Erschienen in:
01.08.2015 | Leitthema
Oligosaccharide in Frauenmilch
Potenzial für künftige Säuglingsmilchnahrungen
verfasst von:
Prof. Dr. S. Rudloff, C. Kunz
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
|
Ausgabe 8/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Die großen Fortschritte der letzten 10 Jahre führten zur Charakterisierung von individuellen Humanmilcholigosacchariden (HMO) und verschiedenen HMO-Mustern, die im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kindes zurzeit intensiv untersucht werden. Frauenmilch enthält eine Vielzahl an komplexen Oligosacchariden in Konzentrationen zwischen 10 und 20 g/l. Somit zählen sie neben Lactose und Fett zu den mengenmäßig wichtigsten Komponenten. Die Biosynthese wird u. a. von spezifischen Enzymen in der Brustdrüse beeinflusst, die dem Lewis-Blutgruppensystem und dem Sekretorstatus zuzuordnen sind. Bisherige Studien deuten darauf hin, dass HMO Wachstum und Aktivität bestimmter Mikroorganismen, v. a. einiger Bifidobakterienstämme im Darm beeinflussen. Trotz dieser interessanten Daten, die primär auf In-vitro-Studien beruhen, ist der bifidogene Effekt von HMO beim Säugling bis heute noch nicht klar bewiesen. Das gilt auch für andere spezifische Funktionen von HMO. Hierzu zählen die Beeinflussung inflammatorischer und infektiöser Vorgänge sowie die Hemmung der Anhaftung pathogener Keime und deren Toxine an Epithelzelloberflächen. Fortschritte auf den Gebieten der Biotechnologie und der chemischen Synthese ermöglichen heute die Produktion einiger HMO im großen Maßstab, sodass diese Komponenten derzeit auch in vivo untersucht oder in Kürze bereits Säuglingsmilchnahrungen zugesetzt werden. Vor der Durchführung klinischer Studien sollte allerdings beachtet werden, dass einzelne HMO im Vergleich zur komplexen HMO-Mischung in Frauenmilch andere, auch nachteilige Effekte haben und dass die Wirkungen grundsätzlich vom Reifegrad des Kindes (Früh- vs. Reifgeborene) und seinem individuellen Erkrankungsrisiko abhängen könnten.