Zentrales Venenzeichen verbessert MS-Diagnostik

Das zentrale Venenzeichen eignet sich weit besser als die Präsenz kortikaler Läsionen, um in der Bildgebung eine MS von anderen neurologischen Erkrankungen abzugrenzen. Mit beiden Markern zusammen lässt sich eine MS recht präzise nachweisen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die 2017 revidierten McDonald-Kriterien haben zwar die Zeit bis zur MS-Diagnose deutlich verkürzt und ermöglichen einen früheren Beginn einer krankheitsmodifizierenden Therapie, dieser Vorteil geht allerdings auf Kosten der Spezifität und bedingt damit ein höheres Risiko für Fehldiagnosen, berichten Neurologinnen und Neurologen um Dr. Alessandro Cagol von der Uniklinik in Basel. MS-typische Bildgebungsmerkmale wie kortikale Läsionen und zentrales Venenzeichen (ZVZ) könnten die MS-Diagnostik möglicherweise verbessern und die Spezifität erhöhen. Anhand einer retrospektiven Analyse von Bildgebungsdaten zu 1051 Personen aus 14 europäischen Kliniken kommen sie zu dem Schluss, dass vor allem das ZVZ sehr aussagekräftig ist und mit beiden Markern eine Genauigkeit bei der Differenzialdiagnostik von über 90% erreicht wird. Die MRT-Aufnahmen stammten aus dem Forschungsprojekt MAGNIMS (MagneticResonance Imaging in MS) sowie einer Alzheimerpräventionskohorte. Erstellt wurden sie mit einem 3-Tesla-Gerät und spezifischen Sequenzen zur Erkennung kortikaler Läsionen (3-D-T1, MP2RAGE, DIR, PSIR) sowie einer Sequenz zur ZVZ-Detektion (3-D-T2-SWI). Die beteiligten Patientinnen und Patienten wiesen alle Läsionen in der weißen Substanz auf, bei 57% war schließlich eine MS oder ein klinisch isoliertes Syndrom (CIS) diagnostiziert worden, die übrigen hatten andere neurologische Erkrankungen, darunter NMOSD, MOGAD (myelin oligodendrocyte glycoprotein antibody-associated disease), Migräne, inflammatorische Vaskulopathien, zerebrovaskuläre Erkrankungen oder Morbus Fabry. 14% galten als hirngesund – sie präsentierten lediglich unspezifische Läsionen. Zwei Drittel mit zentralen Venenzeichen Von den Personen mit einer MS-Diagnose und CIS wiesen jeweils 60% und 49% kortikale Läsionen auf, diese waren aber auch bei rund einem Viertel mit MOGAD und inflammatorischen Vaskulopathien vorhanden, etwas seltener bei NMOSD und zerebrosvaskulären Erkrankungen sowie fast komplett abwesend bei hirngesunden Teilnehmenden. Basierend auf einem Cut-off-Wert von einer Läsion ließen sich MS und CIS mit einer Genauigkeit von 77% (AUC-Wert) von anderen Erkrankungen abgrenzen. Die meisten Läsionen bei MS/CIS traten frontal (54%) und parietal (34%) auf. Die Verteilung war aber nicht sehr spezifisch. Besonders häufig waren kortikale Läsionen unter Männern mit MS, älteren MS-Kranken und solchen mit relativ langer Erkrankungsdauer. Ein ZVZ hatten 62% der Personen mit MS sowie 68% mit CIS. ZVZ waren zudem bei rund einem Viertel bis einem Drittel der NMSOD-Erkrankten nachweisbar, fehlten aber fast vollständig bei Gesunden und anderweitig Erkrankten. Der AUC-Wert war mit 0,89 signifikant höher als bei kortikalen Läsionen (0,77). Basierend auf einem Vorschlag, dass für ein positives ZVZ mindestens 40% der Läsionen eine zentrale Vene aufweisen müssen, ergibt sich eine Spezifität von 86% bei einer Sensitivität von 79%. Die besten Werte für Spezifität (81%) und Sensitivität (88%) deuteten sich jedoch bei einem ZVZ-Anteil von mindestens 26% an. ZVZ traten bei älteren und länger an MS erkrankten Personen seltener auf als bei jüngeren und solchen mit kurzer Erkrankungsdauer. MS und CIS ließen sich noch präziser von anderen Erkrankungen abgrenzen, wenn sowohl kortikale Läsionen als auch ZVZ berücksichtigt wurden – dann ergab sich ein AUC-Wert von 0,92, unter der Voraussetzung, dass eine ZVZ-Analyse bei mindestens drei Läsionen möglich war. Dieser AUC-Wert war signifikant höher verglichen mit einer alleinigen Analyse von ZVZ- oder kortikalen Läsionen. Bei Personen mit einer Erkrankungsdauer von maximal zwei Jahren waren kortikale Läsionen wenig aussagekräftig, wohl aber wiederum die die Kombination von kortikalen Läsionen und ZVZ (AUC = 0,90). Letztlich, so die Neurologinnen und Neurologen um Cagol, lasse sich eine MS noch besser von anderen Erkrankungen abgrenzen, wenn Ärzte bei MRT-Untersuchungen sowohl auf kortikale Läsionen als auch ZVZ achten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie aussagekräftig sind kortikale Läsionen und zentrales Venenzeichen (ZVZ) in der MS-Diagnostik? Antwort: Beide Marker zusammen können eine MS mit recht hoher Genauigkeit (AUC-Wert = 0,92) von anderen neurologischen Erkrankungen abgrenzen – selbst bei Personen, die noch nicht lange erkrankt sind. Bedeutung: Beide Biomarker zusammen verbessern die MS-Diagnostik. Einschränkung: 3-Tesla-Aufnahmen mit speziellen Sequenzen nötig.

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