HPV: Mehr Tote durch oropharyngeale als zervikale Tumoren

In den USA erkranken inzwischen mehr Menschen an HPV-assoziierten oropharyngealen Tumoren als an Zervixkarzinomen. Auch ist die Sterberate bei Geschwülsten im Mund- und Rachenraum deutlich höher. In Deutschland erkranken nach einer aktuellen Analyse des Robert-Koch-Instituts jedes Jahr rund 7600 Menschen neu an HPV-bedingten Tumoren, das sind etwa 1,6% aller Tumorneuerkrankungen (wir berichteten). 58% davon sind Zervixkarzinome. In den USA haben oropharyngeale Tumoren mittlerweile Zervixkarzinome als häufigste HPV-assoziierte Geschwülste überholt. Von den jährlich rund 39.000 Neuerkrankungen in Verbindung mit HPV – das entspricht etwa 2,3% aller Tumorneuerkrankungen – sind 36,1% Zervixkarzinome. Der Anteil der oropharyngealen Tumoren liegt mit 36,4% leicht darüber, geht aus einer Analyse von Tumorregistern der Jahre 2001–2011 hervor. Aufgrund von HPV-DNA-Analysen wird angenommen, dass etwa 80% aller HPV-assoziierten Tumoren tatsächlich von HPV ausgelöst werden. Danach würden in den USA jährlich etwa 31.000 HPV-bedingte Tumoren diagnostiziert, das sind etwa 1,8% aller neu erkannten Geschwülste – der Anteil ist damit ähnlich hoch wie in Deutschland. Da mehr als 90% der Zervixkarzinome, aber nur etwa 70% der Tumoren im Mund-Rauchen-Raum als HPV-verursacht gelten, dürfte die Zahl der HPV-verursachten Zervixkarzinome im Jahr 2011 noch immer höher gewesen sein als die der HPV-bedingten Oropharyngealtumoren. Die Inzidenz der Letzteren steigt aber stetig, daher könnten sie mittlerweile die Zervixkarzinome nicht nur als häufigste HPV-assoziierte, sondern auch als häufigste HPV-verursachte Tumoren abgelöst haben. Jeweils 36% der Tumoren betreffen Zervix und Mund-Rachen-Raum Die Zahlen gehen aus einer Analyse des National Program of Cancer Registries (NPCR) hervor. Ein Team um Dr. Hilda Razzaghi von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta hat sich 27 Register mit detaillierten Daten zu HPV-assoziierten Tumoren herausgepickt. Die Forscher wählten nur Register, die gewisse Qualitätskriterien erfüllten und Patientendaten mit Sterberegistern verbanden. Damit wollten sie vor allem Unterschiede bei der Sterberate der einzelnen HPV-Tumoren ermitteln. Die gewählten Register decken Tumorerkrankungen bei 59% der US-Bevölkerung ab. Als HPV-assoziiert definierten die Forscher sämtliche epithelialen Zervixkarzinome sowie sämtliche Plattenepithelkarzinome an Vulva, Vagina, Penis, Anus und Rektum. Oropharyngealtumoren galten nur dann als HPV-assoziiert, wenn sie an Stellen wuchsen, in denen üblicherweise HPV-DNA im Tumor gefunden wird. Über den analysierten Zehn-Jahres-Zeitraum fanden Razzaghi und Mitarbeiter mehr als 220.000 HPV-assoziierte Tumoren. Am dritthäufigsten neben Zervix und Mund-Rachen-Raum (jeweils 36% der Tumoren) wuchsen die Karzinome anal (knapp 12%) und an der Vulva (9%). Vaginale, penile und rektale Plattenepithelkarzinome waren mit jeweils rund 2% recht selten zu beobachten. Schlechteste Chancen bei Peniskarzinomen Deutliche Unterschiede gab es auch bei der altersadjustierten Überlebensrate: So lebten fünf Jahre nach der Diagnose im Schnitt noch zwei Drittel der Frauen mit einem Zervix- oder Vulvakarzinom, ebenso zwei Drittel der Patienten mit einem analen Tumor, aber nur 56% mit einem rektalen und 53% mit einem vaginalen Plattenepithelkarzinom. Noch schlechter standen die Chancen bei den häufigen Oropharyngealtumoren (51%) und Peniskarzinomen (47%). Danach dürften in den USA bereits jetzt schon mehr Menschen an HPV-verursachten Oropharyngealtumoren als an Zervixkarzinomen sterben. Generell sank die altersadjustierte Überlebenswahrscheinlichkeit mit steigendem Alter bei den meisten Tumoren, auch Afroamerikaner hatten bei einem HPV-assoziierten Tumor schlechtere Karten als Kaukasier, was auf einen erschwerten Zugang zum Gesundheitssystem zurückgeführt wird. Die Unterschiede betrugen 5–8% bei der Fünf-Jahres-Überlebensrate. Ein weiteres Ergebnis: Männer starben häufiger als Frauen. Die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei Anal- und Rektalkarzinomen waren 10 und 15% geringer. Männer tun sich offenbar deutlich schwerer, bei verdächtigen Zeichen einen Arzt aufzusuchen als Frauen. Das mag auch erklären, weshalb bei Peniskarzinomen die geringsten Überlebenschancen beobachtet werden. Kaum Differenzen zwischen den Geschlechtern gab es dagegen bei oropharyngealen Karzinomen – diese fallen wohl auch Frauen nicht früher auf. Die hohe Überlebensrate bei Frauen mit Zervixkarzinomen führen HNO-Ärzte um Dr. Nosayaba Osazuwa-Peters von der Universität in St Louis in einem Editorial auf das Screening per Abstrich zurück. „Ein entsprechender Abstrichtest auf oropharyngeale Tumoren würde sicher die Früherkennung revolutionieren“, schreiben sie.

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