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Erschienen in: Der Anaesthesist 1/2015

01.01.2015 | Originalien

Wertungen des „Transplantationsskandals“ durch die Medien

Diskursanalytische Studie an ausgesuchten deutschen Zeitungen

verfasst von: A. Hoisl, R. Barbey, B.M. Graf, J. Briegel, Prof. Dr. T. Bein

Erschienen in: Die Anaesthesiologie | Ausgabe 1/2015

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Zusammenfassung

Hintergrund

Das Medium Zeitung stellt eine wichtige Informationsquelle mit meinungsbildendem Charakter dar. Im Rahmen des „Transplantationsskandals“ (TS) befassten sich zahlreiche Veröffentlichungen deutscher Presseorgane investigativ mit kritischen Fragen zu Organspende, Transplantation oder Hirntod. Da in diesem Zusammenhang die inhaltliche Ausrichtung sowie das Verhältnis von Information und Meinungsbildung von großer Bedeutung waren, wurde eine kritische Textanalyse von Beiträgen ausgewählter deutscher Presseorgane durchgeführt.

Material und Methoden

Einer modernen Form der Textanalyse (kritische Diskursanalyse) wurden 216 Beiträge der Druckerzeugnisse Süddeutsche Zeitung (SZ), Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Die Zeit, veröffentlicht zwischen Sommer 2012 und Frühjahr 2013, unterzogen. Es wurden 12 Aussagekategorien identifiziert und quantitativ sowie qualitativ ausgewertet.

Ergebnisse

Die meisten Artikel erschienen im Sommer 2012, als die Manipulationsvorwürfe im TS bekannt wurden. Eine 2. “Welle“ wurde zu Beginn 2013 im Zusammenhang mit dem Prozess gegen einen hauptbeschuldigten Arzt publiziert. Der überwiegende Anteil der Kategorien (63,8 %) transportierte eine wertende negative Meinung (Vertrauensverlust, Bereicherung, Betrug, Fehlverhalten, Kritik am Hirntodkonzept, Verlust der Totenruhe), verbunden mit Zweifeln an der Transplantationsmedizin per se, während weniger Beiträge (36,2 %) die Bemühung um objektive Information, den ethischen Aufruf zur Organspende oder das Problem mangelnder Spendenbereitschaft betonten. Es fand sich eine Häufung von Artikeln, die das Hirntodkonzept anzweifelten und das Misstrauen gegenüber dieser Todesart unterstützten.

Schlussfolgerung

Der Presse kommt besondere Bedeutung bezüglich der objektiven und sachgerechten Vermittlung von komplexer werdenden Inhalten der Transplantationsmedizin an die Bevölkerung – v. a. im Rahmen einer Krise – zu. Hier besteht dringender Optimierungsbedarf: Mediziner, Ethiker, Journalisten und Gesundheitspolitiker sind zur engen Zusammenarbeit aufgerufen.
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Metadaten
Titel
Wertungen des „Transplantationsskandals“ durch die Medien
Diskursanalytische Studie an ausgesuchten deutschen Zeitungen
verfasst von
A. Hoisl
R. Barbey
B.M. Graf
J. Briegel
Prof. Dr. T. Bein
Publikationsdatum
01.01.2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Die Anaesthesiologie / Ausgabe 1/2015
Print ISSN: 2731-6858
Elektronische ISSN: 2731-6866
DOI
https://doi.org/10.1007/s00101-014-2406-8

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