Erschienen in:
26.10.2022 | Psychotherapie | Schwerpunkt: Nonverbale Aspekte in Psychotherapie-Prozessen - Übersichten
Macht der Ton die Musik?
Narrativer Review zur Bedeutung paraverbaler Merkmale des Sprechens von Psychotherapeut:innen
verfasst von:
F. Klapprott, M.Sc., D. Kästner, A. Gumz
Erschienen in:
Die Psychotherapie
|
Ausgabe 1/2023
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die Stimme eines Menschen beeinflusst, wie wir jemanden wahrnehmen. Paraverbale Merkmale der Sprache von Therapeut:innen stehen in komplexer Wechselwirkung mit semantischen Inhalten, der therapeutischen Beziehung und dem therapeutischen Fortschritt. Dieser noch junge Forschungsbereich hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Ziel der Arbeit
Der vorliegende narrative Review fasst Studienergebnisse zum Zusammenhang zwischen individuellen paraverbalen Merkmalen und stimmlicher Adaptation von Patient und Therapeut einerseits und therapeutischer Beziehung und Therapieerfolg andererseits zusammen.
Methode
Es wurden 5 Datenbanken mithilfe von Schlagwörtern durchsucht und geeignete Volltexte gemäß den Einschlusskriterien ausgewählt (Studien der letzten 20 Jahren, hypothesengeleitete Analyse paraverbaler Aspekte der Sprache von Therapeut:innen, mithilfe physikalischer Messdaten, Therapie Erwachsener).
Ergebnisse
Die 15 betrachteten Studien (1417 Datenbankeinträge) mit durchschnittlich 137 einbezogenen Therapieausschnitten (SD ± 112 ) unterscheiden sich stark im Forschungsdesign und betrachten mit Tonhöhe, Sprechtempo, vokale Energie und kombinierten Indikatoren verschiedene paraverbale Merkmale. Eine tiefere Grundfrequenz und ein sanfteres Sprechen (geringe vokale Energie) werden tendenziell als empathischer wahrgenommen. Insbesondere die Synchronisierung der Tonhöhe und die stimmliche Koregulation zwischen Therapeut:innen und Patient:innen wurden untersucht, wobei widersprüchliche Effekte beschrieben werden. Während für das Sprechtempo keine direkten Effekte beschrieben werden, werden Therapeut:innen, deren Sprechtempo sich von dem der Klient:innen unterscheidet, als weniger empathisch wahrgenommen.
Schlussfolgerung
Paraverbale Merkmale und stimmliche Koordination sind für den therapeutischen Prozess von Bedeutung. Zum Teil widersprüchliche Ergebnisse deuten auf weiteren Forschungsbedarf hin.