Erschienen in:
01.02.2006 | Leitthema: Versorgungsforschung
Evidenzbasierte Prävention und Gesundheitsförderung
Probleme und Lösungsansätze zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung der Versorgung
verfasst von:
Dipl. Pol., Dipl. Psych. T. Kliche, U. Koch, H. Lehmann, J. Töppich
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 2/2006
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Zusammenfassung
Evidenzbasierung meint die abwägende, systematische Nutzung verlässlicher Befunde zur Wirksamkeitsprüfung von Versorgungsleistungen. Für Prävention und Gesundheitsförderung (PGF) sind damit in den letzten Jahren wichtige Wirksamkeitsnachweise erbracht worden. Evidenzbasierung dient — außer zur Dokumentation der Wirksamkeit — auch zur Identifikation aussichtsreicher Interventionsansätze oder von Schwachstellen. Die Übertragbarkeit der Methodik evidenzbasierter Medizin auf die besonderen Erfordernisse der PGF wird indes noch diskutiert. Die Vorbehalte betreffen die Datengrundlagen, Forschungsstrategie, Verallgemeinerungsfähigkeit und praktische Nützlichkeit der Evidenzbasierung für PGF. Die Diskussion dieser Einwände ergibt, dass die Methodenhierarchie der evidenzbasierten Medizin informativ und haltbar ist und dabei für die Aufgaben von PGF sinnvolle Entwicklungs- und Differenzierungsmöglichkeiten aufweist: Die Charakteristika der Maßnahmen und Programme müssen präzise dokumentiert werden und ebenso die Kontexte der Interventionen (z. B. Settingmerkmale). Auf dieser differenzierten Datengrundlage über komplexe Interventionen und Settings können langfristig immer bessere Kausalmodelle der Wirksamkeit von PGF entstehen. Die für PGF wichtigen Beobachtungsstudien sollten durch Anlehnung an die Multi-Trait-Multi-Method-Strategie aus der Psychologie informativer gestaltet werden (Mehrpunktmessungen, Modellierung von Verläufen, mehrdimensionale Messungen komplexer Wirkungsebenen). Alle verfügbaren Wissensformen sind zweckmäßig in Theorie-Evidenz-Zyklen zu integrieren, auch qualitative Studien. Für Evidenz aus Expertenwissen sind Transparenz- und Pluralitätskriterien zu fordern.