Erschienen in:
22.03.2014 | Übersicht_Allergo J Int 2014; 23: 67
Moderne Diagnostik der Zöliakie und relevante Differenzialdiagnosen bei Getreideunverträglichkeiten
verfasst von:
Markus Hahn, Alexander F. Hagel, Simon Hirschmann, Caroline Bechthold, Peter Konturek, Markus Neurath, Prof. Dr. Martin Raithel
Erschienen in:
Allergo Journal
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Ausgabe 2/2014
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Zusammenfassung
Mit einer Frequenz von etwa 1 : 500 stellt die Zöliakie (früher Sprue) eine wichtige Differenzialdiagnose bei Personen mit Malabsorption, Abdominalbeschwerden, Diarrhöen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten dar. Die Zöliakie kann ein breites Spektrum gastrointestinaler Symptome, aber auch extraintestinaler Krankheitserscheinungen (z. B. Dermatitis herpetiformis Duhring), verschiedener oligo- oder asymptomatischer Verläufe (z. B. Anämie, Osteoporose, Depression) bis hin zur refraktären kollagenen Zöliakie induzieren.
Die Zöliakie wird bei HLA-DQ2- und -8-prädisponierten Personen (HLA: humanes Leukozytenantigen) durch den Kontakt mit Gliadinen des Weizens über eine prädominante Th1-Immunreaktion und eine begleitende humorale Th2-Antwort hervorgerufen, die schließlich bis zur Zottenatrophie führen kann. Mit geeigneten serologischen Tests (Bestimmung der Immunglobulin[Ig]A-Antikörper gegen Gewebstransglutaminase, Endomysium und deamidierte Gliadinpeptide kann bei ausreichender Glutenzufuhr die Diagnose heute zuverlässiger als in früheren Jahren gestellt werden. Bei IgA-Mangel muss auf die IgG-basierte Serologie gegenüber obigen Antigenen ausgewichen werden.
Die Diagnosestellung kann entweder im Kindes- und Jugendalter bei Antitransglutaminasetitern über dem Zehnfachen der Norm durch zwei der oben genannten Antikörpertests bei HLA-Übereinstimmung gestellt werden oder sie wird bei weniger eindeutiger Serologie bzw. bei Erwachsenen durch die Endoskopie und histologische Marsh-Klassifizierung gesichert. Glutenprovokationen sind — soweit vom klinischen Zustand aus vertretbar — bei Personen mit bereits reduzierter Glutenaufnahme, bei grenzwertiger Serologie, Diskordanz zwischen Serologie und Histologie oder bei einem Verdacht auf Nahrungsmittelallergie angezeigt.
Die Diagnose der Zöliakie muss vor Einleitung einer glutenfreien Kost definitiv und sicher gestellt sein. Denn es ist eine lebenslange Diät mit Karenz von Gluten (Gliadin; < 20 mg/kg Lebensmittel), Getreideprodukten (Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel) sowie glutenhaltigen Zubereitungen und Getränken erforderlich. Bei effektiver Elimination von Gluten liegt eine gute Prognose bezüglich der kompletten Abheilung der Dünndarmentzündung vor. Nur in seltenen Fällen finden sich therapierefraktäre Verläufe, die mit einem enteropathieassoziierten T-Zell-Lymphomrisiko einhergehen.
Zitierweise: Hahn M, Hagel AF, Hirschmann S, Bechthold C, Konturek P, Neuratz M, Raithel M. Modern diagnosis of celiac disease and relevant differential diagnoses in the case of cereal intolerance. Allergo J Int 2014; 23: 67–77 DOI 10.1007/s40629-014-0006-4