Mit dem richtigen Code zum Honorar

Das Honorar ist seit diesem Jahr auch an die Entwicklung der Morbidität der Versicherten geknüpft. Grundlage dafür sind Empfehlungen des Bewertungsausschusses – und die basieren auf den Diagnosen der Vertragsärzte, verschlüsselt nach ICD-10. Die Unterschiede zwischen den KVen sind deutlich. Je schwerer die Erkrankung eines Patienten ist, desto mehr Betreuungsaufwand durch Ärzte ist erforderlich. Diese Binsenweisheit schlägt sich im vertragsärztlichen Honorar nieder, das seit 2013 auch an die Entwicklung der Morbidität gekoppelt ist. Seit dem vergangenen Jahr hat daher der Bewertungsausschuss den Auftrag, im Herbst Empfehlungen für die Veränderungsraten der Morbiditätsstruktur des Folgejahres abzugeben – heruntergebrochen auf die Entwicklung in den einzelnen KV-Bezirken. Die Empfehlungen fließen dann in die regionalen Honorarverhandlungen zwischen Krankenkassen und der jeweiligen KV ein. Differenz von zwei Prozentpunkten Nach dem Beschluss in der 315. Sitzung des Bewertungsausschusses hat die KV Sachsen-Anhalt für 2014 die besten Argumente für eine Honorarsteigerung aufgrund gestiegener Morbidität. Die empfohlene Veränderungsrate für diese KV liegt demnach bei gut 2,66 Prozent und damit in fast derselben Höhe wie im vergangenen Jahr. Gefolgt wird Sachsen-Anhalt von der KV Mecklenburg-Vorpommern mit 2,03 Prozent und der KV Thüringen mit rund 1,81 Prozent. Unter den alten Bundesländern hat Niedersachsen mit einer Veränderungsrate von rund 1,66 Prozent den höchsten Wert zu verzeichnen. Am niedrigsten sind die empfohlenen Veränderungsraten in der KV Berlin (0,67 Prozent), in Bremen (0,68 Prozent) und im Saarland (0,95 Prozent). Zwischen der KV mit der höchsten Veränderungsrate und der mit der niedrigsten Rate liegt damit eine Differenz von zwei Prozentpunkten (siehe Tabelle am Artikelende). Diese Zahlen sind nun die Voraussetzung für eine – politisch gewünschte – regionale Differenzierung der Honorare nach dem Behandlungsbedarf. Behandlungsdiagnosen als Grundlage Grundlage für die Veränderungsraten sind Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses. Das Institut greift dafür auf die Behandlungsdiagnosen aus den vertragsärztlichen Quartalsabrechnungen zurück, und damit wird die Sache für Ärzte pikant. Denn nur dann, wenn die Vertragsärzte gut dokumentieren, wird die Steigerung der Morbidität am Ende auch sichtbar – und damit wirksam fürs Honorar. Beispiel: Ein Diabetiker, der eine Retinopathie entwickelt oder eine Niereninsuffizienz, braucht eine intensivierte Betreuung. Sichtbar für die KV wird das nur, wenn auch die passenden Diagnosenschlüssel eingesetzt werden, die Verschlechterung des Zustandes also dokumentiert wird. Bei gutem Behandlungserfolg weniger Honorar? Die Anreize für Vertragsärzte, genauer und verlaufsorientiert zu kodieren, wirken in unterschiedliche Richtungen. Die Verschlechterung des Zustandes eines chronisch kranken Patienten bringt einem Hausarzt in der Regel kaum zusätzliches Honorar, da die Chronikerpauschale meist ohnehin abgerechnet werden kann. Aber der Gesamttopf im Folgejahr kann eher wachsen, wenn alle Ärzte einer KV gründlicher kodieren. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille: Denn wenn bei einem Diabetiker über viele Jahre der Zustand stabil bleibt, könnte dieses auch an einer guten und intensiven Betreuung durch seine Ärzte liegen. Müsste nicht gerade der Behandlungserfolg belohnt werden? In Selektivverträgen laufen die Anreizstrukturen tatsächlich eher in die Richtung, den Behandlungserfolg zu honorieren. Im Kollektivvertrag hat sich das bisher nicht durchgesetzt. Wodurch erklären sich also die großen Unterschiede zwischen den KVen? In Bayern beispielsweise lag die vom Bewertungsausschuss empfohlene Veränderungsrate für 2013 bei 0,1 Prozent. Waren die bayerischen Ärzte also besser als ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt? Oder haben sie nur schlechter kodiert? Oder sind die Patienten in Bayern einfach gesünder als die in Sachsen-Anhalt? Bayern hat stark aufgeholt Auf jeden Fall hat sich die empfohlene Veränderungsrate in Bayern für 2014 im Vergleich zu 2013 um mehr als 1,2 Punkte erhöht, Bayern liegt jetzt bei den empfohlenen Veränderungsraten für die Morbidität im Mittelfeld der KVen. Deutliche Steigerungen gab es auch in Westfalen-Lippe und in Rheinland-Pfalz, die im vergangenen Jahr ebenfalls im Vergleich zu den anderen KVen sehr niedrig lagen. Dass die Veränderung der Morbidität nicht nur am Behandlungserfolg beziehungsweise der Kodiergenauigkeit der Ärzte liegt, sondern auch an noch leichter objektivierbaren Kriterien wie der demografischen Entwicklung, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Zusätzlich zu den Veränderungsraten aufgrund der Diagnosen gibt der Bewertungsausschuss daher auch Empfehlungen für die Veränderungsraten aufgrund demografischer Kriterien ab. Hier liegen die Stadtstaaten mit wachsender Bevölkerung mit Werten zwischen 0,05 und 0,27 Prozent besonders niedrig. In den neuen Bundesländern dagegen empfiehlt der Bewertungsausschuss Veränderungsraten zwischen 0,75 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) und 0,62 Prozent (Thüringen). Nur Sachsen liegt mit 0,43 Prozent eher im Bereich der alten Bundesländer. Die empfohlenen Veränderungsraten des Bewertungsausschusses sind damit ein Ansatzpunkt, dass die Honorare in strukturschwachen Gebieten, in denen es tendenziell schwerer ist, Ärzte für die Niederlassung zu gewinnen, schneller wachsen als in den Ballungszentren mit jüngerer Bevölkerung. Und so steht es im Gesetz: Paragraf 87 a SGB V, regionale Euro-Gebührenordnung, morbiditätsbedingte Gesamtvergütung, (...) Absatz 3: Jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die (...) Vertragsparteien (...) für das Folgejahr (...) die an die jeweilige KV zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen (...) Absatz 5: Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen (...) 2. zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur (...) Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss die Ergebnisse der Berechnungen (...) zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur mit (...), wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen (...) basiert. Empfehlungen zur Entwicklung der Morbidität in KVen 2013/2014 Region 2012 2013 in % 2014 in % KV Bayerns 0,1061 1,3796 KV Berlin 0,5805 0,6653 KV Bremen 0,6423 0,6877 KV Westfalen-Lippe 0,6544 1,6496 KV Saarland 0,6601 0,9472 KV Rheinland-Pfalz 0,6870 1,3466 KV Hessen 0,7976 0,9529 KV Baden-Württemberg 1,0503 1,0222 KV Nordrhein 1,1924 1,3978 KV Schleswig-Holstein 1,4941 1,2846 KV Hamburg 1,5318 1,2534 KV Mecklenburg-Vorpommern 1,6361 2,0313 KV Niedersachsen 1,6673 1,6552 KV Sachsen 1,7522 1,6384 KV Brandenburg 1,8024 1,3925 KV Thüringen 1,8135 1,8067 KV Sachsen-Anhalt 2,6931 2,6626 Quelle: Bewertungsausschuss; Tabelle: Ärzte Zeitung

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