Anhaltspunkte dafür, dass Statine auch antidepressiv wirksam sein könnten, gibt es einige. Eine randomisierte kontrollierte Studie kann diese vermutete „pleiotrope“ Wirkung der Lipidsenker bei Menschen mit Depressionen jetzt allerdings nicht bestätigen.
Eine Therapie mit Simvastatin hat sich in einer randomisierten Studie bei Patienten mit als therapierefraktär erachteter Depression therapeutisch als wenig hilfreich erwiesen. Im Hinblick auf diverse Scores zur Einschätzung des Schweregrads von depressiven Störungen bestand am Ende kein signifikanter Unterschied zwischen Statin und Placebo.
Entzündungsprozesse als pathogenetische Basis
Dass bei Statinen auch an die Möglichkeit einer antidepressiven Wirkung gedacht wird, hat mit bestimmten Vorstellungen zu Pathogenese von Depressionen zu tun. Vermutet wird nämlich, dass inflammatorische Prozesse und eine dadurch beeinträchtigte neuronalen Homöostase möglicherweise an der Entstehung von depressiven Störungen mitbeteiligt sein könnten. Statine senken in erster Linie das LDL-Cholesterin, sie besitzen aber auch antientzündliche und antioxidative und darüber möglicherweise neuroprotektive Wirkeigenschaften.
Aus Beobachtungsstudien sowie aus ersten randomisierten Pilotstudien haben sich Hinweise darauf ergeben, dass Statine einen antidepressiven Effekt etwa als add-on zu einer bestehenden Therapie mit Antidepressiva haben könnten. Nach Einschätzung einer Forschergruppe um Dr. M. Ishrat Husain vom Centre for Addiction and Mental Health in Toronto, Kanada, sind diese Pilotstudien allerdings allesamt zu klein, um zuverlässige Informationen zur möglichen antidepressiven Wirkung von Statinen liefern zu können.
Husain und sein Team haben deshalb eine eigene randomisierte kontrollierte Multicenter-Studie konzipiert. In die Studie sind an fünf Zentren in Pakistan insgesamt 150 Patientinnen und Patienten mit bestätigter Depression (major depressive disorder, MDD) aufgenommen worden. Alle Studienteilnehmern hatten sich zuvor auf mindestens zwei Therapieversuche mit Antidepressiva nicht ausreichend angesprochen.
Erwarteter Unterschied zugunsten von Simvastatin blieb aus
Aufgeteilt auf zwei Gruppen sind die Teilnehmer 12 Wochen lang entweder zusätzlich mit einem Statin (Simvastatin 20 mg/Tag) behandelt oder nur standardmäßig versorgt worden. Die Wahl sei auf Simvastatin gefallen, weil es das am stärksten lipophile Statin ist und deshalb die beste Gewähr bietet, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren, so die Studienautoren. Sie gingen mit der Erwartung an die Studie, dass Simvastatin zu einer stärkeren Verbesserung der depressiven Symptome als Placebo führen würde.
Doch diese Erwartung wurde enttäuscht. Nach 12 Wochen gab es bezüglich des anhand der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) beurteilten Schweregrades der depressiven Symptome (primärer Endpunkt) keinen signifikanten Unterschied zwischen Simvastatin- und Placebo-Gruppe (p=0,70). Auch bei der Beurteilung mithilfe anderer Punkteskalen wie dem Hamilton Rating Scale for Depression (HamD-24)-Score, Generalized Anxiety Disorder Scale (GAD-7)-Score und dem Morisky Medication Adherence Scale-Score waren die Ergebnisse in der Simvastatin-Gruppe nicht besser als in der Placebo-Gruppe.
Die Gruppe um Husain hofft nun darauf, dass es durch künftige Forschung gelingen könnte, „immunmetabolische Phänotypen von Depressionen“ zu identifizieren, die möglicherweise besser auf Statine oder andere immunmodulierende Therapie ansprechen oder sich dadurch verhindern lassen. In Deutschland läuft gerade die SIMCODE-Studie. Darin wird der Frage nachgegangen, ob eine Therapie mit Simvastatin bei Patienten mit Depression und Adipositas als Zusatztherapie zur antidepressiven Medikation mit Escitalopram von Nutzen ist.