Erschienen in:
01.11.2013 | Leitthema
Personalisierte Pharmakotherapie
Evidenzbasierte Leitlinien und klinische Anwendung pharmakogenetischer Diagnostik
verfasst von:
Prof. Dr. J.C. Stingl, J. Brockmöller
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 11/2013
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Zusammenfassung
Eine konsequente Berücksichtigung individueller Faktoren in der praktischen Arzneimitteltherapie könnte helfen, diese sicherer und effizienter zu gestalten. In der Onkologie findet eine individuell zugeschnittene Arzneimitteltherapie durch Behandlungen, die eine Bestimmung molekularer Tumormarker voraussetzen, zunehmende Verbreitung. Die pharmakogenetische Diagnostik im engeren Sinne, also die molekulargenetische oder pharmakologische Messung individueller Besonderheiten bei der Medikamentenwirkung oder im Medikamentenstoffwechsel, wird aber bislang in der medizinischen Praxis wenig angewendet. Fehlende Daten, ein fehlendes Wissen um die Zusammenhänge, die begrenzte Verfügbarkeit entsprechender Labordiagnostik ebenso wie die Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Patienten von dieser neuen Diagnostik profitieren kann, gehören zu den Ursachen für die geringe Verbreitung der pharmakogenetischen Diagnostik. Dabei gibt es insbesondere im Bereich der Pharmakokinetik (also Absorption, Metabolismus und Elimination von Medikamenten) klare Konzepte für eine pharmakogenetisch optimierte Therapie. Diese Konzepte basieren auf dem Bioäquivalenzprinzip und sind auch Grundlage der individuellen Arzneitherapie in anderen Bereichen wie die Berücksichtigung von Leber- und Nierenerkrankungen und von Arzneimittelwechselwirkungen. Zunehmend wird auf die mögliche Bedeutung pharmakogenetischer Varianten in den Arzneimittelinformationen für Ärzte hingewiesen. Die von der FDA herausgegebenen Arzneimittelinformationen nennen pharmakogenetische Faktoren immerhin bei inzwischen mehr als 60 Medikamenten, meist jedoch, ohne konkrete Handlungsanweisungen für die Ärzte zu geben. Diese Lücke versuchen wir im Bereich der Pharmakokinetik zu schließen, aber auch internationale Konsortien, wie z. B. das Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium of the Pharmacogenomics Research Network (CPIC), haben sich zum Ziel gesetzt, Leitlinien für eine Dosis- oder Therapieanpassung basierend auf pharmakogenetischer Diagnostik herauszugeben, und dies auf Grundlage der jeweils besten verfügbaren Evidenz.