Korrespondierende Übersetzer
Dr. Jens-Christian Schwindt
Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde
Pädiatrische Simulation und Patientensicherheit
Jens.Schwindt@simcharacters.com
Dr. Ulrich Kreth
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Allgemeines Krankenhaus Viersen GmbH
Hoserkirchweg 63
41747 Viersen
kreth@akh-viersen.de
Einleitung
Die folgenden Leitlinien zur Neugeborenenreanimation sind das Ergebnis des „2015 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations (CoSTR 2015)“ [1, 2]. Sie stellen eine Aktualisierung der bereits durch das ERC veröffentlichten Leitlinien [3] dar und berücksichtigen Empfehlungen nationaler sowie internationaler Organisationen und bestehende evidenzbasierte Erkenntnisse [4].
Zusammenfassung der Veränderungen im Vergleich zu den Leitlinien 2010
Die neuen Leitlinien 2015 zur Stabilisierung und Reanimation des Neugeborenen beinhalten folgende wesentliche Veränderungen:
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Unterstützung der Anpassung: Die Situation nach der Geburt ist einzigartig im Leben. Neugeborene benötigen selten eine vollständige Reanimation, aber mitunter stabilisierende Maßnahmen. Der Terminus „Unterstützung der Anpassung“ wurde zur besseren Unterscheidung zwischen Reanimationsmaßnahmen, die Organfunktionen wiederherstellen sollen, und unterstützenden Maßnahmen während der Umstellung des Körpers eingeführt.
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Abnabeln: Für unbeeinträchtigte, gesunde Neugeborene wird ein verzögertes Abnabeln, frühestens 1 min nach der Geburt, empfohlen. Dies gilt für reife Neugeborene und Frühgeborene. Für Neugeborene, die Reanimationsmaßnahmen benötigen, können derzeit aufgrund fehlender Daten keine Empfehlungen bezüglich des idealen Zeitpunkts des Abnabelns gegeben werden.
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Temperatur: Die Körpertemperatur von nicht asphyktischen Neugeborenen soll zwischen 36,5 und 37,5 °C gehalten werden. Da das Wärmemanagement für gesunde Neugeborene einen großen Einfluss auf Morbidität und Mortalität hat, soll in diesen Leitlinien nochmals besonders darauf hingewiesen werden. Die Körpertemperatur bei Aufnahme soll immer dokumentiert und als Prädiktor für das Outcome und als Qualitätsmerkmal der Versorgung angesehen werden.
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Wärmemanagement bei Frühgeborenen: Bei Frühgeborenen < 32 Schwangerschaftswochen ist eine Kombination von mehreren Maßnahmen notwendig, um nach der Aufnahme und während der Stabilisierung eine Temperatur von 36,5 bis 37,5 °C zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Dies kann gewärmte und befeuchtete Atemgase, eine Erhöhung der Raumtemperatur und zusätzlich das Einwickeln von Körper und Kopf (unter Aussparung des Gesichtes) in eine Plastikfolie und/oder eine Versorgung auf einer Wärmematte beinhalten. Alle diese Maßnahmen können eine Hypothermie verhindern.
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Optimale Bestimmung der Herzfrequenz: Bei Neugeborenen, die Reanimationsmaßnahmen benötigen, wird angeregt, ein EKG zur schnellen und sicheren Bestimmung der Herzfrequenz zu verwenden.
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Mekonium: Die tracheale Intubation eines avitalen Neugeborenen mit Mekonium soll nicht mehr routinemäßig, sondern nur noch bei Verdacht auf eine Obstruktion der Trachea durchgeführt werden. Entscheidend ist, bei fehlender oder insuffizienter Spontanatmung innerhalb der ersten Lebensminute mit einer Beatmung zu beginnen und dies nicht zu verzögern.
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Raumluft/Sauerstoff: Die Beatmung eines reifen Neugeborenen soll mit Raumluft beginnen. Für Frühgeborene kann anfangs ebenfalls Raumluft oder eine geringe Sauerstoffkonzentration (bis 30 %) verwendet werden. Wenn es trotz effektiver Beatmungen zu keinem zufriedenstellenden Anstieg der Sauerstoffkonzentration kommt (idealerweise gemessen über eine Pulsoxymetrie), soll eine Erhöhung der Sauerstoffkonzentration in Erwägung gezogen werden.
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CPAP: Für ein spontan atmendes Neugeborenes mit Zeichen einer angestrengten Atmung hat eine Atemunterstützung mittels CPAP einen höheren Stellenwert als eine Intubation.
Die vorliegenden Leitlinien definieren sicher nicht den einzig gangbaren Weg für die Reanimation eines Neugeborenen. Vielmehr entsprechen sie einer weit verbreiteten und akzeptierten Auffassung über eine sichere und effektive Durchführung von Reanimationsmaßnahmen nach der Geburt (Abb. 1).
Vorbereitung
Die Anpassung vom fetalen Leben an das Leben nach der Geburt erfordert anatomische und physiologische Veränderungen. Mit dem Ende des intrauterinen Gasaustausches über die Plazenta müssen sich die intrauterin mit Flüssigkeit gefüllten Lungen mit Luft füllen, um den pulmonalen Gasaustausch zu übernehmen. Die Absorption von Fruchtwasser, die Füllung der Lungen mit Luft, die ersten Atemzüge und das Ende der plazentaren Versorgung sind die wesentlichen Veränderungen in dieser Phase.
Nur eine sehr geringe Anzahl von Neugeborenen benötigt eine Reanimation nach der Geburt. Allerdings brauchen einige Neugeborene in der oben beschriebenen Anpassungsphase unterstützende Maßnahmen. Werden diese nicht durchgeführt, können als Folge letztlich doch Reanimationsmaßnahmen erforderlich werden. Meistens bestehen diese dann jedoch lediglich in einer kurzen assistierten Belüftung der Lungen. Nur eine kleine Minderheit braucht zusätzlich zur Belüftung der Lungen kurzzeitig Thoraxkompressionen. In einer retrospektiven Studie zeigten 85 % der reifen Neugeborenen innerhalb von 10−30 s nach der Geburt eine Spontanatmung, weitere 10 % begannen unter Abtrocknen und Stimulation zu atmen, bei etwa 3 % setzte eine Spontanatmung letztlich unter Maskenventilation ein. Lediglich 2 % mussten zur Atemunterstützung intubiert werden, und bei nur 0,1 % waren Thoraxkompressionen und/oder eine Adrenalingabe notwendig [5–7]. Von 97.648 in einem Jahr in Schweden geborenen Babys mit einem Gewicht von über 2500 g waren bei lediglich 10 von 1000 (1 %) postnatale Reanimationsmaßnahmen notwendig [8]. In 8 von 1000 Fällen war eine Maskenbeatmung ausreichend, lediglich 2 von 1000 Neugeborenen mussten intubiert werden. Dieselbe Studie untersuchte die Häufigkeit unvorhergesehener Reanimationen nach der Geburt. Bei Neugeborenen mit geringem Risiko (problemlose Entbindung nach der 32. Schwangerschaftswoche) waren lediglich in 2 von 1000 Fällen (0,2 %) unterstützende bzw. Reanimationsmaßnahmen notwendig. Von diesen 0,2 % sprachen 90 % auf eine alleinige Maskenbeatmung an, die übrigen 10 % stabilisierten sich nicht unter Maskenbeatmung und wurden daher intubiert. Thoraxkompressionen waren nahezu niemals notwendig.
Das Risiko für Reanimationsmaßnahmen oder stabilisierende Maßnahmen nach der Geburt ist allerdings höher bei einem bereits peripartalen Hinweis auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Fetus, bei Frühgeborenen unter der 35. Schwangerschaftswoche, bei Zangengeburten, mütterlichen Infektionen oder Mehrlingsschwangerschaften [9]. Neugeborene nach einer Entbindung per Sectio caesarea, v. a. vor der 39. Schwangerschaftswoche, haben ebenfalls ein höheres Risiko für respiratorische Anpassungsstörungen und benötigen häufiger unterstützende Maßnahmen [10–13]. Elektive Schnittentbindungen am Geburtstermin zeigen bei Fehlen weiterer Risikofaktoren allerdings keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Reanimationsmaßnahmen [14–17].
Da es zwar häufig, aber nicht immer möglich ist, die Notwendigkeit von Reanimationsmaßnahmen vorherzusehen, und prinzipiell jedes Neugeborene während und nach der Geburt Unterstützung benötigen kann, soll bei jeder Geburt in Neugeborenenreanimation trainiertes Personal schnell und leicht verfügbar sein. Bei Risikogeburten muss darüber hinaus speziell neonatologisch ausgebildetes und trainiertes Personal zur Verfügung stehen, und zumindest eine Person muss in der Intubation von Neugeborenen erfahren sein. Ist die Reanimation des Neugeborenen notwendig, muss dies die einzige und ausschließliche Aufgabe dieses Teams sein. Basierend auf aktueller Praxis und klinischer Qualitätsprüfung sollen lokale Leitlinien entwickelt werden, die festlegen, welches Personal bei Geburten anwesend sein soll. Jede Institution muss über ein Notfallprotokoll verfügen, das die Alarmierungsstruktur klar regelt und eine schnelle Verfügbarkeit von in Neugeborenenreanimation ausgebildetem und trainiertem Personal zu jeder Zeit ermöglicht. Wann immer die Zeit es erlaubt, soll das versorgende Team zunächst ein Briefing erhalten, und die Rollen im Team sollen eindeutig verteilt werden. Ebenso ist es wichtig, die Eltern auf eine möglicherweise notwendig werdende Reanimation vorzubereiten.
Ein strukturiertes Ausbildungsprogramm für Standards und Fertigkeiten der Neugeborenenreanimation ist daher für jede geburtshilflich tätige Einrichtung unabdingbar. Kontinuierliches Lernen und Praktizieren sind notwendig, um die klinischen Fertigkeiten zu erhalten.
Geplante Hausgeburten
Von Land zu Land finden sich unterschiedliche Empfehlungen, welche Personen bei einer geplanten Hausgeburt anwesend sein sollen. Ist die Entscheidung für eine geplante Hausgeburt in Abstimmung mit dem Arzt und der Hebamme gefallen, müssen auch hierbei die Standards der Neugeborenenversorgung bezüglich initialer Beurteilung des Neugeborenen, stabilisierender Maßnahmen und einer mitunter notwendigen Reanimation gelten. Bereits bei der Planung einer Hausgeburt muss die werdende Mutter darüber aufgeklärt werden, dass aufgrund der schwierigeren Verfügbarkeit weiterer Hilfe eine Reanimation in häuslicher Umgebung zwangsläufig nicht im vollen Umfang durchgeführt werden kann. Idealerweise sollen bei allen Hausgeburten zwei trainierte professionelle Helfer anwesend sein. Mindestens einer der beiden Helfer muss in der Durchführung von Maskenbeatmung und Thoraxkompressionen bei Neugeborenen gut trainiert und erfahren sein.
Material und Vorbereitung
Im Gegensatz zu einer Reanimation im Erwachsenenalter ist eine Reanimation nach der Geburt oft ein vorhersehbares Ereignis. Daher ist es meist möglich, Umgebung und Ausrüstung noch vor der Entbindung eines Babys entsprechend vorzubereiten. Die Versorgung eines kritisch kranken Neugeborenen soll in einer warmen, gut beleuchteten und zugluftfreien Umgebung stattfinden. Das Baby soll unter einem Heizstrahler (im klinischen Umfeld) auf eine gerade und glatte Fläche gelegt werden. Sämtliches zur Reanimation notwendige Material muss leicht verfügbar sein. Es muss regelmäßig auf Vollständigkeit und Funktion überprüft werden.
Findet eine Geburt außerhalb der üblichen Entbindungsbereiche statt, soll als Mindestausstattung folgendes Equipment zur Verfügung stehen:
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ein Hilfsmittel zur sicheren, assistierten Beatmung in der passenden Größe für Neugeborene,
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warme, trockene Tücher und Laken,
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sterile Instrumente zum Abklemmen und Durchtrennen der Nabelschnur,
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saubere Handschuhe für alle Versorgenden.
Da unerwartete Geburten außerhalb des klinischen Umfelds vor allem das Personal des Rettungsdienstes betreffen, soll dieses auf die Versorgung von Neugeborenen vorbereitet und trainiert sein.
Abnabelungszeitpunkt
Neugeborene, deren Nabelschnur vor dem ersten Atemzug abgeklemmt wurde, zeigen in cineradiographischen Studien während der ersten Atemzüge nach der Geburt eine sofortige Verminderung der Herzgröße für die folgenden 3 bis 4 Herzzyklen. Danach wird das Herz wieder größer, etwa entsprechend der Größe des fetalen Herzens. Die initiale Größenabnahme erklärt sich durch eine Verringerung des Lungengefäßwiderstands nach Füllung des nun durchbluteten pulmonalen Gefäßsystems durch die Öffnung der Lungen. Die anschließend zu beobachtende Größenzunahme lässt sich demnach durch das nun von der Lunge zum Herzen wieder zurückfließende Blut interpretieren [18]. Brady et al. beschrieben eine Bradykardie bei einem Abklemmen der Nabelschnur vor dem ersten Atemzug. Diese ließ sich bei einem Abklemmen der Nabelschnur erst nach Etablierung der Atmung nicht nachweisen [19]. Entsprechend einer tierexperimentellen Studie mit Lämmern scheint diese Beobachtung auch für Frühgeborene zu gelten [20].
Ein spätes Abnabeln hat in Studien eine Verbesserung des Eisenstatus und weiterer Werte des roten Blutbilds in den ersten 3 bis 6 Monaten postnatal gezeigt. Frühgeborene wiesen eine geringere Transfusionsbedürftigkeit auf [21, 22]. Diese Studien beschreiben ebenfalls bei den spät abgenabelten Kindern die häufigere Notwendigkeit einer Phototherapie im Rahmen einer Hyperbilirubinämie. Das konnte in einer randomisiert-kontrollierten Studie allerdings nicht nachgewiesen werden [21].
Eine systematische Übersicht zum späten Abnabeln und Ausstreifen der Nabelschnur („umbilical cord milking“) bei Frühgeborenen zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe eine verbesserte klinische Stabilisierung in der direkten postnatalen Phase sowie einen höheren mittleren Blutdruck (MAD) und höhere Hämoglobinwerte bei Aufnahme [23]. Außerdem waren bei diesen Kindern in den folgenden Wochen weniger Bluttransfusionen notwendig [23]. Einige Studien scheinen zudem für eine geringere Inzidenz an intraventrikulären Blutungen, dem Auftreten einer Periventrikulären Leukomalazie [22, 24, 25] und Late-onset-Septitiden [24] zu sprechen.
Es gibt bisher keine Humandaten, die den Einfluss eines späten Abnabelns bei reanimationspflichtigen Neugeborenen beschreiben, da diese Kinder aus den entsprechenden Studien immer ausgeschlossen wurden.
Unbeeinträchtigte Neugeborene, die keine Reanimationsmaßnahmen benötigen, sollen daher verzögert, frühestens nach 1 min, abgenabelt werden. Diese Empfehlung gilt auch für stabile Frühgeborene. Bis zur Verfügbarkeit neuer Erkenntnisse sollen Neugeborene, die nicht atmen oder schreien, sofort abgenabelt werden, damit unverzüglich mit effektiven Reanimationsmaßnahmen begonnen werden kann. Ein Ausstreifen der Nabelschnur nach dem Abnabeln könnte möglicherweise bei diesen Kindern eine sinnvolle Alternative sein, allerdings besteht bisher zu wenig Evidenz, um diese Maßnahme routinemäßig empfehlen zu können [1, 2]. Das Ausstreifen der Nabelschnur im Rahmen einer Sectio caesarea führt zu einer verbesserten hämatologischen Situation in der direkten postnatalen Phase, einer höheren Körpertemperatur bei Aufnahme und einer erhöhten Urinproduktion im Vergleich zu einem verzögerten Abnabeln (> 30 s). Bei spontangeborenen Neugeborenen konnte dies allerdings nicht beobachtet werden [26].
Wärmemanagement
Nackte, feuchte Neugeborene sind in einem Raum, der für Erwachsene angenehm warm erscheint, nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur zu halten.
Beeinträchtigte Neugeborene sind bezüglich eines Wärmeverlusts besonders empfindlich [27]. Kälte bedeutet Stress für ein Neugeborenes und führt zu einer verminderten arteriellen Sauerstoffkonzentration [28] sowie einer zunehmenden metabolischen Azidose [29].
Der Zusammenhang zwischen Hypothermie und Mortalität ist seit mehr als einem Jahrhundert bekannt [30]. Dabei ist die Temperatur bei Aufnahme generell ein bedeutender Prädiktor der Mortalität von nicht asphyktischen Neugeborenen jeder Schwangerschaftswoche [31–65]. Frühgeborene sind durch eine Hypothermie besonders gefährdet. Folgen können schwere Komplikationen wie intraventrikuläre Blutungen [35, 42, 55, 66–69], die Notwendigkeit einer Atemunterstützung [31, 35, 37, 66, 70–74] und Hypoglykämien [31, 49, 60, 74–79] sein. Einige Studien zeigen ebenfalls eine erhöhte Inzidenz von Late-onset-Septitiden [49].
Die Temperatur von nicht asphyktischen Neugeborenen soll daher zwischen 36,5 und 37,5 °C gehalten werden. Jedes Grad, um das diese Temperatur bei Aufnahme unterschritten wird, bedeutet eine Zunahme der Mortalität um 28 % [1, 2, 49]. Die Körpertemperatur bei Aufnahme soll immer dokumentiert werden. Sie ist ein Prädiktor für das Outcome und ein Qualitätsmarker für die Versorgung.
Einem Wärmeverlust soll folgendermaßen vorgebeugt werden:
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Neugeborene sollen vor Zugluft geschützt werden [80]. Fenster müssen geschlossen und Klimaanlagen adäquat eingestellt sein [52].
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Das reife Neugeborene wird direkt nach der Geburt sorgfältig abgetrocknet. Um weiteren Wärmeverlust zu vermeiden, werden Kopf und Körper des Neugeborenen, unter Aussparung des Gesichts, mit einem warmen Tuch bedeckt. Alternativ kann das nackte Neugeborene der Mutter auf die Brust gelegt werden, und beide werden mit einem Tuch zugedeckt.
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Der Versorgungsraum soll eine Temperatur zwischen 23 und 25 °C haben [1, 2, 48, 80]. Für die Versorgung von Frühgeborenen < 28 Schwangerschaftswochen sollte die Raumtemperatur > 25 °C liegen [27, 48, 79, 81].
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Sind in der Anpassungsphase unterstützende oder Reanimationsmaßnahmen notwendig, wird das Neugeborene unter einem vorgewärmten Heizstrahler auf einer warmen, ebenen Fläche platziert.
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Frühgeborene unter der 32. Schwangerschaftswoche sollen unter Aussparen des Gesichts komplett in eine durchsichtige Plastikfolie gehüllt werden. Dabei wird das Kind vorher nicht abgetrocknet und so eingehüllt unter einem Wärmestrahler platziert [73, 77, 82, 83].
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Bei Frühgeborenen < 32. Schwangerschaftswochen ist eine Kombination aus mehreren Maßnahmen notwendig, um während der Aufnahme und Stabilisierung eine Temperatur von 36,5−37,5 °C zu erreichen und zu erhalten. Diese Maßnahmen können gewärmte und befeuchtete Atemgase sein, [84, 85] eine Erhöhung der Raumtemperatur in Kombination mit einer zusätzlichen Kopfbedeckung und einer Wärmematte [70, 72, 86, 87] bzw. die alleinige Verwendung einer Wärmematte [88–92]. Alle diese Maßnahmen sollen eine Hypothermie verhindern.
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Für Neugeborene, die außerhalb der üblichen Entbindungsbereiche geboren werden, ist es möglicherweise sinnvoll, sie nach dem Trocknen zunächst in eine Plastikfolie zu hüllen und diese dann mit Stoffwindeln zu umwickeln [93, 94]. Alternativ können gesunde Neugeborene > 30. Schwangerschaftswochen nach dem Trocknen zugedeckt der Mutter nackt auf die Brust gelegt werden, um die Temperatur während des Transports zu halten [95–101]. (Anmerkung der Übersetzer: In den deutschsprachigen Ländern ist ein Transport des Kindes auf dem Arm der Mutter aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht üblich.)
Dem Schutz vor Auskühlung kommt eine besondere Bedeutung zu. Allerdings sollte auch darauf geachtet werden, eine Hyperthermie (> 38 °C) zu vermeiden. Neugeborene fiebernder Mütter haben z. B. eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Atemnotsyndrom, neonatale Krampfanfälle oder Zerebralparesen und eine höhere frühe Mortalität [102, 103]. In tierexperimentellen Studien konnte zudem gezeigt werden, dass eine Hyperthermie während oder nach einer Ischämie zur Vergrößerung eines Hirnschadens führt [104, 105].
Initiale Beurteilung
Der APGAR-Score war nie als Hilfsmittel gedacht, um durch die Addition von Zahlenwerten einzelner klinischer Parameter reanimationspflichtige Neugeborene zu identifizieren [106, 107]. Das rasche, simultane Erfassen einzelner Parameter des APGAR-Scores, wie Atemfrequenz, Herzfrequenz und Muskeltonus, ist jedoch hilfreich, um schnell eine Reanimationspflichtigkeit zu erkennen.
Die wiederholte Erhebung der Herzfrequenz, mehr noch als die Beurteilung der Atmung, ist ein guter Parameter, um zu beurteilen, ob sich der Zustand eines Neugeborenen unter den durchgeführten Maßnahmen bessert oder weitere Maßnahmen notwendig sind (Virginia Apgar selbst beschrieb die Herzfrequenz als aussagekräftigsten Parameter für die rasche Erholung eines deprimierten Neugeborenen) [106].
Atmung
Überprüfen Sie, ob das Neugeborene atmet. Wenn es atmet, beurteilen Sie die Atemfrequenz, die Atemtiefe und ob die Atemexkursionen seitengleich sind. Achten Sie auf Zeichen pathologischer Atemmuster, wie eine Schnappatmung oder Stöhnen (Knorksen).
Herzfrequenz
Die Herzfrequenz ist der beste klinische Parameter, um den Zustand eines Neugeborenen nach der Geburt zu beurteilen, und zeigt zudem am sensitivsten den Erfolg von unterstützenden Maßnahmen an. Die Herzfrequenz kann initial am schnellsten und zuverlässig durch die Auskultation über der Herzspitze mit dem Stethoskop [108] oder durch ein EKG-Monitoring beurteilt werden [109–112]. Das Tasten des Pulses an der Basis der Nabelschnur ist oft möglich, kann aber durchaus irreführend sein. Zuverlässig beurteilbar ist nur eine getastete Herzfrequenz > 100/min [108]. Eine Beurteilung des klinischen Zustands allein kann zu einer Unterschätzung der Herzfrequenz führen [108, 109, 113]. Für reanimationspflichtige Neugeborene und/oder Neugeborene, die prolongiert beatmet werden müssen, liefern moderne Pulsoxymeter zuverlässige Herzfrequenzwerte [111]. Einige Studien zeigen jedoch, dass ein EKG, gerade in den ersten beiden Minuten nach der Geburt, die korrekte Herzfrequenz schneller und zuverlässiger als eine Pulsoxymetrie anzeigt [110–115]. Das EKG ersetzt jedoch nicht die Beurteilung der Sauerstoffsättigung des Neugeborenen durch eine Pulsoxymetrie.
Hautkolorit
Das Hautkolorit ist ein schlechter Parameter zur Beurteilung der Oxygenierung [116]. Diese sollte, wenn möglich, mittels Pulsoxymetrie erfasst werden. Ein gesundes Neugeborenes ist unmittelbar nach der Geburt zunächst zyanotisch und wird bei effektiver Spontanatmung innerhalb von 30 s zunehmend rosiger. Eine periphere Zyanose ist häufig und allein für sich kein Zeichen einer Hypoxie. Eine ausgeprägte, persistierende Blässe – trotz effektiver Ventilationen – kann ein Zeichen einer signifikanten Azidose, seltener auch einer Hypovolämie sein. Auch wenn die optische Beurteilung des Hautkolorits eine schlechte Methode zur Erfassung einer Zyanose ist, sollte sie nicht unterbewertet werden. Wenn Ihnen ein Neugeborenes zyanotisch erscheint, überprüfen Sie daher unbedingt die präduktale Oxygenierung des Neugeborenen durch Anlegen einer Pulsoxymetrie an der rechten Hand.
Muskeltonus
Ein deutlich hypotones Neugeborenes ist zumeist auch bewusstlos und benötigt respiratorische Unterstützung.
Taktile Stimulation
Das Abtrocknen des Neugeborenen ist gewöhnlich eine ausreichende Stimulation um eine effektive Spontanatmung anzuregen. Eine übertrieben kräftige Stimulation soll vermieden werden. Entwickelt das Baby unter kurzer taktiler Stimulation keine effektive Spontanatmung, sind weitere unterstützende Maßnahmen notwendig.
Einteilung nach der initialen klinischen Beurteilung
Anhand der initialen klinischen Beurteilung lassen sich Neugeborene in drei Gruppen einteilen:
Gruppe 1
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Suffiziente Atmung/Schreien
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Guter Muskeltonus
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Herzfrequenz > 100/min
Diese Neugeborenen müssen nicht sofort abgenabelt werden. Sie benötigen außer Abtrocknen und Einwickeln in warme Tücher keine weiteren Maßnahmen. Das Neugeborene kann der Mutter übergeben werden. Durch den Hautkontakt mit ihr wird das Baby gewärmt, und beide werden zusätzlich mit einer Decke zugedeckt. Das Neugeborene kann zu diesem Zeitpunkt auch bereits erstmals an die Brust angelegt werden. Während dieser Phase muss allerdings unbedingt darauf geachtet werden, dass das Kind nicht auskühlt.
Gruppe 2
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Insuffiziente Spontanatmung oder Apnoe
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Normaler bis reduzierter Muskeltonus
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Herzfrequenz < 100/min
Diese Neugeborenen werden abgetrocknet und in warme Tücher gewickelt. Meist ist eine kurze Maskenbeatmung ausreichend. Einige Neugeborene benötigen jedoch auch eine längere Maskenbeatmung.
Gruppe 3
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Insuffiziente Spontanatmung oder Apnoe
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Schlaffer Muskeltonus (floppy)
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Bradykardie oder nicht nachweisbare Herzfrequenz
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Oft ausgeprägte Blässe als Zeichen einer schlechten Perfusion
Diese Neugeborenen werden abgetrocknet und in warme Tücher gewickelt. Sie müssen nach dem Öffnen der Atemwege unverzüglich beatmet werden. Möglicherweise benötigen diese Kinder im weiteren Verlauf auch Thoraxkompressionen, eventuell kann eine Medikamentengabe notwendig sein.
Eine sehr kleine Gruppe von Neugeborenen bleibt trotz adäquater Spontanatmung und guter Herzfrequenz hypoxämisch. Die Diagnosen sind hier vielfältig, infrage kommt z. B. ein kongenitales Vitium cordis, eine konnatale Pneumonie, ein Pneumothorax, eine Zwerchfellhernie oder ein Surfactantmangel.
Frühgeborene atmen zumeist spontan, zeigen aber häufig gleichzeitig Anzeichen einer Atemnot. Ist dies der Fall, sollen sie zunächst eine Atemunterstützung mittels CPAP („continuous positive airway pressure“) erhalten.
Die Reanimation des Neugeborenen – Newborn Life Support
Mit Reanimationsmaßnahmen muss begonnen werden, wenn Sie bei der initialen Beurteilung feststellen, dass das Neugeborene keine suffiziente und regelmäßige Spontanatmung entwickelt hat oder die Herzfrequenz unter 100/min liegt (Abb. 1).
Meist ist dann nach dem Öffnen der Atemwege lediglich eine kurze Maskenbeatmung notwendig, um die Lungen mit Luft zu füllen. Das Kind erholt sich darunter sofort. Bedenken Sie allerdings, dass alle weiteren Maßnahmen erfolglos bleiben werden, wenn diese ersten beiden Schritte, das Öffnen der Atemwege und die Belüftung der Lunge, nicht erfolgreich durchgeführt wurden.
Atemwege
Lagern Sie das Neugeborene in Rückenlage mit dem Kopf in Neutralposition (Abb. 2). Zur optimalen Lagerung und Stabilisierung des Kopfes in Neutralposition kann die Platzierung eines 2 cm dicken Lakens oder Handtuchs unter den Schultern des Neugeborenen hilfreich sein.
Um die Atemwege eines hypotonen Neugeborenen zu öffnen, kann ein Esmarch-Handgriff oder die Verwendung eines oropharyngealen Tubus (Guedel-Tubus) in passender Größe sehr sinnvoll sein. Neugeborene, die beatmet werden, sollen in Rückenlage versorgt werden. Für die initiale Beurteilung und Routineversorgung im Kreißsaal können reife Neugeborene auch in Seitenlage positioniert werden [117].
Das routinemäßige oropharyngeale Absaugen des Neugeborenen ist nicht in allen Fällen notwendig [118]. Neugeborene müssen nur abgesaugt werden, wenn die Atemwege verlegt sind. Eine solche Verlegung kann aufgrund von Mekonium (selbst wenn das Neugeborene keine Mekoniumablagerungen auf der Haut zeigt), Blutkoageln, zähem Schleim oder Vernix bestehen. Wird ein Neugeborenes abgesaugt, ist zu bedenken, dass zu heftiges oropharyngeales Absaugen das Einsetzen einer suffizienten Spontanatmung verzögern und zu einem Laryngospasmus sowie zu einer vagusinduzierten Bradykardie führen kann [119–121].
Mekonium
Mehr als 30 Jahre lang bestand die Hoffnung, dass ein Absaugen von Mekonium aus den Atemwegen das Auftreten und den Schweregrad eines Mekoniumaspirationssyndroms (MAS) positiv beeinflussen könnte. Studien, die zu dieser Ansicht beitrugen, verglichen das Outcome von Neugeborenen, die abgesaugt wurden, mit historischen Kontrollgruppen [122, 123]. Andere Studien konnten keinerlei Vorteile dieses Vorgehens nachweisen [124, 125].
Leicht grünliches Fruchtwasser ist häufig und muss das versorgende Team im Allgemeinen nicht beunruhigen, da dies zumeist keine Auswirkungen auf die respiratorische Adaptationsphase nach der Geburt hat. Viel seltener findet sich zähes, grünes Fruchtwasser. Dies ist allerdings ein Hinweis für intrauterinen Stress des Neugeborenen und muss das Team immer in Alarmbereitschaft versetzen, da möglicherweise Reanimationsmaßnahmen notwendig werden. Zwei randomisierte Multizenterstudien haben gezeigt, dass die routinemäßige Intubation, verbunden mit einem trachealen Absaugen des vitalen Neugeborenen, die Inzidenz eines MAS nicht reduzieren konnte [126] und dass ein peripartales Absaugen nach Geburt des Kopfes und vor Geburt der Schultern ebenfalls zu keiner Verbesserung des Outcomes führt [127]. Daher wird bei mekoniumhaltigem Fruchtwasser weder das intrapartale Absaugen noch ein tracheales Einstellen und Absaugen eines vitalen Kindes empfohlen. Eine neue kleine RCT-Studie konnte beim nicht vitalen Neugeborenen keinen Unterschied in der Inzidenz eines MAS zwischen Kindern, die intubiert und tracheal abgesaugt wurden, und solchen, die nicht intubiert und abgesaugt wurden, nachweisen [128].
Handelt es sich um dickes, zähes Mekonium bei einem nicht vitalen Neugeborenen und wird eine Verlegung der Atemwege durch Mekonium vermutet, kann in diesem seltenen Fall eine Inspektion des Oropharynx und ein Absaugen unter Sicht in Erwägung gezogen werden. Eine routinemäßige tracheale Intubation wird bei mekoniumhaltigem Fruchtwasser und nicht vitalem Neugeborenen nicht mehr generell empfohlen und soll nur bei Verdacht auf eine wirkliche Obstruktion der Trachea mit Mekonium durchgeführt werden [128–132]. Entscheidend ist in diesen Situationen, bei einem nicht oder insuffizient atmenden Neugeborenen eine Beatmung nicht unnötig zu verzögern, sondern mit dieser bereits innerhalb der ersten Lebensminute zu beginnen. Für das Absaugen eignet sich ein 12–14-Ch-Absaugkatheter oder ein pädiatrischer Jankauer. Der Sog beim Absaugen sollte − 150 mmHg nicht unterschreiten [133]. Eine routinemäßige Surfactantgabe oder eine Lavage mit Kochsalz oder Surfactant wird derzeit nicht empfohlen [134, 135].
Initiale Beatmungshübe und assistierte Beatmung
Nachdem das Neugeborene abgetrocknet, in Tücher gewickelt und die Atemwege geöffnet wurden, hat bei fehlender oder insuffizienter Spontanatmung die Belüftung der Lungen Priorität und darf nicht verzögert werden (Abb. 3). Bei reifen Neugeborenen sollte die Beatmung mit Raumluft begonnen werden [136]. Das wichtigste Kriterium zur Beurteilung einer adäquaten Lungenentfaltung und -belüftung ist dabei der rasche Anstieg der Herzfrequenz. Kommt es zu keinem solchen Anstieg, muss überprüft werden, ob sich der Thorax adäquat hebt und senkt. Bei reifen Neugeborenen führen in der Regel spontane oder assistierte erste Atemzüge rasch zu einer funktionalen Residualkapazität (FRC) [137–141]. Welcher Beatmungsdruck, welche Inspirationszeit und welcher Flow zur Herstellung einer effektiven FRC optimal ist, ist bisher nicht festgelegt worden.
Für die ersten 5 Beatmungen soll der Inspirationsdruck über 2−3 s pro Beatmung konstant gehalten werden. Dies erleichtert im Allgemeinen die Entfaltung der Lunge [137, 142]. Der notwendige Druck zur Entfaltung der mit Flüssigkeit gefüllten Lunge liegt bei Neugeborenen, die Reanimationsmaßnahmen benötigen, zwischen 15 und 30 cm H2O (1,5–2,9 kPa), durchschnittlich etwa bei 20 cm H2O [137, 141, 142]. Für reife Neugeborene soll daher ein Spitzendruck von 30 cm H2O und für Frühgeborene von 20–25 cm H2O verwendet werden [143, 144].
Die Effektivität dieser ersten Beatmungen zeigt sich am besten an einem prompten Anstieg der Herzfrequenz oder an effektiven Thoraxhebungen. Kommt es nicht zum Anstieg der Herzfrequenz bzw. zu Thoraxhebungen, ist es möglicherweise notwendig, die Kopf- oder Maskenposition zu optimieren, nur selten ist ein höherer Beatmungsdruck notwendig.
Die meisten Neugeborenen, die nach der Geburt beatmet werden müssen, zeigen unter Ventilation der Lungen einen raschen Anstieg der Herzfrequenz, meist innerhalb von 30 s. Steigt die Herzfrequenz an, aber das Neugeborene zeigt keine ausreichende Spontanatmung, wird mit 30 Beatmungen pro Minute weiterbeatmet, bis eine suffiziente Spontanatmung einsetzt. Die Inspirationszeit soll nun für die einzelnen Beatmungshübe bei einer Sekunde liegen.
Eine suffiziente Beatmung zeigt sich in der Regel an einem sofortigen Anstieg der Herzfrequenz bzw. daran, dass sich die Herzfrequenz unter der Beatmung stabil über 100/min hält. Reagiert das Neugeborene nicht entsprechend, liegt die Ursache in den meisten Fällen in einer ungenügenden Öffnung der Atemwege oder einer ineffektiven Beatmung. Achten Sie bei der Beatmung auf Thoraxbewegungen, die eine adäquate Entfaltung der Lungen anzeigen. Hebt sich der Thorax nicht, wurde die Lunge nicht geöffnet. Dies kann an einer Leckage der Beatmungsmaske, einer nicht korrekten Kopfposition oder an einer Obstruktion der Atemwege liegen [145–149]. Positionieren Sie in diesem Fall die Maske neu, um eine Leckage auszuschließen und/oder repositionieren Sie den Kopf des Kindes [145]. Alternativ kann mit Hilfe einer zweiten Person ein Zwei-Hände-Esmarch-Handgriff für die Maskenbeatmung bei reifen Neugeborenen und Frühgeborenen versucht werden, um die Leckage der Maske zu reduzieren [146, 147]. Ohne suffiziente Belüftung der Lungen werden Thoraxkompressionen nicht wirksam sein. Bevor mit diesen begonnen wird, muss daher unbedingt die effektive Ventilation der Lungen sichergestellt sein.
Eine Möglichkeit der Sicherung der Atemwege ist die endotracheale Intubation. Diese benötigt jedoch Übung und Erfahrung. Ist niemand anwesend, der eine Intubation bei einem Neugeborenen durchführen kann, und kommt es zu keiner Stabilisierung der Herzfrequenz, muss erneut die Kopfposition überprüft und nochmals Beatmungen mit verlängerter Inspirationszeit durchgeführt werden. Währenddessen soll ein Helfer mit ausreichender Intubationserfahrung zur Hilfe gerufen werden. Fahren Sie mit der Beatmung fort, bis das Neugeborene eine suffiziente, regelmäßige Spontanatmung zeigt.
Verlängerte Inspirationen (SI – „sustained inflations“) > 5 s
Einige tierexperimentelle Studien haben einen positiven Effekt auf die Bildung der funktionalen Residualkapazität gezeigt, wenn die Inspirationszeit während der initialen Beatmungen auf mehr als 2–3 s verlängert wurde [150, 151]. Bei Durchsicht aller Studien bis 2015 finden sich drei RCT-Studien [152–154] und zwei Kohortenstudien, [144, 155], die zeigen konnten, dass bei deutlich verlängerten Inspirationszeiten seltener eine mechanische Beatmung notwendig war. Allerdings führte dies weder zu einer reduzierten Mortalität noch zur Verringerung einer bronchopulmonalen Dysplasie oder der Pneumothoraxwahrscheinlichkeit. Eine Kohortenstudie konnte zeigen, dass nach verlängerten Inspirationen seltener intubiert werden musste [144]. Bisher fehlen allerdings Daten über die generelle Sicherheit, Details über die optimale Länge der verlängerten Inspirationen, den optimalen Beatmungsdruck und die Langzeiteffekte von verlängerten Inspirationen. Daher waren die COSTR-Mitglieder der Meinung, dass eine generelle Empfehlung für verlängerte Inspirationen (> 5 s) in der Phase direkt nach der Geburt zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgesprochen werden kann [1, 2].
Verlängerte Inspirationen (> 5 s) sollten derzeit nur als Einzelfallentscheidung oder im Rahmen von Studien erwogen werden.
Raumluft/Sauerstoff
Reife Neugeborene
Eine Beatmung von reifen Neugeborenen soll immer mit einer Sauerstoffkonzentration von 21 % und nicht mit 100 % begonnen werden. Kommt es trotz effektiver Beatmung zu keinem Anstieg der Herzfrequenz oder einer zufriedenstellenden Sauerstoffsättigung (idealerweise gemessen über eine Pulsoxymetrie), soll eine Erhöhung der Sauerstoffkonzentration in Erwägung gezogen werden, um eine adäquate präduktale Sättigung (Anmerkung der Übersetzer: gemessen an der rechten Hand) zu erreichen [156, 157]. Hohe Sauerstoffkonzentrationen sind mit einer erhöhten Mortalität und dem verzögerten Einsetzen der Spontanatmung verbunden [158]. Wird Sauerstoff in höherer Konzentration verwendet, soll diese daher so schnell wie möglich wieder reduziert werden [136, 159].
Frühgeborene
Für Frühgeborene vor der 35. Schwangerschaftswoche soll initial Raumluft oder eine niedrige Sauerstoffkonzentration (21–30 %) verwendet werden [1, 2, 136, 160]. Sauerstoff soll so titriert werden, dass akzeptable präduktale Sauerstoffkonzentrationen erreicht werden, etwa der 25. Perzentile gesunder reifer Neugeborener direkt nach der Geburt entsprechend [156, 157] (Abb. 4).
Eine Metaanalyse von 7 randomisierten Studien, die den Start von Reanimationsmaßnahmen mit einer hohen Sauerstoffkonzentration (> 65 %) und einer geringen Sauerstoffkonzentration (21–30 %) verglichen hat, konnte keine Verbesserung in Bezug auf Überlebensrate [159, 161–166], bronchopulmonale Dysplasie [159, 162, 164–166], intraventrikuläre Blutungen (IVH) [159, 162, 165, 166] oder Frühgeborenenretinopathie (ROP) [159, 162, 166] bei der Verwendung von höher konzentriertem Sauerstoff zeigen. Allerdings zeigten sich erhöhte Marker eines oxidativen Stresses [159].
Pulsoxymetrie
Eine moderne Pulsoxymetrie, mit neonatologischen Sensoren, erlaubt eine zuverlässige Anzeige der Herzfrequenz und der peripheren Sättigung innerhalb von 1−2 min nach der Geburt (Abb. 4) [167, 168]. Zuverlässige präduktale Sättigungswerte lassen sich bei über 90 % der gesunden Neugeborenen, etwa 80 % der Frühgeborenen und 80–90 % der Neugeborenen, die Reanimationsmaßnahmen benötigten, innerhalb von 2 min nach der Geburt ableiten [167]. Unbeeinträchtigte, reife Neugeborene haben unter der Geburt eine arterielle Sauerstoffsättigung (SpO2) von etwa 60 % (gemessen auf Normalhöhennull) [169]. Diese steigt innerhalb von 10 min auf Werte über 90 % an (Abb. 4; [156]). Die 25. Perzentile der postnatalen SpO2-Werte liegt bei etwa 40 % bei Geburt und steigt in der zehnten Lebensminute auf etwa 80 % [157]. Neugeborene, die durch Kaiserschnitt entbunden [170], in größerer Höhe geboren [171] oder spät abgenabelt werden, zeigen noch niedrigere Werte [172]. Frühgeborene benötigen teilweise mehr Zeit, um SpO2-Werte über 90 % zu erreichen [157].
Die Pulsoxymetrie soll in der Neugeborenenversorgung eingesetzt werden, um exzessive Sauerstoffgaben zu vermeiden und die Sauerstofftherapie sinnvoll steuern zu können. Periphere Sättigungen über den angestrebten Werten sollen daher prompt zur Reduktion der Sauerstoffkonzentration führen.
Positiver endexpiratorischer Druck (PEEP)
Neugeborene und Frühgeborene, die trotz initialer Beatmungen zum Öffnen der Lunge keine Spontanatmung entwickeln, müssen weiter beatmet werden. Frühgeborene sollen dann mit einem positiven endexpiratorischen Druck (PEEP) von etwa 5 cm H2O beatmet werden [173].
Tierexperimentelle Studien zeigen, dass hohe Tidalvolumen schon bei den ersten Beatmungen nach der Geburt zu einer Schädigung der frühgeborenen Lunge führen können [174]. Die Applikation eines PEEP direkt nach der Geburt scheint dagegen vor Lungenschädigung zu schützen [175, 176]. Andere Studien bestätigten diesen positiven Effekt hingegen nicht [177]. Eine PEEP-Applikation erleichtert allerdings das Öffnen der Lunge, verbessert die Lungencompliance und den Gasaustausch [178–180]. Zwei RCT-Studien mit Neugeborenen konnten keine Verbesserung der Mortalität, keine geringere Wahrscheinlichkeit einer Reanimation und keine seltenere Inzidenz einer bronchopulmonalen Dysplasie zeigen, wobei diese Studien nicht genug statistische Aussagekraft bezüglich dieser Outcome-Parameter hatten [181, 182]. Allerdings schien bei einer dieser Studien der zusätzlich notwendige Sauerstoffbedarf unter PEEP-Gabe geringer zu sein [182].
Hilfsmittel zur assistierten Beatmung
Effektive Beatmungen lassen sich mit einem Beutel, dessen Füllung abhängig vom Gasfluss ist (Anästhesiebeutel – Anmerkung der Übersetzer), mit einem sich selbst füllenden Beatmungsbeutel oder mit einem T-Stück-System, das eine Regulierung des applizierten Spitzendrucks erlaubt, erreichen [181–185]. Selbstfüllende Beatmungsbeutel besitzen Überdruckventile, die sich, abhängig vom Gasfluss, öffnen. Unter brüsker Beatmung kann der applizierte Beatmungsdruck allerdings durchaus den vom Hersteller angegebenen Spitzendruck übersteigen [186, 187]. Die Verwendung eines Systems mit T-Stück erlaubt im Gegensatz zu herkömmlichen Beatmungsbeuteln eine bessere Kontrolle des applizierten Spitzendrucks und des Tidalvolumens, außerdem erleichtert es die Beatmung mit verlängerten Inspirationszeiten [187–190]. Allerdings ist die klinische Bedeutung dieser Beobachtungen noch nicht eindeutig klar. Es erfordert mehr Übung, einen ausreichenden Beatmungsdruck mithilfe eines anästhesiologischen Beutels (dessen Füllung abhängig vom Gasfluss ist) zu erreichen als mit einem selbstfüllenden Beatmungsbeutel [191]. Sowohl Anästhesiebeutel als auch selbstfüllende Beatmungsbeutel sowie mechanische T-Stück-Modelle sind so konstruiert, dass sich ein bestimmter Beatmungsdruck applizieren und begrenzen lässt. Sie sind daher prinzipiell alle zur Beatmung von Neugeborenen geeignet. Allerdings können nur selbstfüllende Beatmungsbeutel auch ohne Gasfluss verwendet werden. Diese sind jedoch nicht für eine Atemunterstützung mittels CPAP und kaum für eine Beatmung mit PEEP geeignet, selbst wenn sie ein sogenanntes „PEEP-Ventil“ besitzen [189, 192–195].
Mithilfe von Atemfunktionsmonitoren lassen sich Beatmungsdruck und Tidalvolumen messen und anzeigen [189, 192–195], mit einer CO2-Messung kann man ausgeatmetes CO2 bestimmen [197, 198]. Diese Monitore wurden bei der Versorgung von Neugeborenen bereits verwendet, um Beatmungen zu beurteilen; allerdings gibt es bisher keine Daten darüber, ob deren Verwendung zu einer Outcome-Verbesserung führt. Bisher ist ebenso unklar, ob die Verwendung solcher Monitore einen Vorteil gegenüber der alleinigen klinischen Beurteilung von Beatmungen bedeutet oder ob die Verwendung möglicherweise mit Risiken verbunden ist. Studien, die eine Messung des exspiratorischen CO2 im Zusammenhang mit anderen Hilfsmitteln zur Beatmung (z. B. Wendl Tuben, Larynxmasken) untersucht haben, gibt es bisher ebenfalls nicht.
Beatmungsmaske im Vergleich zu nasalen Prongs
Bei der Verwendung einer Beatmungsmaske bei Neugeborenen kann das Abdichten mitunter zu Problemen führen [145–148]. Um dies zu vermeiden, werden in einigen Institutionen nasopharyngeale Prongs bzw. ein nasopharyngealer Tubus für die Beatmung verwendet. Zwei randomisierte Studien bei Frühgeborenen konnten allerdings keinen Unterscheid beider Methoden bezüglich der Effektivität der Beatmung nachweisen [199, 200].
Larynxmasken (LMA)
Eine Larynxmaske kann für die Beatmung eines Neugeborenen verwendet werden, vor allem wenn eine Maskenbeatmung oder auch eine Intubation nicht gelingt oder nicht möglich ist. Sie kann bei Neugeborenen > 2000 g bzw. ≥ 34 Schwangerschaftswochen als Alternative zu einer Maskenbeatmung in Erwägung gezogen werden [201]. In einer kürzlich publizierten ungeblindeten RCT-Studie führte das Training mit einem Modell einer Larynxmaske dazu, dass weniger Intubationen nötig waren und eine geringere Zahl von Neugeborenen auf die Intensivstation aufgenommen werden mussten im Vergleich zu Neugeborenen, die maskenbeatmet wurden [201]. Allerdings gibt es bisher nur wenig Evidenz für eine Verwendung in der Gruppe der Neugeborenen < 2000 g bzw. < 34 Schwangerschaftswochen. Eine Larynxmaske kann auch als Alternative für eine Intubation bei Neugeborenen > 2000 g bzw. ≥ 34 Schwangerschaftswochen in Erwägung gezogen werden [201–206]. Sie wird für die Beatmung von Früh- und Neugeborenen ≥ 34 Schwangerschaftswochen empfohlen, wenn eine Intubation nicht gelingt oder nicht möglich ist. Allerdings wurde die Verwendung einer Larynxmaske noch nicht im Rahmen von Geburten mit mekoniumhaltigem Fruchtwasser, während der Durchführung von Thoraxkompressionen oder für die notfallmäßige intratracheale Gabe von Medikamenten untersucht.
Endotracheale Intubation
Eine endotracheale Intubation (Tab. 1) kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten während einer Neugeborenenreanimation in Erwägung gezogen werden:
-
wenn ein Absaugen der unteren Atemwege bei Verdacht auf eine eine tracheale Verlegung notwendig ist,
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wenn sich das Neugeborene trotz Repositionierung des Kopfes und/oder der Maske weiter nicht maskenbeatmen lässt oder eine längere Beatmungsdauer abzusehen ist,
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wenn Thoraxkompressionen durchgeführt werden,
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in speziellen Situationen (wie z. B. bei einer kongenitalen Zwerchfellhernie oder für eine tracheale Surfactantgabe).
Die Intubation und der ideale Zeitpunkt dazu werden von den Fähigkeiten und der Erfahrung des versorgenden Teams abhängig sein. Die entsprechende Tubustiefe in Abhängigkeit von der Gestationswoche (Anmerkung der Übersetzer: bei oraler Intubation) findet sich in Tab. 1 [207]. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Stimmbandmarkierungen, die die korrekte Intubationstiefe erleichtern sollen, von Hersteller zu Hersteller beträchtlich variieren [208].
Die endotracheale Tubuslage und die Intubationstiefe müssen bei der Intubation unter direkter Sicht überprüft werden. Ein prompter Anstieg der Herzfrequenz nach der Intubation unter Beatmung ist ein gutes Zeichen für die endotracheale Tubuslage [209]. Der Nachweis von CO2 in der Ausatemluft ist ebenfalls eine effektive Methode zum Nachweis der endotrachealen Tubuslage bei Neugeborenen, selbst bei sehr kleinen Frühgeborenen (VLBW, „very low birth weight infants“) [210–213]. Mehrere Neonatalstudien zeigen, dass der Nachweis von ausgeatmetem CO2 unter Spontankreislauf schneller und zuverlässiger eine tracheale Tubuslage anzeigt, als dies durch eine klinische Beurteilung allein möglich ist [212–214]. Lässt sich kein CO2 nachweisen, macht dies eine ösophageale Tubuslage sehr wahrscheinlich [210, 212]. Allerdings wurden im Herz-Kreislauf-Stillstand [210] und bei sehr kleinen Frühgeborenen (VLBW) falsch-negative Ergebnisse trotz beschriebener Effektivität der Methode berichtet [215]. Neugeborene, die intensive Reanimationsmaßnahmen benötigten, wurden aus den Studien ausgeschlossen. Falsch-positive Ergebnisse sind bei kolorimetrischen CO2-Detektoren möglich, wenn diese mit Adrenalin, Surfactant oder Atropin in Kontakt kommen [198].
Eine zu geringe oder fehlende pulmonale Perfusion oder eine Obstruktion der Trachea kann, trotz korrekter endotrachealer Tubuslage, einen Nachweis von ausgeatmetem CO2 verhindern. Bei fast allen Patienten, die sich nicht im Kreislaufstillstand befinden, kann eine endotracheale Tubuslage durch den Nachweis von exspiratorischem CO2 korrekt nachgewiesen werden [211]. Bei einem kritisch kranken Neugeborenen mit reduziertem Herzminutenvolumen kann der fehlende CO2-Nachweis unter Umständen allerdings zu einer unnötigen Extubation führen. Weitere klinische Zeichen einer korrekten Tubuslage sind das Beschlagen des Tubusinneren während der Exspiration und das Heben und Senken des Brustkorbs während der Beatmung, allerdings wurde dies bisher nicht systematisch bei Neugeborenen untersucht.
Der Nachweis von CO2 in der Ausatemluft in Ergänzung zur klinischen Beurteilung wird als zuverlässigste Methode empfohlen, um bei Neugeborenen mit Spontankreislauf die tracheale Tubuslage nachzuweisen [3, 4].
Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)
Spontan atmende Frühgeborene, die Atemnot zeigen, sollten eher eine Atemunterstützung mittels CPAP erhalten, als intubiert zu werden. Drei RCT-Studien mit insgesamt 2358 Frühgeborenen < 30 Schwangerschaftswochen haben gezeigt, dass CPAP gegenüber initialer Intubation mit folgender Beatmung vorteilhaft ist, um Intubationshäufigkeit und Beatmungsdauer zu reduzieren. Im Kurzzeit-Outcome zeigten sich zudem keine Nachteile [216–218]. Bisher gibt es nur wenige Daten für die Verwendung von CPAP bei reifen Neugeborenen nach der Geburt, und es werden weitere Studien notwendig [219, 220].
Kreislaufunterstützung
Eine Unterstützung des Kreislaufs durch Thoraxkompressionen kann nur wirksam sein, wenn die Lunge zuvor erfolgreich belüftet wurde. Beginnen Sie mit Thoraxkompressionen, wenn die Herzfrequenz trotz effektiver Beatmung unter 60/min liegt. Effektive Beatmungen sind die wichtigste und häufig einzig notwendige Maßnahme für die erfolgreiche Reanimation eines Neugeborenen. Da eine Beatmung allerdings durch Thoraxkompressionen behindert werden kann, ist es entscheidend, zunächst sicherzustellen, dass sie effektiv ist, bevor Thoraxkompressionen durchgeführt werden.
Die effektivste Technik für Thoraxkompressionen beim Neugeborenen ist die 2-Daumen-Technik. Platzieren Sie hierfür zwei Daumen nebeneinander über dem unteren Drittel des Brustbeins. Umgreifen Sie mit den Fingern den gesamten Brustkorb und unterstützen Sie so den Rücken des Kindes (Abb. 5; [221–224]). Mit der 2-Daumen-Technik können ein höherer systemischer Blutdruck und ein höherer koronarer Perfusionsdruck als mit der in den Leitlinien 2010 ebenfalls noch empfohlenen 2-Finger-Technik erreicht werden. Außerdem ist diese Technik weniger ermüdend [222–234]. In einer Simulationsstudie mit Reanimationspuppen führte das Platzieren der Daumen übereinander zu effektiveren Thoraxkompressionen als das Platzieren der Daumen nebeneinander, allerdings führte es zu schnellerer Ermüdung [235]. Das Brustbein soll um ein Drittel des anterioposterioren Thoraxdurchmessers komprimiert werden und muss nach jeder Kompression wieder in seine Ausgangsposition zurückehren [225, 236–240].
Führen Sie Thoraxkompressionen und Beatmungen in einem Verhältnis von 3:1 durch. Bei einer Kompressionsfrequenz von etwa 120/min können etwa 90 Kompressionen und 30 Beatmungen pro Minute erreicht werden [241–246]. Eine gegenüber der Kompressionsphase gering verlängerte Relaxationsphase bietet theoretische Vorteile [247]. Letztlich ist die Qualität der Druckmassagen und der Beatmungen allerdings wahrscheinlich entscheidender als deren Frequenz. In jedem Fall sollen Thoraxkompressionen und Beatmungen koordiniert durchgeführt werden, um zu vermeiden, dass sie zusammentreffen [248]. Da in den meisten Fällen ein behinderter pulmonaler Gasaustausch die eigentliche Ursache für eine Kreislaufinsuffizienz beim Neugeborenen ist, wird für die Reanimation direkt nach der Geburt weiter ein Kompressions-Ventilations-Verhältnis von 3:1 empfohlen. Besteht der Verdacht auf eine kardiale Ursache für die Reanimationspflichtigkeit, kann das versorgende Team zugunsten der Thoraxkompressionen auch z. B. ein Verhältnis von 15 Thoraxkompressionen zu 2 Beatmungen erwägen.
Werden für die Reanimation eines Neugeborenen Thoraxkompressionen notwendig, wurde bis dahin wahrscheinlich mit einer niedrigen Sauerstoffkonzentration beatmet. Es erscheint dann im Verlauf durchaus plausibel zu sein, die Sauerstoffkonzentration auf 100 % zu erhöhen. Allerdings gibt es keine Studien am Menschen, die dieses Vorgehen unterstützen. Tierexperimentelle Studien hingegen zeigen keinen Vorteil von Beatmungen mit 100 % Sauerstoff während einer Reanimation [249–255].
Überprüfen Sie nach 30 s Thoraxkompressionen und Ventilationen und im weiteren Verlauf regelmäßig die Herzfrequenz. Beenden Sie die Thoraxkompressionen erst, wenn die Herzfrequenz über 60/min liegt. Die Messung von CO2 in der Ausatemluft und die der peripheren Sättigung mittels Pulsoxymetrie haben sich in Studien als sinnvoll erwiesen, um eine Wiederherstellung eines Spontankreislaufs festzustellen [256–260], allerdings gibt es derzeit keine ausreichende Evidenz, um eine bestimmte Monitoring-Methode für den klinischen Gebrauch zu empfehlen [1, 2].
Medikamente
Die Gabe von Medikamenten ist bei der Reanimation eines Neugeborenen nur sehr selten erforderlich. Eine Bradykardie wird beim Neugeborenen in den meisten Fällen entweder durch eine inadäquate Ventilation oder eine schwere Hypoxie verursacht. Die wichtigste Maßnahme zur Behebung der Bradykardie ist daher eine effektive Beatmung. Bleibt die Herzfrequenz trotz suffizienter Beatmungen und schließlich Thoraxkompressionen und Beatmungen im Wechsel unter 60/min, soll die Gabe von Medikamenten erwogen werden. Diese sollen idealerweise über einen Nabelvenenkatheter gegeben werden (Abb. 6).
Adrenalin
Auch wenn die Datenlage aus Studien am Menschen nicht eindeutig ist, scheint die Verwendung von Adrenalin sinnvoll, wenn die Herzfrequenz trotz adäquater Beatmung und suffizienter Thoraxkompressionen nicht über 60/min ansteigt. Die empfohlene intravenöse Dosis beträgt 10 μg/kg KG (0,1 ml/kg KG der 1:10.000-Lösung) und soll so schnell wie möglich intravenös verabreicht werden. [1, 2, 4] Sind weitere Gaben notwendig, sollen in der Folge 10–30 μg/kg KG (0,1–0,3 ml/kg KG der 1:10.000-Lösung) pro Dosis verabreicht werden.
Eine endotracheale Verabreichung wird nicht empfohlen. Wird Adrenalin dennoch endotracheal gegeben, sind sehr wahrscheinlich Dosen von 50–100 μg/kg KG notwendig [3, 7, 136, 261–265]. Allerdings wurde bisher weder die Sicherheit noch die Effektivität dieser höheren endotrachealen Dosis untersucht. Die hohe Dosis darf in keinem Fall intravenös gegeben werden.
Natriumbikarbonat
Kommt es unter suffizienter Beatmung und effektiven Thoraxkompressionen nicht wieder zu einem Spontankreislauf, lässt sich die Myokardfunktion möglicherweise durch die Korrektur einer bestehenden myokardialen Azidose verbessern und so ein Spontankreislauf herstellen. Um eine Routinegabe von Natriumbikarbonat während der Reanimation eines Neugeborenen zu empfehlen, fehlen die entsprechenden Daten. Natriumbikarbonat ist hyperosmolar und führt zu einer Kohlendioxidfreisetzung. Dies kann die myokardiale und zerebrale Funktion beeinträchtigen. Während einer kurzen Reanimation wird die Gabe von Natriumbikarbonat daher nicht empfohlen. Im Rahmen eines prolongierten Kreislaufstillstands, der auf andere Maßnahmen nicht reagiert, soll die Gabe von Natriumbikarbonat nur unter effektiven Ventilationen und Thoraxkompressionen erwogen werden. Natriumbikarbonat kann unter diesen Umständen langsam intravenös in einer Dosis von 1–2 mmol/kg KG gegeben werden.
Flüssigkeitsgabe
Bei Verdacht auf einen neonatalen Blutverlust oder Zeichen eines Schocks (Blässe, schlechte periphere Durchblutung, schwache Pulse) soll eine Flüssigkeitsgabe erwogen werden, wenn das Neugeborene auf adäquate Reanimationsmaßnahmen nicht anspricht [266]. Dies ist allerdings sehr selten der Fall. Ist bei einem Blutverlust kein geeignetes Blut verfügbar (d. h. bestrahltes, leukozytendepletiertes, 0-Rh-negatives Erythrozytenkonzentrat), sind zur Erhöhung des intravasalen Volumens isotonisch-kristalloide Lösungen albuminhaltigen vorzuziehen, um das intravasale Volumen zu erhöhen. Initial soll ein Flüssigkeitsbolus von 10 ml/kg KG verabreicht werden. Zeigt diese Maßnahme Erfolg, können im Verlauf eventuell wiederholte Bolusgaben notwendig sein, um die Verbesserung zu erhalten. Bei der Stabilisierung oder Reanimation von Frühgeborenen sind selten Flüssigkeitsbolusgaben notwendig. Eine schnelle Gabe von großen Volumenmengen ist hier mit intraventrikulären und pulmonalen Blutungen assoziiert.
Beendigung von bzw. Verzicht auf Reanimationsmaßnahmen
Mortalität und Morbidität von Neugeborenen variieren je nach Region und Verfügbarkeit von medizinischen Ressourcen [267]. Sozialwissenschaftliche Studien zeigen, dass Eltern sich generell eine bessere Einbindung in Entscheidungsprozesse bezüglich des Beginns oder auch des Fortführens bzw. der Beendigung von lebenserhaltenden Maßnahmen bei schwer beeinträchtigten Neugeborenen wünschen [268]. Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen bei medizinischem Personal, Eltern und in der Gesellschaft über Vor- und Nachteile der medizinischen Therapie und wie weit Intensivmedizin generell bei schwerstkranken Neugeborenen gehen sollte [269, 270]. Lokale Überlebens- und Outcome-Daten stellen daher wichtige Parameter für eine seriöse Beratung von Eltern dar. Von Bedeutung scheinen klare institutionelle Richtlinien über das Vorgehen an der Grenze der Lebensfähigkeit zu sein. Eine aktuelle Studie konnte bei Bestehen klarer Richtlinien eine Outcome-Verbesserung der überlebenden Kinder zeigen [271].
Beendigung von Reanimationsmaßnahmen
Regionale und nationale Gremien legen Empfehlungen zur Beendigung von Reanimationsmaßnahmen fest. Ist bei einem gerade geborenen Kind keine Herzfrequenz nachweisbar und ist sie auch nach 10 min Reanimationsmaßnahmen nicht nachweisbar, kann es angemessen sein, eine Beendigung der Wiederbelebungsmaßnahmen zu erwägen. Die Entscheidung, ob eine Reanimation nach 10 min ohne erkennbare Herzfrequenz fortgeführt wird, ist oft komplex und wird durch die weiteren Umstände bestimmt. Es fließen eine Vielzahl von Variablen ein, wie die Ätiologie des Kreislaufstillstands, das Gestationsalter, die Aussicht auf Reversibilität des Zustands, die Verfügbarkeit therapeutischer Hypothermie und zuvor von den Eltern geäußerte Ansichten über ein vertretbares Risiko einer Morbidität des Kindes [267, 272–276]. Die Entscheidung soll daher individuell getroffen werden. Liegt die Herzfrequenz nach der Geburt unter 60/min und kommt es trotz adäquater Reanimationsmaßnahmen nach 10 bis 15 min nicht zu einem signifikanten Anstieg der Herzfrequenz, ist die Entscheidung zur Fortführung oder Beendigung dieser Maßnahmen deutlich schwieriger. Für diese Situation gibt es keine ausreichenden Daten über die Prognose eines Kindes, um klare Empfehlungen für ein Weiterführen oder einen Abbruch der Reanimationsmaßnahmen zu geben.
Verzicht auf Reanimationsmaßnahmen
Es gibt Umstände, bei welchen die Prognose eines Neugeborenen mit einer hohen Mortalität und einem schlechten Outcome verbunden ist. Hier kann es vertretbar sein, auf Reanimationsmaßnahmen zu verzichten, insbesondere dann, wenn die Gelegenheit zur vorherigen Beratung mit den Eltern besteht [38, 272, 277–282]. Leider gibt es derzeit keine Evidenz für die Verwendung der verfügbaren prognostischen Scores auf alleiniger Grundlage des Gestationsalters für Frühgeborene < 25 Gestationswochen.
Jeder Fall muss daher vom geburtshilflichen und neonatologischen Team individuell betrachtet werden und es ist wichtig Entscheidungen in schlüssiger und koordinierter Vorgehensweise gemeinsam mit den Eltern zu treffen [283]. Eine Reanimation nicht zu beginnen oder lebenserhaltende Maßnahmen während oder nach einer Reanimation zu beenden, wird im Allgemeinen als ethisch gleichwertige Entscheidung angesehen. Daher sollte nicht gezögert werden, lebenserhaltende Maßnahmen auch im weiteren Verlauf noch zu beenden, wenn ein Überleben ohne schwerste funktionelle Störungen unwahrscheinlich ist. Die folgenden Leitlinien müssen vor dem Hintergrund regional unterschiedlicher Daten zum Outcome interpretiert werden:
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Reanimationsmaßnahmen sollten nicht begonnen werden, wenn Gestationsalter, Geburtsgewicht und/oder kongenitale Fehlbildungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem frühen Tod verbunden sind und die sehr wenigen Überlebenden eine inakzeptabel hohe Morbidität aufweisen [38, 277, 284]. Beispiele aus der publizierten Literatur wären z. B. Frühgeborene mit einem Gestationsalter unter 23 Schwangerschaftswochen und/oder einem Geburtsgewicht unter 400 g sowie Anomalien wie eine Anenzephalie oder eine nachgewiesene Trisomie 13 oder 18.
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Der Beginn von Reanimationsmaßnahmen ist fast immer angezeigt, wenn eine hohe Überlebensrate und eine vertretbare Morbidität wahrscheinlich sind. Darunter fallen grundsätzlich Frühgeborene ab der 25. Gestationswoche (es sei denn, es bestehen Hinweise auf schwerwiegende fetale Probleme, wie eine schwere intrauterine Infektion oder eine Hypoxie bzw. Ischämie) sowie die Mehrzahl der kongenitalen Fehlbildungen.
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Ist die Prognose für ein Kind aufgrund einer grenzwertigen Überlebensrate mit relativ hoher Morbidität ungewiss und sind die für das Kind anzunehmenden Belastungen hoch, sollten die Wünsche der Eltern bezüglich einer Reanimation berücksichtigt und unterstützt werden [283].
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Wird entschieden, eine Reanimation nicht zu beginnen oder zu beenden, steht für das Kind und die Familie nun ein Sterben ohne Schmerzen und in Würde im Vordergrund der Betreuung.
Kommunikation mit den Eltern
Das versorgende Team soll die Eltern unbedingt über den Zustand des Neugeborenen im Verlauf unterrichten. Halten Sie sich bei der Geburt an lokale Absprachen, und übergeben Sie das Neugeborene so frühzeitig wie möglich der Mutter. Sind Reanimationsmaßnahmen notwendig, sollen die Eltern über die durchgeführte Behandlung und die Gründe dafür aufgeklärt werden.
Die europäischen Leitlinien unterstützen die Anwesenheit der Eltern während einer Reanimation [285]. In den letzten Jahren machen medizinische Teams mehr und mehr von dieser Empfehlung Gebrauch, und Familienangehörige bekommen zunehmend die Möglichkeit, bei der Reanimation ihres Kindes dabeizubleiben. Dies gilt im Besonderen auch für die Reanimation im Kreißsaal bzw. Sectio-OP. Dem Wunsch der Eltern, bei Reanimationsmaßnahmen dabei zu sein, soll daher, wann immer dies möglich ist, nachgekommen werden [286].
Dabei sollen die Mitglieder des versorgenden Teams gemeinsam mit der Familie ohne Zwang oder Druck entscheiden, welche Personen während der Reanimation dabei sein können. Es wird empfohlen, dass ein Teammitglied während der Reanimationsmaßnahmen ausschließlich für die Betreuung der Familienmitglieder zuständig ist. Ist das nicht möglich, bedeutet dies allerdings nicht zwangsläufig, dass sie nicht anwesend sein können. Mit den engsten Familienmitgliedern soll (gerade bei einem negativen Ausgang der Reanimation) umgehend gesprochen werden, und sie sollen die Möglichkeit bekommen, Fragen über Details des Verlaufs der Reanimation stellen zu können. Außerdem sollten sie über Möglichkeiten weiterer Unterstützung informiert werden [286].
In die Entscheidung, ob und wann eine Neugeborenenreanimation beendet wird, soll idealerweise ein erfahrener Kinderarzt eingebunden sein. Ob Reanimationsmaßnahmen bei extremer Frühgeburtlichkeit eingeleitet werden, soll – wann immer möglich – in enger Abstimmung zwischen Eltern, erfahrenen Kinderärzten und Geburtshelfern erfolgen. Sind bei einem Kind bereits pränatal z. B. schwere angeborene Fehlbildungen bekannt, sollen die entsprechenden Therapiemöglichkeiten und die weitere Prognose bereits vor der Geburt mit Eltern, Hebammen, Geburtshelfern und erstversorgendem Team besprochen werden [283].
Alle Gespräche und Entscheidungen müssen vor der Geburt sorgfältig im Krankenblatt der Schwangeren und postnatal im Krankenblatt des Neugeborenen dokumentiert werden.
Weitere Versorgung nach erfolgreicher Reanimation („post-resuscitation care“)
Auch nach anfänglicher Stabilisierung können sich Neugeborene nach einer Reanimation im weiteren Verlauf erneut klinisch verschlechtern. Sobald Atmung und Kreislauf stabilisiert sind, muss das Neugeborene an einem Ort verbleiben oder dorthin verlegt werden, an dem eine engmaschige Überwachung und weitere intensivmedizinische Therapie erfolgen kann.
Glukose
In einem tierexperimentellen Asphyxie- und Reanimationsmodell war eine Hypoglykämie mit einem schlechten neurologischen Outcome assoziiert [287]. Neugeborene Tiere, die während eines anoxischen oder hypoxisch-ischämischen Insults hypoglykämisch waren, zeigten im Verlauf größere zerebrale Infarktareale und/oder eine geringere Überlebensrate als die Kontrollgruppe [288, 289]. Eine klinische Studie konnte nachweisen, dass eine Hypoglykämie im Rahmen einer perinatalen Asphyxie mit einem schlechten neurologischen Outcome verbunden ist [290]. Bei Erwachsenen, Kindern und extrem unreifen Neugeborenen, die intensivmedizinisch versorgt werden, ist dagegen eine Hyperglykämie ebenfalls mit einem schlechten Outcome verbunden [288–292]. Eine Hyperglykämie, speziell nach einem hypoxisch-ischämischen Ereignis bei pädiatrischen Patienten, scheint allerdings nicht schädlich zu sein [293]. Dies unterstützen Erkenntnisse aus tierexperimentellen Studien, [294] manche dieser Studien scheinen sogar auf einen protektiven Effekt einer Hyperglykämie in diesen Fällen hinzuweisen [295]. Trotzdem ermöglicht die verfügbare Datenlage keine Festlegung eines Blutglukosebereichs, der mit einer geringstmöglichen Hirnschädigung nach Asphyxie und Reanimation verbunden wäre. Bei Neugeborenen, die reanimiert wurden, sollen die Blutglukosespiegel daher überwacht und im Normbereich gehalten werden.
Therapeutische Hypothermie
Reifgeborenen und nahezu reifen Neugeborenen mit moderater bis schwerer hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie soll, wenn möglich, eine therapeutische Hypothermie geboten werden [296–301]. Sowohl eine komplette Körperkühlung als auch eine selektive Kopfkühlung sind hierfür geeignete Methoden. Für den Beginn und die Durchführung einer Kühlung sollen definierte standardisierte Protokolle verwendet werden. Die Therapie erfolgt auf einer neonatologischen Intensivstation in Zusammenarbeit mit einem multidisziplinären Team. Die Behandlungsprotokolle sollten den in den randomisierten Studien verwendeten Studienprotokollen entsprechen (u. a. Beginn innerhalb von 6 h postnatal, Kühlungsdauer 72 h, Wiedererwärmung über mindestens 4 h). Tiermodelle zeigen deutlich, dass die Effektivität der Kühlung durch einen frühzeitigen Beginn günstig beeinflusst wird. Für eine Kühlung, die erst nach 6 h postnatal bei einem Neugeborenen begonnen wird, gibt es keine Hinweise auf Effektivität. Eine Kühlung dennoch nach der 6. Stunde zu beginnen, liegt im Ermessen des behandelnden Teams unter Berücksichtigung der individuellen Situation. Bekannte Nebenwirkungen einer therapeutischen Kühlung, wie Thrombozytopenie und Hypotension, müssen engmaschig überwacht werden. Alle mit Hypothermie behandelten Neugeborenen sollten ein Follow-up in einer neonatologischen Nachsorge erhalten.
Prognostische Hilfsmittel
Der APGAR-Score war als „einfache, gebräuchliche, eindeutige Klassifikation des Neugeborenen nach der Geburt“ gedacht und sollte „als Diskussionsgrundlage und zum Vergleich verschiedener geburtshilflicher Praktiken, Verfahren zur mütterlichen Schmerztherapie und zur Beurteilung der Effektivität von Reanimationsmaßnahmen“ dienen (Betonung durch die Autoren) [106]. Auch wenn der APGAR-Score weiterhin im klinischen Alltag, für wissenschaftliche Studien und als prognostisches Hilfsmittel verwendet wird [302], wird seine Eignung durch die hohe inter- und intrapersonelle Variabilität bei seiner Erhebung zunehmend infrage gestellt. Zum Teil lässt sich dies durch das fehlende Einvernehmen erklären, wie die Therapie und wie Frühgeburtlichkeit in den APGAR-Score einfließen sollen. Eine Weiterentwicklung des APGAR-Scores soll daher in folgende Richtung erfolgen: Alle Parameter sollen anhand des tatsächlichen klinischen Zustands, unabhängig von den durchgeführten medizinischen Maßnahmen, gewertet werden, und die Bewertung soll der besonderen klinischen Situation bei Frühgeburtlichkeit Rechnung tragen. Zusätzlich sollen auch die medizinischen Maßnahmen, die zum Erreichen der klinischen Situation notwendig waren, bewertet werden. Dieser „kombinierte“ APGAR-Score scheint eine bessere prognostische Aussagekraft bei Früh- und reifen Neugeborenen zu haben [303, 304].
Briefing/Debriefing
Im Vorfeld einer Reanimation sollten die Zuständigkeiten der einzelnen Teammitglieder festgelegt werden. Im Anschluss an eine Neugeborenenversorgung sollen die Ereignisse in positiver und konstruktiver Weise im Team nachbesprochen werden. Gerade nach dramatischen Ereignissen soll Teammitgliedern immer auch die Möglichkeit einer psychologischen Unterstützung angeboten werden. In Studien konnte ein genereller positiver Effekt von Briefings und Debriefings auf die zukünftige Team-Performance nachgewiesen werden [305–310]. Allerdings handelte es sich bei diesen Studien häufig um Untersuchungen im Rahmen von Simulationstrainings. Versorgungen im Kreißsaal bzw. Sectio-OP zu filmen und diese nachzubesprechen, scheint ebenfalls eine sehr vielversprechende Methode für die Verbesserung der Versorgungsqualität zu sein [311]. Es konnte gezeigt werden, dass eine strukturierte Analyse des gesamten perinatologischen Managements mit Feedback zu einer Verbesserung des Outcomes und weniger intraventrikulären Blutungen bei Frühgeborenen führen [312].
Unabhängig vom Ausgang einer Reanimation kann das Miterleben der Wiederbelebung des eigenen Neugeborenen ein traumatisierendes Erlebnis für Eltern sein. Wann immer die Notwendigkeit von Reanimationsmaßnahmen im Vorfeld einer Versorgung zu erwarten ist, sollen Eltern daher darauf vorbereitet werden. Sie sollen möglichst engmaschig Informationen über den Verlauf erhalten und in jedem Fall sobald als möglich nach der Reanimation über Einzelheiten informiert werden. Idealerweise werden diese Informationen von erfahrenen Mitarbeitern übermittelt. Der frühestmögliche Kontakt zwischen Eltern und Kind hat größte Bedeutung.
Literatur
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Interessenkonflikt
C.C. Rohr erhält Lehrgelder von Fischer & Paykel und ist medizinischer Berater für STEPHAN company; M.Rüdiger ist Ehrensprecher von Chiesi, Lyomark und erhält Forschungsgelder SLE device; J. Wyllie, B. Urlesberger, D.Trevisanuto und J. Bruinenberg geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Die Autoren der Leitlinien gedenken Sam Richmond und danken ihm für seine wertvollen Beiträge zu diesem Kapitel.
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Wyllie, J., Bruinenberg, J., Roehr, C. et al. Die Versorgung und Reanimation des Neugeborenen. Notfall Rettungsmed 18, 964–983 (2015). https://doi.org/10.1007/s10049-015-0090-0
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