Erschienen in:
01.07.2015 | Originalien
Entaktualisierung und Orthostrophe
Zur phänomenologischen Psychopathologie des abklingenden Wahns
verfasst von:
PD Dr. Dr. J.E. Schlimme, M.A., B. Brückner
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 7/2015
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Zusammenfassung
In diesem Beitrag entwickeln wir eine phänomenologische Psychopathologie des abklingenden Wahns bei Personen mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis. Vor dem Hintergrund einer historisch-kritischen Rezeption von Klaus Conrads (1905–1961) Beschreibungsrahmen der „beginnenden Schizophrenie“ bezeichnen wir die Stadien des abklingenden Wahns im Zuge einer Einzelfallstudie mit den prozessualen Begriffen der Orthostrophe und der Entaktualisierung. Dieses Prozessmodell des abklingenden Wahns vergleichen wir mit der Erfahrung der doppelten Orientierung zur Realität als Form des anhaltenden Wahns. Es zeigt sich, dass Wahnideen nur dann abklingen, wenn sie nicht mehr durch spezifische Erfahrungen (Wahr- bzw. Wertnehmungen) unterstützt werden. Dabei kann ein schichtenweiser Abbau im Sinne eines rückläufigen Restitutionsprozesses beschrieben werden. Abschließend diskutieren wir beide Stadien des abklingenden Wahns (Entaktualisierung und Orthostrophe) und lange anhaltenden Wahns als Verlaufsformen des Wahns bei Personen mit schizophrenen Störungen und phasenspezifische Interventionsmöglichkeiten bei diesen drei Verlaufsformen mit Blick auf eine selbstbestimmte und verantwortliche Teilhabe in der Gemeinschaft.