Erschienen in:
30.04.2016 | Übersicht
Vogel-Ei-Syndrom und genuine Hühnerfleischallergie
verfasst von:
Univ. Doz. Dr. Wolfgang Hemmer, Christoph Klug, Ines Swoboda
Erschienen in:
Allergo Journal
|
Ausgabe 3/2016
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Allergien auf Geflügelfleisch sind selten und können im Kindes- und Erwachsenenalter auftreten. Verlässliche Prävalenzzahlen existieren nicht, vermutlich sind sie vergleichbar häufig wie Allergien auf rotes Fleisch, zu denen keine enge Beziehung besteht. Grundsätzlich kann man zwischen primären (genuinen) und sekundären, auf Kreuzreaktionen beruhenden Geflügelfleischallergien unterscheiden.
Sekundäre Geflügelfleischallergien können im Rahmen eines Vogel-Ei-Syndroms auftreten. Verantwortliche Allergene sind die Serumalbumine, die auch im Fleisch und vor allem im Eigelb (Gal d 5) vorkommen. Die Primärsensibilisierung kann inhalativ durch Vogelexposition erfolgen ( Erwachsene) oder nutritiv im Rahmen einer frühkindlichen Eiallergie. Wegen der Hitzelabilität der Serumalbumine stehen Hautreaktionen bei Kontakt mit rohem Fleisch im Vordergrund, Symptome nach Fleischkonsum sind selten und meist mild. Häufig sind systemische Reaktionen auf (halb)rohes Eigelb.
Genuine Geflügelfleischallergien finden sich vorrangig bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wobei die Erstmanifestation oft schon im Vor- und Volksschulalter erfolgt. Eine simultane Eiallergie ist nicht obligat. Typische Symptome sind OAS (±Atemnot), GI-Beschwerden, Urtikaria und Angioödeme. Schwere Anaphylaxien mit kardiovaskulärer Symptomatik sind selten. Hühnerfleisch und das stark kreuzreaktive Putenfleisch verur sachen meist vergleichbar starke Reaktionen, Enten- und Gänsefleisch meist mildere oder keine. Auch Suppen und Fleischwaren (Schinken, Würste) sind relevante Allergenquellen. Epidemiologisch besteht oft eine simultane Unverträglichkeit von Fisch und möglicherweise Garnelen. Der häufige Nachweis von sIgE gegen Fisch (60 %) und Garnele (40 %) im Serum von Hühnerfleischallergikern legt die Existenz kreuzreaktiver Allergene nahe. Als verantwortliche Allergene bei genuinen Hühnerfleischallergien wurden vorrangig niedrigmolekulare Proteine zwischen 5 und 25 kDa beschrieben. Eines dieser Proteine wurde als α-Parvalbumin identifiziert, das mit homologen Proteinen in rotem Fleisch kreuzreagiert, nicht aber mit Fisch-α-Parvalbuminen. Rezente Daten sprechen dafür, dass verschiedene Myosin Light Chains (23 kDa MLC-1/Gal d 7, 15 kDa MLC-3) wichtige Majorallergene im Geflügelfleisch sind. Die hohe Sequenzhomologie zwischen MLCs aus Huhn, Karpfen und Makrele (~65 %) könnte die enge Assoziation mit Fisch erklären.