Erschienen in:
01.10.2010 | Leitthema
Präklinisches Kleintiermodell zur Erforschung von Ischämie- und Reperfusionsschäden des Rückenmarks nach Crossclamping der Aorta
verfasst von:
Dr. M. Thiere, F. Simon, P. Erhart, K.H. Orend, H. Schelzig, A. Oberhuber
Erschienen in:
Gefässchirurgie
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Ausgabe 6/2010
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Zusammenfassung
Die spinale Ischämie und die darauf folgende Reperfusion ist ein zentrales Problem bei der Aortenchirurgie. Bei Großtiermodellen ist die klinisch-neurologische Beurteilung des Langzeitverlaufs problematisch. Eine aussagekräftige, klinische Beurteilung neuroprotektiver Substanzen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Ischämie-Reperfusionsschäden bietet das hier vorgestellte Tiermodell.
Die Spinale Ischämie wird durch ein doppeltes Ausklemmen der infrarenalen Aorta bei New Zealand White Rabbits provoziert. Durch die rein segmentale Versorgung des Rückenmarks beim Kaninchen reicht dies aus, um einen reproduzierbaren Schaden zu setzen. Nach einer definierten Zeit werden die Klemmen wieder entfernt und die Reperfusionsphase ausgelöst. Durch eine Voruntersuchungsreihe wurde als optimale Klemmphase 15 Minuten angesehen. Zur neurologischen Beurteilung wurde der modifizierte Tarlov-Score verwendet. Die Tiere wurden mit einem Gemisch von Ketamin (50 mg/kg) und Xylazin (5 mg/kg) anästhesiert. Intraoperativ wurden Blutdruck (invasiv), Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Temperatur aufgezeichnet.
Nach positiven Effekten von carbamyliertem Erythropoeitin (cEPO) in eigenen Großtierversuchen (Schwein) wurde dies als neuroprotektive Substanz in der Therapiegruppe verabreicht. Die neurologischen Untersuchungen erfolgten jeweils zum Zeitpunkt 0 h, 12 h, 24 h, 36 h, 48 h, 60 h, 72 h, 84 h, 96 h. Nach 96 h wurde das Rückenmark von thorakal bis sakral für die histologische Aufarbeitung entnommen.
20 New Zealand White Rabbits – jeweils 10 Tiere in der Therapiegruppe bzw. 10 Tiere in der Placebogruppe – wurden in oben genannter Weise operiert und nachuntersucht. Bei allen Tieren konnte ein Spinalis-anterior-Syndrom mit zunächst kompletter Plegie der Hinterläufe (entspricht Tarlov 0/5) ausgelöst werden. Dieser Ischämieschaden besserte sich in unterschiedlichem Ausmaß, jedoch kam es bei allen zu einer deutlichen Verbesserung in den ersten 12–24 h nach Clamping (Tarlov 4,25/5). Im weiteren Verlauf wurde eine erneute Verschlechterung der Neurologie beobachtet (Tarlov 3,55/5).
In den histologischen Schnitten fand sich kein Schaden im thorakalen Bereich, jedoch deutliche Ischämiezeichen im lumbalen Rückenmark. Das Ausmaß der histologischen Schädigung korrelierte hierbei signifikant (p=0,007) mit den neurologischen Symptomen. Zwischen den Tieren der Therapiegruppe (cEPO) und den Tieren der Placebogruppe zeigten sich weder klinisch noch histologisch signifikante Unterschiede.
Das Klemmen der infrarenalen Aorta beim New Zealand White Rabbit resultiert in einer klinisch als auch histologisch reproduzierbaren Ischämie des Rückenmarks. Dieses Tiermodell eignet sich somit ideal für die Testung von Zielsubstanzen zur Prävention des Ischämie-Reperfusionsschadens.
Die Gabe von cEPO konnte in einer ersten Versuchsreihe mit einer Ausklemmdauer von 15 Minuten keine signifikante Verbesserung der klinischen oder histologischen Schädigung erreichen.