Die
septische Arthritis des Hüftgelenks (Coxitis septica
) ist eine durch
Bakterien verursachte Infektion der Synovia
, welche sich auf die umgebenden Strukturen ausbreiten kann, über den Gelenkknorpel bis hin zum gesamten Hüftgelenk, falls die richtige Therapie nicht rechtzeitig eingeleitet wird. Demensprechend ist die Diagnose einer septischen Hüftgelenksarthritis
ein orthopädischer Notfall. Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer „Coxitis fugax“, dem sogenannten „Hüftschnupfen“, und einer
septischen Arthritis des Hüftgelenks ist nicht immer einfach. Letztere zu verpassen kann allerdings folgenschwere Konsequenzen haben: im Extremfall kann eine verpasste bakterielle Gelenksinfektion zu einer Gelenksdestruktion führen und lebenslange schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Dieses Kapitel zeigt wichtige Punkte der Anamnese, klinischen Untersuchung sowie der weiterführenden radiologischen und laborchemischen Diagnostik auf, um die Diagnose und Differentialdiagnose der septischen Arthritis des Hüftgelenks besser zu verstehen und dementsprechend frühzeitig eine adäquate chirurgische und antibiotische Therapie einzuleiten, was das Outcome signifikant verbessert. Die
Inzidenz der septischen Gelenkentzündungen
in Industrieländern wird generell mit ca. 4–5 Fällen auf 100.000 Kinder angegeben. Jungen sind im Vergleich zu Mädchen häufiger betroffen (2:1 Verteilung). 50 % aller Fälle der septischen Arthritis des Hüftgelenks treten bei Kindern unter 2 Jahren auf und 75 % aller Fälle bei Kindern unter 5 Jahren (Kliegman et al.
2020). Die
Pathogenese der septischen Arthritis des Hüftgelenks ist primär die hämatogene Streuung einer Infektion in den Gelenkspalt. Die ausgesprochen gute Gefäßversorgung der Synovialmembran bildet die ideale Voraussetzung hierfür. Seltener sind eine direkte Keiminokulation, wie z. B. im Rahmen iatrogener Eingriffe, oder Ausbreitung einer angrenzenden Infektion, wie z. B. eine
Osteomyelitis, die Ursache (Kliegman et al.
2020; Ceroni et al.
2014). Insbesondere bei kleineren Kindern (in der Regel unter 18 Monaten) mit offenen Wachstumsfugen kann eine Osteomyelitis auf das Gelenk übergreifen und eine septische Arthritis des Hüftgelenks verursachen (Ceroni et al.
2014). Die genaue Rolle von Traumata bei der Entstehung von septischer Arthritis des Hüftgelenks ist noch nicht abschließend geklärt (Pääkkönen
2017). Der Befall der Synovia und Destruktion des Knorpels resultiert aus einer Kombination von im Rahmen der Entzündungsreaktion vorhandenen proteolyten
Enzymen und mechanischen Faktoren (Kliegman et al.
2020). In weiter fortgeschrittenem Krankheitsverlauf kann durch erhöhten intraartikulären Druck durch Eiteransammlung im Gelenkspalt die Gefäßversorgung so stark kompromittiert werden, dass es zur Osteonekrose kommt.
Das Keimspektrum der septischen Arthritis des Hüftgelenks ist weitgehend abhängig vom Alter des Patienten, sowie von der geographischen Lokalisation und vom sozio-ökonomischen Status. Grampositive Organismen sind insgesamt häufiger zu finden im Vergleich zu gramnegativen. Der Keim, der universal am häufigsten die septische Hüftgelenksarthritis verursacht, ist Staphylococcus aureus mit >25 %, wobei zunehmend mit
Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (
MRSA) zu rechnen ist – auch bei Patienten ohne bekannte Risikofaktoren. Weitere häufige Keime sind
Streptokokken der Gruppe A,
Pneumokokken,
Meningokokken,
Enterokokken und Corynebakterien. Die Inzidenz des früher häufigen Hämophilus
influenzae B hat mit der Einführung der Impfung deutlich abgenommen (Peltola et al.
1998). Der etwas neuere Keim Kingella kingae
ist vor allem in unter 4-jährigen Patienten häufiger nachzuweisen, insbesondere mit PCR-Methoden (Ceroni et al.
2010).
Gonokokken findet man zudem im Erregerspektrum bei sexuell aktiven Jugendlichen und bei Neugeborenen (Übertragung während des Geburts-vorgangs). In der Neugeborenenperiode finden sich außerdem insbesondere Streptokokken der Gruppe B
, sowie E. coli
im Keimspektrum (Wagner et al.
2017). Zu den weniger häufig nachgewiesenen Keimen gehören Salmonella spp.
(insbesondere bei Patienten mit Sichelzellanämie),
Candida, Coxiella burnetii
(
Q-Fieber), Tuberkulosebakterien
und Brucella
, letztere vorwiegend in endemischen Gebieten (Wagner et al.
2017; Rutz und Spoerri
2013).