Zusammenfassung
Misserfolge und Grenzüberschreitungen in Psychoanalysen werden in den letzten Jahren häufiger als früher publiziert und auch auf Fehler vonseiten der Therapeuten zurückgeführt. Jedoch wird in der deutschsprachigen Literatur kaum zwischen methodenspezifischen Behandlungsfehlern und schwerwiegenden Kunstfehlern unterschieden. Die Autoren zeigen anhand von Kasuistiken Grenzüberschreitungen im psychoanalytischen Setting und diskutieren deren Gründe und Folgen.
Abstract
Failures and transgressions in psychoanalyses are nowadays more often published and also ascribed to mistakes made by the therapists. In German professional literature, however, no difference is made between treatment errors due to the special method and serious malpractice. The authors show in case studies transgressions in the psychoanalytic setting und discuss their causes and consequences.
Notes
Berufsbezeichnungen werden hier als geschlechtsneutrale Begriffe verwendet und nur dann nach Geschlecht differenziert, wenn über eine bestimmte Person berichtet wird.
Vom szenischen Verstehen sind das erfahrungsnah faktische Verstehen und das theoretische Verstehen, das sich auf Funktionszusammenhänge und nicht schon auf deren Sinn bezieht, zu unterscheiden (Klüwer 2009, S. 245 f.).
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Der Beitrag ist das Ergebnis mehrerer Diskussionen der Vertrauensanalytiker im Ethikkomitee der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG). Sofern bei den Kasuistiken keine Literaturangabe gemacht wurde, stammen sie – sehr anonymisiert – aus der Arbeit des Ethikkomitees.
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Ruff, W., von Ekesparre, D., Grabenstedt, Y. et al. Behandlungs- und Kunstfehler in der Psychoanalyse. Forum Psychoanal 27, 43–60 (2011). https://doi.org/10.1007/s00451-011-0059-7
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