Anti-Reflux-Op. schützt nicht besser vor Speiseröhrenkrebs als Medikamente

Eine Anti-Reflux-Op. konnte in einer retrospektiven Bevölkerungsstudie die Entstehung von Adenokarzinomen der Speiseröhre bei Erkrankten mit Barrett-Ösophagus nicht wirksamer verhindern als die langfristige medikamentöse Therapie mit PPI. Die Autoren vermuten, dass die Op. zu spät erfolgt, um das Fortschreiten zum Speiseröhrenkrebs zu verhindern. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Einem Adenokarzinom der Speiseröhre geht in der Regel ein Barrett-Ösophagus voraus, eine Umwandlung des Plattenepithels der Speiseröhre in spezialisiertes intestinales Epithel, was wiederum Folge von anhaltendem gastroösophagealem Reflux ist. Präventive Strategien setzen bei der frühzeitigen Behandlung der Reflux-Symptomatik an, wobei als vorrangige Maßnahme die langfristige Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI) empfohlen wird. Randomisierte Studien haben allerdings gezeigt, dass eine Anti-Reflux-Op. (Fundoplicatio), bei der die anatomische und physiologische Schwelle für den Rückfluss aus dem Magen angehoben wird, die Schleimhaut der Speiseröhre deutlich besser vor saurem Mageninhalt schützt. Damit stellte sich für Johan Hardvik Åkerström vom Karolinska-Institutet in Stockholm und sein Team die Frage, ob die Fundoplicatio auch besser geeignet ist, den gefürchteten Speiseröhrenkrebs zu verhindern, als eine rein medikamentöse Refluxtherapie. Ösophaguskarzinom trotz Fundoplicatio Ihre retrospektive Studie beruht auf nationalen Patientenregistern aus Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. Herausgegriffen wurden die Daten von insgesamt 33.939 Männern und Frauen mit der histologisch gesicherten Diagnose „Barrett-Ösophagus“. Diese wurden über bis zu 32 Jahre nachbeobachtet. Laut Åkerström und seinem Team war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Adenokarzinoms der Speiseröhre in der operierten Gruppe letztlich fast doppelt so hoch wie in der nicht operierten Gruppe (Hazard Ratio, HR 1,9). Dabei hatte die Rate bei längerer Beobachtungsdauer sogar zugenommen, von 1,8 innerhalb von vier Jahren auf 4,4 nach 10 bis 32 Jahren. „Wenn die Anti-Reflux-Chirurgie einen substanziell stärkeren krebspräventiven Effekt als die medikamentöse Refluxtherapie hätte, hätte man eine Abnahme des Risikos nach der Op. feststellen müssen, was wir nicht getan haben“, schreiben Åkerström und Kollegen. Kommt die Op. zu spät? Ein Haken an der Studie war, dass nur 542 der am Barrett-Ösophagus Erkrankten (1,6%) die entsprechende Op. erhalten hatten. Die extreme Verteilung der Patienten spiegle die Praxisverhältnisse wider, wonach eine Anti-Reflux-Op. oft Erkrankten mit schwerer Refluxsymptomatik vorbehalten werde, so Åkerström und sein Team. Allerdings sei es nach jahrelang bestehender Refluxsymptomatik wohl oft zu spät, um mithilfe der Op. noch ein Karzinom der Speiseröhre zu verhindern, vermutet die Forschungsgruppe. In der Studie waren nach einer Anti-Reflux-Op. insgesamt 14 Fälle eines Adenokarzinoms des Ösophagus aufgetreten. In der medikamentös behandelten Gruppe waren es im Beobachtungszeitraum 437 Fälle. Näheres über die Art der jeweiligen Therapie war meist nicht bekannt, weder der Zugang noch das Ausmaß der Fundoplicatio noch die Art und Dosierung der medikamentösen Anti-Reflux-Therapie. Auch Daten zur Therapietreue gegenüber den verschriebenen Medikamenten lagen der Forschungsgruppe nicht vor. Åkerström et al. weisen allerdings darauf hin, dass eine Reihe potenzieller Einflussfaktoren, insbesondere Begleiterkrankungen, in der Studie Berücksichtigung gefunden hatten. Das Team geht davon aus, dass der Dysplasiegrad in beiden Gruppen, der operierten und der medikamentös behandelten, gleich war. Eine Sensitivitätsanalyse unter Ausschluss endoskopisch behandelter Patienten sei außerdem zu ähnlichen Ergebnissen wie die Hauptstudie gekommen. Überwachung empfohlen Die Schlussfolgerung des Teams: „Patienten und Patientinnen mit Barrett-Ösophagus, die sich einer Anti-Reflux-Op. unterziehen, scheinen auch danach noch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Adenokarzinoms der Speiseröhre zu haben.“ Die Teilnahme an entsprechenden Überwachungsprogrammen werde dieser Gruppe weiterhin empfohlen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Schützt eine Anti-Reflux-Op. Erkrankte mit Barrett-Ösophagus besser vor Adenokarzinomen der Speiseröhre als eine langfristige medikamentöse Refluxbehandlung? Antwort: Das scheint nicht der Fall zu sein: In einer Bevölkerungsstudie war die adjustierte Rate der Adenokarzinome in der operierten Gruppe über einen Nachbeobachtungszeitraum von bis zu 32 Jahren sogar höher als bei den Nichtoperierten (Hazard Ratio 1,9). Dabei hatte das Risiko über die Jahre zugenommen. Bedeutung: Auch nach einer Antireflux-Op. bleibt offenbar das Risiko für ein Adenokarzinom des Ösophagus erhöht. Die Betroffenen sollten daher weiterhin an Überwachungsmaßnahmen teilnehmen. Einschränkung: Retrospektive Bevölkerungsstudie; Anteil der Operierten im Vergleich sehr gering (1,6%); Art der Op. bzw. der medikamentösen Therapie nicht näher beschrieben; Verzerrungsrisiko durch nicht untersuchte Einflussfaktoren (z. B. Rauchen, BMI, Länge des Barrett-Segments).

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