Erschienen in:
01.11.2012 | Editorial
Forensische Psychiatrie und Psychologie auf dem Prüfstand
verfasst von:
Univ.-Prof. Dr.med. Henning Saß
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
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Ausgabe 4/2012
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Auszug
Forensische Psychiatrie und Psychologie stehen, da sich wesentliche Teile ihrer Praxis „in foro“ abspielen, unter verschärfter Beobachtung der Öffentlichkeit. Die Akzeptanz ihrer Arbeit schwankt nicht nur in Abhängigkeit von Zeitgeist und politischen Strömungen, sondern auch von der Berichterstattung in den Medien, die sich von seriöser Publizistik bis hin zur Meinungslenkung durch den Boulevard ausspannt. Auch von ihren Mutterdisziplinen, der Psychiatrie und der Psychologie, werden forensische Psychiatrie und Psychologie als vorwiegend praktisch orientierte Fächer häufig mit einer gewissen Skepsis hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Dignität betrachtet. Beide Subspezialitäten sind in stärkerem Maße als andere psychiatrische oder psychologische Teildisziplinen in pragmatische Rahmenbedingungen eingebunden, die bestimmt sind durch die rechtlich definierten Voraussetzungen der Begutachtung und durch die notwendige Kooperation mit anderen forensisch tätigen Fächern, etwa Kriminologie, Rechtsmedizin, Toxikologie und Sozialwissenschaften, bestimmt sind. Derart vielfältige interdisziplinäre Verknüpfungen bringen in den Augen der Herkunftsfächer die Gefahr einer Korrumpierung von Wissenschaftlichkeit mit sich, die oft im Sinne der Grundlagenfächer verstanden wird und sich mit der Anwendungsorientierung nicht gut verträgt. …