NSAR zur Prophylaxe einer post-ERCP-Pankreatitis nicht generell indiziert

Seit 2014 empfehlen europäische Leitlinien den Einsatz von Indomethacin, um nach einer ERCP einer Pankreatitis vorzubeugen. Sinnvoll ist diese Prophylaxe jedoch nicht generell, sondern nur bei Hochrisiko-Patienten. Einleitung Eine post-ERCP Pankreatitis (PEP) ist die häufigste iatrogene Ursache einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit substantieller Morbidität und Mortalität für betroffene Patienten sowie signifikantem Einfluss auf die Gesundheitskosten. Als Resultat verschiedener klinischer, zumeist europäischer, Studien empfahl die (ESGE) 2014 den Einsatz von Indomethacin 100mg rektal für alle ERCP-Untersuchungen zur Reduktion der PEP Die Gabe von nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAR), besonders von 100mg Indomethacin rektal während, oder unmittelbar am Ende der ERCP, hatte sich v.a. bei Patienten mit hohem Risiko einer PEP als vielversprechender Ansatz zur PEP-Prävention gezeigt. Als solche Hochrisiko-Patienten gelten Patienten mit Sphincter Oddi Dysfunktion (SOD), mit schwieriger Kanülierung der Papille, und solche mit Kanülierung oder Kontrastmittel-Darstellung des Pankreasgangs unter der ERCP. Es wird angenommen, dass NSAR in dieser Situation pro-inflammatorische Mediatoren herunterregulieren und so die Inzidenz der PEP reduzieren. Seit 2012 wird Indomethacin weit verbreitet eingesetzt nach der Publikation einer Placebo-kontrollierten Studie von Hochrisiko-Patienten, in der das PEP-Risiko von 16,9% auf 9,2% durch Indomethacin reduziert wurde [1]. Die Europäische Gesellschaft für Gastrointestinale Endoskopie (ESGE) empfahl in ihren Leitlinien 2014 den Einsatz von Indomethacin 100mg rektal für alle ERCP-Untersuchungen zur Reduktion der PEP [2]. Um den Nutzen der rektalen Applikation von Indomethacin bei allen Patienten unabhängig von ihrem PEP-Risiko zu evaluierten, wurde die vorliegende prospektive, randomisierte, doppelblinde und Placebo-kontrollierte Studie am Dartmouth-Hitchcock Medical Center, einem städtischen Krankenhaus, durchgeführt. Patienten und Methoden Es wurden alle konsekutiven Patienten im Alter >18 Jahren von März 2013 bis 2014 gescreent, die sich einer ERCP-Untersuchung unterzogen. Ausgeschlossen wurden Patienten mit bestehender akuter Pankreatitis, Patienten, die eine ERCP erhielten für die Diagnose/Therapie einer Pankreatitis, Patienten mit Kontraindikation oder Allergie gegen NSAR, Schwangere oder stillende Mütter. Nach der schriftlichen Einwilligung erfolgte die Patienten-Randomisierung unter der ERCP, nachdem die Majorpapille erreicht und versucht wurde, zu kanülieren. Alle endoskopischen Prozeduren und Interventionen wurden durch zwei erfahrene Endoskopeure durchgeführt. Nach dem ersten Versuch der Papillenkanülierung erhielten die Patienten entweder 2x50mg Indomethacin oder 2x Placebo Suppositorien durch das Endoskopie-Assistenzpersonal. Untersucher und Patienten waren verblindet. Alle Studienpatienten wurden 5 und 30 Tage nach ERCP kontaktiert, um eventuelle Spätfolgen der Untersuchung zu erfassen. Als primärer Endpunkt wurde die Häufigkeit des Auftretens einer PEP nach Applikation von Indomethacin versus Pacebo analysiert. Sekundär wurde die Schwere der PEP untersucht in der Indomethacin und Placebo-Gruppe. Kommentar von PD Dr. C. H. Waggershauser "Die Leitlinie sollte überarbeitet werden" 449 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, 223 erhielten Indomethacin, 226 erhielten Placebo. Beide Gruppen zeigten sich homogen in Bezug auf Alter und Geschlecht, Indikation zur ERCP, früher stattgehabten ERCP-Untersuchungen und Papillotomien sowie stattgehabter PEP. Bei nur 2,8% Patienten lag der Verdacht auf eine SOD vor und bei 7,4% wurde eine Darstellung und Intervention des Pankreasganges geplant. In den Untersuchungsgruppen zeigten sich keine Unterschiede bzgl. ERCP (Sphinkter-Manipulation, Gallen- oder Pankreasgang-Stenting, biliäre oder pankreatische Sphinkterotomie). Im Dezember 2014 wurde die Studie aufgrund der Empfehlung der Ethikkommission bei fehlendem Nutzen der Indomethacin-Gabe frühzeitig beendet. Eine PEP trat bis dahin bei insgesamt 27 von 449 (6,0%) untersuchten Patienten auf.7,2% traten in der Indomethacin-Gruppe, 4,9% in der Placebo-Gruppe auf (p=0.33). Eine moderate oder schwere PEP wurde in der Indomethacin-Gruppe nicht gefunden, jedoch 2 mal in der Placebo-Gruppe, von denen ein Patient starb. In der weiteren Subgruppenanalyse zeigte sich der Trend des vermehrten Auftretend einer PEP bei Patienten mit Pankreasgang-Stenting plus Indomethacin-Gabe (18,8%) versus Pankreasgang-Stenting plus Placebo (10,7%, p=0.48). Keinen Unterschied gab es beim Gallengangs-Stenting beider Gruppen. Wurden beide Gänge dargestellt und ggf. drainiert, trat eine PEP in der Inomethacin-Gruppe bei 11,4% und in der Placebo-Gruppe bei 7,1% (p=0,79) auf. In der vorliegenden Studie wurde die mögliche Risikoreduktion eine PEP durch Indomethacin-Prophylaxe bei der ERCP von Patienten mit normalem PEP-Risiko evaluiert. Dabei sollte bewusst der Alltag einer durchschnittlichen endoskopischen Abteilung mit ERCP-erfahrenen Untersuchern und durchschnittlichem Patientengut demonstriert werden. Die Ergebnisse zeigten, dass die einmalige Gabe von 100mg Indomethacin rektal das Risiko in dieser Patientengruppe nicht reduziert. Dieses Ergebnis steht im Kontrast zu klinischen Studien, die eine signifikante PEP-Reduktion bei Patienten mit hohem PEP-Risiko zeigen und widerspricht den Empfehlungen der ESGE. Mögliche Studienlimitationen sind die Durchführung in einem einzelnen Studienzentrum sowie die Durchführung in den USA im Vergleich zu den Europäischen Richtlinien, die fast ausschließlich in Europa evaluiert wurden. Möglicherweise unterscheiden sich die ERCP-Techniken in den beiden Untersuchungsregionen. Trotzdem wird von den Autoren des Manuskripts von einer generellen Indomethacin-Prophylaxe bei allen ERCP-Patienten abgeraten. Indiziert ist die Prophylaxe lediglich in der Hochrisiko-Gruppe. Empfehlungen und Leitlinien diesbezüglich sollen erneut evaluiert werden. Besonders die Rolle des Pankreasgang-Stentings plus PEP-Prophylaxe soll klinisch weiter untersucht werden, da in dieser Gruppe tendenziell gehäuft eine PEP nach Indomethacin-Gabe auftrat. Bis dahin kann allein eine Pankreasgang-Drainage nach Pankreasgang-Kanülierung empfohlen werden. Literatur [1] Elmunzer BJ et al. A randomized trial of rectal indomethacin to prevent post-ERCP pancreatitis. NIJM, 2012; 366: 1414-1422. [2] Dumonceau JM et al. Prophylaxis of post-ERCP pancreatitis: European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) Guideline – updates June 2014. Endoskopy, 2014; 46: 799-815.

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