Erschienen in:
03.05.2016 | Psychotherapie | Originalien
„Krise der Medizin“ – Modelle der Reform
Zur Frühgeschichte von Psychotherapie und Sozialwissenschaften in der Medizin
verfasst von:
Prof. Dr. med. Volker Roelcke
Erschienen in:
Die Psychotherapie
|
Ausgabe 3/2016
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
In den 1920er- und frühen 1930er-Jahren fand eine hitzige Debatte über die Bedeutung der Naturwissenschaften für die Medizin statt. Prominente Mediziner wie Ferdinand Sauerbruch und Wilhelm His in Deutschland oder Richard Cabot und Charles-Edward Winslow in den USA kritisierten, dass klinische Praxis, medizinische Ausbildung und Forschung zu sehr auf die Naturwissenschaften und das körperliche Substrat menschlicher Krankheit fixiert seien und dass die psychologischen und sozialen Dimensionen des Krankseins vernachlässigt würden. Trotz ähnlicher „Diagnose“ der Problematik wurden allerdings im deutschen und im amerikanischen Kontext sehr unterschiedliche Konsequenzen gezogen: Während sich in Deutschland erste Ansätze zur Institutionalisierung von Psychotherapie und Psychosomatik und andererseits zur Konsolidierung alternativer Heilweisen zeigten, führten die Diskussionen in den USA zu einer Einführung bzw. Verstärkung sozialwissenschaftlicher Methoden in der Medizin, insbesondere im Bereich Public Health. Der Beitrag rekonstruiert die historische Debatte und die vorgeschlagenen Reformmodelle und zeigt mögliche Implikationen für die Medizin der Gegenwart.