Psychiatr Prax 2009; 36(7): 349-350
DOI: 10.1055/s-0029-1242049
Serie ˙ Szene ˙ Media Screen
Media Screen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Adoleszentenpsychiatrie - Brauchen wir das?

Further Information

Publication History

Publication Date:
01 October 2009 (online)

 

Nach der Lektüre des Buches möchte der Rezensent die einleitende Frage eindeutig mit "JA" beantworten. In ihrem Vorwort haben die Herausgeber darauf hingewiesen, dass die Zeitspanne vom 12.-25. Lebensjahr das gesamte spätere Leben weit mehr determiniert, als wir uns bewusst machen.

Die Herausgeber sahen den Bedarf, die künstliche Trennung der Lebensperioden zwischen der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie zu überwinden. Mit ihrem Buch - besser Handbuch - gelang es ihnen, gemeinsam mit 82 Koautoren die Lücke zwischen der Kinder- und Erwachsenenpsychiatrie zu schließen und die Adoleszentenpsychiatrie umfassend zu präsentieren. Im allgemeinen Teil werden Entwicklungsaufgaben, Entwicklungspsychologie, Soziologie und Ergebnisse der Jugendforschung im Überblick dargestellt, im speziellen Teil die nosologischen Einheiten. Das Buch besteht aus 61 einzelnen Kapiteln, die trotz der zahlreichen Autoren übersichtlich und einheitlich gegliedert sind. Außerdem findet sich am Schluss ein ausführlicher Anhang mit Adressen der Fachgesellschaften, Berufsverbände und Selbsthilfegruppen. Der allgemeine Teil des Buches beginnt mit einem historischen Überblick, der vom Altertum bis zur Entwicklung der Deutschen Psychiatrie nach dem 2.Weltkrieg und der Entwicklung der Jugend seit der Deutschen Vereinigung reicht. In weiteren Kapiteln beleuchten die Autoren Fragen der Religiosität, Migration, Verfolgung, drohenden Abschiebung, biologische Aspekte der Adoleszenz, Adoleszenz und Delinquenz. Alle Kapitel sind mit einer Zusammenfassung, Einleitung, einer klaren Gliederung, vielen Abbildungen, in "Kästen" hervorgehobenen Kernsätzen und Fallbeispielen übersichtlich gegliedert und enthalten am Schluss Literaturangaben, die sich auf dem neuesten Stand befinden. Ähnlich klar sind die 21 Kapitel über spezielle Störungsbilder gegliedert.

Im Abschnitt "Beratung und Behandlung" wird zunächst auf das psychodynamische Erstgespräch eingegangen, hilfreich illustriert durch ein ausführliches Interview mit einer Jugendlichen. Neben der Darstellung aller gängigen Therapieformen haben sich die Autoren mit den "Risiken und Chancen" des Fernsehens, Computers und Buches im Kindes- und Jugendalter auseinandergesetzt. Sowohl im Kapitel "Krisenmanagement" als auch im Abschnitt "Recht und Ethik" wird ausführlich auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Behandlung, auf die speziellen Aspekte der Einwilligungsfähigkeit und auf sozialrechtliche Fragen eingegangen. Am Schluss stehen Kapitel zu strafrechtlichen und gutachterlichen Fragen. Trotz der hohen Zahl der Autoren ist es den Herausgebern gelungen, die Adoleszentenpsychiatrie in einem Guss vollständig darzustellen.

Das Buch schließt eine wichtige Lücke zwischen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Erwachsenenpsychiatrie. Es kann den Fachärzten beider Gebiete uneingeschränkt empfohlen werden und wird hoffentlich auch aufgrund des günstigen Preises weite Verbreitung finden.

Wolfgang Völker, Darmstadt

Email: voelker.wolfgang@eke-da.de

Jörg M. Fegert, Annette Streeck-Fischer, Harald J. Freyberger (Hrsg.) Adolezenzpsychiatrie: Psychiatrie und Psychotherapie der Adoleszenz und des jungen Erwachsenenalters. Stuttgart: Schattauer 2009, 1000 Seiten, Geb. € 119,-. ISBN-13:978-3794524549

    >