Reizdarmsymptomatik ist bei Zöliakie nicht erhöht

Eine aktuelle Studie aus den USA fand bei Zöliakie-Patienten eine niedrige Rate von Reizdarmsymptomatik. Dies wirft die Frage auf, ob man bei Reizdarmsymptomatik auf Zöliakie testen soll. Hintergrund Aufgrund der sehr ähnlichen Symptome von Patienten mit einer Zöliakie und Patienten mit funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen wird in verschiedenen Leitlinien empfohlen, bei Patienten mit funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen zumindest eine serologische Testung auf eine möglicherweise bestehende Zöliakie durchzuführen. Unklar ist aber, ob in der Gruppe der Patienten mit einem Reizdarmsyndrom oder funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen tatsächlich eine erhöhte Prävalenz einer Zöliakie besteht. Patienten & Methoden In Olmsted County wurde von Wissenschaftlern der Mayo Clinic in den Jahren 1995-2011 an 47000 Personen, bei denen keine Zöliakie bekannt war, ein serologisches Zöliakie-Screening durchgeführt. Zusätzlich wurde mit Hilfe eines validierten Fragebogens (bowel disease questionnaire; BDQ) das Bestehen von gastrointestinalen Symptomen erfragt. Das serologische Zöliakie-Screening bestand aus einer Bestimmung der Gewebstransglutaminase (tTG-IgA) und im Falle eines positiven Befundes aus einer Bestätigung durch eine Bestimmung der Endomysium-Antikörper (EMA), da für dieses sequentielle Testen aus der Kalixanda-Studie eine Sensitivität von 97% und eine Spezifität von 100% für eine Zöliakie bekannt ist. Ergebnisse Bei 3202 Probanden lagen vollständig ausgefüllte Symptomfragebögen und eine serologische Testung vor. Bei 13,6% wurde ein Reizdarmsyndrom nach den Rom II Kriterien diagnostiziert. In der ausgewerteten Kohorte lag die Zöliakie-Prävalenz bei 1%. In der nicht Zöliakie-Kohorte lag die Prävalenz eines Reizdarmsyndroms bei 14%, in der Gruppe der neu diagnostizierten Zöliakie Patienten lag die Prävalenz eines Reizdarmsyndroms bei 3%. Die häufigsten Symptome der Zöliakie waren Bauchschmerzen, Obstipation, dyspeptische Beschwerden und Gewichtsverlust. Keines dieser Symptome hatte einen statistisch signifikanten Vorhersagewert für eine Zöliakie. Kommentar von Prof. M. Storr: Prof. Dr. med. M. Storr, Zentrum für Endoskopie, Starnberg Prof. Martin Storr × "Studie mit Limitationen" Die Frage, die sich aus diesen Studienergebnissen ergibt, lautet: Ist es tatsächlich sinnvoll, Patienten mit Symptomen eines Reizdarmsyndroms auf eine möglicherweise vorliegende Zöliakie zu testen, wenn nur 3% der Zöliakie-Patienten Symptome haben, die an ein Reizdarmsyndrom denken lassen? Die Prävalenz der Zöliakie bei den Reizdarmpatienten wurde leider nicht angegeben. Frühere, zumeist kleinere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass bei Patienten mit einem Reizdarmsyndrom die Zöliakie-Prävalenz bei 4% liegt. Unter rein ökonomischen Aspekten betrachtet, das haben frühere Studien errechnet, ist es ab einer Zöliakie-Prävalenz >8% sinnvoll, forcierte Zöliakie-Screening-Maßnahmen durchzuführen. Unter medizinischen Gesichtspunkten erscheint dieses Argument schwach, denn das Zöliakie Screening schließt initial nicht immer eine Gastroskopie ein, diese wird erst später im Verlauf notwendig. Daher erscheint es sinnvoll, auch bei einer niedrigeren Prävalenz, bei entsprechenden Symptomen, weiterhin serologisch auf eine mögliche Zöliakie zu testen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass eine Obstipation, nicht hingegen eine Diarrhö oder weicher Stuhl, mit einer Zöliakie verbunden war. Vor dem Hintergrund, dass die Studie der Mayo Clinic in Olmsted County durchgeführt wurde, einem Landkreis, in dem zahlreiche Reizdarm-Studien durchgeführt werden, ist auch zu bedenken, dass Patienten mit einem Reizdarmsyndrom und Diarrhö oder weichem Stuhl möglicherweise schon zu einem anderen Zeitpunkt auf eine Zöliakie getestet worden waren. Diese Patienten wären dann in die Erfassung nicht aufgenommen worden. In Anbetracht dieser möglichen Limitation erscheint eine erneute Untersuchung der Zusammenhänge in einer anderen Population ratsam. Für eine Änderung des aktuellen diagnostischen Vorgehens erscheint die Studie im Moment noch nicht geeignet.

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