Akuter Thoraxschmerz bei Kindern – die Ursachen

Akute Schmerzen im Thoraxbereich („kardiale“ Schmerzen) sind ein häufiger Vorstellungsgrund bei Pädiatern, Kinderkardiologen oder in einer pädiatrischen Notfallambulanz. Dossier "Kindernotfälle" Bei den meisten Patienten findet sich im Kindesalter – im Gegensatz zum Erwachsenen – keinerlei kardiale Ursache, auch wenn die Schmerzen in die Herzgegend projiziert werden. Daher erfolgt sehr oft eine weiterführende kardiale Diagnostik, entweder im Sinne einer Laboranalyse (Troponin) oder einer kinderkardiologischen Feindiagnostik, die jedoch in fast allen Fällen unbegründet ist und sich durch eine vernünftige Anamnese und Untersuchung vermeiden ließe; es liegen Mitteilungen vor, dass bis zu 5% aller kinderkardiologischen Konsultationen auf einer Überweisungsdiagnose „Herzschmerzen“ beruhen. In einer Studie mit 380 konsekutiven Kindern, die zur weiterführenden kinderkardiologischen Diagnostik überwiesen wurden, fanden sich bei den meisten muskulo-skelettale Ursachen, bei immerhin 10% psychiatrisch-psychologische Ursachen. Echte kardiale Ursachen (Myokarditis, Perikarditis, etc.) waren in weniger als 1% nachweisbar [1]. Die Autoren Collins et al. bieten einen standardisierten Untersuchungsvorgang zur Evaluation von Kindern mit akuten Thoraxschmerzen an [2]. Auch sie betonen, dass die überwiegende Mehrzahl der Patienten nicht an kardialen Ursachen erkrankt waren und muskuloskelettale Ursachen überwiegen. Trotz einer sehr großen Anzahl von 1997 pädiatrischen Patienten, die von Perry et al. untersucht wurden, ließ sich kein eindeutiger Risikofaktor evaluieren, der anamnestisch einen klaren Hinweis auf eine kardiale Ursache der Thoraxschmerzen ergab [3]. Dies galt auch für das Auftreten der Schmerzen unter Belastung. Panik-Attacken und psychische Auffälligkeiten Achiam-Montal et al. konnten bei 132 israelischen Jugendlichen (Alter 8–17 Jahre), die aufgrund nicht somatischer Thoraxschmerzen standardisiert psychiatrisch untersucht wurden, bei 27 (20,5%) die Diagnose Panik-Attacken sichern [4]. Die meisten Symptome bestanden in somatischen Beschwerden, darüber hinaus ließ sich bei 15% eine Agoraphobie nachweisen. Begleiterkrankungen wie z. B. Depressionen oder Angststörungen waren häufig. Die Autoren schlussfolgern, dass bei dieser Patientengruppe nach Ausschluss somatischer Ursachen eine frühzeitige psychologisch-psychiatrische Analyse und ggf. Intervention erfolgen sollte. Die gleichen Autoren konnten ebenfalls nachweisen, dass ein besonders protektives elterliches Verhalten die Intensität und Häufigkeit dieser Beschwerden unterstützt [5]. Gleiche Hinweise konnten Lee et al. nachweisen, die 67 amerikanische Kinder mit nicht-kardialen Thoraxschmerzen untersuchten und mit Kindern verglichen, bei denen ein akzidentelles Herzgeräusch diagnostiziert worden war [6]. Hierbei konnte ein hoher Grad an Internalisierung und funktioneller Beeinträchtigung bei diesen an sich gesunden Patienten nachgewiesen werden. Die Autoren schlussfolgern, dass die psychologischen Einflussfaktoren bei einem Teil dieser Patientengruppe zur weiterführenden Diagnostik und Therapiebeeinflussung analysiert werden sollten, besonders dann, wenn eine alleinige Bestätigung der somatischen Gesundheit für Patient und Familie nicht ausreicht, um die Beschwerden zu mildern. Vitamin-D-Mangel Torun et al. konnten in einer größeren Kohorte von 543 türkischen Kindern nachweisen, dass neben den allgemein bekannten Symptomen einer Rachitis des Säuglings- und Kleinkindesalters (Wachstumsretardierung, Muskelschwäche, Krampfanfälle, Skelettdeformitäten, rachitischer Rosenkranz, Harrison Furche, etc.) es bei den älteren Kindern oft zu eher unspezifischen Beschwerden wie z. B. Schmerzen in den Extremitäten und akuten thorakalen Schmerzen kommt. Daher ist gerade bei den ansonsten unspezifischen Symptomen Thoraxschmerzen differenzialdiagnostisch an einen Vitamin-D-Mangel zu denken. [7]. Aktuelle Leitlinie der DGPK In der aktuellen Leitlinie der DGPK zum Thema akuter Thoraxschmerz [8] wird die Häufigkeit von Thoraxschmerzen z. B. anhand der deutschen KIGGS-Studie mit ca. 7% bei gesunden Kindern angegeben. Anhand einer gründlichen Schmerz- und Familienanamnese sowie körperlichen Untersuchung lassen sich die meisten Patienten diagnostizieren, eine weiterführende Diagnostik ist nur im Ausnahmefall notwendig. Die Autoren bieten in der Leitlinie ein differenziertes Untersuchungsschema an. Interessant ist der Hinweis, dass muskoloskelettale Ursachen oft als „Verlegenheitsdiagnosen“ genannt werden. Kommentar Akute Thoraxschmerzen sind im Kindes- und Jugendlichenalter häufig und im Gegensatz zum Erwachsenen nur sehr selten mit kardialen Ursachen erklärt. Eine psychologisch/psychiatrische Ursache lässt sich in einem bedeutsamen Prozentsatz nachweisen, Verstärkungsmechanismen durch elterliche bzw. Umgebungsreaktionen führen zur Symptompersistenz. Es existiert eine aktuelle, praxisnahe Leitlinie der DGPK mit klaren Handlungsanweisungen, die auf einer umfangreichen Literaturrecherche basiert und allen Besonderheiten des pädiatrischen Thoraxschmerzes gerecht wird. Häufig können muskuloskelettale Ursachen diagnostiziert werden, wenngleich hier eindeutige Befundcharakterisierungen fehlen. Ein Zusammenhang mit Vitamin-D-Mangel ist wahrscheinlich. Literatur 1. Sert A, Aypar E, Odabas D, Gokcen C (2013) Cardiol Young 23(3):361-7 2. Collins SA, Griksaitis MJ, Legg JP (2013) Arch Dis Child Educ Pract Ed. Dec 3 3. Perry T, Zha H, Oster ME, Frias PA, Braunstein M (2012) AMIA Annu Symp Proc 2012:726-33 4. Achiam-Montal M, Tibi L, Lipsitz JD (2013) Child Psychiatry Hum Dev 44:742-750 5. Achiam-Montal M, Lipsitz JD (2014) J Pediatr Psychol 39(1):35-44 6. Lee JL, Gilleland J, Campbell RM, Johnson GL, Simpson P, Dooley KJ, Blount RL (2013) J Pediatr Psychol 38(3):255-64 7. Torun E, Genç H, Gönüllü E, Akovalı B, Ozgen IT (2013) J Pediatr Endocrinol Metab. 26(5-6):469-75. 8 Kändler L, Schlez M, Weil J (2014) Leitlinie der DGPK http://www.kinderkardiologie.org/dgpkLeitlinien.shtml Der Beitrag stammt aus dem Handbuch Pädiatrie-Update 2014 des 7. Pädiatrie-Update-Seminars 2014 der med update GmbH. Veranstaltungshinweis Das nächste Pädiatrie-Update-Seminar findet am 6. und 7. März 2015 in Mainz und am 20. und 21. März in Berlin statt.

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