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20.12.2023 | Online-Artikel

Therapiealgorithmus

Leichte & mittelschwere Depressionen – wie behandeln?

Bei behandlungsbedürftigen leichten bis mittelschweren Depressionen stellt sich oft die Frage: Wie lange reichen niedrigintensive Maßnahmen aus und wann wird es Zeit für ein Antidepressivum? Was die aktualisierte Nationale VersorgungsLeitlinie „Unipolare Depression“ zur Therapiewahl rät, haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Bei Patientinnen und Patienten mit leichter bis mittelschwerer Symptomatik rät die Nationale VersorgungsLeitlinie „Unipolare Depression“ bezüglich der Therapiewahl folgendes: [1]

  • Bei leichtgradigen Episoden sollen niedrigintensive Interventionen (z. B. Internet- und mobilbasierte Interventionen) angeboten werden. Besteht die Symptomatik trotz Intervention weiterhin oder ist das Risiko einer Chronifizierung gegeben, kann eine Psychotherapie angeboten werden. Nachrangig und nach besonders kritischer Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses kann auch eine medikamentöse Behandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts angeboten werden [1].
  • Bei mittelgradigen depressiven Episoden soll Betroffenen gleichwertig eine Psychotherapie oder eine medikamentöse Therapie offeriert werden. Zusätzliche Internet- und mobilbasierte Interventionen können sinnvoll sein [1].

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Einen Überblick der Leitlinie finden Sie auch in unserer Pocketcard auf medbee – immer griffbereit dabei. Jetzt abspeichern! 

Welches Antidepressivum zur Initialtherapie? 

Ist bei leichten bis mittelschweren Depressionen eine medikamentöse Behandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes indiziert, stehen laut VersorgungsLeitlinie verschiedene antidepressive Wirkstoffklassen von SSRI über SSNRI bis hin zu dem pflanzlichen Wirkstoff Johanniskraut (Hypericum perforatum) zur Verfügung [1]. Doch wie das passende Antidepressivum für Ihre Patientin bzw. Ihren Patienten finden? 

Da es kaum Wirkunterschiede zwischen den einzelnen Antidepressiva gibt, sollte die Therapieentscheidung laut Leitlinienempfehlung v. a. gemäß:

  • des Sicherheits- und Interaktionsprofils der Substanz, 
  • der Patientenpräferenz und 
  • der Erfahrung der oder des Behandelnden getroffen werden [1].

Die Leitlinie empfiehlt bei leichten und mittelschweren Depressionen u. a. einen ersten Therapieversuch mit Johanniskrautpräparaten. Zum Einsatz sollen bei mittelschweren Depressionen laut Leitlinie aber nur Johanniskrautpräparate kommen, die als Arzneimittel für diesen Indikationsbereich auch zugelassen sind (z. B. Laif®900, zur Fachinformation) [1].

Bei akuten schweren depressiven Episoden soll laut Leitlinie ein Antidepressivum plus Psychotherapie angeboten werden. Benzodiazepine und Z-Substanzen (z. B. bei belastendenden Schlafstörungen oder starker Unruhe) können bei schweren depressiven Episoden im Einzelfall zusätzlich indiziert sein. Unabhängig von der Schwere der Depression können supportiv u. a. Bewegungs- & Lichttherapie, oder Ergo- & Soziotherapie angeboten werden [1].

Johanniskraut: Genauso wirksam wie synthetisches Antidepressivum

In einer klinischen Vergleichsstudie erwies sich hochdosierter Johanniskraut-Extrakt STW3-VI (Laif®900, 900 mg, 1x täglich) bei mittelschweren Depressionen (F32.1 und F 33.1) über eine Behandlungsdauer von 6 Wochen als genauso effektiv wie die SSRI-Leitsubstanz Citalopram (20 mg/1 täglich). Die Testung auf Nicht-Unterlegenheit (non-inferiority) von Laif®900 vs. Citalopram war signifikant (p < 0,0001). Zudem überzeugte Johanniskraut durch eine deutlich bessere Verträglichkeit als Citalopram [3].

Eine prospektive offene Versorgungsforschungsstudie bei mittelschweren Depressionen (ICD-10 F32.1, F33.1, F32.9, F32.8 und F33.9) bestätigte die therapeutisch gleichwertige Wirksamkeit von hochdosiertem Johanniskraut (Laif®900) und Citalopram im Praxisalltag bei signifikant besserer Verträglichkeit und Compliance im Vergleich zum SSRI [4].

Was tun, wenn das initial verabreichte Antidepressivum nicht wirkt?

Bei Patientinnen und Patienten, bei denen die Monotherapie mit dem Antidepressivum nicht innerhalb von 4 Wochen wirksam ist, sollten mögliche Ursachen des Nichtansprechens evaluiert werden [1]:

  • Zu niedriger Serumspiegel oder Spiegel außerhalb des therapeutischen Wirkspektrums (Serumspiegelkontrolle, genetische Prädisposition: Poor Metabolizer oder Ultra rapid-Metabolizer)? Dann ggf. Dosisanpassung
  • Vorliegen einer somatischen und psychischen Komorbidität bzw. depressiogene Komedikation? Ggf. Absetzen und Austausch interagierender Substanzen, auch auf Nahrungsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel achten, wie z. B. Grapefruit oder Gingko
  • Mangelnde Adhärenz des Erkrankten? Dann Therapietreue aktiv fördern 
  • Fehldiagnose? Dann Änderung der Therapiestrategie

Wichtig: bei geriatrischen Patientinnen und Patienten sollte aufgrund der Wirklatenz bzw. des verzögerten Ansprechens die Gründe für eine Nichtwirksamkeit nach einem Zeitfenster von 6 Wochen überprüft werden [1].

Wurden potenzielle Ursachen des Nichtansprechens ausgeschlossen und besteht dieses weiterhin, kann bei Patientinnen und Patienten mit einer Monotherapie mit einem Antidepressivum laut Leitlinie wie folgt vorgegangen werden: 

  • Eine Psychotherapie als Therapieergänzung anbieten. 
  • Eine Augmentation des Antidepressivums mit Antipsychotika wie z. B. Quetiapin oder Lithium kann offeriert werden. 
  • Eine Kombination mit einem zweiten Antidepressivum in Erwägung ziehen: SSRI, SNRI oder TZA kombiniert mit Mianserin oder Mirtazapin oder Trazodon. 
  • Maximal 1x das Antidepressivum auf ein Antidepressivum mit einem anderem Wirkmechanismus innerhalb der depressiven Episode umstellen.

Wichtig: stimmungsstabilisierende Antiepileptika, Dopaminagonisten oder Psychostimulanzien sollten im Rahmen der Augmentation keine Anwendung finden [1].

Was beim Switch auf ein anderes Antidepressivum beachten?

Die Leitlinie gibt die Option zum einmaligen Wechsel auf ein Antidepressivum mit einem anderen Wirkmechanismus. Aufgrund möglicher Wechselwirkungen soll das Aufdosieren des neuen und das Ausschleichen des alten Antidepressivums schrittweise erfolgen [1].

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Literatur

[1] Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Langfassung, Version 3.0, 2022, AWMF-Register-Nr. nvl-005. Stand 2022. AWMF-Reg.-Nr. nvl-005, unter: https://www.leitlinien.de/themen/depression/version-3 (abgerufen am 28.09.2023).
[2] Schmauß M. therapietabllen Psychiatrie, 5. Auflage. 2023.
[3] Gastpar M et al. Comparative efficacy and safety of a once-daily dosage of hypericum extract STW3-VI and citalopram in patients with moderate depression: a double-blind, randomised, multicentre, placebo-controlled study. Pharmacopsychiatry. 2006;39(2):66-75.
[4] Kresimon J et al. Versorgung von Patienten mit mittelschwerer Depression unter Therapie mit Hypericum-Extrakt STW3-VI im Vergleich zu selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) im Praxisalltag. Eine prospektive Versorgungsforschungsstudie zum Nutzen medikamentöser Therapien bei niedergelassenen Ärzten in Deutschland. 2012;17(04):198-206.

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