Skip to main content
Viszeral- und Allgemeinchirurgie
Info
Publiziert am: 28.01.2022

Anorektale Abszesse und Fisteln

Verfasst von: Philipp Manegold und Alexander Herold
Anorektale Abszesse und Fisteln gehören zu den häufigsten Erkrankungen der Analregion. Synonym werden sie auch als Perianalabszess bzw. Analfistel bezeichnet. Für die anorektalen Fisteln liegt die Inzidenz in Europa bei 20 pro 100.000 Einwohner. Der Altersgipfel für anorektale Abszesse findet sich zwischen 20 und 40 Jahren, für Fisteln zwischen 20 und 50 Jahren, dabei sind Männer 3-mal häufiger betroffen als Frauen. Die Rezidivrate liegt in Abhängigkeit der Ausdehnung und Therapie bei den Fisteln zwischen 10 und 50 %.
Da anorektale Abszesse häufig in der Ausbildung anorektaler Fisteln resultieren, sind beide als ein Krankheitsbild zu betrachten. Dabei ist der Abszess als die akute und die Fistel als die chronische Verlaufsform ein und derselben Erkrankung zu werten. Sie haben eine identische Ätiologie und identische Wege, sich in der Anorektalregion auszubreiten. Ihre Einteilung berücksichtigt ihren Bezug zur Sphinktermuskulatur. Ihre Therapie sollte jedoch getrennt betrachtet werden.

Ätiologie und Pathogenese

Mit gut 90 % ist die häufigste Ursache anorektaler Abszesse und anorektale Fisteln die Entzündung einer oder mehrerer Proktodealdrüsen. Seltenere Ursachen haben einen infektiologischen (Gonokokken, Prostatitis, Bartholinitis, Tuberkulose u. a.), traumatischen (penetrierende Verletzung, Dammschnitt, Dammriss, urologische Interventionen, Hämorrhoidentherapie u. a.) oder malignen (Analkarzinom, Rektumkarzinom, Strahlentherapiefolge u. a.) Hintergrund. Eine Sonderstellung nehmen die anorektalen Fisteln bei Morbus Crohn ein. Sie haben eine eigenständige Pathogenese und ihre Therapie ist nicht alleine chirurgisch, sondern interdisziplinär zu führen.
Die Proktodealdrüsen wurden erstmals von Hermann und Desfosses im Jahr 1844 beschrieben. Sie befinden sich im intersphinktären Raum und besitzen einen Ausführungsgang, der den inneren Schließmuskel nach innen durchbricht und am Grund der analen Krypten auf Höhe der Linea dentata mündet. Mehrere Drüsen können in einer Krypte münden, aber nicht in jeder Krypte findet sich eine Drüsenmündung. Die Zahl der Proktodealdrüsen ist im Bereich der dorsalen Zirkumferenz höher und bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen (Abb. 1).
Ein gestörter Abfluss der Proktodealdrüsen aufgrund von retiniertem Sekret oder Fäzes, Fremdkörper oder Trauma kann zu einer Entzündung und Abszessbildung im intersphinktären Raum führen.
Die Entzündung breitet sich entlang des geringsten Widerstandes in der anorektalen Region aus. Sie kann sich im intersphinktären Raum nach unten senken und einen perianalen Abszess ausbilden oder aufsteigen und zu einem supralevatorischen Abszess führen. Auch eine Ausdehnung innerhalb der Darmwand ist möglich. Durchbricht die Entzündung den äußeren Schließmuskel, entsteht ein ischioanaler Abszess, der sich wiederum nach unten oder oben weiter ausbreiten kann. Ein Abszess kann sich prinzipiell intersphinktär, ischioanal und auch supralevatorisch in der vollen Zirkumferenz ausbreiten und zum Bild eines Hufeisenabszesses führen.

Klassifikation

Anorektale Abszesse

Die Klassifizierung von anorektalen Abszessen basiert auf ihrer Beziehung zu den umgebenden anatomischen Strukturen (Abb. 1).
  • Subanodermal/submukosal: Diese Art von Abszess ist oberflächlich zwischen Sphinkter und Anoderm bzw. rektaler Mukosa gelegen.
  • Intersphinktär: Abszesse zwischen innerem und äußerem Sphinkter sind sehr schmerzhaft und nicht leicht aufzufinden. Sehr häufig verbleiben chronische Höhlen und Taschen als unvollständige innere Fisteln. Sie können sich durch die Gänge der infizierten Analdrüsen drainieren, sodass während der Untersuchung plötzlich Eiter intraanal austreten kann. Auch eine Senkung nach kaudal und eine spontane Perforation nach außen ist möglich. Ebenso können diese Abszesse nach kranial oberhalb des Levators reichen und später zu suprasphinktären Abszessen bzw. Fisteln führen.
  • Ischioanal: Die Abszesse werden innen von den Sphinktermuskeln begrenzt, kranial vom Levator ani und von außen vom ischioanalen Fett und dem Os ischii. Sie können oberflächlich unter der perianalen Haut deutlich sichtbar oder auch tief im ischioanalen Fett äußerlich zunächst nicht erkennbar sein.
  • Supralevatorisch: Dieser Abszess liegt primär oberhalb des Levators im retroperitonealen Fett und dorsal des Rektums. Synonym wird er auch als retrorektaler Abszess bezeichnet. Da im retroperitonealem/mesorektalen Fett wenig Gewebewiderstand vorhanden ist, kann sich der Abszess gut ausdehnen und eine monströse Größe erreichen. Aufgrund seiner versteckten Lage kann seine Diagnose verzögert sein und auch Ursache für schwere septische Krankheitsbilder sein.
Unter den anorektalen Abszessen sind oberflächliche Abszesse am häufigsten. So finden sich die Abszesse subanodermal in 40–75 %, intersphinktär in 13–55 %, ischioanal in 5–42 % und supralevatorisch in 2–8 % der Fälle. Bei den eher seltenen supralevatorischen Abszessen sollte neben der kryptoglandulären Genese auch an eine entzündliche Ursache im kleinen Becken (Divertikulitis, Morbus Crohn u. a.) gedacht werden (Ommer et al. 2016).

Anorektale Fisteln

Die Klassifizierung der anorektalen Fisteln folgt dem gleichen System nach ihrer anatomischen Relation zum analen Sphinkter (Parks et al. 1976). Bei nahezu allen – außer bei extrasphinktären Fisteln – ist der Ursprung kryptoglandulär und die innere Öffnung liegt daher an der Linea dentata (Abb. 2).
  • Subanodermal/submukosal: Sie verlaufen zwischen innerem Sphinkter und Anoderm bzw. rektaler Mukosa.
  • Intersphinktär: Sie durchqueren den inneren Sphinkter, verlaufen im intersphinktären Raum und erreichen die Haut vorwiegend nahe am Anus in der intersphinktären Mulde („intersphincteric groove“).
  • Transsphinktär: Sie durchdringen den inneren und äußeren Sphinkter, dringen in das ischioanale Fett und erreichen die äußere Haut zumeist einige Zentimeter vom Anus entfernt. Abhängig von der Höhe des Durchtritts durch den Sphinkter wird zwischen einer distalen (tiefen) und proximalen (hohen) Position unterschieden. Einige Autoren beschreiben ihre Lage in Abhängigkeit vom betroffenen Drittel des analen Sphinkters – distal, intermediär und proximal.
  • Suprasphinktär: Sie verlaufen zunächst nach proximal in der intersphinktären Schicht, verlaufen weiter gebogen um den gesamten äußeren Sphinkter herum und ziehen dann nach distal bis zum äußeren Porus an die Haut.
  • Extrasphinktär: Sie haben ihren Ursprung im distalen Rektum, verlaufen von proximal durch das Retroperitoneum im retrorektalen Raum bis zum Beckenboden, durchdringen den Levator und verlaufen weiter nach distal durch die Fossa ischioanalis und reichen bis an die Haut, haben also keinen Bezug zu den analen Krypten und Proktodealdrüsen.
Wie schon die anorektalen Abszesse werden auch die Häufigkeiten der einzelnen Fisteltypen in der Literatur mit teils deutlichen Schwankungen angegeben: intersphinktär 24–54 %, transsphinktär 30–58 %, suprasphinktär 1–20 % und extrasphinktär 3–5 % (Ommer et al. 2017).
Unterscheidung einfacher und komplexer Fisteln:
Eine weitere Graduierung der Analfisteln unterscheidet komplexe von einfachen Analfisteln. In Anlehnung an die Definition der American Gastroenterology Association sind komplexe Analfisteln definiert durch:
  • Hoch (proximal) inter- bzw. transsphinktären oder supra- bzw. extrasphinktären Verlauf
  • Ein Fistelsystem aus multiplen Gängen
  • Mehr als eine vorhandene externe Fistelöffnung
  • Zeichen einer akuten Entzündung (eitrige Sekretion, Abszess)
  • Vorliegen einer Analstenose
  • Ano-/rektovaginale Fisteln
  • Aktiver Morbus Crohn im Rektum
Darüber hinaus werden primäre von rezidivierenden Fisteln sowie gerade von gebogenen Fistelverläufen unterschieden.
Durch die Verwendung weiterer Faktoren, die die umgebenden Strukturen und Komorbiditäten beschreiben, wird die Klassifikation unübersichtlicher und in der Praxis schwierig einsetzbar. Einige Autoren verwenden eigene Klassifikationen, die weitere Untergruppen oder zusätzliche Veränderungen berücksichtigen. Dies erschwert die Vergleichbarkeit klinischer Studien. Beispielsweise variiert die Definitionen für eine proximale oder hohe Fistel: Mehr als ein Drittel des Externus, mehr als zwei Drittel des Externus, mehr als die Hälfte des Externus, hoch transsphinktär und suprasphinktär. Es fehlt eine allgemein anerkannte, verbindliche Definition.

Symptomatik

Symptomatik anorektaler Abszesse

Die Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation des Abszesses. Bei den am häufigsten distal gelegenen intersphinktären und ischioanalen Abszessen klagen die Patienten in den meisten Fällen über einen innerhalb weniger Tage aufgetretenen intensiven, teilweise pulsierenden Schmerz. Häufig beschreiben sie eine Schwellung in der Perianalregion mit Schmerzzunahme im Sitzen und bei Belastung. Zuweilen – aber eher selten – wird auch ein allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber angegeben.
Liegt der Abszess jedoch in der Tiefe nach proximal hoch intersphinktär, proximal ischioanal oder supralevatorisch, sind Symptome zunächst gering und oft unspezifisch, wie etwa ein dumpfer innerer Druck, transanale Sekretion oder Krankheitsgefühl und Fieber. Im ausgeprägten Fall kann ein anorektaler Abszess auch die Ursache für eine schwere Sepsis sein. Bei unklarer Sepsis sollte daher auch ein anorektaler Abszess stets ausgeschlossen werden. Bei der Diagnose eines Abszesses soll schnell reagiert und eine Therapie eingeleitet werden. Insbesondere bei immunkompromittierten Patienten, aber auch bei Gesunden, kann der nicht sanierte Abszess zu Phlegmonen mit Sepsis führen und sehr schnell foudroyant verlaufen.
Kommt es zu einer spontanen Perforation des Abszesses lassen auch die intensiven Schmerzen des Patienten nach, klingen aber aufgrund der entzündlichen Begleitreaktion nicht vollständig ab. Wiederum abhängig von der primären Lokalisation des Abszesses kann die Perforation nach außen, in den Analkanal oder in das Rektum hinein geschehen. Infolge kommt es zur putriden Sekretion in der Perianalaregion oder auch transanal. Unbehandelt kann dies in eine permanente, mehr oder weniger starke Sekretion übergehen. Kommt es hingen zur Verklebung der Perforationsstelle, sind intervallartig wiederkehrende abszesstypische Beschwerden zu erwarten.
Nach einer spontanen Perforation ohne weitere Operation und auch nach unzureichender operativer Sanierung des Abszesses kann eine anorektale Fistel verbleiben oder sich entwickeln. Andererseits wird auch bei bis zu 40 % eine vollständige Abheilung ohne persistierende Fistel beschrieben, aber es sind keine realen und überzeugenden Zahlen hierüber verfügbar. Eine Fistelheilung ohne Komplikationen kann nur erwartet werden, wenn der Abszess operativ eröffnet und die dazugehörige Fistel vollständig entfernt wird.

Symptomatik anorektaler Fisteln

Während ein anorektaler Abszess durch seine akut einsetzenden Beschwerden gekennzeichnet ist, ist die klinische Symptomatik anorektaler Fisteln durch meist chronische Beschwerden und nur geringe Schmerzen charakterisiert.
Die Hauptsymptomatik der Fisteln besteht in einer wechselnd mehr oder weniger ausgeprägten Sekretion von eitrigem Sekret. Als unspezifischen Begleitsymptomen sind daher Nässen, Juckreiz und auch perianale Ekzeme zu finden.
Verläufe mit stummen bzw. nur minimal symptomatischen chronischen Fisteln sind möglich. Eine spontane Heilung anorektaler Fisteln ist sehr selten und kann nicht erwartet werden. In der Regel kommt es ohne Behandlung zur erneuten Abszedierung und Ausbildung von weiteren Fisteln. Mit und ohne Therapie erhöhen die entzündlichen und narbigen Veränderungen das Risiko einer gestörten Kontinenz. Schließlich kann im Langzeitverlauf in chronisch persistierenden Fisteln sehr selten ein Fistelkarzinom entstehen. Verdächtig ist hierbei eine neue blutige Sekretion der lange bestehenden, chronischen Fistel.

Diagnostik

Klinische Untersuchung – Abszess

Einen akuten Abszess zu diagnostizieren, ist aufgrund seiner typischen Anamnese und klinischen Symptome einfach. Meist sind Inspektion und Palpation völlig ausreichend. Ischioanale Abszesse zeigen, wenn sie oberflächlich lokalisiert sind, eine rötlich livide Verfärbung mit meist sichtbarer Schwellung. Größere Abszesse können zu einer Verlagerung der Rima ani führen und gelegentlich Fluktuation zeigen. Zunächst kann es schwierig sein, pelvirektale oder auch tiefe ischioanale Abszesse mit Sicherheit zu objektivieren. Die bidigitale Untersuchung von außen und rektal ist dann hilfreich, eine tastbare Schwellung und Druckschmerz nachzuweisen. Nur in ausgewählten Fällen ist eine spezielle technische Diagnostik wie transanale Endosonografie, transkutane Sonografie oder eine Becken-MRT notwendig (Abb. 3).

Klinische Untersuchung – Fistel

Die meisten Fisteln sind durch eine klinische Untersuchung in Steinschnittlage leicht zu diagnostizieren: Die äußere Öffnung sieht man, die innere Öffnung fühlt man und den Gang kann man mit einer Sonde finden. Bei der digitalen Untersuchung kann der Fistelverlauf oft als strangähnliche Struktur ertastet werden. Im Fall komplizierter Verläufe können Schwierigkeiten bei der Diagnostik anorektaler Fisteln auftreten. Insbesondere dann ist die klinische Erfahrung des Untersuchers ausschlaggebend:
Äußere Öffnungen von Analfisteln sind meistens einfach erkennbar. In Phasen einer Scheinheilung kann die äußere Fistelöffnung jedoch durch ein dünnes Epithel bedeckt sein und sich hinter einer unscheinbaren kleinen Einziehung, Schorf oder Narbe verbergen. Auch kann eine Fistelöffnung hinter einer entzündlich-ödematösen Mariske liegen. Das Auffinden der inneren Öffnung kann hingegen öfters schwierig werden. Im Fall der kryptoglandulären Fisteln ist sie jedoch generell an der Linea dentata lokalisiert und dort zu suchen.
Bei der klinischen Untersuchung werden die Fistelöffnungen mit einer dünnen Metallsonde aufgesucht und es kann der Fistelverlauf dargestellt werden. Vor jeglichen Manipulationen kann man den Fistelverlauf mithilfe der Regel nach Goodsall bereits erahnen: Fisteln mit einer externen Öffnung dorsal einer gedachten Linie zwischen 3 und 9 Uhr Steinschnittlage (der „anale Horizont“) verlaufen überwiegend gebogen und ventral von dieser Linie überwiegend gerade.
Im Fall einer chronischen Fistel kann man ihren Verlauf mit der dünnen Metallsonde einfach verfolgen. In einer ausgeprägten akuten Entzündung kann das Sondieren jedoch problematisch sein und es besteht die Gefahr eine Via falsa zu verursachen und so aus einer einfachen Fistel ein komplexes Fistelsystem zu machen. Daher sollte das Sondieren niemals erzwungen werden und wenn möglich von einem erfahrenen Untersucher durchgeführt werden.
Eine vollständige Sondierung des Fistelverlaufes gelingt bisweilen nur unter Anästhesie, denn das Sondieren von Fisteln ist schmerzhaft und dann oft erfolglos. Operationen sind in der Regel nahezu immer indiziert, sodass die notwendige Therapie innerhalb derselben Anästhesie erfolgen kann (Abb. 4).

Bildgebung

Die anale Endosonografie ist das primäre bildgebende Verfahren bei klinischen Beschwerden im Bereich des Enddarms. Es ist ein einfaches und jederzeit auch intraoperativ verfügbares Verfahren. Mit ihm können anorektale Fisteln und Abszesse sehr gut dargestellt und die innere Fistelöffnungen lokalisiert werden (Abb. 5). Wie alle sonografischen Verfahren ist die anale Endosonografie jedoch untersucherabhängig (Toyonaga et al. 2008; Visscher und Felt-Bersma 2015). Auch die Sonografie von perineal hat bei distal gelegenen Abszessen und Fisteln eine gute Aussagekraft und kann insbesondere bei Kindern leicht eingesetzt werden (Lee et al. 2018).
Die Magnetresonanztomografie (MRT) des Beckens mit Darstellung der entzündlichen Läsionen bildet insbesondere komplexe anorektale Fisteln mit einer hohen Spezifität anatomisch korrekt ab und übertrifft dabei die Endosonografie. MRT und Endosonografie unterscheiden sich jedoch nicht in ihrer Sensitivität der Beurteilung anorektaler Fisteln und Abszesse (Abb. 6). Die MRT-Fistulografie ist somit vor allem zur Darstellung komplexer Fistelsysteme bei anorektalem Morbus Crohn sowie bei chronisch rezidivierenden Fisteln und Abszessen eine sinnvolle Ergänzung der klinischen und ggf. der endosonografischen Diagnostik. Abhängig von der Verfügbarkeit wird ein MRT als apparatives Diagnostikum zunehmend empfohlen (Halligan 2020).
Die Computertomografie hat in der Beurteilung anorektaler Fisteln und Abszesse ihren Stellenwert vornehmlich bei akut septischem Krankheitsbild, wenn kein MRT zur Verfügung steht. In der Sepsis ist dringlich die Lokalisation und Ausdehnung des septischen Fokus zu klären. Die Computertomografie steht hierfür in der Regel am schnellsten zu Verfügung. Ausgedehnte Abszesse anorektalen Ursprungs können durchaus weit nach proximal und retroperitoneal reichen (Halligan et al. 2020).
Direkte Fisteldarstellung mit Kontrastmittel in der Durchleuchtung oder konventionellen Radiologie liefern keine hilfreiche Information und sind daher obsolet.

Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnostisch ist ein Sinus pilonidalis aufgrund seiner typischen Lokalisation in der Rima ani und charakteristischen Pori leicht von anorektalen Abszessen und Fisteln abzugrenzen.
Deutlich schwieriger kann hingegen die Differenzierung zur perianalen Acne inversa (Hidradenitis suppurativa) getroffen werden. Bei der perianalen Acne inversa finden sich multiple subkutane Abszesse und Fisteln. Die Fisteln können auch weit in das ischioanale Fett reichen, es findet sich jedoch selten ein Anschluss zum Darmlumen – somit kann eine klinische Akne und synchron eine Analfistel vorliegen. Das Erscheinungsbild ähnelt sehr einem anorektalen Morbus Crohn. Die häufigste Differenzialdiagnose ist daher auch eine durch Morbus Crohn verursachte Fistel.
Perianale Fisteln, die durch Tuberkulose verursacht werden, sind in Europa selten (1–3 %) zu erwarten, in Indien z. B. wäre dies eine wesentlich häufigere Ursache von Fisteln.
Schmerzhafte perianale Schwellungen können auch durch eine Analvenenthrombose oder einen ödematösen Hämorrhoidalprolaps verursacht sein. Beide sind durch den eindrücklichen klinischen Befund abzugrenzen.

Therapie

Abszessbehandlung

Mit der Diagnose eines anorektalen Abszesses steht die Indikation zur Notfalloperation.
Bei einem Abszess besteht die Gefahr, dass sich der entzündliche Prozess in die umgebenden Strukturen ausdehnt und – wenn auch selten – zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führt. Deshalb sollte eine adäquate chirurgische Drainage zügig erfolgen. Abhängig von der klinischen Begleitsymptomatik ist eine Triagierung zur operativen Versorgung innerhalb von 24 h oder schneller zu fordern (Ommer et al. 2016).
Eine zur Operation zusätzliche Therapie mit Antibiotika ist nur in Ausnahmen bei diffuser Phlegmone mit pararektaler Ausdehnung, Immunsuppression oder septischer Systemreaktion notwendig.
Ungeeignete Maßnahmen, wie Abwarten, bis eine Fluktuation eintritt, Behandlung mit Salben oder ausschließliche Verabreichung von Antibiotika haben keinen therapeutischen Effekt und stellen in der Regel nur eine Verzögerung der Sanierung des Infektfokus mit dem Risiko einer Verschlechterung dar.
Die Einlage von sonografisch oder CT-gesteuerter Drainagen ist bei anorektalen Abszessen nicht die Therapie der Wahl und nur in wenigen speziellen Fällen indiziert. Bei unkomplizierten Abszessen ist sie unzureichend, da in fast allen Fällen eine Operation im Verlauf notwendig ist und insbesondere, da eine anorektale Fistel nicht mitversorgt werden kann.
Die chirurgische Drainage anorektaler Abszesse erfolgt in der Regel nach außen oder bei speziellen Fällen in das Darmlumen. Um eine adäquat breite Drainage zu erzielen und ggf. eine Fistel darstellen zu können, ist ein solcher Eingriff in Allgemein- oder Regionalanästhesie durchzuführen. Eine Lokalanästhesie kann aufgrund ihrer eingeschränkten Wirksamkeit im entzündeten Gewebe nur zur Inzision von kleinen, oberflächlichen Abszessen erwogen werden.
Bei der Operation des anorektaler Abszesse sollte stets nach der Ursache gesucht werden. Findet sich eine Verbindung zum Analkanal oder dem distalen Rektum, sollte entweder eine lockere Fadendrainage eingelegt oder, wenn ohne Gefährdung des Sphinkterapparates und damit der Kontinenz möglich, primär die Fistel gespalten werden. Die lockere Fadendrainage hat den Vorzug, dass mit ihrer Hilfe die akute Entzündung zunächst abklingen und zu einem späteren Zeitpunkt die definitive Therapie der anorektalen Fistel erfolgen kann. Andererseits soll im Rahmen der Akutversorgung des anorektalen Abszesses eine Fisteldarstellung auch nicht erzwungen werden. Durch grobe Manipulation besteht die Gefahr einer Via falsa und damit eine komplizierteres Fistelsystem zu schaffen.

Standardoperationsverfahren bei anorektalen Abszessen

Paraanale Exzision: Kleinere, distale ischioanale Abszesse können häufig ambulant als erste Maßnahme durch eine Inzision entlastet werden. Allerdings muss dann gleichzeitig eine ausreichende breite Drainage, d. h. vollständiges, breites Entdeckeln des Abszesses erzielt werden. Die Wunde bleibt zur Sekundärheilung offen. Eine Tamponade kann kurzeitig zur Blutstillung eingelegt werden. Falls ein breites Entdeckeln des Abszesses in der Akutversorgung nicht gelungen ist, ist eine frühelektive vollständige Exzision des Restabszesses mit dem Patienten zu planen (Abb. 3).
Drainage in den Analkanal bei intersphinktären oder retrorektalen Abszessen: Ein intersphinktärer Abszess wird in vielen Fällen aufgrund akuter, heftiger Schmerzen im Analkanal gestellt. Eine vollständige Untersuchung und Therapie ist in der Regel nur in Allgemein- oder Regionalanästhesie möglich.
Die Abszessdrainage erfolgt meistens durch vorsichtige, limitierte Spaltung der distalen Abschnitte des Sphincter ani internus und ausreichend weiter Exzision am Analrand, um zur vollständigen Abheilung eine Drainage nach außen zu gewährleisten
Befindet sich der Abszess jedoch hoch intersphinktär, kann auch durch eine partielle Dissektion des proximalen Teils des Sphincter ani internus eine Drainage in den Analkanal indiziert sein. Im Fall einer Ausdehnung in den retrorektalen Raum muss die Drainage in das distale Rektum erfolgen. Hierfür ist eine weite Exzision der Rektumwand erforderlich, die so durchgeführt werden sollte, dass eine glatte Drainagefläche ohne Höhlen und Taschen resultiert.
Exzision tiefer ischioanaler Abszesse: Große und/oder tief liegende, proximale Abszesse im ischioanalen Raum, die von distal den Levator ani erreichen oder sogar die Beckenbodenmuskulatur durchbrechen und in den supralevatorischen, retrorektalen Raum ziehen, werden durch eine tiefe und weiträumige Exzision und damit breite Drainage operiert.
Die anatomischen Strukturen sind bei der ausgedehnten Exzision zu berücksichtigen. Der Raum ist besonders bei Männern durch den engen Bezug von Rektum, Analkanal und dem lateralen Knochen begrenzt. An kritischen Strukturen finden sich hier in der Tiefe Blutgefäße (Vasa obturatoria) und Äste des N. pudendus.
Hat der Abszess bereits die Levatormuskulatur durchbrochen und den suprasphinktären Raum erreicht, kann es nach der Exzision des ischioanalen Hauptbefundes notwendig sein, die supralevatorischen Ausläufer zusätzlich durch eine Silikon- oder Gummidrainage (z. B. Pezzer- oder Mushroom-Katheter) zu drainieren. Auch ein Vakuumverbandsystem kann in diesen Fällen eingesetzt werden.

Fistelbehandlung

Zur definitiven Heilung einer anorektalen Fistel ist eine Operation erforderlich. Eine spontane Heilung ist extrem selten. Symptomarme Fisteln können auftreten, unter individueller Risikoabwägung kann in diesen Fällen auf eine Operation verzichtet werden. Bei aktiv sezernierenden Fisteln kann es ohne Behandlung zu einer Ausdehnung der Entzündung mit neuen Abszessen und weiteren Fisteln kommen. Durch die Entzündung wird auch Muskelgewebe des Sphinkters zerstört, was in einer permanenten Störung der analen Kontinenz resultieren kann.
Ziel der operativen Versorgung anorektaler Fisteln ist es, die Fistelheilung ohne Beeinträchtigung der Kontinenz herbeizuführen. Operative Maßnahmen orientieren sich an der Lokalisation und dem Verlauf der Fistel in Relation zur Sphinktermuskulatur. Jede Fisteloperation birgt das Risiko von Rezidiven und Kontinenzstörung. Diese müssen bei der Wahl des Operationsverfahrens gegeneinander abgewogen werden (Göttgens et al. 2016; Jacob et al. 2010; Limura und Giordano 2015).
Zur Abschätzung des postoperativen Inkontinenzrisikos müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden und das Operationsverfahren entsprechend gewählt bzw. angepasst werden. Bei Frauen ist physiologisch der äußere Sphinkter ventral schmäler angelegt. Daher ist besonders bei Frauen mit ventraler Fistel die Qualität der Sphinkterfunktion kritisch zu prüfen und in der Operationsplanung zu berücksichtigen.
Risikofaktoren für eine postoperative Inkontinenz sind:
  • Vorbestehende Funktionseinschränkungen des Sphinkters
  • Alter
  • Weibliches Geschlecht
  • Lokalisation der Fistel
  • Entbindungen
  • Traumata
  • Frühere Fisteloperationen
  • Begleiterkrankungen im Intestinaltrakt (z. B. Morbus Crohn)
Um den Anforderungen einer optimalen Fistelheilung unter gleichzeitiger Minimierung des Risikos für die Kontinenz gerecht zu werden können folgende groben Empfehlungen gegeben werden:
  • Distale, einfache Fisteln sollten offengelegt, dabei jedoch nur so wenig Sphinkter wie möglich geopfert werden.
  • Proximale, komplexe Fisteln sollten mit sphinkterschonenden Techniken, z. B. einer Exstirpation der gesamten Fistel und Verschluss der inneren Öffnung, behandelt werden.
Diese Empfehlungen sind bei idealisierten Fisteln, die geradlinig verlaufen und einen schmalen Durchmesser haben, gut umsetzbar. Häufig findet man in der Operation jedoch Fisteln mit gewundenem oder geknicktem Verlauf, unterschiedliche Kaliber und Höhlen nach chronischen Abszessen, die zur Fistelsanierung vollständig entfernt werden müssen (Ommer et al. 2017).
Aufgrund des Risikos eines Fistelkarzinoms ist zumindest bei chronisch nichtheilenden Fisteln bzw. rezidivierenden Fisteln eine histologische Untersuchung immer zu empfehlen. In eigener Praxis werden routinemäßig alle Exzisionspräparate zur histologischen Aufbereitung eingeschickt.

Standardoperationsverfahren bei anorektalen Fisteln

Fadendrainage
Die locker geknüpfte Fadendrainage (zu empfehlen sind weiche Silikonmaterialien) dient in erster Linie der Versorgung einer Fistel in der akuten Entzündung. Über sie wird eine Konditionierung der Fistel, insbesondere Rückbildung der Entzündung, erzielt und die weitere chirurgische Versorgung im Verlauf ermöglicht (Abb. 7). Das Ziel ist es, die Fadendrainage mittelfristig zu entfernen und die Fistel definitiv operativ zu sanieren. Nur die Entfernung der Fadendrainage reicht zur Heilung nicht aus.
In besonderen Situationen kann die Fadendrainage in einer oder mehrere Fisteln aber auch eine Dauerlösung darstellen. Zum einen dann, wenn der Patient eine weitere, invasivere Fisteloperation nicht wünscht. Häufiger jedoch, wenn aufgrund von Begleiterkrankungen, anatomischen Gegebenheiten oder zahlreichen Voroperationen eine Fisteloperation technisch nicht möglich ist oder das hohe Risiko birgt, die Situation des Patienten zu verschlechtern.
In solchen Situationen soll die lockere Langzeit-Fadendrainage eine permanente Drainage der Fistel sicherstellen und verhindern, dass weitere (Neben-)Fisteln oder neue Abszesse entstehen. In der Regel werden die Beschwerden des Patienten dadurch deutlich gelindert und die Sphinkterfunktion nicht beeinträchtig. Ziel ist es, einen möglichst trockenen Fistelgang und nur minimale Beschwerden bzw. Beschwerdefreiheit zu erreichen. Eine Fadendrainage ist eine gute Lösung ohne Inkontinenzrisiko.
In der Literatur wird dies teilweise auch als Fistelheilung durch Fadendrainage gewertet. In Wirklichkeit ist die Fistel aber persistent und unter suffizienter Drainage lediglich stumm.
Fistelspaltung (Fistulotomie, Fistulektomie)
Subanodermale, submukosale, subkutane, distal intersphinktäre und distal transsphinktäre Fisteln, die nur einen kleinen Teil der Sphinktermuskulatur erfassen, können vollständig ohne Beeinträchtigung der Kontinenz gespalten werden.
Bei der Fistulotomie wird die Fistel und das sie bedeckende Gewebe einschließlich der betroffenen distalen Anteile der Sphincteres ani internus und externus längs radiär durchtrennt. Die gesamte Fistel wird so offengelegt. Bei der Fistulektomie wird zusätzlich das Fistelgewebe der Rückwand z. B. durch Kürettage vollständig entfernt (Abb. 4).
Abhängig von ihrer Größe braucht die komplette Heilung der Wunde 6–12 Wochen. Die Rezidivrate liegt bei deutlich unter 10 %, während die Kontinenzstörung vom Ausmaß der gespaltenen Muskulatur abhängt. In früheren Jahren wurden bis zu zwei Drittel der Muskelmasse durchtrennt und dementsprechend konnte man Kontinenzstörungen von bis zu 50 % beobachten. Heutzutage ist man nicht zuletzt aufgrund juristischer Erwägungen deutlich vorsichtiger bei der alleinigen Fistelspaltung.
Plastischer Fistelverschluss (Flap-Technik)
Fisteln, die einen wesentlichen Anteil des Sphinkters umschließen (proximal transsphinktär, suprasphinktär und extrasphinktär) werden exstirpiert und die innere Öffnung wird mit plastischen Techniken verschlossen (Abb. 8).
  • Zunächst erfolgen die vollständige Exstirpation des Fistelgangs und des für seine Entstehung ursächliche kryptoglanduläre Bereichs am inneren Fistelostium. Bei der Fistelexstirpation werden keine Muskeln durchtrennt. Die innere Öffnung wird durch eine direkte Naht am Sphinkter verschlossen. Sphinkterdefekte, die infolge der vorausgegangenen Entzündung entstanden sind, können mit dieser Naht zumindest teilweise behoben werden.
  • Die Muskelnaht wird anschließend mit einer zweiten Gewebeschicht gedeckt. Hierzu werden ein Mukosaverschiebelappen (Flap) oder auch ein Rektumvollwandverschiebelappen (Advancement-Flap) von proximal gebildet. Zumeist wird ein Mukosaverschiebelappen bestehend aus Mukosa und einer dünnen Schicht des inneren Sphinkters in der Form eines weiten „U“ über die Muskelnaht mobilisiert und mit Naht fixiert. Es kann auch ausschließlich die Mukosa mobilisert werden. Beim Advancement-Flap wird die Rektumwand bis in das perirektale Fett mobilisiert, über die Muskelnaht gezogen und am distalen Schnittrand mit Naht fixiert.
  • Aufgrund narbiger Veränderungen kann es in einzelnen Fällen unmöglich sein, einen stabilen proximalen Verschiebelappen zu bilden. In diesen Fällen kann ein distaler Verschiebelappen aus Anoderm und ggf. perianaler Haut mobilisiert werden.
  • Eine ausreichende Sekretdrainage nach außen ist durch Exzision des externen Fistelostiums sicherzustellen. Hierzu ist eine weite Exzision der Haut und des ischioanalen Fettgewebes notwendig, sodass die Wunde durch sekundäre Heilung aus der Tiefe heraus verheilen kann.
  • Für das Gelingen des plastischen Fistelverschlusses ist es entscheidend, dass jegliche Entzündung im Operationsgebiet abgeklungen ist. Daher ist es sinnvoll die Fistel zunächst mit einer lockeren Fadendrainage über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen zu konsolidieren. Im Stadium akuter Entzündung sind die Chancen einer Fistelheilung marginal.
Mittels plastischen Fistelverschluss werden Heilungsraten von 70–90 % erzielt. Auf der anderen Seite werden in bis zu 40 % der Fälle Kontinenzstörungen berichtet, die jedoch so leicht sind, dass sie die Patienten nicht wesentlich beeinträchtigen.
Im Einzelnen übertrifft der Rektumvollwand-Flap mit fast 90 % Heilungsraten den Mukosa-Flap mit ca. 70 % Heilungsraten. Allerdings sind auch leichte Kontinenzstörungen, wie unkontrollierter Luftabgang, nach einem Rektumvollwand-Flap mit bis zu 20 % häufiger als nach einem Mukosa-Flap mit 10 % zu beobachten (Ortiz et al. 2009).
Fistulektomie mit primärer Sphinkterrekonstruktion
In den letzten Jahren werden mit zunehmender Häufigkeit Fisteln gespalten und eine sofortige primäre Rekonstruktion der durchtrennten Sphinkteranteile durchgeführt:
  • Nach Konditionierung der transphinktären Fistel mit Fadendrainage über mehrere Wochen und Abklingen der akuten Entzündung wird die äußere Fistelöffnung weit umschnitten und der Fistelgang in ganzer Länge gespalten. Dabei werden auch die distalen Anteile der Sphincteres ani externus und internus durchtrennt. Das verbliebene Fistelepithel und narbig-entzündliches Gewebe wird vorsichtig vollständig entfernt.
  • Zur Erleichterung der Rekonstruktion wird das Anoderm und Sphinkter lateral beidseits auf 2–3 mm mobilisiert.
  • Die Rekonstruktion erfolgt durch direkte Naht der Sphinktermuskulatur Stoß auf Stoß mit einzelnen kräftigen Nähten. Eine Separierung der Sphincteres ani internus und externus und ihre getrennte Rekonstruktion ist technisch meist nicht möglich und auch nicht erforderlich.
  • Anschließend wird das Anoderm mit einfachen Nähten verschlossen und der gesamte Sphinkterkomplex anatomisch wiederhergestellt. Die perianale Wunde wird für die Sekretdrainage offengelassen.
Mit dem Operationsverfahren der Fistelspaltung mit primärer Rekonstruktion konnten Heilungsraten von 80–95 % erzielt werden. Es sind jedoch auch Dehiszenzen der Muskelnähte von 5–10 % eingetreten, die wiederum in einer Reoperation in den ersten Wochen nach Ersteingriff behoben werden konnten (Ratto et al. 2013; Seyfried et al. 2018). Aufgrund dieser positiven Heilungsraten wird diese Methode zunehmend angewendet

Minimalinvasive Operationsverfahren bei anorektalen Fisteln

LIFT-Verfahren – Ligation of the Intersphincteric Fistula-Tract
Einen neuen Zugangsweg zur Operation transsphinktärer Fisteln nutzt das Operationsverfahren der Ligatur des intersphinktären Fistelganges. Dieser Ansatz bietet möglicherweis gerade bei Rezidivfisteln einen Zugangsweg in wenig bzw. nichtvernarbte Gewebeschichten.
Die Operationstechnik beruht auf der Darstellung des Fistelganges im intersphinktären Raum (Rojanasakul 2009):
  • Die Schnittführung erfolgt am Analrand in der tastbaren intersphinktären Mulde („anal groove“) zwischen den Sphincteres ani internus und externus. Die Präparation erfolgt dann weiter im intersphinktären Raum nach proximal. Der Fisteltrakt wird dargestellt und zunächst nur umfahren.
  • Der Fistelgang wird mit 2 Ligaturen abgebunden und zwischen den Ligaturen durchtrennt.
  • Die durchtrennten Gänge können zusätzlich nach beiden Seiten mit direkter Naht übernäht werden oder nur abgebunden werden (LIFT, „ligation of the intersphincteric fistula-tract“).
Die bisherigen klinischen Daten zeigen gute Heilungsraten zwischen 60 und 80 %, jedoch mit deutlicher Selektionsbias. Bei transsphinktären Fisteln liegen die Heilungsraten unter 60 %. Das Verfahren könnte auch anatomisch bei hohen Fisteln an seine Grenzen stoßen, da zur Ligatur der hohen Fistel der intersphinktäre Raum entsprechend tief und weit eröffnet werden muss. Ergebnisse vergleichender Studien liegen bisher noch nicht vor.
Das Verfahren der LIFT erfährt eine Abwandlung durch Kombination mit der Interposition von biologischen Materialien in den intersphinktären Raum. Dadurch soll eine weitere Schicht zwischen die ligierten Fistelenden gebracht und die Heilungschancen verbessert werden. Bisherige Daten belegen die Machbarkeit dieses Verfahrens, eine Überlegenheit gegenüber anderen Operationstechniken ist aber nicht erwiesen. Ebenso bestehen keine Erfahrungen bezüglich der Langzeitergebnisse nach dem Einbringen von Fremdmaterial in den intersphinktären Raum und seine Auswirkung auf die Sphinkterfunktion (Hong et al. 2014).
Fistel-Clip – OTSC-Proctology
In der interventionellen flexiblen Endoskopie ist die Anwendung des Clip-Verfahrens bei akuten Blutungen, Verschluss von Wanddefekten und chronischen Läsionen sowie zur Beherrschung von chirurgischen und endoskopischen Komplikationen etabliert. Das Over-the-Scope-Clip-System (OTSC-System) besteht aus einem superelastischen Nitinol-Clip, der über eine Applikationskappe am flexiblen Endoskop gezielt platziert werden kann.
Der Nitinol-Clip erzielt eine permanente, konstante Kompression des gefassten Gewebes unabhängig von der Gewebedicke, die sich durch Ödem oder Fibrosierung im Verlauf verändern kann. Durch die spezifische Konfiguration des Nitinol-Clips ist gleichzeitig eine uneingeschränkte Mikrozirkulation im komprimierten Gewebebezirk sichergestellt. Aufgrund seiner Biokompatibilität kann der Nitinol-Clip dauerhaft belassen werden.
Für die Anwendung bei periaanalen Fistel wurde das OTSC-System modifiziert. Das OTSC-Proctology-System besteht aus einem speziellen Clip-Applikator und dem für die anale Anwendung in seiner Größe angepassten superelastischen und biokompatiblen Nitinol-Clip von 14 mm Durchmesser.
Die Anwendung des OTSC-Proctology-Systems zum Fistelverschluss ist einfach:
  • Die Fisteln sollte mit einer Fadendrainage über mindestens 6, besser 12 Wochen konditioniert werden. Eine aktive Entzündung oder weitere Abszedierung – noch vorhandener Höhlen und Nischen – ist vor geplantem Fistelverschluss auszuschließen.
  • Der Fisteltrakt wird zunächst mit einer Fistelbürste oder Kürette debridiert und mit physiologischer Lösung gespült.
  • Der Nitinol-Clip soll direkt auf den das inneren Fistelostium umgebenden inneren Schließmuskel platziert werden. Daher muss das Anoderm und ggf. die Mukosa um die innere Fistelöffnung zirkulär entfernt und der darunter liegende Sphincter ani internus soweit freigelegt werden, dass der Clip gesetzt werden kann. Auf diese Weise sollen mögliche unkontrollierbare Schmerzen durch Affektion des empfindlichen Anoderms vermieden werden.
  • Der Clip-Applikator besitzt einen Arbeitskanal, über den eine Naht oder ein spezieller OTSC-Anchor als Führungshilfe geführt werden kann, um den Clip zentriert über das innere Fistelostium positionieren zu können.
  • Am einfachsten wird auf das innere Fistelostium eine Z-Naht gesetzt. Diese dient zum einen als Führungshilfe für den Applikator und ermöglicht es, ausreichend Gewebe in den Clip zu ziehen. Nun kann der Clip freigesetzt und die innere Fistelöffnung verschlossen werden.
  • Abschließend wird der äußere Fisteltrakt zur Drainage vollständig und kegelförmig exzidiert und die Wunde zur sekundären Heilung offen gelassen.
Entsprechende der bisherigen retrospektiven klinischen Daten aus kleinen Patientenkollektiven sind für einen Clip-Verschluss insbesondere kryptoglanduläre Fisteln geeignet, die hoch transsphinktär, extrasphinktär oder suprasphinktär verlaufen. Hier wurden Heilungsraten von bis zu 79 % beschrieben. Aufgrund deutlich schlechterer Heilungsraten sind rektovaginale Fisteln und Morbus-Crohn-assoziierte Fisteln hingegen für das Clip-Verfahren nicht geeignet. Auch Rezidivfisteln sind am ehesten aufgrund der höheren Rigidität des Narbengewebes für eine Clip-Applikation weniger geeignet (Prosst und Joos 2016).
Vergleichende Studien wie auch Langzeitergebnisse liegen bislang nicht vor. Somit kann das OTSC-Proctology-System zum Verschluss der Analfistel bisher nur als weitere vielversprechende Option in der Fistelchirurgie angesehen werden.
Video-Assisted-Anal-Fistula-Treatment – VAAFT
Das „video-assisted-anal-fistula-treatment“ (VAAFT) gilt als minimalinvasives, sphinkterschonendes Verfahren zur operativen Behandlung der anorektalen Fistel. Mithilfe eines starren Fistuloskops (Durchmesser 3,3 × 4,7 mm, Länge 18 cm, 8°-Optik) kann unter Spülung mit Glycin-1 %iger-Mannitol-Lösung der Fistelgang unter direkter Sicht inspiziert, Nebengänge und Abszesse dargestellt sowie das innere Fistelostium identifiziert werden. Die operative Behandlung der Fistel erfolgt wiederum unter Sicht durch elektrokaustische Zerstörung des Fistelepithels und Debridement des nekrotischen Gewebes mit einer endoskopischen Fistelbürste und Spülung bzw. bei geeigneten Fisteln auch mit scharfem Löffel. Durch den kontinuierlichen Fluss der Spüllösung wird das debridierte Material durch das innere Fistelostium in das Rektum gespült. Zum Verschluss der inneren Fistelöffnung wird dies mit mehreren Z-Nähten umstochen, sodass Mukosa mit Submukosa angehoben werden können und mit einem Klammernahtgerät (zirkulär oder linear) reseziert werden können. Alternativ kann das innere Fistelostium mit einem Mukosa-Flap oder mit einer anokutanen Lappenplastik verschlossen werden (Meinero und Mori 2011).
Die Erfolgsrate der Fistelheilung wird mit 57–94,4 % berichtet, wiederum limitieren hier die nur kleinen Fallzahlen und eine Selektionsbias die Aussagekraft der bisherigen Studien (Emile et al. 2018).
Als besondere Vorteil dieses Verfahrens werden von den Entwicklern besonders die geringen postoperativen Schmerzen und kurze Krankenhausverweildauer aufgeführt.
Lasertherapie – Fistula-tract Laser Closure (FiLaC®)
Ein weiteres noch relativ neues Verfahren zur minimalinvasiven und sphinkterschonenden Fisteltherapie ist die Anwendung des Dioden-Lasers. Bei der „fistula-tract laser closure“ (FiLaC®) wird eine Dioden-Laser-Sonde in den Fistelgang eingeführt und eine radiäre Laserenergie von 1470 nm Wellenlänge und 13 W in kurzen Impulsen emittiert. Durch die abgegebene Energie soll das Fistelepithel zerstört und gleichzeitig durch Schrumpfung des Gewebes ein Verschluss des Fistelganges erzielt werden. Vor der eigentlichen Anwendung des Dioden-Lasers scheint eine sorgfältige Vorbereitung des Fistelganges sinnvoll und notwendig. So erfolgte eine primäre Konditionierung der Fistel durch eine Fadendrainage in Form eines Gummi-Loops, dabei sollen bereits mögliche Abszesse und Fistelnebengänge ausgeschaltet werden. Unmittelbar vor der Laseranwendung erfolgt dann ein zusätzliches Debridement des Fisteltraktes durch Kürettage und Spülung mit physiologischer Lösung. Zudem wird die innere Fistelöffnung durch Naht des inneren Schließmuskels und einen Advancement-Flap, Mukosa-Flap oder eine anokutane Plastik verschlossen.
In ersten Fallserien wurden bei Nachbeobachtungszeiträumen von 7–25 Monaten Heilungsraten von 64–82 % beschrieben. Eine kleine Kohortenstudie erzielte eine Heilungsrate von nur 22 % über einen Zeitraum von 29 Monaten. Umfassendere Studienergebnisse zu diesem Verfahren, die eine bessere Bewertung erlauben, sind zu erwarten (Brabender et al. 2020; Wilhelm et al. 2017).

Optionale Operationsverfahren bei anorektalen Fisteln

Fistel-Plug
Der Fistel-Plug (anal fistual plug, AFP) hat die Form eines schmalen Kegels mit und ohne tellerförmige Verbreiterung an der breiten Basis. Er wird aus Kollagen der Submukosa von Schweinedünndarm hergestellt. Seine besonderen Eigenschaften sollen die inhärente Resistenz gegen Infektionen, fehlende Fremdkörperreaktion und die rasche Integration körpereigener Fibroblasten und damit eine schnellere Fistelheilung sein.
  • Für seine Platzierung wird der Fistelgang nur mit einer kleinen Bürste oder der Kürette debridiert, der Fistel-Plug wird von innen nach außen in den Fistelgang gezogen, sodass er durch den Gewebedruck in Position gehalten wird.
  • Am inneren Fistelostium kann der Fistel-Plug mit einer Naht am Schließmuskel fixiert werden. In Modifikationen des Verfahrens kann zudem die innere Fistelöffnung mit einem Mukosa-Flap gedeckt werden.
  • Das äußere Fistelostium wird meistens zur Drainage etwas weiter exzidiert, es verbleibt eine relativ kleine äußere Wunde zur Sekundärheilung offen.
Erste klinische Studien weckten mit Heilungsraten von mehr als 85 % große Hoffnungen in dieses Verfahren. Folgestudien mit Heilungsraten zwischen 30 und 70 % dämpften diese Hoffnungen bald. Schließlich zeigten auch 2 prospektiv randomisierte Studien zu transsphinktären Fisteln signifikante schlechtere Ergebnisse des Fistel-Plugs im Vergleich zum Flap-Verfahren mit Heilungsraten von 20 % versus 87 % (Johnson et al. 2006; Ortiz et al. 2009). Auch ein synthetischer Plug aus vollständig resorbierbarer Polyglykolsäure hielt den Erwartungen nicht stand und wurde wegen schlechter Therapieergebnisse wieder vom Markt genommen. Der Fistel-Plug findet daher kaum noch Anwendung.
Fibrinkleber
Die Anwendung von Fibrinklebern zum Verschluss anorektaler Fisteln wird seit Jahrzehnten immer wieder propagiert, hat sich aber bis heute nicht durchsetzen können. Unterschiedliche Kompositionen und Applikationsarten wurden in kleineren Fallzahlen erprobt. Die Heilungsraten unterliegen einer erheblichen Schwankungsbreite von unter 20 % bis hin zu 90 %.
Auch weiterhin wird diese Methode mit immer neuen industriellen Materialien erprobt. Die Weiterentwicklung autologer Fibrinkleber (AFTA, „autologous fibrin tissue adhesive“) zeichnen sich durch eine verbesserte Gewebeadhäsion aus. Noch gibt es aber keine überzeugenden Daten für ihre Anwendung bei anorektalen Fisteln.
Schneidende Fadendrainage („cutting seton“) – Methode nach Hippokrates
Die schneidende Fadendrainage ist nicht mehr zu empfehlen. Bei ihr wird durch schrittweises, regelmäßiges Engerknoten der Fadendrainage die Fistel und der von ihr umschlossene Sphinkter langsam durchtrennt. Das Verfahren ist mühsam und für den Patienten schmerzhaft. Das Ergebnis entspricht einer vollständigen Fistelspaltung. In der Konsequenz kann mit schweren Störungen der Kontinenz in über 50 % der Fälle gerechnet werden. Aus diesem Grund muss das Verfahren heutzutage als obsolet angesehen werden.

Sondersituationen

Anovaginale und rektovaginale Fistel

Anovaginale und rektovaginale Fisteln sind ebenfalls häufig kryptoglandulären Ursprungs. Sie sind aber auch bei anorektalem Morbus Crohn zu finden und können Folge eines Geburtstraumas sein. Es handelt sich stets um komplexe Fisteln: Sie entspringen großteils an der Linea dentata, verlaufen nach proximal und umschließen meist den kompletten ventralen Sphinkter.
Da das Binde- und Muskelgewebe des Septum rectovaginale sehr dünn ist, ist die operative Versorgung diffiziler und die Erfolgsraten deutlich schlechter als bei anorektalen Fisteln anderer Lokalisation. Da der ventrale Abschnitt des Sphinkters bei Frauen bereits physiologischerweise schmäler ist, besteht insbesondere bei anhaltender Entzündung und wiederholten Operationen ein erhöhtes Risiko für eine Kontinenzstörung. Die Operation der rektovaginalen Fistel sollte daher von einem in der Fistelchirurgie erfahren Chirurgen erfolgen (Ommer et al. 2012).
Da es sich bei anovaginalen und rektovaginalen Fisteln in der Regel um hoch transsphinktäre oder suprasphinktäre Fisteln handelt, kommen zum operativen Verschluss größtenteils nur plastische Flap-Verfahren in Frage. Um die Heilungschancen zu verbessern, wird auch die Interposition von gut durchblutendem Gewebe zwischen Rektum und Scheide als Therapie der Wahl angesehen. Hierzu sind insbesondere die Grazilisplastik mit dem M. gracilis einer oder beider Seiten sowie die Martius-Plastik aus Fettgewebe der Labie mit dem M. bulbus cavernosus etabliert. In einzelnen Fällen kann auch in einer kombinierten laparoskopischen und perinealen Operation das Omentum majus als Interponat zwischen Rektum und Scheide gezogen werden. Der Einsatz von biologischen Netzen als Interponat wird bei rektovaginalen Fisteln immer wieder versucht, ein durchschlagender Erfolg konnte hierdurch bisher nicht erzielt werden. Obsolet sind Versuche, eine anovaginale bzw. rektovaginale Fistel mit Clip, Plug oder Verklebung zu verschließen.
Bei der Indikationsstellung zur Operation sind immer die klinischen Beschwerden der Patientin zu hinterfragen. Eine nur minimal mit gelegentlichem vaginalen Luftabgang symptomatische Fistel muss nicht zwingend operiert werden, da bei einer Wundheilungsstörung eventuell auch eine deutliche Verschlechterung der Beschwerden resultieren kann. Bei aktiver stuhliger Sekretion über die Fistel sind hingegen die alltäglichen Einschränkungen und Belastungen für die Patientin offensichtlich und die Risiken einer Befundverschlechterung durch eine Operation relativieren sich. Um die Chance auf eine Abheilung der operierten Fistel zu verbessern, kann die temporäre Anlage eines protektiven, endständigen Kolostomas sinnvoll sein und sollte mit den Patientinnen in jedem Fall besprochen werden. Aber leider gibt auch ein Stoma keine Heilungssicherheit.

Fisteln bei Morbus Crohn

Die Therapie des anorektalen Morbus Crohn ist interdisziplinär. Um eine Heilung der Fisteln oder zumindest eine Symptomkontrolle zu erzielen und die Kontinenz zu erhalten, muss sowohl eine optimale chirurgische Drainage der Abszesse und Fisteln als auch eine optimale medikamentöse Therapie des Morbus Crohn erfolgen.
Die chirurgische Versorgung der Morbus-Crohn-assoziierten Fisteln erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie bei gewöhnlichen kryptoglandulären Fisteln. Aber aufgrund der chronischen, penetrierenden Entzündungsaktivität ist ihre Rezidivrate deutlich höher (Sandborn et al. 2003).
Im speziellen Fall der Morbus-Crohn-assoziierten anorektalen Fisteln wird die Anwendung von Stammzellen zur Fistelheilung erprobt (Panés et al. 2018).

Postoperatives Management

Wundbehandlung

Die operativen Therapien anorektaler Abszesse und Fisteln haben gemeinsam, dass eine mehr oder weniger große und tiefe perianale Wunde resultiert. Die Größe der Wunde wird vom Operateur so gewählt, dass eine suffiziente Drainage des Wundsekretes aus der Tiefe über die gesamte Dauer der sekundären Wundheilung sichergestellt ist. Die Wunde sollte daher eine zur Tiefe zulaufende kegelförmige Form ohne Taschen und Stufen haben. Offene perianale Wunden sind aufgrund der entzündlichen Grunderkrankung und aufgrund der unvermeidlichen Stuhlkontamination immer primär kontaminierte Wunden.
Der erste intraoperative Verband wird meistens tamponierend in die Wunde eingebracht, um auch eine blutstillende Wirkung zu nutzen. Der erste Verbandswechsel ist je nach lokaler Infektsituation nach spätestens 24 h durchzuführen. Bei tiefen Wunden können die folgenden Verbände weiter als lockere Tamponade angelegt werden, um ein vorzeitiges Kollabieren der Wunde zu vermeiden und eine allmählich Wundheilung aus der Tiefe zu begünstigen. Zu bedenken ist, dass ein tamponierender Verband für den Patienten oft schmerzhafter zu wechseln ist.
Immer sollte als Verband eine saugfähige Vorlage gewählt werden, die auf die Wunde gelegt wird und entsprechend der Wundsekretion mehrfach täglich zu wechseln ist. Okkludierende Verbände sind zu vermeiden, da sie häufig zu selten gewechselt werden und ein Sekretstau in der Wunde und an kritischen Nähten resultiert.
Entsprechend der physiologischen Wundheilung ist in den ersten 2 Wochen nach der Operation eine intensive Wundsekretion zu erwarten. Erst dann kommt es mit einsetzender Granulation zur Wundverkleinerung und Wundverschluss.
In eigener Praxis wird den Patienten empfohlen, die Wunde mehrfach täglich (mindestens 5-mal/Tag) mit Leitungswasser in Trinkwasserqualität auszuduschen, um einen Sekretverhalt und die Entstehung eines Biofilms in der Wunde zu vermeiden. Zumindest in Europa ist die Qualität des Leitungswassers nach DIN genormt und zur Behandlung offener Wunden als unbedenklich einzustufen (Fernandez und Griffiths 2012). Außerhalb Europas sollte bei Bedenken bezüglich der Wasserqualität auf Trinkwasser oder physiologische Elektrolytlösungen ausgewichen werden.
Der Wundrand kann mithilfe von panthenolhaltigen Salben oder Vaseline feucht und weich gehalten werden. Dies reduziert den Wundschmerz, verhindert das Anhaften der Wundvorlage und kann die Wundheilung womöglich begünstigen.

Schmerztherapie

Operationen im Analbereich sind schmerzhaft. Zur Schmerzkontrolle empfehlen sich primär die nichtopioiden Antiphlogistika in ausreichend hoher Dosierung und Dauer. Postoperative Schmerzen sind häufig die Folge einer zu raschen Reduktion der Schmerzmedikation, eines eingetrockneten Wundrandes und nur selten Ausdruck eines erneuten Infektes.

Stuhlregulation

Durch Stuhlregulation soll ein weich-geformter Stuhlgang erzielt werden. Dadurch werden insbesondere Schmerzen bei der Defäkation und die Hygiene der Wunde erleichtert. Der geformte Stuhlgang soll zudem einer postoperativen Verengung des Analkanals entgegenwirken. Breiiger Stuhlgang sind genauso zu vermeiden wie Obstipationen.
Zur Stuhlregulation empfiehlt sich eine ballstoffreiche Ernährung mit Zusatz von Flohsamenschalen (10–15 g/Tag) bei ausreichender Trinkmenge. Abführmittel sind allgemein nur bei hartnäckiger Obstipation zu erwägen.

Antibiotika und antiseptische Wundspüllösungen

Bei einem septischen Krankheitsbild sind Antibiotika neben der chirurgischen Sanierung des septischen Fokus eine Säule der Sepsistherapie. Ebenso sollte bei Patienten mit Neutropenie stets eine breite antibiotische Therapie angesetzt werden (Baker et al. 2014).
Ein anorektaler Abszess und eine anorektale Fistel ohne Sepsiszeichen bedürfen nach chirurgischer Sanierung keiner antibiotischen Therapie. Es konnten keine Vorteile bezüglich der Rezidiventwicklung oder Wundheilung durch eine fortgesetzte Antibiose beobachtet werden.
Antiseptische Wundspüllösungen haben bei einfachen, sekundär heilenden Wunden keinen Vorteil gegen über der Wundspülung mit Leitungswasser. Auch die Verwendung steriler Kochsalz- oder Ringer-Lösungen ist einer Wundspülung mit Leitungswasser nicht überlegen. Antiseptische Wundspüllösungen haben hingegen einen Stellenwert in der Behandlung komplizierter traumatischer und chronischer Wunden mit problematischem Biofilm bzw. multiresistenten Keimen (Kramer et al. 2018).
Literatur
Baker B, Al-Salman M, Daoud F (2014) Management of acute perianal sepsis in neutropenic patients with hematological malignancy. Tech Coloproctol 18:327–333CrossRef
Brabender DE, Moran KL, Brady M, Carmichael JC, Mills S, Pigazzi A, Stamos MJ, Jafari MD (2020) Assessing the effectiveness of laser fistulectomy for anal fistula: a retrospective cohort study. Tech Coloproctol 24:1071–1075CrossRef
Emile SH, Elfeki H, Shalaby M, Sakr A (2018) A systematic review and meta-analysis of the efficacy and safety of video-assisted anal fistula treatment (VAAFT). Surg Endosc 32:2084–2093CrossRef
Fernandez R, Griffiths R (2012) Water for wound cleansing. Cochrane Database Syst Rev:Cd003861
Göttgens KWA, Smeets RR, Stassen LPS, Beets G, Breukink SO (2016) Operative Verfahren bei hohen kryptoglandulären Analfisteln: Systematische Übersicht und Metaanalyse. Coloproctology 38:93–105CrossRef
Halligan S (2020) Magnetic resonance imaging of fistula-in-ano. Magn Reson Imaging Clin N Am 28:141–151CrossRef
Halligan S, Tolan D, Amitai MM, Hoeffel C, Kim SH, Maccioni F, Morrin MM, Mortele KJ, Rafaelsen SR, Rimola J, Schmidt S, Stoker J, Yang J (2020) ESGAR consensus statement on the imaging of fistula-in-ano and other causes of anal sepsis. Eur Radiol 30:4734–4740CrossRef
Herold A (2017) Anorectal abscess and fistula. In: Herold A et al (Hrsg) Coloproctology. Springer, Berlin, S 59–73CrossRef
Hong KD, Kang S, Kalaskar S, Wexner SD (2014) Ligation of intersphincteric fistula tract (LIFT) to treat anal fistula: systematic review and meta-analysis. Tech Coloproctol 18:685–691CrossRef
Jacob TJ, Perakath B, Keighley MR (2010) Surgical intervention for anorectal fistula. Cochrane Database Syst Rev:Cd006319
Johnson EK, Gaw JU, Armstrong DN (2006) Efficacy of anal fistula plug vs. fibrin glue in closure of anorectal fistulas. Dis Colon Rectum 49:371–376CrossRef
Kramer A, Dissemond J, Kim S, Willy C, Mayer D, Papke R, Tuchmann F, Assadian O (2018) Consensus on wound antisepsis: update 2018. Skin Pharmacol Physiol 31:28–58CrossRef
Lee EH, Yang HR, Kim JY (2018) Comparison of transperianal ultrasound with colonoscopy and magnetic resonance imaging in perianal Crohn disease. J Pediatr Gastroenterol Nutr 66:614–619CrossRef
Limura E, Giordano P (2015) Modern management of anal fistula. World J Gastroenterol 21:12–20CrossRef
Meinero P, Mori L (2011) Video-assisted anal fistula treatment (VAAFT): a novel sphincter-saving procedure for treating complex anal fistulas. Tech Coloproctol 15:417–422CrossRef
Ommer A, Herold A, Berg A, Farke S, Fürst A, Hetzer F, Köhler A, Post S, Ruppert R, Sailer M, Schiedeck T, Schwandner O, Strittmatter B, Lenhard BH, Bader W, Krege S, Krammer H, Stange E (2012) S3-Leitlinie: Rektovaginale Fisteln (ohne M. Crohn). Coloproctology 34:211–246CrossRef
Ommer A, Herold A, Berg A, Farke S, Fürst A, Hetzer F, Köhler A, Post S, Ruppert R, Sailer M, Schiedeck T, Schwandner O, Strittmatter B, Lenhard BH, Bader W, Krege S, Krammer H, Stange E (2016) S3-Leitlinie: Analabszess. Coloproctology 38:378–398CrossRef
Ommer A, Herold A, Berg A, Farke S, Fürst A, Hetzer F, Köhler A, Post S, Ruppert R, Sailer M, Schiedeck T, Schwandner O, Strittmatter B, Lenhard BH, Bader W, Krege S, Krammer H, Stange E (2017) S3-Leitlinie: Kryptoglanduläre Analfisteln. Coloproctology 39:16–66CrossRef
Ortiz H, Marzo J, Ciga MA, Oteiza F, Armendáriz P, de Miguel M (2009) Randomized clinical trial of anal fistula plug versus endorectal advancement flap for the treatment of high cryptoglandular fistula in ano. Br J Surg 96:608–612CrossRef
Panés J, García-Olmo D, Van Assche G, Colombel JF, Reinisch W, Baumgart DC, Dignass A, Nachury M, Ferrante M, Kazemi-Shirazi L, Grimaud JC, de la Portilla F, Goldin E, Richard MP, Diez MC, Tagarro I, Leselbaum A, Danese S (2018) Long-term efficacy and safety of stem cell therapy (Cx601) for complex perianal fistulas in patients with Crohn’s disease. Gastroenterology 154:1334–1342.e1334CrossRef
Parks AG, Gordon PH, Hardcastle JD (1976) A classification of fistula-in-ano. Br J Surg 63:1–12CrossRef
Prosst RL, Joos AK (2016) Short-term outcomes of a novel endoscopic clipping device for closure of the internal opening in 100 anorectal fistulas. Tech Coloproctol 20:753–758CrossRef
Ratto C, Litta F, Parello A, Zaccone G, Donisi L, De Simone V (2013) Fistulotomy with end-to-end primary sphincteroplasty for anal fistula: results from a prospective study. Dis Colon Rectum 56:226–233CrossRef
Rojanasakul A (2009) LIFT procedure: a simplified technique for fistula-in-ano. Tech Coloproctol 13:237–240CrossRef
Sandborn WJ, Fazio VW, Feagan BG, Hanauer SB (2003) AGA technical review on perianal Crohn’s disease. Gastroenterology 125:1508–1530CrossRef
Seyfried S, Bussen D, Joos A, Galata C, Weiss C, Herold A (2018) Fistulectomy with primary sphincter reconstruction. Int J Colorectal Dis 33:911–918CrossRef
Toyonaga T, Tanaka Y, Song JF, Katori R, Sogawa N, Kanyama H, Hatakeyama T, Matsushima M, Suzuki S, Mibu R, Tanaka M (2008) Comparison of accuracy of physical examination and endoanal ultrasonography for preoperative assessment in patients with acute and chronic anal fistula. Tech Coloproctol 12:217–223CrossRef
Visscher AP, Felt-Bersma RJ (2015) Endoanal ultrasound in perianal fistulae and abscesses. Ultrasound Q 31:130–137CrossRef
Wilhelm A, Fiebig A, Krawczak M (2017) Five years of experience with the FiLaC™ laser for fistula-in-ano management: long-term follow-up from a single institution. Tech Coloproctol 21:269–276CrossRef