Erschienen in:
30.01.2022 | Schwerpunkt: Sprache als Medium in Psychotherapien - Übersichten
Die Sprache der Psychotherapeut*innen
Systematischer Review zum Zusammenhang semantischer Merkmale mit Therapiebeziehung und ‑ergebnis
verfasst von:
L. M. Steinert, M.Sc. Psychologie, S. Gries, D. Kästner, S. Wulf, A. Molitor, A. Gumz
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 2/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Psychotherapie basiert auf dem „Miteinander-Reden“ von Patient*innen und Therapeut*innen. Zur Untersuchung der Sprache von Therapeut*innen existiert mittlerweile eine Bandbreite an beobachterbasierten und computerautomatisierten Instrumenten.
Fragestellung
Die vorliegende Arbeit gibt einen systematischen Überblick über empirische Studien zum Zusammenhang semantischer Merkmale von Therapeut*innenäußerungen mit der Therapiebeziehung sowie dem Therapieergebnis.
Material und Methode
In den Datenbanken PubMed, PsycINFO und PSYNDEX wurde nach Studien, die die Therapeut*innensprache im einzeltherapeutischen Setting mit erwachsenen Patient*innen untersuchten, gesucht. Zwei Autorinnen screenten Titel, Abstracts und Volltexte unabhängig voneinander. Aus den eingeschlossenen Studien wurden relevante Studiendaten, wie die Messung abhängiger und unabhängiger Variablen, sowie zentrale Ergebnisse extrahiert. Eine Qualitätsanalyse erfolgte mithilfe des „Quality in Prognosis Studies tool“.
Ergebnisse
Ausgehend von 3524 Suchergebnissen wurden final 10 Studien eingeschlossen. Die Ergebnisse der wortsemantischen Untersuchungen im Zusammenhang mit Therapiebeziehung und -ergebnis zeigen a) einen negativen Zusammenhang kognitiv konnotierter Wörter und der Therapiebeziehung und dem Therapieergebnis; b) einen negativen Zusammenhang neutraler affektiver Wörter und der Therapiebeziehung; c) einen positiven Zusammenhang affektiv konnotierter Wörter und dem Therapieergebnis; d) einen positiven Zusammenhang emotional konnotierter Wörter und dem Therapieergebnis. Die Ergebnisse der diskurssemantischen Untersuchungen zeigen, dass eine zurückhaltende, den Patient*innen raumgebende und dennoch engagierte Haltung der Therapeut*innen im Gespräch günstiger für die Therapiebeziehung und das Therapieergebnis ist.
Diskussion
Mit 10 eingeschlossenen Studien ist die Evidenzbasis noch gering. Alle Studien zeigen, dass die Art, wie Therapeut*innen sprechen, im Zusammenhang mit der Therapiebeziehung und dem Therapieergebnis steht. Zur Erweiterung der Evidenz in diesem fruchtbaren interdisziplinären Forschungsgebiet sollten Therapeut*innen‑, Patient*innen- und Prozessfaktoren als potenzielle Einflussvariablen stärker berücksichtigt werden.