Erschienen in:
14.10.2022 | Leitthema
Philosophische Begründung einer Medizinethik
Eine kurze Einführung
verfasst von:
Prof. Dr. med. Gunter Wolf, MHBA, Nikolaus Knoepffler
Erschienen in:
Die Nephrologie
|
Ausgabe 2/2023
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Zusammenfassung
Medizinethik ist eine Bereichsethik der Angewandten Ethik. Vielfach werden die Begriffe „Ethik“ und „Moral“ synonym verwendet, was aufgrund der Herkunft der Begriffe verständlich ist, da das griechische Wort „ethos“ lateinisch mit „mos“ übersetzt wird. Beide bedeuten, wörtlich übersetzt, „Sitte, Gewohnheit“. In der Fachdiskussion werden diese Begriffe unterschieden. Dabei wird Ethik als eine Fachdisziplin verstanden, die, je nachdem ob es sich um philosophische oder theologische Ethik handelt, auch als Moralphilosophie bzw. Moraltheologie bezeichnet wird. Davon zu unterscheiden ist die Moral, womit die von einer Gesellschaft als gut anerkannten Normen, Ideale, Werte und die damit verbundenen Einstellungen gemeint sind. Im weitesten Sinn kann man hier von Moral als einer gesellschaftlichen Konvention (lateinisch: „convenire“ = übereinkommen) sprechen. Der Einzelne ist dann moralisch, wenn seine persönliche Einstellung mit dieser gesellschaftlichen Konvention übereinstimmt. Ein Spezialfall der Moral ist das Ethos, das beispielsweise im ärztlichen Berufsethos Normen und Wertvorstellungen einer bestimmten Berufsgruppe enthält. Davon zu unterscheiden ist das Recht, das, wenn es als positives Recht Gesetz wird, verbindliche Normen aufstellt. Meist stellen diese Gesetze gesellschaftliche Wert- und Normkompromisse dar. Etwas vereinfacht gesprochen: Das Recht ist in vielen Fällen die kodifizierte Moral bestimmter Gesellschaften. Von besonderer Bedeutung für die Lösung medizinethischer Problemstellungen sind dabei 4 philosophische Traditionen, die kantische als Beispiel für eine deontologische Ethik, die utilitaristische als Beispiel einer teleologischen Ethik sowie Naturrechtslehren, die auch als Tugendethiken bezeichnet werden, und Vertragstheorien. Der folgende Beitrag will eine kurze Einführung in diese philosophischen Konzepte geben, ohne das Thema vollständig abhandeln zu können.