Die vorliegende Studie vergleicht das externe mit dem internen Stellen von Arzneimitteln für Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen. Ziel der Studie ist die quantitative Auswertung der Fehlerhäufigkeit im Vergleich und die Erhebung der Fehlerarten.
Material und Methoden
Untersucht wurden sechs stationäre Pflegeeinrichtungen, bei denen entweder die Arzneimittel intern oder extern in der Apotheke oder dem Blisterzentrum gestellt wurden. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von Februar bis Ende Juli 2022, die Analyse mittels Kreuztabelle und Chi-Quadrat sowie Odds-Ratio und relativem Risiko.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 471 Stellvorgänge und 29.216 einzelne Tabletten gezählt und kontrolliert. 35 Stellvorgänge oder 7,4 % waren insgesamt fehlerhaft. Im Ergebnis zeigt sich eine hoch signifikante Verringerung der Fehlerhäufigkeit bei den Stellvorgängen außerhalb der Pflegeeinrichtungen. Der Pearson-Chi-Quadrat ergab für die Fehlerhäufigkeit in Stellvorgängen einen Wert von 38,982 und ist mit < 0,001 als hoch signifikant einzustufen. Der Odds Ratio gibt ein 12,043faches Risiko eines falsch gestellten Medikaments bei intern stellenden Einrichtungen im Vergleich zu externen Stellen an.
Diskussion
Der Zusammenhang zwischen Fehlerhäufigkeiten und Stellen innerhalb der Pflegeheime ist nur leicht positiv. Dies kann vor allem durch die insgesamt geringe Fehlerhäufigkeit erklärt werden. Bemerkenswert ist, dass allein das Stellen durch Apotheken außerhalb des Pflegeheims in einem identischen Verfahren die Fehlerhäufigkeit so deutlich senkt. Dies allein könnte für eine Auslagerung dieser Tätigkeit sprechen.
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die Zahl der Pflegebedürftigen lag 2021 bei 4,96 Mio. Menschen, davon wurden knapp 16 % vollstationär in Altenpflegeeinrichtungen versorgt [3]. Diese Zahl wird anhand der konservativsten Form der Vorausberechnungen des statistischen Bundesamtes in den nächsten 12 Jahren um 14 % auf 5,6 Mio. steigen [4]. Gleichzeitig errechnet die Bertelsmann Stiftung [17] eine Personallücke im Pflegesektor zwischen 36.000 und 604.000 Vollzeitäquivalenten bis zum Jahr 2030.
Dass die Medikamentenstellung grundsätzlich und insbesondere in Altenpflegeeinrichtungen ein Hochrisikoprozess mit Fehlerquoten zwischen 21 % und 28 % pro Stellvorgang (SV) ist, wurde bereits mehrfach dargestellt [1, 11, 19]. In der Untersuchung von Jaehde und Thürmann [7] wird die Fehlerquote auf die Gesamtzahl der verordneten Medikamente wiedergegeben und liegt bei 0,35–6,88 %.
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Auffälligkeiten nahmen stetig zu und stiegen von 9,20 % 2016 auf zuletzt 2020 19,20 %. 10,7 % dieser Auffälligkeiten wurden als Risiko für eine negative Folge für die Bewohner angesehen [14].
Der Fachpersonalmangel und der daraus resultierende Zeitdruck sind ein zunehmendes Sicherheitsrisiko, da die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der Anzahl zu stellender Medikamente je pflegebedürftiger Person steigt [7]. Gleichzeitig benötigt die Pflegeperson zur Wahrnehmung möglicher unerwünschter pharmakologischer Effekte Zeit mit Patienten, die durch die sinkende Personalausstattung reduziert wird [5]. Daher ergibt es Sinn, sich mit der Einführung maschineller bzw. externer Verblisterung zu beschäftigen [15].
Unterschiedliche Lösungen werden hierfür bereits ausgiebig diskutiert, darunter v. a. die patientenindividuelle Verblisterung, wie z. B. mit Unit-Dose-Systemen, die durch eine Automatisierung die richtige Dosierung zum richtigen Zeitpunkt individuell zur Verfügung stellen sollen [8, 10, 12, 13].
International finden sich Hinweise darauf, dass die individuelle Dosierung in der Tat einen positiven Effekt auf die Patientensicherheit haben kann. So wurden z. B. unerwünschte Auswirkungen wie Hospitalisierungen und deren Schwere anhand der Aufenthaltsdauer betrachtet und eine Reduktion nachgewiesen, was sich auch wirtschaftlich positiv auswirkte [16]. Auch eine Studie aus Finnland beschäftigte sich mit diesem Thema und erstellte eine Medikationsmanagementprozedur basierend auf den aktuellen Möglichkeiten von automatisierter Verblisterung [17].
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Für Deutschland kommen Neubauer und Voss [14] in einem Review zu dem Schluss, dass sich neben Risikoreduktion auch Verbesserungen in der Therapieadhärenz zeigen.
Es fehlen systematische Untersuchungen, insbesondere in Altenpflegeeinrichtungen, wo ein positiver Effekt bisher nicht ausreichend belegt werden konnte [6]. Die Verblisterung in Apotheken stellt zwar scheinbar eine Verbesserung dar, aber keine endgültige Lösung. Zudem war die Stichprobe mit drei Pflegeheimen in dieser Arbeit nur bedingt zu verallgemeinern [9].
Ziel dieser Erhebung ist es, in stationären Pflegeeinrichtungen zu untersuchen, ob eine Auslagerung des SV einen signifikanten Einfluss auf die Fehlerhäufigkeit und damit die Arzneimittelsicherheit hat. Hiermit soll erreicht werden, die Datenlage in Deutschland zu verbessern und eine Grundlage für umfangreichere Analysen zu schaffen.
Es sollten die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden:
Inwiefern kann die Arzneimittelstellung durch einen externen Dienstleister (Apotheke oder Blisterzentrum) die Arzneimitteltherapiesicherheit für Bewohner steigern?
Welche Fehlerarten treten beim Stellen von Arzneimitteln auf?
Gibt es eine signifikante Fehlerreduktion durch die Auslagerung des Stellprozesses an ein Blisterzentrum?
Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde eine prospektive, multizentrische Vergleichsstudie vorgesehen. Hierfür wurden in sechs unterschiedlichen Altenpflegeeinrichtungen Daten bezüglich der SV und Fehlerhäufigkeiten erhoben.
Die Auswahl der Einrichtungen ergab sich über die gemeinsame Trägerschaft und ermöglichte daher den Zugriff auf die notwendigen Daten. Ausschlaggebend war neben der Bereitschaft des Trägers vor allem das Vorliegen der drei zu überprüfenden Varianten von SV in jeweils voneinander getrennten Einrichtungen:
1.
Variante: Pflegefachpersonen in der Einrichtung stellen die Medikamente selbst.
2.
Variante: Eine Apotheke stellt die Medikamente manuell und liefert sie individuell verblistert.
3.
Variante: Ein Blisterzentrum stellt automatisiert und liefert die individuellen Blister.
Diese Studie wurde weder interventionell noch kontrolliert durchgeführt. Es wurde davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf das Patientenklientel in den Einrichtungen keine Verzerrungen zugunsten einer der Varianten ergeben und mit der zufälligen Auswahl der Wochen und Erhebungsgruppen eine Randomisierung vorliegt.
In den selbst stellenden Einrichtungen fand der SV tagsüber durch Pflegefachpersonen statt. Es wurden regelmäßig Medikamentenvisiten (MV) durchgeführt. In den belieferten Einrichtungen kam ein trägereinheitlicher Kontrollbogen (KB) zum Einsatz, mit dem die Pflegefachpersonen je nach Einrichtung 10 % oder 100 % aller gelieferten Blister überprüften, die Entscheidung hierüber oblag der Einrichtungsleitung. Die Varianten und das Studiendesign werden in Abb. 1 verdeutlicht.
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Die Studie betrachtet ausschließlich feste, orale Arzneimittel, die Bewohner als Dauermedikation von Ärzten verordnet wurden.
Datenerhebung
Die Daten wurden 2022 im Zeitraum von Anfang Februar bis Ende Juli erhoben. Der Träger plante danach eine weitere Umstellung auf externe Zulieferung. Aufgrund unterschiedlicher Verfügbarkeiten der zuständigen Mitarbeiter und der erhebenden Person beim Träger wurde jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Wochen in den einzelnen Einrichtungen erfasst. Die Anzahl der Wochen je Einrichtung ist in Tab. 1 dargestellt. Die Anzahl der Bewohner in den Einrichtungen in den einzelnen Wochen und damit die Stichprobengröße schwankte zwischen den Erhebungszeiträumen. Es wurden Patienten ausgeschlossen, wenn sie keinen vollständigen Wochenblister hatten, z. B. wenn sie erst neu hinzugekommen oder zeitweise abwesend waren.
Tab. 1
Übersicht Pflegeeinrichtungen. (Quelle: eigene Ergebnisse)
E 1
E 2
E 3
E 4
E 5
E 6
Bewohnerkapazität
45
87
45
45
45
36
SV durch:
Einrichtung
Einrichtung
Apotheke
Apotheke
Apotheke
Blisterzentrum
Wochendosetten/-blister (n)
3
4
3
4
1
3
Erhebungsmethode
MV anhand des KB
MV anhand des KB
KB
KB
KB
KB
Anteil Blisterkontrolle
Stations-größe
Stations-größe
10 %
100 %
10 %
100 %
Tag des SV
Mittwoch
Dienstag
Freitag
Mittwoch
Samstag
Mittwoch
Hinweise
Es wurde immer einmal wöchentlich gestellt, für 7 Tage
Für die Berechnung der benötigten Stichprobengröße wurden ein Alpha-Niveau von 0,05 (entsprechend einem 95 %-Konfidenzintervall [KI]), eine Teststärke von 0,90 und eine erwartete, moderate Effektgröße von 0,3 angenommen. Die moderate Erwartung der Effektgröße resultiert aus der Annahme, dass die Form der SV durch multiple Einflussfaktoren in den Einrichtungen und bei externen Dienstleistern beeinflusst wird und diese Betrachtung nur einen geringen Teil dieser Faktoren einschließt.
Die Berechnung der Stichprobengröße ergab, dass insgesamt 351 Beobachtungen benötigt wurden. Da erwartet wurde, dass die Gruppengrößen in den Varianten aufgrund der Anzahl an Betreuungsplätzen in den Einrichtungen im Verhältnis 2:2:1 variieren, wurde diese Gesamtzahl entsprechend aufgeteilt, was zu Mindestgruppengrößen von 142, 142 und 71 geführt hat.
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Insgesamt wurden 18 Audits durchgeführt, davon 7 in Einrichtungen mit Variante 1, 8 in Einrichtungen mit Variante 2 und 3 in der Einrichtung mit Variante 3.
Die Tab. 1 zeigt einen Überblick über die unterschiedlichen betrachteten Pflegeeinrichtungen (E1–6), die erhobenen Wochen und die Form der SV.
Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen fanden in den überprüften, selbst stellenden Einrichtungen keine SV in der Nacht statt, was nachgewiesenermaßen zu einem verringerten Risiko führen sollte [18]. Die Kontrollen der extern gestellten Medikamente konnten hingegen nachts erfolgen.
Für die Studie wurden die wochenweise gestellten Medikamente in den zuvor dargestellten Pflegeeinrichtungen überprüft. In extern versorgten Einrichtungen wurde hierzu der KB herangezogen, der von den Pflegefachpersonen bei Eintreffen der Medikamente ausgefüllt und bei Abweichungen an die verblisternde Stelle versendet wurde. Kleine Abweichungen, die sofort selbst behoben werden konnten, wurden hierbei direkt behoben. Die Einrichtungen waren angewiesen, bei mindestens 10 % der gerichteten SV diese Blisterkontrollen durchzuführen. Bei einer hohen Fehlerauffälligkeit wurden weitere Dosetten geprüft, je nach Ermessen der zuständigen Pflegefachperson. Welche SV innerhalb der Wochen in die Stichprobe der Blisterkontrollen miteinbezogen wurden, oblag der prüfenden Pflegefachperson.
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Bei Zentren, in denen durch das Pflegepersonal manuell gestellt wird, wurden durch die Autorin als Mitarbeiterin selbst Medikamentenaudits durchgeführt und die SV für die jeweilige Woche vollständig kontrolliert. Diese Überprüfung erfolgte ohne eine vorherige Ankündigung an die Mitarbeiter. Bei der Prüfung wurden die von der Pflegefachperson gerichteten SV anhand des KB mit dem vorliegenden Arzneimittelplan abgeglichen. Die Medikamentenaudits basierten auf einem vor der Studie erstellten Plan und wurden für die Studie nicht abgeändert.
Es wurden immer die Wochendosetten (WD)/der Wochenblister als ein SV klassifiziert und überprüft. Die Auswahl der Wochen, deren KB in den extern belieferten Einrichtungen ausgewertet wurde, erfolgte nach dem Zufallsprinzip.
Alle patientenbezogenen Daten der SV wurden von der Autorin bei Aufnahme zur Datenverarbeitung anonymisiert. So lässt sich kein Rückschluss auf einzelne Personen ziehen. Es wurden ausdrücklich keinerlei persönliche Daten von Bewohnern erfasst und es fand hierzu auch keine Interaktion mit den Bewohnern statt. Dementsprechend fand gemäß der Deklaration von Helsinki keine Untersuchung am Menschen oder an vom Menschen gewonnenen Proben statt und es wurden auch keine personenbezogenen Daten der Bewohner verwendet.
Kategorisierung und Auswertung
Die Kategorisierung der Fehlerarten erfolgte in sechs unterschiedlichen Kategorien [9]:
falscher Zeitpunkt,
falsche Dosierung,
falsches Medikament,
fehlendes Medikament,
überzähliges Medikament,
Schnittstellenfehler.
Der Schnittstellenfehler wurde dann kodiert, wenn Fehler aufgrund von Arzneimitteländerungen vorlagen, die den verblisternden Stellen nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt werden konnten oder dort nicht mehr berücksichtigt wurden.
Die statistische Datenauswertung erfolgt in SPSS® (IBM, Armonk, NY, USA). Neben deskriptiver Statistik steht im Mittelpunkt der Auswertung eine Kreuztabelle zur Verblisterung und fehlerhaften SV. Das Signifikanzniveau lag auch hier bei 5 %. Die Auswertungen aus der Kreuztabelle erfolgten mittels χ2-Test und der Zusammenhang mit dem Kontingenzkoeffizienten und Cramer’s V. Außerdem werden Odds Ratio (OR) und Risikoschätzer angegeben.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 471 individuelle SV von Bewohner mit durchschnittlich rund 62 Medikamenten überprüft. Dies entsprach 29.216 Tabletten, die gezählt und kontrolliert wurden. 35 SV oder 7,43 % waren insgesamt fehlerhaft mit einer durchschnittlichen Anzahl falsch gestellter Medikamente von 7,75 Medikamenten. Dabei wurden 279 fehlerhaft gestellte Medikamente registriert, was einer Fehlerquote auf Medikamentenbasis von 0,95 % entspricht.
Die Fehlerhäufigkeiten in Tab. 2 der beiden Einrichtungen, welche die Arzneimittel der Bewohner selbst stellten, lagen bei 2,51 % (Pflegeheim 1) und bei 2,67 % (Pflegeheim 2). In den Einrichtungen, die die Arzneimittel von einem Blisterzentrum blistern ließen oder durch eine Apotheke patientenindividuell gestellt bekamen, lag die Fehlerhäufigkeiten im Promillebereich. Pflegeheim 4 (0,07 %) und Pflegeheim 3 (0,06 %) wurden von der gleichen Apotheke beliefert und zeigten die niedrigsten Fehlerhäufigkeiten. Pflegeheim 5 hatte eine Fehlerhäufigkeit von 0,24 % und Pflegeheim 6, welches durch das Blisterzentrum beliefert wird, hatte eine Fehlerhäufigkeit von 0,12 %.
Tab. 2
Übersicht Fehler nach Pflegeeinrichtungen. (Quelle: eigene Ergebnisse)
Pflegeeinrichtung
E 1
E 2
E 3
E 4
E 5
E 6
Stellvorgänge (SV, n)
77
111
27
153
19
84
Davon fehlerhaft (n)
12
19
1
1
1
1
Anteil fehlerhaft (%)
15,58
17,12
0,37
0,01
0,05
0,01
Geprüfte Medikamente (n)
4.184
5.844
1.614
10.643
1.262
5.669
Davon fehlerhaft (n)
105
156
1
7
3
7
Anteil fehlerhaft (%)
2,51
2,67
0,06
0,07
0,24
0,12
Insgesamt waren, wie in Tab. 3 zu erkennen, von allen SV 1,4 % in Einrichtungen mit externem SV und 17 % bei Einrichtungen, die selbst stellten, fehlerhaft. Von allen gestellten Medikamenten waren 0,09 % und 2,60 % respektive fehlerhaft gestellt.
Tab. 3
Fehlerhäufigkeiten nach Stellvorgängen (SV) und Medikamenten
Verblisterung
Keine Verblisterung
SV
Anteil in %
SV
Anteil in %
Fehlerhaft
4
1,4 %
32
17 %
Nicht fehlerhaft
279
98,6 %
156
83 %
Gesamt
283
100 %
188
100 %
Medikamente
Fehlerhaft
18
0,09 %
261
2,60 %
Nicht fehlerhaft
19.170
99,91 %
9.767
97,40 %
Gesamt
19.188
100 %
10.028
100 %
Der Pearsonʼs χ2 ergab für die Fehlerhäufigkeit in SV einen Wert von 38,98 und ist bei einem Freiheitsgrad von 1 mit < 0,001 als hoch signifikant einzustufen. Der zugehörige Kontingenzkoeffizient beträgt 0,28 und ist ebenfalls mit < 0,001 hoch signifikant. Cramerʼs V ergab 0,29 bei gleichem Signifikanzlevel. Damit ist eine moderate Effektstärke gegeben. Einrichtungen, die nicht extern stellen lassen, haben damit signifikant häufiger Fehler in ihren SV. Das OR gibt ein um den Faktor 12,04 erhöhtes Risiko eines Fehlers bei einem SV bei intern stellenden Einrichtungen an (95 %-KI 4,33–33,50). Das relative Risiko eines fehlerhaften externe SV liegt bei 7,00 % (95 %-KI 0,02–0,20).
Die Abb. 2 zeigt eine Übersicht der Häufigkeiten der unterschiedlichen Fehlerarten, gemessen an allen Fehlern. Hierbei zeigt sich, dass am häufigsten ein Medikament fehlte (46,04 %) oder zum falschen Zeitpunkt (35,09 %) zugeordnet war. Falsche Dosierung oder sogar ein falsches Medikament waren mit 7,92 % und 2,64 % respektive deutlich seltener. Zu 4,53 % lag der Fehler in der Stellung eines zusätzlichen Medikamentes, welches nicht für entsprechenden Bewohner vorgesehen war. Schnittstellenprobleme machten 3,77 % aller Fehler aus. In keinem der geprüften Stellvorgänge konnten mehrere Fehlerarten identifiziert werden.
×
Blisterzentrum
Im Vergleich der Daten des Blisterzentrums mit den selbst stellenden Einrichtungen wurden 272 SV miteinander verglichen, davon 84 in der Einrichtung mit SV im Blisterzentrum und 188 in den Einrichtungen mit internem SV. Es zeigte sich ein Anteil von 1,2 % fehlerhaften SV zu 17 % respektive. Auch diese Feststellung ist mit einem Pearsonʼs χ2 von 13,65 und einer Signifikanz von < 0,001 sehr aussagekräftig. Der Kontingenzkoeffizient beträgt hier 0,22 und Cramerʼs V 0,22 und beide sind ebenfalls mit < 0,001 hoch signifikant. Der OR für einen fehlerhaften SV liegt bei einem Faktor des 14,30fachen des Risikos eines fehlerhaften SV in den nicht an das Blisterzentrum angeschlossenen Einrichtungen im Vergleich zu der belieferten Einrichtung (95 %-KI 1987–102.901). Das relative Risiko eines fehlerhaften SV im Blisterzentrum liegt bei 5,9 % (95 %-KI 0,08–0,438).
Diskussion
Es zeigt sich eine signifikante Reduktion der Fehlerhäufigkeiten, wenn der SV nicht in der Pflegeeinrichtung selbst erfolgt. Insofern sollte aus Sicht der Patientensicherheit das externe Stellen favorisiert werden. Die Unterschiede im Stellprozess in Bezug auf Störfaktoren und speziellem Ausbildungsstand insbesondere im Vergleich mit den ebenfalls manuell stellenden Apotheken könnten Hinweise dazu liefern, wie auch internes Stellen zu einer geringeren Fehlerhäufigkeit führen könnte.
Die lediglich moderate Effektstärke wird auch durch die hohe Anzahl an einzelnen Beobachtungen und der insgesamt geringen Anzahl an Fehlern beeinflusst.
Blisterzentrum und Apotheke konnten aufgrund der Stichprobengröße kaum valide miteinander verglichen werden, weisen aber ähnliche Fehlerhäufigkeiten auf, so dass hier keine signifikante Unterscheidung zwischen den beiden externen Methoden des Stellens beobachtet wurde.
Die gesundheitlichen und ökonomischen Auswirkungen der Fehler werden hier nicht betrachtet. Die Kontrollfunktion der Pflegekraft beim Verteilen der Medikamente und der Austausch mit den Bewohnern kann die Fehlerhäufigkeit nach dem Analysezeitpunkt noch verringern. Dieser Effekt wurde nicht untersucht.
Grenzen und Validierung
Gerade durch die Beschränkung auf einen Träger und dessen Einrichtungen in dieser Studie können sich Verzerrungen ergeben. Diese können in der Person liegen, die die jeweilige Kontrolle durchgeführt hat und in den Umständen, unter denen die Kontrollen durchgeführt wurden. Weiterhin können Verzerrungen in den Prozessen und Eigenschaften der einzelnen Pflegeeinrichtungen vorliegen, da nicht zeitversetzt im selben Pflegeheim beide Varianten des Stellens nachvollzogen wurden. Auch durch die Auswahl der Beobachtungszeiträume kann sich eine Verzerrung ergeben, hierbei wurde allerdings darauf geachtet, dass diese nicht in besonderen Zeiten, wie in Urlaubszeiten, lagen.
Die Literaturrecherche zeigte auf, dass es bisher wenige Studien zu diesem Thema gibt. Die Ergebnisse sind nur deshalb begrenzt vergleichbar, da bisher keine Studien aus dem stationären Setting für Deutschland abrufbar waren. Dieser Mangel an Evidenz wurde auch im Rapid Report des IQWiG benannt, dabei konnten nur Studien aus ambulanten Bereichen hinzugezogen werden [6].
In dieser Untersuchung zeigt sich, dass aufgrund der geringen Fehlerzahlen in den extern stellenden Einrichtungen eine deutlich höhere Stichprobengröße vonnöten wäre um mehr als einen moderaten Effekt nachzuweisen. Die Unsicherheit zeigt sich insbesondere beim Blisterzentrum in den sehr großen Konfidenzintervallen des Odds Ratio und des relativen Risikos.
Aufgrund von Arzneimittel mit ähnlichem Aussehen und ungenauer Beschreibung in der Packungsbeilage sind auch Fehler in der gewissenhaften Erhebung nicht ausgeschlossen.
Unter Rückgriff auf vergleichbare Publikationen zeigt sich, dass die Werte in den intern stellenden Einrichtungen mit 15 % bzw. 17 % unterhalb des anderswo berichteten Korridors von 21 % und 28 % pro SV liegen [1, 7, 11, 19]. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die SV tagsüber stattfinden und bereits Mechanismen zur Fehlerreduktion in den Einrichtungen angewandt werden. Jedoch sind auch andere Definitionen des SV denkbar. Die Fehlerquote auf Basis der Gesamtzahl der verordneten Medikamente bewegt sich allerdings im mittleren Bereich des bisher berichteten Rahmens von 0,35–6,88 % [7].
Reliabilität und Generalisierbarkeit sind aufgrund des praktischen Studiendesigns in den Einrichtungen nur bedingt gegeben. Eine Übertragbarkeit der Ergebnisse wird insbesondere durch die gemeinsame Trägerschaft eingeschränkt sein, da hier systematische Verzerrungen, z. B. in Bezug auf das Stellen tagsüber oder einem vorteilhaften Personalschlüssel zu anderen Altenpflegeeinrichtungen, vorliegen können.
Empfehlung für weitere Forschung
Die Zeit für das Stellen und die Stellsituation sowie die unterschiedliche Qualifikation könnten sich bei dem Vergleich der Apotheke mit den Einrichtungen als maßgebliche Faktoren für die Arzneimittelsicherheit herausstellen. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen hierzu wären wünschenswert.
Neben den erörterten Fehlerhäufigkeiten und -arten wird nicht dargestellt, inwiefern die Arzneimittel dem Bewohner richtig verabreicht werden. Des Weiteren ist nicht untersucht, in welcher Situation die Fehler in den Einrichtungen entstehen. Gerade vor diesem Hintergrund überrascht die damit verglichen geringe Fehlerhäufigkeit des mutmaßlich störungsärmeren Stellens in der Apotheke.
Auch die Kostensicht wird in dieser Studie nicht betrachtet. Hierzu gibt es nur wenige, nicht neutrale Veröffentlichungen, die eine Kosteneinsparung annehmen [12, 20]. Eine neutrale Studie zum ökonomischen Effekt in Pflegeheimen wäre daher vonnöten, um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu untersuchen.
Die Angabe des BPAV die Verblisterung verringere die Fehlerzahl um den Faktor 10.000, konnte in dieser Studie nicht belegt werden [2]. Allerdings ist die signifikante, 14fach höhere Fehlerwahrscheinlichkeit in Einrichtungen, die intern stellten, ein Hinweis auf das Potenzial einer Reduktion der Fehlerhäufigkeit und sollte weiter untersucht werden.
Fazit für die Praxis
Der Anteil an Fehlern in bei internen Stellvorgängen ist hoch und scheint weiter zu steigen.
Die Fehlerwahrscheinlichkeit beim internen Stellvorgang (SV) im Vergleich zur Auslagerung des Prozesses ist um das 12fache höher.
Durch das Auslagern des Prozesses zeigt sich eine Erhöhung der Patientensicherheit.
Das Stellen wird in der Praxis durch viele Punkte, wie uneinheitliche Anordnungen, die Stellsituation, eindeutige Identifizierbarkeit der Medikamente, die persönliche Arzneimittelkompetenz und Einrichtungsspezifische Faktoren beeinflusst.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
S. Maier und C.C.J. Kreuzenbeck geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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