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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 01.08.2023

Benigne Knochentumoren im Kindesalter

Verfasst von: Marko Bergovec, Maria Smolle und Andreas Leithner
Benigne Knochentumoren können in jeglichem Knochen auftreten, wenngleich die langen Röhrenknochen von Armen und Beinen am häufigsten betroffen sind. Symptome variieren nach Tumortyp stark: So sind etwa Osteoidosteome sehr schmerzhafte benigne Tumoren, während Osteochondrome üblicherweise asymptomatisch sind oder aufgrund mechanischer Irritationen von Muskeln und Sehnen leichte Schmerzen verursachen. Enchondrome sind ebenfalls überwiegend symptomlos, können aber gelegentlich im Rahmen von pathologischen Frakturen erstmals diagnostiziert werden. Die operative Therapie dieser Tumoren stützt sich auf die vorherrschenden Symptome, mit dem Ziel einer vollständigen Heilung ohne Folgeschäden.

Osteoidosteom

Einleitung

Das Osteoidosteom ist ein benigner Knochentumor mit einem relativ typischen klinischen sowie radiologischen Bild: Am Röntgenbild ist das Osteoidosteom mehrheitlich im Kortex lokalisiert und bildet einen Sklerosesaum um eine zentrale Zone, den „Nidus“. Patienten berichten üblicherweise über Nachtschmerzen, die nur auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) gut ansprechen.
Osteoidosteome werden am häufigsten zwischen dem 5. und 25. Lebensjahr diagnostiziert, wobei männliche Patienten zwei- bis dreimal so häufig betroffen sind. Zwar können Osteoidosteome in jedem Knochen auftreten, vorzugsweise finden sie sich aber in der Diaphyse von Femur bzw. Tibia sowie der Wirbelsäule. Die typische radiologische sowie klinische Präsentation kann fehlen, wenn Osteoidosteome in Gelenksnähe lokalisiert sind (sogenannte juxtaartikuläre Osteoidosteome).

Klinische Präsentation und Diagnostik

Von den Patienten wird in der Regel von einem tiefen, dumpfen Schmerz berichtet, der in Ruhe – und insbesondere in der Nacht – stärker wird. Dieser spricht nur auf NSAR an, während andere Analgetika wie Acetaminophen (Paracetamol) oder Opioide wirkungslos sind (Frassica et al. 1996). Daher kann der sogenannte „Aspirin-Test“ zur Diagnosesicherung herangezogen werden; Patienten mit Osteoidosteomen, die NSAR einnehmen, berichten nach etwa 30 Minuten über eine deutliche Schmerzlinderung, die allerdings nur für knapp 6–8 Stunden anhält.
Auch können Patienten den Schmerz üblicherweise gut mit einem Finger lokalisieren. In seltenen Fällen kann auch ein ausstrahlender Schmerz vorhanden sein, etwa wenn ein Osteoidosteom der medialen Femurdiaphyse als medialer Kniegelenksschmerz wahrgenommen wird.
Bei jenen Lokalisationen, die leicht durch die Haut tastbar sind (z. B. mediale Tibia), lässt sich eine Schwellung ertasten. Dahingegen sind tief gelegene Lokalisationen (z. B. mediales proximales Femur oder dorsale Tibia) kaum zu palpieren. Ein hinkendes Gangbild wird aufgrund der Schmerzen ausgelöst, hat aber keine mechanische Ursache. Bei spinalen Osteoidosteomen können eine sekundäre Skoliose und ein Beckenschiefstand im Verlauf auftreten (Marcove et al. 1991; Uehara et al. 2015).
Radiologisch ist bei Osteoidosteomen eine Verdickung der Kortikalis auf dem Übersichtsröntgen leicht zu erkennen. In vielen Fällen lässt sich zusätzlich eine zentrale Lysezone mit einem umgebenden Sklerosesaum (s.g. „Nidus“) nachweisen, welche eine Größe von wenigen mm bis zu 2 cm annehmen kann. Die meisten dieser „Nidi“ lassen sich bei Osteoidosteomen in den Extremitäten am Röntgenbild einwandfrei darstellen (Greenspan 1993), während diese bei Osteoidosteomen an Lokalisationen mit vermehrter Überlagerung, wie Wirbelsäule (Burn et al. 2009) oder Becken, vorzugsweise mittels CT nachzuweisen sind (Abb. 1). Die Skelettszintigraphie ist sehr sensitiv, da sie aufgrund der hohen biologischen Aktivität des „Nidus“ diesen fast punktgenau anzeigen kann. Das MRT gilt nicht als primär wichtigste Bildgebung bei Osteoidosteomen, da einerseits der „Nidus“ am CT wesentlich leichter zu erkennen ist und andererseits das begleitende Ödem Differenzialdiagnosen wahrscheinlicher machen könnte (Pottecher et al. 2017; Assoun et al. 1994).

Therapie

Das Behandlungsziel ist chirurgisch, wobei der „Nidus“ bei der Operation entfernt wird, was zu einer Beschwerdefreiheit bei fast allen Patienten führt. Dies kann CT-gezielt mittels Radiofrequenzablation (RFA) erfolgen; hier wird 3D-CT-gezielt der „Nidus“ angesteuert und mittels thermaler Ablation die Tumorzellen zerstört (Abb. 1) (Volkmer et al. 2009). Die Vorteile der Radiofrequenzablation gegenüber einem offenen Vorgehen ist dessen Minimalinvasivität, sowie die Möglichkeit, den „Nidus“ punktgenau CT-gesteuert zu erreichen (Cioni et al. 2004; Lassalle et al. 2017). Weitere chirurgische Methoden beinhalten das CT- bzw. Röntgen-gezielte Anbohren und offene Kürettieren. Eine en-bloc Resektion wird heute nur noch selten angewandt.
In jenen Fällen, in denen eine der oben genannten operativen Interventionen nicht möglich ist, kann eine Langzeittherapie mit NSAR durchgeführt werden. In den meisten Fällen kommt es dann über die Jahre zu einer Kalzifizierung und Ossifizierung des „Nidus“, welcher schlussendlich nicht mehr von dem ihn umgebenden Kortex zu unterscheiden ist. In Zusammenschau mit dem niedrigen Operationsrisiko, der hohen Erfolgsrate bei Operation sowie den nicht unwesentlichen systemischen Nebenwirkungen bei Langzeiteinnahme von NSAR wird in den meisten Fällen von behandelnden Ärzten wie auch Patienten eine operative Versorgung bevorzugt.

Komplikationen und Nachbehandlung

In ausgewählten Fällen stellt die Lokalisation von Osteoidosteomen ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen dar. So etwa, wenn der Nidus an Knochen lokalisiert ist, die sehr oberflächlich liegen (z. B. ventrale Tibia) und somit nur von einer dünnen Subkutanschicht bedeckt ist; hier könnte eine RFA zu thermischen Hautschäden führen. Ist der Nidus knapp artikulär gelegen, könnte die RFA irreversible Knorpelschäden verursachen. Daher sollten in diesen Fällen die Vor- und Nachteile einer minimalinvasiven RFA vs. offener Operation sorgfältig abgewogen werden. Insgesamt sind operative Komplikationen, wie massive Hämatombildung oder Infektion, eher selten (Oc et al. 2019; Hage et al. 2018). Sind Patienten nach dem Eingriff (Operation wie RFA) beschwerdefrei, ist keine weitere Nachuntersuchung notwendig. Abhängig von der Größe des Eingriffs können Patienten postoperativ in der Regel rasch vollbelasten.

Osteochondrom

Einleitung

Das Osteochondrom, auch Exostose genannt, ist der häufigste benigne Knochentumor (Bergovec et al. 2015). Die radiologische Diagnose ist relativ typisch; das Osteochondrom befindet sich in der Metaphyse. Osteochondrome entwachsen „pilzförmig“ der Kortikalis. Sie treten hauptsächlich in der zweiten Lebensdekade auf, zeitgleich mit dem Wachstumsschub in der Pubertät. Die häufigsten Lokalisationen sind das distale Femur, die proximale Tibia sowie der proximale Humerus, auch wenn fast jeder Knochen betroffen sein kann. Die wahrscheinlichste Ursache für Osteochondrome ist ein kongenitaler Defekt bzw. ein Trauma der Wachstumsfuge, wodurch es zu einem Fehlwachstum mit Ausbildung der „pilzförmigen“ Knochenanbauten kommt.

Klinische Präsentation und Diagnostik

Klinisch stellen sich Osteochondrome als schmerzlose Knoten dar, welche eine mechanische Irritation des sie umgebenden Gewebes (insbesondere Muskeln und Sehnen) verursachen können. Manchmal werden Osteochondrome als Zufallsbefunde am Röntgenbild entdeckt. Sehr selten präsentieren sich Osteochondrome im Rahmen einer pathologischen Fraktur, bei Nervenschwäche durch Kompression eines nahe liegenden Nervens oder eines Pseudoaneurysmas von Blutgefäßen, die dem Osteochondrom anliegen. Auch maligne Transformationen in ein Chondrosarkom sind bei isolierten Osteochondromen selten (Tsuda et al. 2019; Ahmed et al. 2003).
In der Regel sind Osteoidosteome in der Metaphyse lokalisiert, wobei das Wachstum vom Gelenk weg gerichtet verläuft. So haben Osteochondrome in der distalen Femurmetaphyse ihre Basis weiter distal als die Knorpelkappe, welche weiter proximal zu liegen kommt (Abb. 2) (Mavrogenis et al. 2008). Auf der anderen Seite haben proximale tibiale Osteochondrome eine weiter proximal gelegene Basis in Relation zur Knorpelkappe. Als wichtigste Differenzialdiagnose des Osteochondroms in der distalen Humerusmetaphyse stellt der Processus supracondylaris dar, welcher eine anatomische Normvariante bei 1 % der Bevölkerung darstellt und in Richtung Ellenbogengelenk gerichtet ist.
Osteochondrome haben eine kartilaginäre Kappe, die unterschiedlich dick sein kann. Die wichtigsten radiologischen pathognomonischen Merkmale von Osteochondromen sind zum einen, dass der Kortex des Tumors in Kontinuität mit dem Kortex des betroffenen Knochens steht, und zum anderen, dass eine durchgehende Verbindung zwischen dem Markraum des Osteochondroms sowie des Ursprungsknochens vorhanden ist. Wenn eines dieser beiden Merkmale fehlt, sollte eine andere Differenzialdiagnose (z. B. parosteales Osteosarkom, Myositis Ossifikans) in Betracht gezogen werden (Papathanassiou et al. 2011; Sanghavi et al. 2017).
Üblicherweise wachsen Osteochondrome langsam während der Wachstumsphase und kommen zum Stillstand, wenn sich die Wachstumsfugen im Körper schließen (Florez et al. 2008).

Therapie

Asymptomatische Osteochondrome benötigen keine operative Intervention.
Indikationen für eine Operation sind mechanische Irritationen oder dumpfer Schmerz bei Druck auf umliegende Strukturen. Im Rahmen der Operation von Osteochondromen sollte ein standardisierter Zugang gewählt werden, um möglichst wenig Schäden an Muskeln und Weichgewebe zu verursachen. Nach Darstellen der Basis des Osteochondroms erfolgt das Absetzen des Tumors mittels Säge oder Meißel. Wenn immer möglich, sollte der Tumor in einem Stück abgetragen werden. Die regelhaft über dem Osteochondrom liegende Bursa kann, aber muss nicht entfernt werden, da davon auszugehen ist, dass sie sich selbstständig zurückbildet, sobald die mechanische Irritation (d. h. das Osteochondrom) wegfällt.

Komplikationen und Nachbehandlung

Allgemeine operationsspezifische Komplikationen unterscheiden sich nicht von anderen Operationen in den jeweiligen anatomischen Arealen. Besonderheiten sind etwaige verlängerte Blutungen aus dem eröffneten Markraum, welche durch das intraoperative Abdichten der freiliegenden Spongiosa mittels Knochenwachs verhindert werden können. Konnte das Osteochondrom in toto entfernt werden, ist mit keinem Lokalrezidiv zu rechnen. Nachkontrollen sind somit bei beschwerdefreien Patienten nicht notwendig. Bei Kindern allerdings, bei denen das Osteochondrom zu Knochenfehlbildungen führen kann, sind engmaschige Verlaufskontrollen hinsichtlich Knochenumbildung angezeigt. Kommt es zu keiner ausreichenden Autokorrektur, können in seltenen Fällen Umstellungsosteotomien an Ende der Wachstumsphase indiziert sein.

Kartilaginäre Exostosenkrankheit

Multiple Exostosen, auch kartilaginäre Exostosenkrankheit genannt, stellen eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung dar, die durch unzählige osteokartilaginäre Exostosen gekennzeichnet ist. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung relativ früh, regelhaft vor dem 10. Lebensjahr. Ist ein Elternteil betroffen und hat das Kind bis zum 12. Lebensjahr noch keine Exostose entwickelt, so ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Kind ebenfalls an der Erkrankung leidet.
Multiple hereditäre Exostosen finden sich in allen Knochen (Abb. 3). Klinisch sind – wie bei solitären Osteochondromen auch – harte, nicht schmerzhafte Schwellungen tastbar. Patienten mit multiplen hereditären Exostosen sind oft kleinwüchsig, wobei die Extremitäten im Vergleich zum Rumpf kürzer erscheinen. Die Unterarme sind aufgrund der Exostosen häufig deformiert, wobei die distale Ulna häufiger als der Radius betroffen ist, woraus eine Deviation resultiert. Darüber hinaus bestehen oft genua valga. Trotz dieser knöchernen Veränderungen sind Patienten üblicherweise kaum bis nicht in ihrer Mobilität eingeschränkt. Wie bei den solitären Osteochondromen auch stellen Symptome wie lokale Irritation, Kompression – und dadurch bedingte Schmerzsymptomatik – eine Operationsindikation dar. Darüber hinaus werden jene Osteochondrome operativ entfernt, die ein schnelles Wachstum zeigen, da hier ein erhöhtes Risiko für eine maligne Entartung in ein Chondrosarkom besteht. Nicht-Tumor-assoziierte Operationen können Korrekturen von Gelenks- bzw. Achsfehlstellungen betreffen.
Bei der hereditären Exostosenkrankheit besteht ein Risiko zwischen 5 % und 25 %, dass die Tumoren maligne in Chondrosarkome entarten, im Vergleich zu knapp 1 % bei singulären Osteochondromen (Garrison et al. 1982; Ahmed et al. 2003). Darüber hinaus ist das Risiko für spinal bzw. pelvin lokalisierte Osteochondrome deutlich höher als für Osteochondrome an den Extremitäten. Sekundäre Chondrosarkome werden nach denselben onko-chirurgischen Prinzipien wie primäre Chondrosarkome behandelt (Tsuda et al. 2019).

Enchondrom

Einleitung

Das Enchondrom stellt einen benignen, solitären, intramedullären Tumor aus reifen hyalinem Knorpelgewebe im Markraum von Knochen dar. Knapp zwei Drittel aller Enchondrome finden sich im Karpus, den Metakarpalknochen bzw. den Phalangen. Auch wenn Enchondrome üblicherweise bei Erwachsenen zwischen dem 20. bzw. 50. Lebensjahr diagnostiziert werden, können sie auch bei Kindern auftreten (Tang et al. 2015; Weiner 2004).

Klinische Präsentation und Diagnostik

Enchondrome sind zumeist asymptomatisch und stellen einen Zufallsbefund dar. Beschreiben Patienten im Bereich eines Enchondroms Schmerzen, so sollte auch bei radiologisch initial insuspektem Befund als Differenzialdiagnose eine maligne Transformation in ein Chondrosarkom in Betracht gezogen werden (Geirnaerdt et al. 1997; Kendell et al. 2004; Gajewski et al. 2006).
Radiologisch stellen sich Enchondrome mit einem klar abgegrenztem osteolytischen Areal dar, mit parieller Kalzifizierung. Auf dem MRT zeigt sich intramedullär in der Meta- bzw. Diaphyse das osteolytische Areal mit Knorpelmatrix gefüllt (Abb. 4) (Robbin und Murphey 2000; Weiner 2004).

Therapie

Die meisten Enchondrome benötigen keine Behandlung (Müller et al. 2003; Omlor et al. 2019). Dennoch gibt es ein paar vereinzelte Kriterien, die eine relative Indikation zur Operation darstellen. So weisen eine Ödemzone um das Enchondrom im MRT sowie eine Ausdünnung des Kortex mit CT bzw. Röntgenbild auf eine erhöhte biologische Aktivität hin. Knöcherne Auftreibungen, die eine mechanische Irritation des umliegenden Gewebes hervorrufen, stellen ebenfalls eine relative Operationsindikation dar, wie auch pathologische Frakturen der Metakarpalen oder Finger. Auch wenn es hierzu keine klaren Richtlinien gibt, sollten alle Enchondrome, die größer als 6 cm sind, auch bei Beschwerdefreiheit operativ entfernt werden. Zeichen, die ein Hinweis auf eine maligne Transformation in ein Chondrosarkom sein können, beinhalten ein schnelles Tumorwachstum, Unterbrechungen des Kortex, eine extraosseäre Komponente, Schmerzen über dem Tumor, sowie mit der Zeit zunehmende Schmerzen. In solchen Fällen ist bei Verdacht auf ein höhergradiges Malignom eine Biopsie vor der definitiven Behandlung angezeigt, um eine maligne Entartung auszuschließen. Die simple Trias aus Schmerzen, positiver Knochenszintigrafie und destruktives Erscheinungsbild am Röntgen sind hinweisend auf eine maligne Transformation in ein Chondorsarkom. Bei Kindern findet sich eine derartige maligne Transformation allerdings sehr selten.
Die operative Versorgung von Enchondromen, wenn indiziert, besteht aus einer Kürettage des Tumors durch ein Knochenfenster, je nach Defektgröße gefolgt von einer Ausfüllung mit Knochenersatzstoffen (z. B. Tricalciumphosphat), knöchernem Allo- oder Autograft (Figl und Leixnering 2009; Tang et al. 2015; Bauer et al. 1988). Da es hinsichtlich der Einheilungsrate bzw. Funktion zwischen Auto- und Allograft keinen signifikanten Unterschied gibt, wird die Verwendung von Allografts in der Mehrheit der Fälle favorisiert, wodurch sowohl die Heber-Morbidität als auch das Risiko einer iatrogenen Tumor-Absiedelung an die Heber-Stelle vermieden werden kann (Sassoon et al. 2012).
Multiple Enchondrome sind sehr selten und treten im Rahmen der multiplen Enchondromatose (Ollier’s Erkrankung) oder dem Maffucci-Syndrom (in Kombination mit multiplen Hämangiomen) auf (Kumar et al. 2015; Verdegaal et al. 2011). Auch hier sind die Indikationen für eine operative Intervention deckungsgleich zu isolierten Enchondromen, wobei das Risiko einer malignen Entartung zu Chondrosarkomen bei beiden hereditären Erkrankungen bei knapp 30 % liegt.

Komplikationen und Nachbehandlung

Das Risiko einer malignen Transformation von Enchondromen zu Chondrosarkomen ist – insbesondere bei Kindern – niedrig. Daher können, auch im Hinblick auf bessere funktionelle Resultate, die meisten Enchondrome unter engmaschigen klinisch-radiologischen Verlaufskontrollen konservativ behandelt werden. Auch pathologische Frakturen, wie etwa an den Phalangen, stellen keine absolute Operationsindikation dar; auch wenn es recht häufig zu pathologischen Frakturen der durch Enchondrome geschwächte Phalangen kommt, gibt es noch immer Uneinigkeit über die weitere Behandlung. Insbesondere differieren die Meinungen hinsichtlich Notwendigkeit, Zeitpunkt und Art der operativen Intervention (Haase 2013; Zhou et al. 2017). Da allerdings nicht zu erwarten ist, dass sich das Enchondrom nach erfolgter Knochenheilung zurückgebildet hat, ist eine Operation in den meisten Fällen dennoch indiziert. Mit oder ohne Operation ist die Prognose von Enchondromen in der Regel sehr gut. Bei sekundären Chondrosarkomen auf Basis von Enchondromen richtet sich die Behandlung nach den Prinzipien der primären Chondrosarkom-Therapie.

Aneurysmatische Knochenzyste (AKZ)

Einleitung

Die aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) wurde vorher meist als tumor-ähnliche Läsion geführt, obwohl sie laut WHO als benigner Tumor gilt und sie genetisch durch eine USP6 Veränderung gekennzeichnet ist. Die AKZ kann als wachsende, aus multiplen blutgefüllten Kammern unterschiedlicher Größe, die durch bindegewebige Septen voneinander getrennt werden, beschrieben werden. In den Septen finden sich osseäre Trabekel sowie osteoklastische Riesenzellen. Es wurde ursprünglich davon ausgegangen, dass sich AKZs bilden aufgrund von Wirbelströmen im Gefäßsystem des Knochens, welche zu rezidivierenden Einblutungen und dadurch Verdrängung des Knochens führen (Cottalorda und Bourelle 2007; Rapp et al. 2012). Heute ist aber bekannt, dass gewissen Gentranslokationen in Zellen, die sich in den Septen der AKZ befinden, gefunden werden können, was einen neoplastischen Hintergrund nahelegt (Leithner et al. 2004; Šekoranja et al. 2018; Jundt 2018; Baumhoer et al. 2019). Als primäre Läsion bilden sich AKZs üblicherweise in der 2. und 3. Lebensdekade. Sekundäre AKZs können andere Knochentumoren begleiten, wie Chondroblastome, Osteoblastome oder Riesenzelltumoren des Knochens (Leithner et al. 1999; Rapp et al. 2012).
Jeglicher Knochen kann von einer AKZ betroffen sein, wobei in über 50 % der Fälle die langen Röhrenknochen befallen sind. Darüber hinaus finden sich AKZs in den Beckenknochen, ventralen wie dorsalen Anteilen der Wirbelkörper, sowie in den kurzen Röhrenknochen von Hand und Fuß.

Klinische Präsentation und Diagnostik

AKZs zählen zu den biologisch aktiven Läsionen, was bedeutet, dass mit der Zeit alle Patienten Symptome wie lokale Schwellung und Schmerzen entwickeln. Die Schmerzen entstehen aufgrund der Knochendestruktion und aktiven Remodellierung, sowie gelegentlich aufgrund einer pathologischen Fraktur. Ob eine Schwellung von den Patienten bemerkt wird, hängt hauptsächlich von der Lokalisation der AKZs ab; so wird eine AKZ des proximalen Femurs aufgrund des ausgeprägten Weichteilmantels kaum eine Schwellung erkennen lassen (Cottalorda und Bourelle 2007; Rapp et al. 2012). Spinale AKZs verursachen üblicherweise Rückenschmerzen, können bei pathologischen Frakturen (Abb. 5) aber auch von einem neurologischen Defizit begleitet werden. Demgegenüber sind AKZs der proximalen Tibia oder des distalen Humerus leichter zu diagnostizieren.
Am Röntgenbild zeigt sich die AKZ als gut umschriebene, lytische Läsion ohne jegliche Knochenmatrix. Periostreaktionen können vorhanden sein, wie auch Ausdünnung oder gar partielle Destruktion des Kortex. Am MRT weisen sie ein heterogenes Signal mit multiseptalem Erscheinungsbild auf. Ein Spiegelbildphänomen (engl. fluid-fluid-level) (Abb. 6) lässt sich häufig nachweisen, ist aber nicht pathognomonisch für AKZs; auch Riesenzelltumoren des Knochens sowie teleangiektatische Osteosarkome können Spiegelbildungen aufweisen (Mascard et al. 2015; Bazzocchi et al. 2019).

Therapie

Eine Intervention ist bei Diagnose einer AKZ notwendig, wobei üblicherweise Kombinationstherapien aus Embolisation, Kürettage (mit oder ohne Defektauffüllung), Zementierung und En-Block-Resektion mit nachfolgender Rekonstruktion zur Anwendung kommen (Grahneis et al. 2019). In letzter Zeit konnten gute Ergebnisse durch Instillation von sklerosierenden Substanzen in die AKZ-Höhle erzielt werden; die minimal-invasive, nativradiologisch oder computertomografisch gesteuerte Instillation von Polidocanol führt zu einer Zerstörung der endothelialen Auskleidung der AKZ-Kammern, wodurch eine Koagulations-Kaskade mit thrombotischem Verschluss der Tumorgefäße ausgelöst wird. Diese sogenannte „Sklerotherapie“ ist nicht nur kosteneffektiv, sondern auch wenig invasiv und führt zu hohen Heilungsraten (Rastogi et al. 2006; Brosjö et al. 2013; Puri et al. 2020). Es gibt einzelne Berichte, dass die Verwendung von Arthoskopen bzw. Endoskopen dabei helfen kann, die vollständige Kürettierung aller Kammern besser zu überprüfen (Aiba et al. 2018; Choi et al. 2014). Dieses Vorgehen bedarf allerdings noch weiterer Analysen vor Etablierung in der klinischen Praxis.

Komplikationen und Nachbehandlung

Lokalrezidive treten in knapp 30 % der Fälle auf, wobei die weite Resektion der AKZ die geringste Lokalrezidivrate nach sich zieht. Risikofaktoren für ein Lokalrezidiv stellen ein junges Patientenalter, schwer erreichbare Lokalisationen wie das Sakrum, sowie histologisch nur wenig nachweisbares septales Osteoid dar (Rapp et al. 2012; Puri et al. 2020).
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