Erschienen in:
01.01.2016 | Leitthema
Psychiatrische Komorbiditäten bei tabakbedingten Störungen
verfasst von:
Prof. Dr. S. Mühlig, S. Andreas, A. Batra, K. U. Petersen, E. Hoch, T. Rüther
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 1/2016
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Zusammenfassung
Die Koinzidenz von Tabakkonsum und psychiatrischen Störungen ist von hoher epidemiologischer und therapeutischer Bedeutung. Tabakrauchen bei Personen mit psychischen Störungen führt zu überproportionalen körperlichen Gesundheitsrisiken, ungünstigeren Störungsverläufen, schlechteren Therapieergebnissen und verminderter Lebensqualität (QoL). Die ätiologischen Gründe für die hohe Komorbidität zwischen Rauchen und psychischen Störungen sind noch unklar: Aktuell wird Tabakrauchen als Folge oder Mitursache psychischer Störungen diskutiert, oder beide Störungen besitzen gemeinsame Ursachen und Interaktionen. Psychiatrische Patienten sind aufhörmotiviert und Tabakentwöhnung ist bei Rauchern mit psychischer Störung nicht generell weniger erfolgreich als unter psychisch gesunden Personen. Spezifische Tabakentwöhnungsprogramme für psychiatrische Patienten in stationären und ambulanten Settings sind aufwendig und komplex, aber wirksam. Im Rahmen der aktuellen S3-Leitlinien wurde die internationale Evidenzlage aktualisiert und nach einem aufwendigen Konsensusprozess in Therapieempfehlungen transformiert. Im Wesentlichen sollen die gleichen Interventionsmaßnahmen zum Einsatz kommen wie bei psychisch gesunden Personen. Allerdings benötigen Raucher mit psychischer Komorbidität häufig psychotherapeutische Begleitinterventionen höherer Intensität und oftmals medikamentöse Unterstützung (Bupropion, Vareniclin, Nikotinersatztherapie). Aufgrund der insgesamt unbefriedigenden Befundlage basieren die Therapieempfehlungen teilweise auf klinischen Konsensentscheidungen. Es ist ein erheblicher Forschungsbedarf in diesem Bereich festzustellen.