Erschienen in:
10.02.2016 | Stuhlinkontinenz | Originalien
Sakrale Nervenstimulation bei Stuhlinkontinenz
Versorgungsrealität in Deutschland
verfasst von:
V. Kahlke, A. Fürst, D. Leder, M. Löhnert, O. Schwandner, T. Schwandner, D. Weimann, K. E. Matzel
Erschienen in:
coloproctology
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Sonderheft 1/2017
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Zusammenfassung
Die sakrale Neurostimulation (SNS) ist in den vergangenen 20 Jahren ein fester Bestandteil in der Therapie der Stuhlinkontinenz geworden. Die reproduzierbaren und lang anhaltenden Behandlungserfolge der Stuhlinkontinenz führen zu einer hohen Akzeptanz und einer zunehmenden Verbreitung der SNS. Daher stellt sich die Frage der praktischen Anwendung dieser Methode in Deutschland im Vergleich zur Literatur und der durch den Hersteller gegebenen Empfehlungen. Es erfolgte eine schriftliche Befragung aller in der SNS-Therapie der Stuhlinkontinenz aktiven deutschen Zentren (152), von denen 143 mindestens zweimal kontaktiert wurden (143/152; 94,1 %) mit insgesamt 82 Aussagen zu Indikation, Einschlusskriterien, Kontraindikationen, Mischindikationen, Implantationskriterien, präoperativer Diagnostik, konservativer Therapie, Operationstechnik und Follow-up der SNS bei Stuhlinkontinenz. Der Fragebogen wurde von 70 Anwendern (48,9 %) vollständig auswertbar beantwortet und zurückgesandt.
Bei den Aussagen zu Indikationen der SNS zeigte sich eine klare Einschätzung der befragten Zentren mit Zustimmungs- bzw. Ablehnungsraten zwischen 60–97 % zu den klassischen Indikationen. Uneinheitliche Antworten ergaben die Aussagen nach nicht genuinen Indikationen der SNS, wie analer Schmerz, Flatus und Reizdarm. Interessant war, dass 37 % der Befragten den kompletten Querschnitt als Indikation sahen, obwohl der Wirkungsmechanismus der SNS von einer – zumindest residualen – Funktion der kortikospinalen Achse abhängt. Weiterhin ergab sich eine hohe Übereinstimmung in der Einschätzung der wesentlichen Kontraindikationen (KI). Uneinheitliche Beurteilungen wurden insbesondere bei seltenen Entitäten wie z. B. Analatresie, Cauda equina und Spina bifida gegeben. Auffällig war, dass nur 55 % der Befragten in der Notwendigkeit zur Durchführung von regelmäßigen magnetresonanztomographischen Untersuchungen (außer Schädel) eine KI sahen, obwohl dieses seitens der Herstellerfirma explizit als KI gesehen wird. Erfreulich klar wurden die Abläufe zur Diagnostik und zu den Implantationskriterien mit Zustimmungsraten zwischen 70–80 % eingeschätzt. Auch bei den Aussagen nach dem intraoperativen Vorgehen und dem Follow-up zeigte sich ein einheitliches Bild bei den Befragten.
Die vorgelegte Befragung belegt eindrücklich, dass die Anwendung der SNS nicht nur im Hinblick auf technisch-operative Aspekte, sondern auch in Bezug auf die präoperative Diagnostik, die Patientenselektion (Indikationen und KI) und die Nachsorge/Nachbehandlung in der Breite weitgehend einheitlich gehandhabt wird.