Erschienen in:
09.03.2018 | Schizophrenie | Übersichten
Autoimmunenzephalitis mit psychotischer Symptomatik
Diagnostik, Warnhinweise und praktisches Vorgehen
verfasst von:
Prof. Dr. J. Steiner, H. Prüß, S. Köhler, A. Hasan, P. Falkai
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 5/2018
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Trotz intensiver Forschung ist es bisher nicht gelungen, die genaue Ursache schizophrener und schizoaffektiver Störungen zu identifizieren. Daher werden psychiatrische Diagnosen weiterhin basierend auf klinischen Kriterien der ICD-10/DSM‑5 und nicht anhand objektiver Maße gestellt. Möglicherweise führen jedoch verschiedene Ursachen bzw. pathophysiologische Prozesse zu einer ähnlichen Symptomatik. Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft der Psychiatrie ist, Krankheitssubtypen mit distinkter Pathophysiologie zu identifizieren, um spezifischere und kausal wirksame Therapien zu entwickeln. In den letzten Jahren hat sich in der klinischen Neurologie und Psychiatrie eine neue diagnostische Entität etabliert: Autoimmunenzephalitiden mit psychotischer Symptomatik durch spezifische antineuronale Antikörper wurden als seltene, jedoch potenziell behandelbare Ursache psychotischer Störungen identifiziert. Diese entzündlichen Erkrankungen des Gehirns werden aber in unserer psychiatrischen Routinediagnostik nicht sicher erfasst. Daher soll diese Übersicht eine Unterstützung für die klinische Praxis bieten, die, geleitet durch klinische Warnsignale, eine zügige und sichere Diagnosestellung sowie die Einleitung einer Immuntherapie ermöglicht. Bei psychiatrischer Symptomatik sollte das zusätzliche Auftreten fokal-neurologischer Zeichen, Bewusstseins‑/Orientierungs‑/Merkfähigkeitsstörungen, autonomer Instabilität oder epileptischer Anfälle/Elektroenzephalographie(EEG)-Auffälligkeiten immer eine erweiterte Liquoranalyse mit Bestimmung antineuronaler Autoantikörper nach sich ziehen. Auch wenn die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass nur eine kleine Patientengruppe betroffen ist, so ist die zeitnahe und korrekte Diagnosestellung jedoch von hoher therapeutischer und prognostischer Relevanz für die Betroffenen.