Erschienen in:
01.02.2016 | Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen | Schwerpunkt
Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit von Cannabinoiden in der Gastroenterologie
Eine systematische Übersichtsarbeit
verfasst von:
M. S. Volz, B. Siegmund, PD Dr. W. Häuser
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 1/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Der medizinische Gebrauch von Cannabisprodukten in der Gastroenterologie wird für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), das Reizdarmsyndrom (RDS) und die chronische Pankreatitis diskutiert.
Material und Methoden
Eine systematische Literatursuche bis März 2015 wurde in den Datenbanken Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), PubMed,
www.cannabis-med.org und Clinicaltrials.gov durchgeführt. Gesucht wurde nach randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) mit einer Studiendauer von ≥ 4 Wochen und einer Studienteilnehmerzahl von mindestens
n = 10 pro Studienarm mit Medizinalhanf und/oder pharmazeutischen Cannabinoiden bei CED, RDS und chronischer Pankreatitis. Klinische Endpunkte der Analyse waren Wirksamkeit (Schmerz, Übelkeit, Appetit/Gewicht, Durchfälle, gesundheitsbezogene Lebensqualität und bei CED Remissionsraten), Verträglichkeit (Abbruchrate wegen Nebenwirkungen) und Sicherheit (schwerwiegende Nebenwirkungen). Die methodische Qualität der RCT wurde mit dem Cochrane Risk of Bias Tool evaluiert.
Ergebnisse
Es wurde lediglich eine RCT mit Medizinalhanf bei 21 Morbus-Crohn-Patienten gefunden. Die Studie war zu klein, um einen signifikanten Unterschied in der Remissionsrate nachzuweisen, jedoch ergaben sich Hinweise darauf, dass der Konsum von Medizinalhanf zur Reduktion von Bauchschmerzen und Besserung des Appetits führte. Das methodische Risiko der Studie war hoch. Die Ergebnisse von je einer RCT mit pharmazeutischen Cannabisprodukten bei CED bzw. chronischer Pankreatitis waren noch nicht veröffentlicht. RCTs mit therapeutischer Zielsetzung beim RDS wurden nicht gefunden. Eine cannabisinduzierte akute Pankreatitis wurde in mehreren Fallberichten beschrieben.
Schlussfolgerungen
Cannabinoide eignen sich möglicherweise zur symptomatischen Therapie von Morbus-Crohn-assoziierten Beschwerden wie Schmerz, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Um den potenziellen therapeutischen Nutzen sowie die Risiken von Cannabisprodukten in der Gastroenterologie zu beurteilen, sind jedoch methodisch hochwertige Studien mit ausreichender Patientenzahl und Studiendauer notwendig. Aktuell kann ein individueller Heilversuch mit Tetrahydrocannabinol in der Gastroenterologie nur bei Morbus Crohn zur Symptomlinderung von Schmerzen und Appetitlosigkeit und nur nach Versagen aller etablierten medikamentösen Therapieoptionen sowie nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erwogen werden.