Ethische Prinzipien: Das Wohl des Patienten sollte im Vordergrund stehen (Prinzip des Nutzens), es sollte ihm kein Schaden zugefügt werden (Prinzip der Schadensvermeidung) und sein Recht auf Selbstbestimmug muß Berücksichtigung finden (Prinzip des Respekts vor der Autonomie). Jeder Patient sollte in gleicher Weise Zugang zur notfallmedizinischen Versorgung haben (Prinzip der Gerechtigkeit).
Umsetzung der Prinzipien: Die Umsetzung des Prinzips des Nutzens in der präklinischen Notfallmedizin erscheint angesichts erfolgreicher Wiederbelebungsversuche offensichtlich. Zahlreiche Menschenleben konnten dank rechtzeitiger Hilfe gerettet werden. Auch das ethische Prinzip der Schadensvermeidung ist bei der Durchführung von Reanimationsmaßnahmen zu berücksichtigen. Mancher Patient verstirbt nach zunächst erfolgreicher Wiederherstellung der Kreislauffunktion Tage oder Wochen später auf der Intensivstation, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Andere können nur mit schweren neurologischen Einschränkungen aus der Klinik entlassen werden.
Das Recht des Patienten, eine autonome Entscheidung zu treffen, also eine medizinische Maßnahme zu befürworten oder abzulehnen, bleibt grundsätzlich auch in einer Notfallsituation bestehen. Der Betroffene kann allerdings aufgrund der schnell eintretenden Bewußtlosigkeit dieses Recht nicht mehr aktiv wahrnehmen. Patienten, die sich im Endstadium einer chronischen Erkrankung befinden und Wiederbelebungsmaßnahmen ablehnen, können diesen Entschluß durch eine entsprechende Verfügung festhalten. Gerade in der Praxis der präklinischen Reanimation ist jedoch die Berücksichtigung einer solchen Verfügung aufgrund der äußeren Bedingungen und des Zeitdrucks stark eingeschränkt. Im Einzelfall kann ein solcher Hinweis die notärztliche Entscheidung, auf Wiederbelebungsmaßnahmen zu verzichten, erleichtern. Im Zweifel müssen immer Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden. Unter stationären Bedingungen kann im weiteren Verlauf die Indikation zur Reanimation überprüft werden und ggf. nach sorgfältiger Abwägung ein sekundärer Therapieverzicht erfolgen.
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Mohr, M., Kettler, D. Ethische Konflikte in der Notfallmedizin. Notfall 0, 39–44 (1997). https://doi.org/10.1007/PL00010998
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DOI: https://doi.org/10.1007/PL00010998