Bei Nierenarterienstenosen bringt die endovaskuläre Revaskularisation häufig nicht den gewünschten Effekt auf Blutdruck, Nierenfunktion und Mortalität. Wissenschaftler haben nun nach hämodynamischen Markern gesucht, die den Erfolg des Verfahrens besser vorhersagen können. Ein Experte hat die Ergebnisse für uns zusammengefasst.
Der Stellenwert der Revaskularisation arteriosklerotischer Nierenarterienstenosen (NAST) wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Bisher konnte noch keine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) die verbreitete klinische Alltagsbeobachtung bestätigen, dass eine endovaskuläre Revaskularisation von NAST klinische Parameter wie Blutdruck, Nierenfunktion und kardiovaskuläres Überleben signifikant verbessert.
Hauptkritikpunkt an den RCTs ist der Einschluss überwiegend nicht hämodynamisch relevanter NAST, da als angiografisches Einschlusskriterium eine mindestens 50%- oder 60%-Diameterstenose gefordert wurde.
Wissenschaftler um Peter Van Brussel wollten daher wissen, ob invasive funktionelle Untersuchungen das Ergebnis einer Stentangioplastie von NAST beeinflussen können. Dafür haben sie zunächst untersucht, welches medikamentöse Stressprotokoll zur funktionellen Beurteilung einer NAST überhaupt geeignet ist.
Hämodynamische Beurteilung der Stenose wenig aussagekräftig
Aus 565 Publikationen werteten sie 15 Studien mit 451 Patienten und 479 Nierenarterien mit einem angiografischen Stenosegrad von 51–78 % aus. Als geeignetste Medikamente zur Induktion einer renalen Vasodilatation und damit einer Hyperämie erwiesen sich Dopamin und Fenoldopam jeweils intraarteriell appliziert. Am kostengünstigsten stellte sich hierbei Dopamin in der Dosierung von 30–50 µg/kg heraus.
Bei einem mittleren hyperämischen Gradienten (MHG) von ≥ 20 mmHg war der Vorhersagewert, dass sich die Blutdruckeinstellung nach der Stentangioplastie verbessert, am höchsten.
Allerdings hatte bereits der Ruhedruckgradient einen höheren prädiktiven Wert als der MHG und die fraktionierte renale Flussreserve (fRFR). Daher ist der zusätzliche Nutzen eines hyperämischen Funktionstests – wie es für die Koronarzirkulation nachgewiesen wurde – hier infrage zu stellen.
Grund für die eingeschränkte diagnostische Wertigkeit der hyperämischen renalen Funktionstests ist die im Gegensatz zur Myokardperfusion (koronare Flussreserve 3,0–3,5) deutlich geringere RFR von 1,1–2,0. Uneinheitlich sind die Ergebnisse für den hyperämischen Index fRFR: Ein der Koronardiagnostik vergleichbarer Grenzwert von 0,8 war in einer Studie prädiktiv für eine verbesserte Blutdruckeinstellung, während eine weitere Studie keine Korrelation fand.
Die Autoren schlussfolgern, dass weitere Studien notwendig sind, in denen z. B. Druck- und Fluss-assoziierte Daten gemeinsam untersucht werden sollten, um neben stenoserelevanten Druckgradienten-Daten auch pathologische Veränderungen der Mikrozirkulation in die Therapieentscheidung einfließen zu lassen.
Kommentar
Ähnlich wie Stenosen der Koronarzirkulation lassen sich auch NAST invasiv funktionell untersuchen. Allerdings erscheinen die vasodilatierenden Effekte in der renalen Zirkulation deutlich geringer ausgeprägt zu sein als koronar. Dies mag neben der geringen Fallzahl der analysierten Studien der Grund sein, warum sich die Vorhersagekraft des therapeutischen Effekts einer Stentangioplastie einer NAST durch hyperämische im Vergleich zu funktionellen Untersuchungen unter Ruhebedingungen nicht erhöhen ließ. Weitere prospektive Studien, die funktionelle mit strukturellen Parametern kombinieren, sind notwendig, um die funktionelle Relevanz einer NAST besser zu diskriminieren.
Für den klinischen Alltag bedeutet dies: Die hochrangig publizierten negativen Stentangioplastie-RCTs erlauben die Schlussfolgerung, dass man als Arzt keinen Fehler begeht bzw. einem Patienten schadet, wenn man bei Unsicherheit über die hämodynamische Relevanz einer arteriosklerotischen NAST sich zunächst zu einem zurückhaltenden Vorgehen entscheidet und die Patienten in ein nichtinvasives Follow-up-Programm mittels Duplexsonografie einschleust. Die Duplexsonografie ist eine hochspezifische Methode, um hämodynamisch relevante einseitige NAST über einen Abfall des intrarenalen Widerstandsindex (RI) um mehr als 0,05 zu identifizieren. Bei bilateralen NAST muss man die Verlängerung der Akzelerationszeit als zusätzlichen Parameter hinzuziehen.
Wir konnten in einer kleinen Studie an experimentell induzierten Stenosen eine gute Korrelation für eine RI-Differenz ≥0,05 und eine Druckratio <0,9 nachweisen. Erst wenn diese einfach wiederholbar messbaren Parameter auf das Vorliegen einer klinisch relevanten NAST hinweisen, sollte eine Revaskularisation erwogen werden.
Eine invasive hämodynamische Untersuchung einer zweifelhaft relevanten NAST ist aus klinischen und ökonomischen Gründen nicht indiziert und prospektiven Studienprotokollen vorbehalten.