine Myelofibrose kann zusätzlich eine Knochenmarkbiopsie erforderlich sein. Bei extramedullären Manifestationen, die ohne eine Knochenmarkbeteiligung einhergehen, muss eine bioptische Sicherung mit Immunhistochemie und ausreichend Material für genetische Untersuchungen erfolgen.
Bei Patienten mit Hyperleukozytose (>100.000 Leukozyten/μl) sollte auf eine initiale Knochenmarkaspiration (und damit auch auf die erforderliche Analgosedierung) verzichtet werden, da die Intervention ein hohes Risiko für den Patienten darstellt.

Charakteristika der Erkrankung und Krankheitsverlauf

Die klinischen Symptome der AML sind häufig ebenso uncharakteristisch wie die der ALL. Die Symptome Anämie, Infektion und Blutung lassen sich aus den quantitativen und qualitativen Störungen der Erythropoese, Granulopoese und Thrombopoese ableiten.
Die Symptome Leber-, Milz- und Lymphknotenvergrößerungen sind auf die Infiltration dieser Organe durch leukämische Blasten zurückzuführen. Der Befall des ZNS, der bei 5–10 % der Patienten initial auftritt, kann neurologische Symptome und Hirndruckzeichen, wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, eventuell Sehstörungen und Meningismus, verursachen, jedoch auch symptomlos sein. Spezifische Infiltrationen betreffen die Gonaden (schmerzlose Hodenschwellung), die Nieren (sonografisch nachweisbare Infiltrate) oder die Haut (z. B. kleinknotige Infiltrationen bei monozytären Leukämien) und die Schleimhäute (Gingivainfiltrationen).
Nach den ersten 4–8 Wochen der intensiven Anfangstherapie erreichen ca. 85–90 % der Kinder mit AML eine Vollremission, die bei über 50 % dieser Patienten über mehr als 5 Jahre anhält. Spätere Rezidive sind die Ausnahme.
Bei Remission im Knochenmark kann es durch den extramedullären Befall zur erneuten Aussaat von Leukämiezellen und damit zum Rezidiv kommen. Da heute eine systemische Kontrolle der AML bei Kindern möglich ist, aber nur wenige Zytostatika z. B. das ZNS (bedingt durch die Blut-Hirn-Schranke) mit ausreichenden Spiegeln erreichen, ist eine Rezidiventstehung, z. B. aus okkulten Herden im ZNS, denkbar.

Therapie

Auswahl der Patienten

Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren, die die Kriterien der AML (ausgenommen akute Promyelozytenleukämie, APL) (s. Tab. 1) erfüllen, sind Studienpatienten.
Kinder mit Down-Syndrom und AML (ML-DS) erhalten eine Standardtherapie in reduzierter Form.
Kinder mit APL erhalten eine APL-spezifische Therapie (s. unten).
Patienten mit Zweitmalignomen, Hybridleukämien oder bekannter MDS-Vorphase werden von der Studie ausgeschlossen, können jedoch als Beobachtungspatienten nach dem Protokoll behandelt werden.

Risikogruppen/Therapiegruppen

Die Zuordnung zu den Therapiegruppen/Risikogruppe erfolgt aufgrund der zyto- und molekulargenetischen Diagnose (s. Tab. 2). Liegt bis zum Tag 21 kein zyto- oder molekulargenetischer Befund vor, erfolgt die Stratifizierung entsprechend der morphologischen Klassifikation.
Tab. 2
Genetisch definierte Prognosegruppen der pädiatrischen AML1 (Balgobind et al. 2011; Harrison et al. 2010; Hollink et al. 2011; von Neuhoff et al. 2010)
Prognose
Genetik
Standardrisiko (günstig)
t(8;21)(q22;q22)/RUNX1-RUNX1T1
inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22)/CBFB-MYH11
t(15;17)(q22;q21)/PML-RARA2
Molekular (bei AML mit normalem Karyotyp) NPM1-Mutation oder CEBPA-Doppelmutation
t(1;11)(q21;q23)/KMT2A-KMT2AT11(AF1Q)
GATA1s3
Intermediäres Risiko4
Zytogenetische Veränderungen, die nicht als günstig oder ungünstig eingeordnet werden5
Hochrisiko (ungünstig)
-76, -5 oder del(5q)
inv(3)(q21q26.2) oder t(3;3)(q21;q26.2)/RPN1-MECOM(EVI1-MDS1-EAP)
t(6;9)(p23;q34)/DEK-NUP214
t(7;12)(q36;p13)/ETV6(TEL)-HLXB9(MNX1)
t(4;11)(q21;q23)/KMT2A-KMT2AT2(AF4)
t(6;11)(q27;q23)/KMT2A-KMT2AT4(AF6)
t(5;11)(q35;p15.5)/NUP98-NSD1
t(10;11)(p12;q23)/KMT2A-KMT2AT10(AF10)7
Komplexer Karyotyp8
WT1mut/FLT3-ITD9
t(9;22)(q34;q11.2)
12p/t(2;12)
1Häufigkeiten, Ansprechraten und Ergebnisse der genetischen Gruppe sollten gemeldet werden, und sobald eine ausreichende Anzahl zur Verfügung steht, als spezifische Untergruppe angezeigt werden.
2t(15;17)/PML-RARA werden separat von anderen AML-Subtypen behandelt.
3Insbesondere bei Down-Syndrom-Patienten und Kindern mit AMKL sollten GATA1s-Mutationen analysiert werden. Durch die Identifikation von GATA1s-assoziierter Leukämie bei Trisomie-21-Mosaik kann eine Übertherapie verhindert werden.
4Enthält alle AML mit normalem Karyotyp mit Ausnahme derer, die in der günstigen Subgruppe enthalten sind; die meisten dieser Fälle sind mit einer schlechten Prognose verbunden, sie sollten jedoch gesondert dokumentiert werden, da sie möglicherweise anders auf die Behandlung ansprechen.
5Für die meisten Anomalien sind keine ausreichenden Patientenzahlen erreicht worden, um eindeutige Schlussfolgerungen zur prognostischen Bedeutung zuzulassen.
6Unter Ausschluss von wiederkehrenden genetischen Aberrationen wie in der WHO-Klassifikation 2008 definiert.
7Die Ergebnisse der t(10;11)(p12;q23) sind heterogen und können daher auch für die intermediäre Prognose ausreichen.
83 oder mehr Chromosomenanomalien in Abwesenheit einer der nach WHO-Klassifikation wiederkehrenden Translokationen oder Inversionen.
9Die Risikoverteilung von FLT3-ITD unterscheidet sich bei Berücksichtigung der Allelratio.
Für die Therapiestratifikation bzw. Risikogruppeneinordnung wird zusätzlich das Therapieansprechen nach der ersten und zweiten Induktion herangezogen.
Hochrisiko: unzureichendes Therapieansprechen (>10 % Blasten vor dem zweiten Therapieelement; ≥5 % Blasten nach dem zweiten Therapieelement) (Abb. 2).

Übersicht Therapiestrategie

Mit der Leukämietherapie wird eine vollständige Eliminierung des leukämischen Zellklons mit anschließender Restitution der normalen Hämatopoese angestrebt. Die Behandlungsmodalitäten der AML im Kindesalter wurden in Deutschland schrittweise im Rahmen der kooperativen AML-BFM-Studien seit 1978 verbessert und optimiert. Über 95 % der Kinder mit AML werden innerhalb der kooperativen AML-BFM-Studie behandelt.
Die Standardtherapie nach dem aktuellen Protokoll AML-BFM 2012 besteht aus 2 Induktionsblöcken:
(1)
Cytarabin, liposomalem Daunorubicin (ggf. Idarubicin) und Etoposid (ADxE)
 
(2)
Hoch dosiertes Cytarabin (3 g/m2 KOF) und Mitoxantron (HAM)
 
Anschließend werden 2 Therapieblöcke von 5- und 4-tägiger Dauer mit
(1)
Cytarabin und Idarubicin (AI) und
 
(2)
haM (hoch dosiertes Cytarabin 1 g/m2 KOF)
 
und anschließend HAE (hoch dosiertes Cytarabin 3 g/m2 KOF und Etoposid) gegeben.
Patienten der Hochrisikogruppen erhalten nach den Therapieblöcken AI und haM eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT), sofern ein HLA-identischer Familien- oder Fremdspender verfügbar ist. Alle anderen Patienten erhalten nach dem letzten Intensivblock eine Erhaltungstherapie von einjähriger Dauer.
In anderen internationalen AML-Therapiestudien für Kinder ist die erste Induktion grundsätzlich ähnlich. Sie wird häufig durch einen zweiten gleichartigen Zyklus, besonders bei Nichterreichen der kompletten Remission, ergänzt. Anschließend folgen als Postremissionstherapie Konsolidierungs- oder Intensivierungsblöcke mit oder ohne Erhaltungstherapie.
Der Einsatz der HLA-identischen allogenen HSZT nach Erreichen der Vollremission ist risikoadaptiert in den meisten Studien üblich. Als ZNS-Prophylaxe werden intrathekal Zytostatika gegeben, während eine Schädelbestrahlung nur noch selten oder nur bei primärem ZNS-Befall erfolgt.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie wird nur noch bei folgenden Indikationen eingesetzt:
  • ZNS-Befall: Schädelbestrahlung in Kombination mit intrathekaler Chemotherapie
  • Extramedulläre Infiltrate, insbesondere leukämiebedingte Tumoren: additive lokale Bestrahlung

Systemische Therapie

Der Einsatz der Chemotherapie bei Kindern mit AML entspricht grundsätzlich der bei Erwachsenen. Die Durchführung sollte wegen der Seltenheit der Erkrankung und der mit der Therapie verbundenen hohen Toxizität nur an pädiatrisch-onkologischen Zentren mit den Möglichkeiten einer adäquaten Supportivtherapie erfolgen.

Zeitpunkt des Therapiebeginns

Die Therapie beginnt, wenn möglich, am Tag der Diagnose. Bei Patienten mit großer Leukämiezellmasse und Blutungsgefährdung wird eine Austauschtransfusion, ggf. Leukapherese, und als Vortherapie eine langsame Zytoreduktion mit Thioguanin und Cytarabin empfohlen.

Dauer der Systemtherapie

Grundsätzlich beträgt die Gesamttherapiedauer etwa 18 Monate – 6 Monate Intensivtherapie plus 12 Monate Erhaltungschemotherapie. Ausnahme: Patienten mit HSZT.

Wahl und Durchführung der Therapie

De-Novo-AML-Therapie

In der Studie AML-BFM 2012 ist die Chemotherapie grundsätzlich einheitlich. Unterschiede bestehen in der Indikation zur HSZT vom verwandten Spender in erster Remission, die nur für Patienten der Hochrisikogruppe (s. Abb. 2) gegeben ist.
Induktionschemotherapie
Durch die Induktionstherapie sollen eine Remission erreicht und das Langzeitüberleben verbessert werden. Bei Kindern wie Erwachsenen werden 1 oder 2 Induktionstherapieblöcke gegeben. Die Standardinduktionstherapie besteht aus 3-tägiger Anthrazyklingabe (z. B. liposomales Daunorubicin 80 mg/m2 KOF, Idarubicin 10–12 mg/m2 KOF oder das Anthracenedion Mitoxantron 10–12 mg/m2 KOF) und 7–10 Tage Cytarabin (100–200 mg/m2 KOF kontinuierlich oder 2-mal täglich i. v.). Die Remission kann bereits nach dem ersten Remissionsblock erreicht werden, häufig ist dafür jedoch eine zweite Induktion mit identischen oder anderen Zytostatika notwendig. Mit diesem Vorgehen erreichen >85 % der Kinder und Jugendlichen eine Remission. In der Studie AML-BFM 2012 wird die Standardinduktion randomisiert gegenüber einer Induktion mit Clofarabin, Cytarabin und liposomalem Daunorubicin geprüft.
Konsolidierung, Intensivierung
Nach der ersten Induktion werden heute 3–5 weitere intensive Therapieelemente mit Medikamentenkombinationen, die denen in der Induktion entsprechen oder zusätzliche Zytostatika enthalten, verabreicht. Ergebnisse von mehreren pädiatrischen Studien (NOPHO AML 2004, MRC AML 12, AML-BFM 2004 und AML99 der Japanese Pediatric Leukemia/Lymphoma Study Group) und der CALGB-Studie bei Erwachsenen zeigen, dass durch die Einführung einer intensiven Chemotherapie mit hoch dosiertem Cytarabin (HD-Ara-C) die Rezidivraten deutlich reduziert werden konnten (Abrahamsson et al. 2011; Burnett et al. 2010; Creutzig et al. 2013a; Gibson et al. 2011; Tsukimoto et al. 2009). In der Studie AML-BFM-93 wurde der Stellenwert der Intensivierung mit HD-Ara-C/Mitoxantron (HAM) bei Kindern der Hochrisikogruppe deutlich. Das EFS konnte gegenüber der Vorstudie verbessert werden (Rasche et al. 2018). Seit der Studie AML-BFM-98 werden 3 Therapieelemente mit mittelhohem oder hoch dosiertem Cytarabin in der Intensivierung gegeben. Die Ergebnisse weisen auf einen „Dose-response“-Effekt von Cytarabin bei Patienten mit AML hin. Die Anzahl und die Intensität von Chemotherapieblöcken, die bei Kindern mit AML in der Konsolidierung/Intensivierung notwendig sind, sind jedoch weiterhin nicht einheitlich.
ZNS-Behandlung
Bei 5–10 % der pädiatrischen Patienten wird ein ZNS-Befall bei Diagnose und im Rezidiv der AML diagnostiziert. Patienten mit initialer Hyperleukozytose, Monozytenleukämie (FAB M4 oder M5, einschließlich M4eo mit inv(16)) und KMT2A-Gen-Umlagerung sowie Kleinkinder sind besonders betroffen.
Eine ZNS-Behandlung ist für alle pädiatrischen Patienten, auch wenn keine Blasten im ZNS nachgewiesen werden, notwendig, weil davon auszugehen ist, dass AML-Blasten im ZNS vorhanden sind und mit systemischer Therapie alleine nicht ausreichend erreicht werden. Auf eine präventive ZNS-Bestrahlung wird heute verzichtet, da deren Überlegenheit gegenüber anderen Modalitäten der ZNS-Behandlung nicht bewiesen wurde und die Gefahr von Spätfolgen und Sekundärmalignomen besteht. Zudem wird angenommen, dass mit HD-Ara-C die Blut-Hirn-Schranke überwunden wird (Creutzig et al. 2012a).
Das wesentliche Element der ZNS-Behandlung ist die intrathekale Chemotherapie (Cytarabin und Methotrexat als Einzelgaben oder Triple-Therapie mit Cytarabin, Methotrexat und Hydrokortison). Eine intrathekale Triple-Therapie wird empfohlen, weil bei Änderung von intrathekaler Triple-Therapie zu alleiniger Cytarabin-Gabe eine erhöhte ZNS-Rezidivrate beobachtet wurde (Pui und Howard 2008). Die optimale Anzahl intrathekaler Gaben (4–12) ist weiterhin nicht geklärt.
Bei AML hat eine geringe Anzahl von Blasten (<5 Zellen/μl) im Gegensatz zur ALL offenbar keinen Einfluss auf die ZNS-Rezidivrate (Johnston et al. 2010). Der ZNS-Befall ist auch kein entscheidender Faktor für das Gesamtüberleben innerhalb der AML-Risikogruppen. Andererseits haben Patienten mit ZNS-Beteiligung häufiger ZNS-Rezidive. Darum erhalten diese Patienten zunächst eine intensivierte intrathekale Therapie zur Blastenreduktion im Liquor. Anschließend wird eine ZNS-Bestrahlung empfohlen.
Erhaltungschemotherapie
Der Stellenwert und die beste Form der Erhaltungstherapie sind bisher bei Kindern und Erwachsenen mit AML nicht geklärt. In den AML-BFM-Studien betrug die Gesamttherapiedauer zuletzt 1,5 Jahre. In anderen pädiatrischen AML-Studien wurde gezeigt, dass eine Erhaltungschemotherapie nach Induktion und intensiver Postremissionschemotherapie mit hoch dosiertem Cytarabin die Prognose nicht verbessert. Der Wert der Erhaltungschemotherapie ist jedoch innerhalb des Gesamttherapiekonzepts zu beurteilen. In der Studie AML-BFM 2012 wird die Erhaltungstherapie randomisiert geprüft (6-Thioguanin täglich und Cytarabin alle 4 Wochen für 4 Tage für die Dauer von 1 Jahr vs. 8 Wochen).
Hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT)
Die verbesserte Definition von genetisch definierten Prognosefaktoren in Kombination mit dem Therapieansprechen ermöglicht heute eine bessere Risikoklassifikation (s. Abschn. 4.1). Für die Patienten der neu definierten Hochrisikogruppe (s. Abschn. 7.2) wird die allogene HSZT vom Familien- oder Fremdspender als Postremissionsbehandlung in erster Remission empfohlen.
Nach Rezidiv gilt für alle Patienten die Indikation zur allogenen HSZT. Die Konditionierung bei allogener HSZT ist bei Kindern myeloablativ, mit Busulfan, Cyclophosphamid und Melphalan (Bu-Cy-Mel) oder FLAMSA-Ric (Fludarabin, Cytarabin, Amsacrin plus 4Gy TBI).
Durch die myeloablative Therapie und durch immunologische Komplikationen ist mit signifikanten Langzeitmorbiditäten zu rechnen. Darum und weil die Überlebensraten mit alleiniger Chemotherapie oder Chemotherapie mit anschließender HSZT sich bei Patienten der Standard- und intermediären Gruppe nicht unterscheiden, wird die Indikation in erster Vollremission auf Patienten der Hochrisikogruppe (etwa 20–25 % der Patienten) beschränkt.
Eine autologe HSZT wird bei AML in erster kompletter Remission nicht empfohlen, sie kann eine Option für Spätrezidive nach Zweitremission oder bei Kindern mit Rezidiv einer APL sein.

Modifikation der Standarddosis

Säuglinge (Kinder <12 Monate oder <10 kg KG) erhalten eine Dosierung der Zytostatika nach Körpergewicht und nicht nach Körperoberfläche. Die auf Quadratmeter bezogenen Dosisangaben sind für die Berechnung nach Kilogramm durch 30 zu dividieren. Für die Dosierung von HD-Ara-C bei unter 2-Jährigen gelten besondere Regeln.

Besonderheiten zur Begleittherapie

Die umfangreiche supportive Therapie sieht eine infektiologische Überwachung, eine antimikrobielle Prophylaxe sowie eine frühzeitige Behandlung von Infektionen und Blutungskomplikationen vor. Die Beschreibung der Maßnahmen im Einzelnen würde den Rahmen dieser Darstellung überschreiten, es sei deshalb auf entsprechende Literatur und das Studienprotokoll verwiesen (Lehrnbecher und Sung 2014).

Rezidiv-/Salvagetherapie

Für die Prognose nach Rezidiven ist die Dauer der Erstremission von entscheidender Bedeutung (Stahnke et al. 1998). Es werden unterschieden:
  • Frührezidive, die <12 Monate nach Diagnose auftreten
  • Spätrezidive ≥12 Monate nach Diagnose
  • Isolierte ZNS-Rezidive oder isolierte Rezidive anderer Organe
Nach Rezidiven hat sich die Prognose in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert. Heute überleben 38 % der Patienten mit Erstrezidiv langfristig (Kaspers et al. 2013). Prognostische Faktoren sind der Zeitpunkt des Rezidivs, die Genetik (gute Prognose der CBF-Leukämien) und insbesondere das frühe Ansprechen auf die Rezidivtherapie (günstig: Tag 28 <20 % Blasten) (Creutzig et al. 2014; Kaspers et al. 2013).
Für die Therapie des ersten AML-Rezidivs stand in der randomisierten internationalen Rezidivstudie AML 2001/01 ein internationales Behandlungsprotokoll zur Verfügung, mit dem durch eine erneute Induktionstherapie eine zweite Remission erreicht werden sollte. Nach Erreichen einer erneuten Remission war eine allogene HSZT indiziert (Kaspers et al. 2013).
Diese Patienten mit Remission nach der Rezidivchemotherapie und anschließender allogener HSZT haben eine geschätzte Überlebenswahrscheinlichkeit von 46 % (Sander et al. 2010). In der Induktion wurde Fludarabin, Cytarabin und G-CSF (FLAG) gegen FLAG plus liposomalem Daunorubicin randomisiert. Jeweils 59 % bzw. 69 % der Patienten erreichten eine zweite Remission. Anschließend erfolgte eine allogene oder autologe HSZT mit einer Konditionierung aus Busulfan, Cyclophosphamid und Melphalan. Wenn kein geeigneter Spender identifiziert werden kann, kam eine haploidentische HSZT, bei Spätrezidiven (Remissionsdauer ≥1 Jahr) auch eine autologe HSZT, infrage. Die Überlebensrate für alle Patienten betrug 38 % (Kaspers et al. 2013).
Für Patienten, die nur unzureichend auf den ersten Therapieblock der Rezidivtherapie ansprechen oder keine zweite Remission erreichen, kamen ggf. experimentelle Therapien mit neuen Substanzen oder eine ausschließlich symptomlindernde palliative Therapie infrage.
Im nachfolgenden internationalen Rezidivprotokoll (Relapsed AML 2010) wurde in der ersten Induktion liposomales Daunorubicin plus FLA (ohne G-CSF) +/− GO (Gemtuzumab-Ozogamicin) eingesetzt, gefolgt von der zweiten Induktion mit FLA und anschließender allogener HSCT.
Molekulares Rezidiv: Die Kinetik des Rezidivs ist je nach genetischem Subtyp unterschiedlich. Die mediane Zeit zwischen molekularem und folgendem klinischen Rückfall liegt bei wenigen Wochen bis zu 8 Monaten. Wenn weitere Studien die prognostische Bedeutung eines ansteigenden MRD-Verlaufs (zunehmende Konzentration von Fusionsgenen) bestätigen, könnte dies eine Indiktion für eine frühzeitige HSZT oder einen erneuten Beginn der Chemotherapie sein.

Maßnahmen zur Therapiekontrolle

Komplette Remission

Die internationalen Kriterien (Cheson et al. 1990) wurden angepasst, weil sie bei fortgesetzter Chemotherapie nur eingeschränkt bewertet werden können (Creutzig et al. 2012a). Eine komplette Remission besteht bei regenerierendem oder normozellulärem Knochenmark mit <5 % Blasten, peripher >1000/mm3 Neutrophile und >80.000/mm3 Thrombozyten und ohne nachweisbaren Organbefall. Eine komplette Remission kann frühestens nach 3–4 Wochen beurteilt werden. Am Tag 15 nach Beginn der Induktion wird das Ansprechen auf die Therapie erkennbar. Bei gutem Ansprechen sind ≤5 % Blasten im hypoplastischen Knochenmark zu erwarten.

Rezidiv

Ein Rezidiv liegt bei Reinfiltration des Knochenmarks mit >5 % eindeutigen Blasten vor (bei zweifelhaften Befunden Kontrolle nach 2–3 Wochen) oder eindeutigen leukämischen Infiltrationen an anderer Stelle.

ZNS-Befall

>5 Zellen/mm3 im Liquor, nachgewiesene Blasten in der Zytozentrifuge und/oder intrakranielle Infiltrate resp. neurologische Ausfälle.

Extramedullärer Organbefall

Leukämische Infiltrate außerhalb von Leber, Milz und ZNS.

Nachsorge

In der Nachsorge sind regelmäßige Kontrollen vorgesehen. Der Remissionsstatus ist durch regelmäßige klinische und hämatologische Untersuchung zu überwachen. Die Untersuchungsintervalle richten sich nach der Rezidivkaskade und werden in der Regel nach Abschluss der Erhaltungstherapie schrittweise verlängert. Nach Ablauf von 5 Jahren ab Diagnose sind normalerweise nur noch jährliche Untersuchungen erforderlich.
Im gesamten Therapieverlauf sind regelmäßige Laboruntersuchungen zur Überwachung der Organfunktionen und besonders zur Früherkennung von Organtoxizitäten unerlässlich. Diese sind entsprechend durch apparative Untersuchungen zu ergänzen. Bei Komplikationen ist oft eine umfangreiche Diagnostik notwendig. Die häufigsten Komplikationen sind Infektion, Sepsis (u. U. mit septischem Schock), Kardiomyopathie, Nierenversagen, Thrombosen, Blutungen, Anämie, Thrombozytopenie.

Aktuelle Entwicklungen

Eine weitere Steigerung der Intensität der Chemotherapie ist bei der AML nur in begrenztem Maß zu erwarten. Die Entwicklung geht eher dahin, die Behandlung durch neue Komponenten zu optimieren.

Antikörper-gesteuerte Medikamente

Dazu gehört Gemtuzumab-Ozogamicin (GO, Myelotarg), ein Calicheamicin-konjugierter CD33-Antikörper, der vielversprechende Ergebnisse bei Kindern und Erwachsenen mit AML gezeigt hat (Burnett et al. 2011; Zwaan et al. 2010). GO verursacht erhebliche Toxizität, insbesondere Myelosuppression mit einer verlängerten Thrombozytopenie und einer Venenverschlusskrankheit, die jedoch bei Kindern seltener ist als bei Erwachsenen (Zwaan et al. 2010). Die Substanz war längere Zeit nicht verfügbar. Sie wurde jedoch im Rahmen der Studie für Erstrezidive bei Kindern eingesetzt (s. Abschn. 7.7).

Tyrosinkinase-Inhibitoren

AML-Patienten mit aktivierenden FLT3- oder KIT-Mutationen sind Kandidaten für eine gezielte Therapie. Viele FLT3-zielgerichtete Tyrosinkinase-Inhibitoren (Sorafenib, CEP701, PKC412, AC220) wurden bei Kindern erprobt oder auf „Compassionate use“-Basis eingesetzt (Inaba et al. 2011). Sorafenib wurde in der Studie AML-BFM 2012 bei FLT3-positiven Patienten zusätzlich gegeben.

Ausdifferenzierung der leukämischen Blasten

Das Prinzip der Ausdifferenzierung der leukämischen Blasten wird bei der akuten Promyelozytenleukämie seit einigen Jahren eingesetzt. Die krankheitsspezifische Translokation des RARA-Gens auf dem Lokus PML des Chromosoms 15 führt zur Synthese eines PML-RARA-Fusionsproteins, das die normale Differenzierung der Zellen blockiert. Durch hohe Dosen von All-trans-Retinsäure (ATRA) kann diese Blockade überwunden werden und eine Ausdifferenzierung erfolgen. Durch Arsentrioxid (ATO) erfolgt ebenfalls eine partielle Differenzierung und bei hohen Dosen eine Apoptose (Mi et al. 2012). Die Entwicklung geht dahin, zumindest bei Patienten mit akuter Promyelozytenleukämie und niedrigem Risiko (Leukozytenzahl unter 10.000/μl) ATRA und ATO kombiniert zu geben.
Molekulargenetische Untersuchungen: Inzwischen ist das Genarrangement bei zahlreichen Subtypen der AML bekannt. Die klinische Bedeutung dieser Befunde liegt darin, dass beim Nachweis von „minimal residual disease“ mithilfe der PCR-Technik patientenangepasst die Therapie je nach Ergebnis intensiviert oder ggf. beendet werden könnte.

Therapieschemata

Therapiestudie AML-BFM 2012 für die akute myeloische Leukämie bei Kindern

Das Therapiekonzept der Studie AML-BFM 2012 basiert auf den Erfahrungen und Ergebnissen der 6 vorangegangenen Studien und auf den Ergebnissen anderer kooperativer AML-Studien bei Erwachsenen (Creutzig et al. 2013b). Mit der Studie wird eine Verbesserung der Prognose durch Intensivierung und Optimierung der initialen Therapieelemente bei Reduzierung der Toxizität angestrebt.
Initial wird im randomisierten Vergleich geprüft, ob durch das Konzept einer Induktionstherapie mit Clofarabin in Kombination mit Cytarabin und liposomalem Daunorubicin gegenüber der bisherigen Induktion mit ADxE eine Verbesserung des ereignisfreien Überlebens erzielt werden kann. (Die Randomisation wurde 2017 ausgesetzt. Bis Februar 2019 (Rekrutierungsende) wurde nur noch die Standardtherapie gegeben.)
Die allogene HLA-identische Knochenmarktransplantation vom Familienspender in erster kompletter Remission ist nur bei Patienten der Hochrisikogruppe vorgesehen.
Bei allen anderen Patienten erfolgt eine Erhaltungstherapie bis zu einer Gesamtbehandlungsdauer von 18 Monaten (randomisiert gegenüber einer verkürzten Erhaltungstherapie von 2 Monaten).

Therapieplan

Änderungen der Studie AML-BFM 2012 gegenüber der zuvor beschriebenen Studie AML-BFM 2004 betreffen:
  • Im Vergleich zur Vorgängerstudie AML-BFM 2004 wird prospektiv randomisiert die Kombination von Clofarabin mit liposomalem Daunorubicin und Cytarabin mit der bekannten Induktion Cytarabin, liposomalem Daunorubicin und Etoposid eingeführt.
  • Für die Patienten mit FLT3-ITD/TKD-positiver AML erfolgt die additive Gabe von Sorafenib.
  • Die einjährige Erhaltungstherapie wird randomisiert gegen ein 8-wöchiges Element mit Cyarabin und Thioguanin geprüft.
  • Auf die prophylaktische ZNS-Bestrahlung wird verzichtet; der Vergleich erfolgt mit historischen Kontrollen.
  • Die Therapiestratifizierung in eine Standardrisiko-, eine intermediäre und eine Hochrisikogruppe erfolgt aufgrund der zyto-/molekulargenetischen Charakteristika der Leukämie. Die Bestimmung des Therapieansprechens kann für eine Umstratifizierung herangezogen werden (s. Abb. 2).
  • Bei Patienten der Hochrisikogruppe kann eine allogene Stammzelltransplantation in erster kompletter Remission indiziert sein.
  • Patienten mit einer akuten Promyelozytenleukämie werden ausgeschlossen und können entsprechend der Empfehlung des AML-BFM-2017-Registers mit ATRA und ATO behandelt werden (Abb. 3).
Vorphase
Die Vorphasentherapie ist bei Patienten mit primären Leukozytenwerten über 50.000/mm3 und/oder großer Tumorzellmasse vorgesehen.
Cytarabin/6-Thioguanin
Cytarabin
40 mg/m2 KOF
i.v.
Täglich
6-Thioguanin
40 mg/m2 KOF
p.o.
Täglich
Dauer: bis zum Abfall der Leukozytenwerte um mindestens 50 %; bei fehlender Blastenreduktion Beginn der Induktionstherapie spätestens nach 7 Tagen; bei Blutungsgefahr (vorwiegend Patienten mit Hyperleukozytose) primäre Austauschtransfusion, Einzelheiten dazu im Therapieprotokoll
Erste Induktion mit ADxE (sofern verfügbar), alternativ mit AIE
Cytarabin/liposomales Daunorubicin/Etoposid
Cytarabin
100 mg/m2 KOF/Tag
i.v.
Kont. Infusion
Tag, 1,2
Cytarabin
2mal 100 mg/m2 KOF (alle 12 h)
i.v.
30-min-Infusion
Tag 3, 4, 5, 6, 7, 8
Etoposid
150 mg/m2 KOF
i.v.
60-min-Infusion
Tag 6, 7, 8 (6 h vor Ara-C-Infusion)
Liposomales Daunorubicin
80 mg/m2 KOF
i.v.
120-min-Infusion
Tag 3, 5, 7 (vor Ara-C)
oder
    
Idarubicin
12 mg/m 2 KOF
 
4-h-Infusion
 
Cytarabin
In altersabhängiger Dosierung (s. Tab. 3)
 
i.th.
Tag 1 oder bereits bei der diagnostischen Lumbalpunktion, bei Hyperleukozytose und peripheren Blasten
Liquorpunktion erst nach Blastenreduktion, 2. Gabe am Tag 8
Induktion mit HAM
Hoch dosiertes Cytarabin/Mitoxantron (= HAM)
Hoch dosiertes Cytarabin
2× 3 g/m2 KOF
i.v.
3-h-Infusion (alle 12 h)
Tag 1, 2, 3
Mitoxantron
10 mg/m2 KOF
i.v.
30-min-Infusion
Tag 3, 4
Cytarabin
In altersabhängiger Dosierung (s. Tab. 3)
 
i.th.
Tag 6
Intensivierung – AI
Block AI
Mittelhoch dosiertes Cytarabin/Idarubicin
Cytarabin
500 mg/m2 KOF
i.v.
Kont. Infusion
Tag 1, 2, 3, 4
Idarubicin
7 mg/m2 KOF
i.v.
1-h-Infusion
Tag 3, 5
Cytarabin
In altersabhängiger Dosierung
 
i.th.
Tag 1 und Tag 6
Block hAM
Hoch dosiertes Cytarabin (1 g)/Mitoxantron (= hAM)
Hoch dosiertes Cytarabin
2× 1 g/m2
i.v.
3-h-Infusion (alle 12 h)
Tag 1, 2, 3
Mitoxantron
10 mg/m2
i.v.
30-min-Infusion
Tag 3, 4
Cytarabin
In altersabhängiger Dosierung (s. Tab. 3)
i.th.
 
Tag 1, 6
Intensivierung HAE = HD-Ara-C/VP-16
Alle Patienten (Standard- und Hochrisikogruppe), die eine Vollremission erreicht haben und bei denen keine allogene HSZT geplant ist, erhalten einen Intensivierungsblock mit HD-Ara-C und VP-16.
Hoch dosiertes Cytarabin/Etoposid
Cytarabin
3 g/m2 KOF
i.v.
3-h-Infusion alle 12 Std.
Tag 1, 2, 3
Etoposid
125 mg/m2 KOF
i.v.
60-min-Infusion
Tag 2, 3, 4, 5 (6 h vor Cytarabin)
Cytarabin
In altersabhängiger Dosierung
i.th.
 
Tag 6
ZNS-Therapie
Alle Patienten erhalten eine intrathekale ZNS-Behandlung mit Ara-C, Methotrexat und Prednisolon (= Triple-Therapie) oder Ara-C-Monotherapie (im Rahmen von Hochdosis-Ara-C-Blöcken) in altersabhängiger Dosierung:
  • Initial bei der ersten diagnostischen Lumbalpunktion und am Tag 8 der ADxE-Induktion
  • Am Tag 1 des HAM-Blocks
  • Im Block AI am Tag 1 und im Block hAM am Tag 1
  • Im Block HD-Ara-C/VP-16 am Tag 1
  • Während der Erhaltungstherapie in den Wochen 1, 3, 5, 7 (s. Tab. 3)
    Tab. 3
    Dosierung für die intrathekale Ara-C- und Triple-Gaben (bei allen Patienten) und Schädelbestrahlung bei „therapeutischer“ ZNS-Behandlung
    Alter (Jahre)
    Triple intrathekal (mg)
    Ara-C intrathekal (mg)
    Schädelbestrahlung (Gy) therapeutisch
     
    Ara-C
    MTX
    Prednisolon
      
    <1
    16
    6
    4
    20
    Erst nach Alter >1,5 Jahre
    1–2
    20
    8
    6
    26
    15
    2–3
    26
    10
    8
    34
    18
    ≥3
    30
    12
    10
    40
    18
    aBei Säuglingen keine Schädelbestrahlung, sondern Überbrückung bis zum Alter von 18 Monaten mit 4-wöchigen intrathekalen Triple-Gaben nach Liquorsanierung
Patienten mit primärem ZNS-Befall erhalten in wöchentlichen Abständen Cytarabin/Methotrexat/Prednisolon i.th. in altersabhängiger Dosierung bis über die Liquorsanierung (1×) hinaus, mindestens aber 3× (Tag 1, 8, 15).
Eine ZNS-Bestrahlung ist nur bei Patienten mit primärem ZNS-Befall vorgesehen und erfolgt 4 Wochen nach Beendigung der Intensivierung altersadaptiert.
Erhaltungstherapie
Die Erhaltungstherapie beginnt bei entsprechenden Leukozyten- und Thrombozytenwerten (s. unten) 4 Wochen nach Beendigung der Intensivierung mit HD-Ara-C/VP-16.
Thioguanin/Cytarabin
Thioguanin
40 mg/m2 KOF
p.o.
Abends
Täglich fortlaufend
Cytarabin
40 mg/m2 KOF
s.c.
Alle 4 Wochen an 4 aufeinanderfolgenden Tagen
– Ara-C
 
i.th
S. oben
Therapiesteuerung für Thioguanin:
Leukozytenwerte
 
(>3000/mm3 150 % Dosis)
>2000/mm3 100 % Dosis
>1000–2000/mm3 50 % Dosis
<1000/mm3 0 % Dosis
Therapiesteuerung für Cytarabin:
Leukozytenwerte
 
>2000/mm3
Thrombozytenwerte
 
>80.000/mm3, andernfalls zunächst 1 Woche Pause mit Thioguanintherapie
Allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT)
Indikation
Patienten der Hochrisikogruppe mit HLA-A, -B-, -DR-identischem Familien- oder Fremdspender.
Zeitpunkt
Bei Hochrisikopatienten mit ≤5 % Blasten am Tag 15 nach der Blocktherapie nach einer Erholungspause von 2–4 Wochen; bei Hochrisikopatienten mit >5 % Blasten am Tag 15 nach zusätzlicher HD-Ara-C/VP-16-Gabe.
Konditionierung vor HSZT
Busulfan/Cyclophosphamid/Melphalan (Einzelheiten s. Therapieprotokoll).

Besondere Hinweise

  • Studie: AML-BFM 2012 für die akute myeloische Leukämie bei Kindern. Rekrutierungsende der Studie war Februar 2019. Eine internationale Nachfolgestudie in Kooperation mit der Italian Association for Pediatric Hematology and Oncology (AIEOP) ist für 2021 geplant.
  • Studienkoordinator Deutschland: Prof. Dr. Dirk Reinhardt, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinik Essen
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